Freitag, 19. April 2019

Buchrezension: Benedikt Gollhardt - Westwall

Inhalt:

Scheinbar zufällig lernt Polizeischülerin Julia den attraktiven Nick kennen. Doch nach der ersten gemeinsamen Nacht entdeckt sie, dass er ihr einen falschen Namen genannt hat und ein riesiges Hakenkreuz-Tattoo auf dem Rücken trägt. Julia ist geschockt – warum hat Nick sie angelogen? Mit einem Mal gerät ihr Leben in einen alptraumhaften Strudel, der droht, ihr alles zu nehmen, was ihr lieb ist. Die Suche nach der Wahrheit führt Julia in die menschenleeren Wälder der Eifel bis hin zum Westwall, einem alten Verteidigungssystem aus dem Zweiten Weltkrieg. Und damit zurück in ihre eigene Vergangenheit. 

Rezension: 

Julia Gerloff ist 22 Jahre alt, wohnt in Köln und macht eine Ausbildung zur Kriminalbeamtin. Sie kümmert sich liebevoll um ihren bettlägrigen Vater, der als Aussteiger eine turbulente Vergangenheit hat. Ihre Mutter hat sie nie kennengelernt.
Julia lernt einen jungen Mann kennen, der sich als Nick vorstellt. Nach einer gemeinsamen Nacht entdeckt sie eine entsetzliche Hakenkreuztätowierung, die seinen gesamten Rücken bedeckt und findet heraus, dass er nicht derjenige ist, der er vorgibt zu sein. Weitere Recherchen ergeben, dass er ein breites Vorstrafenregister vorzuweisen hat. Ihr Ausbilder warnt sie, sich weiterhin mit ihm zu treffen und ihr Vater reagiert geradezu panisch, als sie ihm von Nick erzählt. 
Es stellt sich heraus, dass Julia nicht zufällig von ihm angesprochen wurde. Die Ereignisse überschlagen sich und als Julia nichts mehr zu verlieren hat, macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit, nicht nur in Bezug auf Nick, sondern auch auf ihre eigene Herkunft. 

"Westwall" ist der Titel dieses spannungsgeladenen Romans und bezeichnet die 630 km lange befestigte Westgrenze, die unter Adolf Hitler in den 1930er-Jahren als "Verteidigungsanlage" gebaut wurde. In diesen Wäldern an der Grenze zu Belgien handelt ein Teil des Romans. Dort haust eine Anzahl Jugendlicher, die Anführerin Ira von der Straße geholt hat und deren Perspektivlosigkeit sie ausnutzt, um für den Tag X einen Kampf gegen das System zu entwickeln. Polizei und Verfassungsschutz ermitteln zu dieser Gruppierung, der auch Nick bis vor Kurzem noch angehörte. 

Verschiedene Handlungsstränge, die am Anfang etwas undurchsichtig auf den Leser wirken, sind aufwändig konstruiert und laufen raffiniert zusammen. Die Perspektiven wechseln häufig, so dass man von einem Cliffhanger zum nächsten gehetzt wird und unweigerlich weiterlesen muss. 
Die Protagonisten sind ohne Ausnahme glaubwürdige, facettenreiche Charaktere. Keiner ist eindimensional nur gut oder böse. Die "Bösen" zeigen ihre menschliche Seite, während die "Guten" auch ihre dunklen Geheimnisse haben. 

"Westwall" ist wie der Titel mit Verweis auf den historischen Nationalsozialismus vermuten lässt, ein Polit-Thriller, der sehr zeitgemäß ist und sich mit den Ängsten befasst, die die Menschen aktuell und tagespolitisch bewegen. Er handelt von faschistischem Gedankengut, Verschwörungstheoretikern, von einer Gruppierung am Rande der Gesellschaft, vergleichbar einer extremen Form von Wutbürgern und im Gegensatz dazu nebulöse Behörden, deren Vertretern man nicht unbedingt trauen kann. 

Die aufwändige Recherche des Autors erfasst man durch das Detailwissen, das in dem Roman verarbeitet ist. Ich konnte den Thriller kaum aus der Hand legen, habe jeden Handlungsstrang gefesselt verfolgt und dem Ende fasziniert entgegen gefiebert. 



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