Mittwoch, 28. Februar 2018

Buchrezension: Sarah Schmidt - Seht, was ich getan habe


Inhalt:

"Vater ist tot!" Zutiefst verstört starrt Lizzie Borden ihren Vater an, der blutüberströmt auf dem Sofa liegt. Auch ihre Stiefmutter wird tot aufgefunden – ebenfalls hingerichtet mit einer Axt. Eindeutige Spuren sind an jenem schicksalhaften Morgen des 4. August 1892 kaum auszumachen, dafür häufen sich die Fragen. Denn während die Nachbarn in Fall River, Massachusetts, nicht begreifen, wie einer so angesehenen Familie etwas derart Grausames zustoßen kann, erzählen diejenigen, die den Bordens wirklich nahestehen, eine ganz andere Geschichte: von einem jähzornigen Vater, einer boshaften Stiefmutter und zwei vereinsamten Schwestern. Schnell erklärt die Polizei Lizzie zur Hauptverdächtigen, deren Erinnerung jedoch lückenhaft ist. Wo war sie zum Zeitpunkt der Morde? Saß sie wie so oft unter den Birnbäumen und träumte vor sich hin? Oder ist sie doch verantwortlich für diesen Albtraum?

Rezension:

"Seht, was ich getan habe" ist die Nacherzählung eines Mordfalls, der sich Endes des 19. Jahrhunderts in Amerika ereignete.

Aus der Sicht von vier Protagonisten, darunter die vermeintliche Mörderin, wird der Tag des Mordes, der 4. August 1892, und der Vortag erzählt.
Lizzie Borden ist 32 Jahre alt, unverheiratet und wohnt bei ihrem Vater Andrew und ihrer Stiefmutter Abby. Im Haus wohnt neben der Familie die irische Haushälterin Bridget.

Es ist Lizzie, die ihren bis zur Unkenntlichkeit zugerichteten Vater tot im Wohnzimmer auffindet. Als die Polizei eintrifft, findet diese auch Abby tot im Schlafzimmer auf. Statt geschockt zu sein oder in Trauer zu verfallen, ist Lizzie vielmehr verwirrt und kann sich bei der Befragung durch die Polizei kaum an den Morgen des Mordtages erinnern. Sie verlangt nach ihrer älteren Schwester Emma, die später aus Fairhaven eintrifft. Diese ist entsetzt über die Szenerie, die sich ihr in ihrem Elternhaus bietet. Auch ihr Onkel John Morse, der Bruder ihrer verstorbenen Mutter ist vor Ort, der auf Besuch da ist und die Nacht im Haus verbracht hat.

Die Polizei steht vor einem Rätsel, da sich der Mörder nicht mit Gewalt Zugang zum Haus verschafft hat.

Andrew Borden war ein gewalttätiger, jähzorniger Mann, seine zweite Frau im Gegensatz zu seiner ersten Frau Sarah und Mutter seiner Kinder weniger herzlich.
Die Familie war nicht arm, konnte sich eine Haushälterin leisten, weshalb sie viele Neider gehabt haben könnte. Am Tag vor dem Mord hatte Andrew Lizzies geliebte Haustauben getötet, was ein Motiv für den Mord und einen möglichen Amoklauf von Lizzie sein könnte. Auch Onkel John, der wusste, wie schlecht Andrew seine Töchter behandelte, hätte diese mit einem Mord rächen können. Selbst die Haushälterin Bridget, die von Abby um ihre Ersparnisse gebracht worden war, um das Haus nicht verlassen zu können, hätte aus Hass das Paar töten können. Fraglich ist auch, ob ein Einbruch in der Vergangenheit und die Vergiftungserscheinungen von Andrew und Abby mit dem Mord in einem Zusammenhang stehen könnten.

Im Fokus der Handlung stehen die äußeren Umstände des Mordfalls, nicht aber die Aufklärung der Tötungsdelikte. Geschickt erzählt Sarah Schmidt in Rückblenden und aus den Perspektiven von Lizzie, Emma und Bridget, wie das Leben bei Andrew und Abby Borden war. Vor allem Lizzie wirkt emotional sehr labil, hat sie doch im Gegensatz zu ihrer neun Jahre älteren Schwester Emma nie eine liebevolle Erziehung erfahren können, da sie erst zwei Jahre alt war, als ihre Mutter Sarah gestorben ist. Die Stiefmutter Abby hat nie ein Interesse an den Mädchen gezeigt und lieber die Haushälterin schikaniert. Onkel John, der den unbekannten Benjamin engagiert hatte, um seinem Schwager eine Abreibung zu erteilen, wirkt so abgebrüht, als sei ihm alles zuzutrauen.

Sarah Schmidt hat in ihrem Debütroman ihre eigene Version des brutalen Mordes an dem Ehepaar Borden beschrieben und lässt offen, ob es tatsächlich die Hauptverdächtige Lizzie war, die ihren Vater und ihre Stiefmutter regelrecht abgeschlachtet haben könnte. Als Leser ist man mit ekliger Faszination von der Familie und den gruseligen Akteuren in den Bann gezogen. Man fragt sich, ob Lizzie zu so einer Tat fähig gewesen sein könnte, wie viel Schuld sie aufgrund ihrer labilen Psyche überhaupt haben könnte oder wer die Schwestern letztlich von den gewalttätigen Ausbrüchen des Vaters erlöst haben könnte. Rätselhaft ist dabei zunächst die vierte Perspektive des Benjamin, bei dem lange unklar bleibt, in welcher Verbindung er zur der Familie steht.

Den gesamten Roman durchzieht eine düstere, unheimliche und beklemmende Stimmung, die das Leben der jungen Frauen Lizzie und Emma, aber auch von Bridget, in einem spannungsgeladenen Haushalt beschreiben, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.
Es ist ein spannendes Psychodrama, das so anschaulich und bildhaft geschrieben ist, dass man den Schmutz, das Blut und die stets aufs Neue aufgewärmte Hammelsuppe riechen kann. Sehr gelungen vermischt Sarah Schmidt ihre Interpretation des Mordfalls, die Fiktion des Romans, mit den historischen Fakten.



Dienstag, 27. Februar 2018

Buchrezension: Julie Courtney Sullivan - All die Jahre


Inhalt:

Nora Flynn ist 21, als sie mit ihrer jüngeren Schwester aus Irland nach Amerika auswandert, um ihrem Verlobten zu folgen und Theresa eine Ausbildung zu ermöglichen. Doch Theresa wird schwanger, und Nora trifft eine folgenschwere Entscheidung. Fünfzig Jahre später hat Nora vier erwachsene Kinder: John, Bridget, Brian und Patrick, ihren Ältesten, der Nora beständig Sorgen bereitet und trotzdem ihr Liebling ist. Theresa lebt als Nonne in einem Kloster, als Patricks Tod die Schwestern nach Jahrzehnten des Schweigens wieder zusammenführt – und sie zwingt, sich mit dem auseinanderzusetzen, was ihr Leben für immer verändert hat.

Rezension:


Die beiden Schwestern Nora und Theresa Flynn wandern von Irland nach Amerika aus. In Boston wartet Noras Verlobter Charlie auf sie, dem sie versprochen ist, jedoch nicht liebt. Während Nora Schwierigkeiten hat, sich in Boston einzuleben und die Hochzeit mit Charlie lange hinauszögert, genießt die 17-jährige Theresa ihre Freiheit und begeht dabei einen folgenschweren Fehler.
Die Schwestern trennen sich im Streit. Nora heiratet Charlie Rafferty und zieht mit ihm vier Kinder groß, zu Theresa, die sich für ein Leben im Kloster entschlossen hat, hat sie kaum Kontakt, bis dieser Ende der 50er-Jahre ganz abbricht.

Nora und Theresa sehen sich erst 2009 bei der Beerdigung von Noras ältestem Sohn und Liebling Patrick wieder.

"All die Jahre" beginnt mit dem Unfalltod des 50-jährigen Patrick und endet mit dessen Totenwache und Beerdigung im Jahr 2009. Nora sieht sich dadurch mit den Ereignissen der Vergangenheit konfrontiert und lädt zu diesem Anlass ihre jüngere Schwester Theresa ein, von der ihre Kinder bislang nichts gewusst haben.

Es folgt ein Rückblick in die 50er-Jahre wie die beiden Schwestern ausgewandert sind und welche Ereignisse dazu geführt haben, dass sich Nora und Theresa entzweit haben.
Der Roman ist überwiegend aus den Perspektiven von Nora und Theresa geschrieben, die beide auf ihr Leben zurückblicken, als sie vom Tod Patricks erfahren. Daneben erhält man auch einen Einblick in die Biographien von Noras Kindern, die sich auf den Weg zur Totenwache und Beerdigung machen.

In der Familie Rafferty wurde vieles unter den Teppich gekehrt. Nora ließ ihrem ältesten Sohn Patrick alles durchgehen, obwohl er das schwierigste von allen Kindern war. Gerade die beiden nachfolgenden Kinder John und Bridget fühlten sich ungeliebt und empfanden Nora als herzlos. Der Nachzügler Brian, der zu seinem großen Bruder Patrick aufblickte, hat ein etwas entspannteres Verhältnis zu Nora.

Nora hadert Zeit ihres Leben mit ihrem Schicksal. Erst kümmert sie sich um ihre kleine Schwester Theresa, nachdem die eigene Mutter so früh gestorben ist, dann geht sie unfreiwillig nach Amerika, wo sie einen Mann heiraten muss, den sie nicht liebt. Die Geburt von Patrick wenige Monate nach ihrer Hochzeit mit Charlie wirft einen Schatten auf ihre streng katholische Lebenseinstellung. Sie trifft Entscheidungen, deren Konsequenzen sie ihr ganzes Leben nicht loslassen, von denen sie nicht weiß, ob sie richtig oder falsch gehandelt hat oder ob es überhaupt einen Königsweg gegeben hätte. Das Verhältnis zu ihrer Schwester, die ihre Lebensaufgabe und ihr Glück später in einem Kloster in Vermont finden wird, zerbricht daran. Unausgesprochene Schuldzuweisungen, eine Flucht in die Opferrolle und die damit einhergehende Unzufriedenheit prägen Noras Leben.

In der Familie wird wenig miteinander gesprochen, die Kinder suchen nach Anerkennung, die sie bis auf Patrick von ihrer Mutter nicht bekommen. Geheimnisse und Spannungen sind allgegenwärtig, im Erwachsenenalter distanzieren sich John und Bridget einerseits emotional von Nora, wollen ihr andererseits aber dennoch gefallen.

Der Roman zeigt, welche Auswirkungen eine einzige Entscheidung auf ein Leben haben kann und wie die Konsequenzen davon noch auf die nachfolgende Generationen Einfluss haben können. Erst als ein Familienmitglied stirbt, besteht die Chance auf eine Aussprache zwischen den Schwestern und auf eine offene Erklärung von Nora, die ihren Kindern weiterhelfen würde, warum ihre Mutter so gehandelt hat.

Es ist eine spannende, tragische Familiengeschichte, bei der die Geheimnisse nach und nach ans Tageslicht kommen und man als Leser nur darauf wartet, dass spätestens an der Beerdigung die aufgeladene Situation eskalieren lässt. Am Ende bleibt offen, wie viel die beiden Schwestern der nachfolgenden Generation erklären werden, ob sie jedes Geheimnis lüften, um ihr Gewissen zu beruhigen oder aus Scham einen einfacheren Weg gehen und manches Detail aus der Vergangenheit lieber verschweigen. Die Autorin gibt dem Leser die Möglichkeit gibt, sich seine eigenen Gedanken zu machen. 



Montag, 19. Februar 2018

Buchrezension: Daryl Gregory - Die erstaunliche Familie Telemachus


Inhalt:

Auf den ersten Blick ist Matty Telemachus ein typischer vierzehnjähriger Junge mit den typischen Problemen eines vierzehnjährigen Jungen. Aber Matty ist alles andere als normal und seine Familie ist es schon gar nicht. Als Matty entdeckt, dass er über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügt, macht er sich auf die Suche nach dem lange gehegten Familiengeheimnis: Sind seine Verwandten wirklich Medien, beherrschen sie Telepathie, Telekinese und vielleicht noch andere Kräfte?

Rezension:

Die Familie Telemachus ist keine gewöhnliche Familie. Die einzelnen Familienmitglieder verfügen über paranormale Fähigkeiten, die sie aber nicht wirklich zu ihrem Vorteil nutzen können.

Patriarch des Telemachus-Clans ist Teddy, ein Spieler und Trickbetrüger. Er lernte seine Ehefrau Maureen 1962 als Student kennen. Die beiden nahmen zusammen an Studien der Regierung wegen ihrer übernatürlichen Kräfte teil. Während Maureen aber tatsächlich über übernatürliche Kräfte verfügte und letztlich von der Regierung als Spionin im Kalten Krieg eingesetzt wurde, mogelte sich Teddy immer nur so durch.

An die drei gemeinsamen Kinder vererbte Maureen die paranormalen Fähigkeiten: Irene ist ein menschlicher Lügendetektor, Frankie kann Gegenstände mit der Kraft seiner Gedanken bewegen und Buddy kann hellsehen. Mit ihren magischen Fähigkeiten werden sie berühmt und treten im Fernsehen auf, wo es zu eine Vorfall kommt, der den Niedergang der Familie Telemachus einläutet.

1995 ist Matty Telemachus, Irenes Sohn, 14 Jahre alt und stellt fest, dass die paranormalen Fähigkeiten seiner Familie nicht nur ein Mythos sind, da er selbst seine Kraft entdeckt: Er kann aus seinem Körper austreten und ihm entschweben. Sein Onkel Frankie ist notorisch pleite und zunächst der einzigem der dessen Fähigkeit erahnt und diese egoistisch für einen Raub für sich nutzen möchte. Maureen ist zu diesem Zeitpunkt schon 31 Jahre tot und der labile Buddy ist der einzige, der das Ende - den "Zap-Tag" - am 4. September 1995 vorhersieht und heimlich Vorbereitungen dafür trifft.

"Die erstaunliche Familie Telemachus" ist ein fantastischer Roman über eine sympathisch-verrückte Familie, die die Herausforderungen des Lebens kaum bewältigen kann. Er ist abwechselnd aus der Sicht eines der gescheiterten Persönlichkeiten beschrieben und mitunter von Rückblenden und Erinnerungen geprägt. Der letzte Teil des Romans konzentriert sich auf den großen Showdown am 4. September 1995.

Es ist ein turbulenter Roman mit exzentrischen Charakteren um Spionagetätigkeit, die Mafia und den abenteuerlichen Umgang der Familie mit ihren Talenten, die mehr Ballast als Freude sind.
Der Roman ist nicht einfach zu lesen, da er in den Perspektiven und Zeiten hin und her springt, so dass der Lesefluss immer wieder unterbrochen wird und die Geschichte ihre Längen hat. Interessant ist jedoch zu lesen, wie sich das komplizierte Geflecht aus vergangenen Ereignissen und Charakteren am Ende entwirrt und die einzelnen Versatzstücke logisch zusammengesetzt werden.

Es ist eine unkonventionelle, aber charmante, in Teilen tragische, aber auch humorvolle Geschichte, bei der man nicht weiß, wohin das Ganze führt und was mit dem von Buddy vorhergesehene "Zap-Tag" auf sich hat. Manchen Rückblick in die Vergangenheit empfand ich allerdings als konfus und die gegenwärtige Geschichte um Mattys Fähigkeit und den Versuch, mit seinen Astralreisen seinem Onkel zu helfen, langweilte mich durch die vielen Wiederholungen. Teddy und Frankie sind zudem nervige Charaktere, so dass ich den Roman mitunter als anstrengend zu lesen empfand.



Samstag, 17. Februar 2018

Buchrezension: Carrie Hope Fletcher - Eine Liebe ohne Winter


Inhalt:

Wie schön der Winter ist, merkt man erst, wenn der Sommer ewig ist. Selten haben zwei Liebende so wunderbar zueinander gepasst wie Evie Snow und Vincent Winters. Doch Evies konservative Familie treibt die junge Künstlerin und den Straßenmusiker auseinander, kurz nachdem sie sich gefunden haben. Ein Leben verstreicht, in dem immer etwas fehlt, das Herz nie am rechten Fleck sitzt. Doch was, wenn es noch eine letzte Chance für ein Wiedersehen gibt? Alles, was Evie tun muss, ist, an das Unmögliche zu glauben. Wird sie sich auf die Reise in ihre Vergangenheit wagen?

Rezension:

Evie Snow ist im Alter von 82 gestorben und befindet sich in einer Art Vorstufe zu ihrem persönlichen Himmel. Sie trifft dort in ihrem 27-jährigen Körper in dem Apartmenthaus, in welchem sie als ledige Frau wohnte, auf einen ehemaligen Bewohner und väterlichen Freund, der sie wieder zurück zu Erde schickt, um Unerledigtes zu bewältigen. So lässt sich Evie dreimal wieder zurück auf die Erde versetzen, um jeweils ihrem Sohn August, ihrer Tochter Isla und schlussendlich ihrer großen Liebe Vincent ein Geheimnis zu offenbaren.

Zwischen den kurzen Abschnitten, in denen Evie aus dem Jenseits wirkt, wechselt die Geschichte in die Vergangenheit, als Evie 27 Jahre alt ist und den Geigenspieler Vincent Winters kennenlernt und sich in ihn verliebt.
Evie stammt aus einer gut betuchten, sehr konservativen Familie und ist James "Jim" Summer versprochen. Jim ist sogar in Evie verliebt und würde alles für sie tun, während Evie ihn nur als guten Freund ansieht. Sie versucht such von ihrer Familie, insbesondere der herrischen Mutter zu emanzipieren, kann jedoch die ihr gegebene Chance, ein eigenes Leben mit Beruf und Apartment in der Stadt aus verschiedenen widrigen Umständen nicht nutzen. Schweren Herzens schickt sie Vincent weg und heiratet für den Familienfrieden Jim, mit dem sie zwei Kinder bekommen wird.

Der Roman wird als "magisch" gelobt, ich dagegen fand ihn unlogisch und unrealistisch. Dies fing bereits damit an, dass ich das Leben von Evie Snow in keine Epoche einordnen konnte. Wenn ihr 82-jähriges Ich in der Gegenwart handelt, muss die Zeit des Kennenlernens von Vincent und der Kampf un ihr eigenes Leben in den 60er-Jahren stattgefunden haben. Dafür kam mir ihre Familie jedoch zu antiquiert vor, deren Moralvorstellungen eher in das späte 19. Jahrhundert gepasst hätten, während der Schauplatz um Evies Arbeitsplatz mit Frühstückspause im Coffeeshop, um einen Kaffee zu holen geradezu modern wirkte. Zudem war ihr Bruder Eddie in dieser Zeit bereits selbstverständlich im Besitz eines Handys. Auch die verschiedenen Sexualitäten (homo, bi- und pansexuell) von Weggefährten Evies hätten eher in das 21. Jahrhundert gepasst.

Die große Liebe zu Vincent endet genauso abrupt wie sie begonnen hat. Auch wenn ich nachvollziehen konnte, dass sich die in ihrer Freiheit so stark eingeschränkte Evie, die selbst ein künstlerisches Talent zum Zeichnen besaß, sich in den freien Musiker verliebte, empfand ich die Gründe für die Trennung hanebüchen, unbegreiflich und ärgerlich unnötig.

Genauso unverständlich war mir Evies Wirken auf ihre Kinder aus dem Jenseits heraus. Die Geheimnisse, die sie ihnen offenbarte, waren märchenhaft, aber keine, die August oder Isla in ihrem Leben weiterbringen. Geradezu grotesk wirkt dann, dass ihnen mit Vincent ein Mann präsentiert - und von ihnen herzlich empfangen - wird, den ihre Mutter wirklich geliebt hat, während ihr Vater Zeit ihres Lebens nur die zweite Wahl war. Jim wird als Erzeuger ihrer Kinder reduziert und bekommt auch kein Geheimnis von Evie offenbart. Er bleibt am Ende allein zurück, obwohl er sein ganzes Leben für Evie da war.

"Eine Liebe ohne Winter" ist ein Roman, in dem die Welt in Gut und Böse unterteilt wird und in der Evie die Edelmütige ist, die ihr Glück für andere opfert und erst im Tode dafür belohnt wird. Die magischen Elemente, die sich nicht nur im Jenseits ereignen, sondern auch Evies Familie in der Gegenwart begegnen, ohne weiter hinterfragt zu werden, wirkten au mich zu gewollt und deplatziert.
Sie passten allerdings zu dem holprigen Schreibstil der Autorin, der auch durch den Kniff der vermeintlich kreativen Namensgebung (Evie Snow - James Summer - Vincent Winters), der eher an ein Theaterstück erinnert, nicht wettgemacht werden konnte.
Auch bezweifle ich, dass Evies Einfluss aus dem Jenseits für ihr Ende letztlich notwendig war, oder ob es nicht ohne Offenbarung ihrer Geheimnisse genauso gekommen wäre. So ist nicht nur die mangelnde Logik zu kritisieren, sondern die Sinnhaftigkeit dieser Geschichte in Frage zu stellen.



Freitag, 16. Februar 2018

Buchrezension: Juli Zeh - Unterleuten


Inhalt: 

Wer nur einen flüchtigen Blick auf das Dorf in Brandenburg wirft, ist bezaubert von den altertümlichen Namen der Nachbargemeinden, von den schrulligen Originalen, die den Ort nach der Wende prägen, von der unberührten Natur mit den seltenen Vogelarten. Doch hinter den Fassaden der kleinen Häuser brechen alte Streitigkeiten wieder auf. Und obwohl niemand etwas Böses will, geschieht Schreckliches.

Rezension:

"Unterleuten" ist ein Roman, der in einem fiktiven 200-Seelen-Dorf in Brandenburg, unweit von Berlin, im Sommer 2010 spielt. In Unterleuten soll eine Windkraftanlage gebaut werden, die dem Dorf durch die erhobenen Gewerbesteuern zugute kommen soll. Jeder einzelne Dorfbewohner hat im Gegensatz zu Bürgermeister Arne Seidel ein ganz eigenes Interesse daran, dass die Windräder nicht errichtet werden dürfen. Nach einer öffentlichen Gemeindeversammlung im "Märkischen Landmann", in welchem das Projekt von Herrn Pilz, einem Angestellten der Windkraftfirma "Vento Direct" vorgestellt wurde, werden Ereignisse in Gang gesetzt, die über verbale Attacken hinaus in gewalttätige Handlungen münden. 

Es sind wirtschaftliche Eigeninteressen, Gründe des Naturschutzes im Vogelschutzgebiet von Unterleuten und insbesondere auch alte Fehden der Bewohner, die eine Spirale der Gewalt hervorrufen. 
Es geht um die Auseinandersetzung um die "Schiefe Kappe", den Flurabschnitt, der für die Windkraftanlage in Frage kommt, jedoch im Besitz mehrere Eigentümer ist. 

"Unterleuten" ist als Name für das Dorf brillant gewählt und die Mühe und Akribie, mit der die einzelnen Protagonisten der Dorfgemeinschaft herausgearbeitet worden sind, lassen diesen anschaulichen, wenn auch komplexen Roman zu einer Gesellschaftsstudie werden. 
Hilfreich ist der am Ende des Buches abgebildete Dorfplan sowie das Personenverzeichnis, in welchem die handelnden Personen kurz beschrieben werden. Die Ergänzungen zum Roman wie das Facebook-Profil der Journalistin Lucy Finkbeiner, das Xing-Profil von Herrn Pilz oder auch die Homepages von "Vento Direct" oder des "Märkischen Landmann" lassen das Dorf real erscheinen. Alle Links sind auf www.unterleuten.de zu finden. 

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive eines der Bewohner erzählt. Zu nennen sind der cholerische Inhaber der ortsansässigen Firma "Ökologica GmbH", Rudolf Gombrowski, dessen Erzfeind Kron, der gewalttätige Automechaniker Bodo Schaller, die Pferdenärrin Linda Franzen in der Villa Kunterbunt und der Vogelschützer Gerhard Fließ. 
Es werden die Gegensätze von fortschrittlichen Städtern, die aufs Land gezogen sind und den ewig rückständischen Dorfbewohnern sowie Ost- und Westdeutschen gezeichnet. Jeder kämpft gegen jeden. Es ist grundsätzlich niemandem zu trauen, auch wenn Versuche einer Zusammenarbeit unternommen werden, um andere zu übervorteilen. 

Spannend ist zu lesen, wie die Konflikte in dem kleinen Dorf eskalieren und zu welchen Maßnahmen der einzelne bereit ist, um sich und seine Familie oder nur seinen eigenen Besitz und Wert der Immobilie zu schützen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Umkehr des "Faust"-Zitats in "Die Kraft, die stets das Gute will und das Böse schafft", wenn die Maßnahmen des einzelnen schließlich zur Katastrophe führen. Während das für die ein oder andere bedeutet, Unterleuten verlassen zu müssen, wird der/ die andere körperlich verletzt oder muss am Ende sogar sein Leben lassen. 

"Unterleuten" stellt das Abbild unserer Gesellschaft dar, das sehr negativ gezeichnet wird. Es ist ein sprachlich sehr treffend geschriebener und bis ins Detail ausgeklügelter Roman, der sich vor allem auf die Charaktere, deren Eigenheiten und Psyche konzentriert, so dass das Thema Windkraftanlage in den Hintergrund zu treten scheint. Letztlich werden durch dieses EU-Projekt nur Konflikte geschürt, die seit Jahren im Dorf brodelten. 

Sehr neutral, fast schon wie im Epilog aus Sicht der Journalisten Lucy Finkbeiner formuliert, wird das Scheitern jedes einzelnen nach der Wende bzw. die Enttäuschung, mit der Städter und/ oder Wessis in Unterleuten gelandet sind, beschrieben. 

Trotz des Umfangs von über 600 Seiten und der über 20 wesentlichen Akteure lässt sich der Roman flüssig lesen, ohne dass man nach einem Einstieg in das Dorfleben immer wieder im Personenverzeichnis blättern müsste. Aufgrund der großen Anzahl an Personen und der durchweg negativen Eigenschaften kann man sich als Leser mit niemandem wirklich identifizieren und so gibt es am Ende auch keinen Helden oder Profiteur der Geschichte, was den Roman etwas einseitig negativ und düster nachwirken lässt. 



Mittwoch, 14. Februar 2018

Buchrezension: Bradley Somer - Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel


Inhalt:

Goldfisch Ian fällt. Aus dem 27. Stock. Auf seinem Weg nach unten flie¬gen die Fenster des Hochhauses an ihm vorbei – und mit ihnen die Geschichten der Menschen, die dahinter wohnen. Während Ian immer schneller auf den Bürgersteig zurast, fiebern wir nicht nur mit ihm mit, sondern erhaschen gemeinsam mit ihm einen Blick auf die Schicksale dieser Menschen. Ein Leben wird dabei beginnen, eines enden, und am Schluss begreifen wir, dass das Glas, das uns vom Rest der Welt trennt, zerbrechlicher ist, als wir oft glauben. Dann wird auch klar, warum Ian eigentlich fällt – und was passiert, wenn er landet.

Rezension:

Goldfisch Ian fällt aus dem 27. Stock und blickt während seines Falls in die Fenster der Fassade des Wohnhauses "The Seville on Roxy", an denen er vorbeifliegt.

Der elfjährige Herman lebt mit seinem Großvater zusammen in einer Wohnung des Mietshauses und fällt in unregelmäßigen Abständen in Ohnmacht.

Connor hat wechselnde Liebschaften, die nichts voneinander wissen. Als Freundin Katie unangemeldet an seiner Tür klingelt und er gerade noch mit Gespielin Faye im Bett ist, wird ihm schlagartig bewusst, dass er Katie liebt und er bereut sein untreues Verhalten zutiefst. Connor ist auch derjenige, dem der Goldfisch gehört.

Petunia ist hochschwanger und möchte eigentlich nur ein Eissandwich essen, als plötzlich ihre Wehen einsetzen. Sie ist allein in ihrer Wohnung, ihr Freund im Pub und ihr Handy-Akku leer. Auch die Hebamme kann sie nicht erreichen, weshalb sie bei den Hausbewohnern nach Hilfe sucht.

Claire hat seit Jahren ihre Wohnung nicht mehr verlassen und ihr einziger Kontakt in die Außenwelt ist ihre Mutter sowie die Männer, die die Sex-Hotline anrufen, für die sie arbeitet. Ausgerechnet an ihrer Tür klingelt Petunia, die den ohnmächtigen Herman im Schlepptau hat. Alle drei werden in den wenigen Sekunden in denen Ian aus dem Fenster fällt, über sich selbst hinauswachsen.

Die weiteren handelnden Personen sind unter anderem der Hausmeister Jimenez, der den Fahrstuhl laienhaft repariert und dabei fast einen Brand verursacht. Bei der Reparatur eines Wasserhahns lernt er Garth kennen, der leidenschaftlich gern Frauenkleider trägt.

Ein Mietshaus ist eben auch nur ein Abbild der Gesellschaft und insofern lernt der Leser eine bunte Vielfalt an Menschen mit ihrem Sorgen und Problemen kennen. Episodenartig erhält man einen Blick in die Vorgänge ausgewählter Wohnungen und lernt die Einzelschicksale der Bewohner kennen, während Ian vom Balkon und in die einzelnen Fenster des Hauses guckt.

Dass gerade ein Goldfisch herunterfällt, ist ein kreativer Aufhänger für den Roman, spielt jedoch für die Handlung selbst keine Rolle, was ich ein bisschen schade fand. Auch Connor bemerkt sein Verschwinden nicht.
"Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel" enthält aber dennoch viele amüsante und auch tiefgründige Passagen, die sich aus den neurotischen Charakteren, die exemplarisch aus dem Wohnhaus dargestellt werden, ergeben.
Während Ian aus dem 27. Stock fällt, weil er sich selbst dazu entschieden hat, die Chance zu nutzen, sein Goldfischglas zu verlassen und über den Tellerrand zu gucken, entwickeln sich auch die Bewohner von "The Seville on Roxy" weiter, indem sie Dinge tun, die sie nie für möglich gehalten hätten.
Ein Mensch wird in dem kurzen Zeitraum sterben, ein anderer geboren. Menschen begegnen sich, die noch nie etwas miteinander zu tun hatten, teilen sodann gemeinsame Erlebnisse und wachsen über sich hinaus. Sie erleben, dass man gemeinschaftlich mehr erreichen kann, als jeder einzelne für sich.
Goldfisch Ian steht symbolisch dafür, ein Wagnis einzugehen. "Wer sein Leben in einem Goldfischglas fristet, wird als alter Fisch sterben, der nie ein Abenteuer erlebt hat."



Montag, 12. Februar 2018

Buchrezension: Kate Ling - Wir zwei in neuen Welten (Band 2 der Ventura-Saga)


Inhalt:


Ich habe mich so sehr nach all den Dingen gesehnt, die das Leben lebenswert machen. Und ich hätte nie gedacht, dass ich diese Dinge tatsächlich bekomme. Aber jetzt gehören sie mir - Und plötzlich habe ich etwas zu verlieren.
Seren und Dom konnten von der Ventura fliehen und gemeinsam mit Ezra und Mariana auf dem entfernten Planeten Huxley-3 landen. Zunächst erscheint die neue Welt wie ein Paradies. Das erste Mal in ihrem Leben befinden sich die vier außerhalb eines Raumschiffes, spüren den Wind in den Haaren und das kalte Meerwasser an den Füßen. Und niemand schreibt ihnen etwas vor! Doch schon bald wird diese neu gewonnene Freiheit zu einer unüberwindbaren Herausforderung. Sie sind völlig auf sich gestellt und allein auf einem Planeten, der mehr Gefahren birgt, als sie sich jemals hätten vorstellen können.

Rezension:

"Wir zwei in neuen Welten" ist die Fortsetzung der Ventura-Saga. Seren, ihr Freund Dom sowie Mariana und Ezra haben die Flucht von der Ventura überlebt, sind auf Huxley-3 angekommen und müssen sich in dieser neuen Welt zurechtfinden. Zum ersten Mal in ihrem Leben sehen sie den Himmel und das Meer, spüren den Wind in ihren Haaren. Die Euphorie über die Ankunft auf einer Insel des Planeten ist allerdings schon bald verflogen. Wie Gestrandete nach einem Flugzeugabsturz müssen sie um ihr Leben kämpfen, kennen allerdings nicht die Gegebenheiten auf den Planeten, wie das Klima ist, ob das Wasser genießbar ist und welche Pflanzen ungiftig sind.
Seren und Ezra verletzen sich so schon bald an fluoreszierenden Korallen, was nicht ohne Folgen bleibt.

Als die Regenzeit einsetzt und die bisher verzehrten Pflanzen knapp und ungenießbar werden, wagen sie es, die Insel zu verlassen, um zum Festland von Huxley-3 zu gelangen. Dort wartet eine unvorhergesehene Überraschung auf sie. Offensichtlich sind sie nicht die einzigen Lebewesen, die sich auf dem Planeten befinden.

Huxley-3 ist der Erde sehr ähnlich, weshalb ich es ein bisschen enttäuschend fand, wie leicht sich die vier Teenager auf dem Planeten zurechtfinden konnten und mit nur wenig Widrigkeiten zu kämpfen hatten. Im Vordergrund stand nach dem Eingewöhnen vielmehr die Beziehung von Seren und Dom, bei der es aufgrund eines lächerlichen Streits zu einem Bruch kommt, der sich über weite Teile des Romans zieht.
Seren ist verletzt und benimmt sich ihrem Alter entsprechend wie ein beleidigter Teenager. Ihre überzogene Eifersucht stellte die in Band 1 als romantische Jugendliebe begonnene Liebesgeschichte in den Schatten. Mit Konflikten in einer noch jungen Beziehung war unter diesen Umständen zu rechnen, hätten aber nicht in dieser Intensität ausgelebt werden müssen, so dass Huxley-3 und das Abenteuer zur Errichtung einer neuen Zivilisation zu sehr in den Hintergrund traten.

Was mir an Band 1, diesem futuristischen, unwirklichen Leben voller strenger Regeln auf dem Raumschiff, wo es so viel zu entdecken gab, gefiel, fehlte mir in Band 2, obwohl es gerade darin eine neue, für die vier Teenager unentdeckte Welt kennenzulernen und zu erobern galt. Bis auf ein paar Startschwierigkeiten lief mir das Leben dort zu problemlos ab, so dass man als Leser schon fast vergaß, dass sich die Protagonisten in einer anderen Galaxie, fernab der Erde befanden.

"Wir zwei in neuen Welten" fokussiert sich zu sehr auf den Bruch der Beziehung zwischen Seren und Dom, statt auf die Neuentdeckung einer neuen Welt. Auch der Grund für die Flucht von der Ventura, die Möglichkeit, ihre Liebe und mit mehr Freiheiten leben zu können, geriet zu sehr in den Hintergrund, weshalb es sich für mich um eine etwas enttäuschende Fortsetzung dieses Jugendromans handelt.

Anders als gedacht, handelt es sich bei der Ventura-Saga nicht um eine Dilogie, da im englischsprachigen Raum im Mai 2018 mit "The Truth of Differend Skies" Band 3 der Reihe erscheint.
Auch wenn mich Band 2 nicht so überzeugen konnte, hat mich der Klappentext des dritten Teils neugierig gemacht. Offensichtlich handelt es sich dabei um die Vorgeschichte von Band 1, da es sich mit der Protagonisten Bea vermutlich um die Großmutter von Seren handelt. 

Samstag, 10. Februar 2018

Buchrezension: Jojo Moyes - Mein Herz in zwei Welten (Lou, Band 3)

Jojo Moyes
Mein Herz in zwei Welten (Lou, Band 3)


Inhalt:

"Trag deine Ringelstrumpfhosen mit Stolz. Führe ein unerschrockenes Leben. Fordere dich heraus. Lebe einfach."
Diese Sätze hat Will Louisa mit auf den Weg gegeben. Doch nach seinem Tod brach eine Welt für sie zusammen. Es hat lange gedauert, aber endlich ist sie bereit, seinen Worten zu folgen und wagt in New York den Neuanfang. Die glamouröse Welt ihrer Arbeitgeber könnte von Lous altem Leben in der englischen Kleinstadt nicht weiter entfernt sein. Dort ist ein Teil ihres Herzens zurückgeblieben: bei ihrer liebenswert chaotischen Familie und vor allem bei Sam, dem Mann, der sie auffing, als sie fiel. Während Lou versucht, New York zu erobern und herauszufinden, wer Louisa Clark wirklich ist, muss sie feststellen, wie groß die Gefahr ist, sich selbst und andere auf dem Weg zu verlieren. Und am Ende muss sie sich die Frage stellen: Ist es möglich, ein Herz zu heilen, das in zwei Welten zuhause ist?

Rezension:

"Mein Herz in zwei Welten" ist der dritte Band der Reihe um Louisa Clark. Nachdem sie im ersten Teil so tragisch von ihrer Liebe Will Traynor, einem Tetraplegiker, der sich entschlossen hatte, in der Schweiz seinem Leben ein Ende zu setzen, Abschied nehmen musste, und im zweiten Band erst nach einem unabsichtlichen Sturz vom Dach ihre depressive Phase durch eine neue Liebe zu dem Sanitäter Sam überwunden und ihr Leben wieder in die Hand genommen hat, geht ihre Geschichte in New York weiter.

An der Upper East Side erhält Lou eine Anstellung als persönliche Assistentin von Agnes Gopnik. Diese stammt aus Polen, hatte als Masseurin für den Millionär Leonard Gopnik gearbeitet, bis sich beide ineinander verliebten. Leonard hat daraufhin seine Ehefrau verlassen und Agnes geheiratet, die jedoch trotz ihrer Liebe zu ihm und dem Reichtum unglücklich ist, da sie gesellschaftlich gemieden wird. Insbesondere die Frauen der Upperclass sowie ihre 25-jährige Stieftochter Tabitha verhalten sich ihr gegenüber abfällig und verbergen ihre Geringschätzung auch nicht bei öffentlichen Terminen wie den Wohltätigkeitsveranstaltungen, an denen Agnes als neue Mrs. Gopnik teilnehmen muss.

Lous Aufgabe ist es, Agnes eine moralische Unterstützung zu sein und sie zu den Gesellschaften als ihre "Freundin" zu begleiten. Dabei werden ihr Geheimnisse bekannt, mit denen sie nur schwer umgehen kann und die sie lieber nicht gewusst hätte. Zudem muss sich Lou selbst mit den anderen Angestellten und Bewohnern des Hauses herumschlagen, die sie und ihre Aufgabe nicht ernst zu nehmen scheinen. Diskretion wird im Umfeld der Schönen und Reichen großgeschrieben, nur Lou tut sich schwer mit den Regeln "nichts hören, nichts sehen, alles vergessen".
Darüber hinaus ist sie noch junge Beziehung zu Sam noch nicht gefestigt und von Missverständnissen, gegenseitigen Verdächtigungen und Streitereien geprägt, die Lou belasten. Beide stellen sie fest, wie schwer es ist, eine Fernbeziehung zwischen England und den USA aufrechtzuerhalten und stellen die gemeinsame Zukunft in Frage.
Ihr Aufenthalt in New York nimmt dann überraschend eine ganz andere Entwicklung und plötzlich wird Lou von einer ganz anderen Person gebraucht, die ihre für die Hilfe auf ihre ganz eigene Art dankt.

Romane von Jojo Moyes lese ich so gerne, da ich ihren unverwechselbaren Schreibstil mag, der leichtgängig, gleichzeitig tragisch und witzig-frech sein kann und vor allem so lebendig ist, dass man in das Leben der Protagonisten, ihre Sorgen und Probleme, unmittelbar eintaucht.

Lou ist zudem so ein liebenswerter Charakter, der einerseits mit Hummelstrumpfhose und Vintage-Kleidung lebensbejahend bunt ist, aber auch eine sehr nachdenkliche Seite hat, insbesondere wenn sich ihre Gedanken um Will drehen. Aber auch der Rest der Familie Calrk sowie einzelne Personen, denen Lou in New York begegnet, sind einfach Unikate, die die Geschichte so abwechslungsreich machen.

Dennoch konnte mich "Mein Herz in zwei Welten" nicht so begeistern wie die beiden Vorgängerromane. Ich empfand die Geschichte um Lous Aufenthalt in New York etwas konstruiert und konnte mich mit ihrer Aufgabe bei Agnes nicht so richtig anfreunden. Erst die weitere Entwicklung in New York, ihre Verbindung zu Mrs de Witt und ihrem Hund Mops sowie ihre verwirrenden Gefühle für Josh, der ihrer großen Liebe Will so ähnlich sieht, machten den Roman besonders und zeigten wiederum die Einzigartigkeit und den hohen Wiedererkennungswert von Jojo Moyes Schreibstil.
Die Szenen zu Hause bei ihrer Familie in England, all die Charaktere - von ihren Eltern bis zu Wills Tochter Lily - denen man wieder begegnet, haben mir darüber hinaus sehr gut gefallen. Auch die Probleme der jungen Liebe zwischen Lou und Sam, die Unsicherheiten im Umgang miteinander, fand ich sehr berührend.

Wer die ersten beiden Teile geliebt hat, wird sich dem Sog nicht entziehen können und auch Teil 3 lesen wollen. "Mein Herz in zwei Welten" ist allerdings nicht so ergreifend tragisch wie "Ein ganzes halbes Jahr" und nicht so romantisch wie "Ein ganz neues Leben", sondern stellt Lous weitere persönliche Entwicklung in den Fokus. Mit Abstand von zu Hause, weg von ihrer einnehmenden Familie und den Traynors, aber auch mit großer Entfernung zu ihrer neuen Liebe, versucht Lou herauszufinden, was sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Sie hängt emotional noch sehr an Will und hat immer wieder seine Worte im Kopf, die sie motivieren, in New York trotz aller Widrigkeiten durchzuhalten. Ihre emotionale Verbundenheit zu Will macht sie einerseits stark, ihr Leben in die Hand zu nehmen und nicht so sehr darüber nachzudenken, was andere von ihr halten könnten, andererseits stört diese die Entwicklung der Beziehung zu Sam.

Der Aufenthalt Louisas in New York ist turbulent, enthält lustige, aber auch traurige Ereignisse und hält einige überraschende Wendungen bereit. Zu Beginn ist Lou verunsichert, wirkt ein wenig verloren in der große Stadt, beweist dann jedoch, dass sie eine Kämpferin ist, die weder ihre Familie, noch Wills Ambitionen für sie enttäuschen möchte. Sie beißt sich durch, entwickelt sich persönlich weiter und merkt letztlich auch, wie viel Sam ihr bedeutet.

"Mein Herz in zwei Welten" beschreibt wortwörtlich Lous innere Zerrissenheit. Trotz der traurigen Elemente, die zeigen, dass das Leben endlich ist, ist der Roman ein sehr positives Buch. Es ist ein lebensbejahender Wohlfühlroman über den Mut, sich selbst treu zu bleiben, nicht unterkriegen zu lassen und seine eigenen Träume zu verwirklichen.

Für mich wäre die Geschichte von Lou schon mit Teil 2 abgeschlossen gewesen, da sie sich darin bereits aufgerafft hat, ihr Leben neu zu beginnen. Teil 3 ist nett, aber für mich kein krönender Abschluss der Reihe. Das Ende ist dann auch so gestaltet, dass es problemlos ein Wiedersehen mit Lou in einem vierten Band geben könnte.



Freitag, 9. Februar 2018

Buchrezension: Dani Atkins - Sieben Tage voller Wunder


Inhalt:

Beim Check-in hat Hannah ihn zum ersten Mal gesehen: Logan mit den unglaublich grünen Augen. Ist es Schicksal, dass er sich im Flugzeug neben sie setzt, kurz bevor die Maschine wie ein Stein vom Himmel fällt, mitten in Kanadas endlose winterliche Wildnis und das eisige Wasser eines Sees? Wie durch ein Wunder kommen Hannah und Logan bei dem Flugzeugabsturz mit dem Leben davon, doch die nächsten Tage verlangen ihnen das Äußerste ab, vor allem, als mit jeder Stunde, die vergeht, die Hoffnung auf Rettung schwindet. In der verschneiten kanadischen Wildnis kämpfen sie ums Überleben. Wird ihnen gemeinsam gelingen, woran ein Einzelner scheitern muss?

Rezension:

Hannah hat ihre ältere Schwester in Kanada besucht, um Abstand von ihrem Freund William zu gewinnen, der sie mit einer deutlich jüngeren Praktikantin betrogen hat. Auf der Rückreise nach England fällt ihr schon am Flughafen ein mitreisender Geschäftsmann auf, der sich während des Flugs aus der Businessclass zu ihr setzt. Bevor sie sich näher kennenlernen können, stürzt das Flugzeug noch über Kanada ab. Hannah und Logan, die im Heck des Flugzeugs saßen, überleben wie durch ein Wunder.
Sieben Tage hoffen sie auf Rettung und sind auf der Suche nach Zivilisation Kälte, Hunger und wilden Tieren ausgesetzt.

Von Dani Atkins habe ich bisher alle Romane gelesen und auch bei diesem Roman konnte sie mich am Ende wieder mit einem Überraschungsmoment verblüffen.

"Sieben Tage voller Wunder" ist aus der Ich-Perspektive von Hannah geschrieben, weshalb man ihre Gefühle - einerseits die Todesangst, andererseits die aufkeimenden Liebesgefühle für Logan - miterlebt und sich selbst in die Situation, sich mit einem Fremden, den man schon aus reinem Überlebenswillen körperlich nahe kommt, in die Kälte Kanadas versetzt fühlt.
Sehr eindringlich wird geschildert, wie sich die beiden durch die Wildnis schlagen und dabei auf gegenseitige Unterstützung angewiesen sind. Nur als Team können sie sich Wärme spenden und den nötigen Erfindergeist entwickeln, um ihr Überleben während des Wartens auf Rettung zu sichern.

Auch die sehr bildhafte Sprache der Autorin macht den Roman so erlebbar, dass man als Leser selbst wie Hannah am Ende von einer Wendung des Schicksals überrascht ist, mit der man so nicht gerechnet hat. Und genau dieser raffinierte Clou ist es wieder, der die Romane von Dani Atkins so einmalig lesenswert macht, Nie kann man sich bei ihren Roman sicher sein, ob es für die vom Schicksal gebeutelten Frauen ein Happy End geben wird.

"Sieben Tage voller Wunder" ist in seiner Kürze gefühlvoll, lebendig und spannend geschrieben, weist allerdings nur 230 Seiten Lesevergnügen auf. Für die Schilderung der Katastrophe des Flugzeugabsturzes und des Hoffens auf Rettung ist der Umfang für eine runde Geschichte ausreichend. Die Protagonisten hätten jedoch durchaus Potential für eine längere Vorgeschichte und/ oder Weitererzählung gehabt. So blieb vor allem Logan ein wenig zu eindimensional als Held geschildert, was sich allerdings durch den Clou am Ende erklären lässt.



Mittwoch, 7. Februar 2018

Buchrezension: Judith W. Taschler - Die Deutschlehrerin


Inhalt:

Mathildas große Liebe, Xaver, hat sie verlassen. Daraufhin erleidet die junge Frau einen Nervenzusammenbruch. Sechzehn Jahre später scheint sie endlich einen Platz im Leben gefunden zu haben: Mathilda ist Deutschlehrerin in einer anderen Stadt. Da taucht Xaver, inzwischen gefeierter Jugendbuchautor, plötzlich wieder auf. Die beiden rekapitulieren ihre gescheiterte Beziehung. Die Geburt von Xavers Sohn nur wenige Monate nach der Trennung und dessen Entführung werden zum Angelpunkt ihrer Begegnung. Ein raffiniertes und fesselndes Spiel um Liebe, Rache Schuld nimmt seinen Lauf.

Rezension:

Nach 16 Jahren begegnen sich Mathilda Kaminski und Xaver Sand in Innsbruck wieder. Sie waren von 1980 bis 1996 ein Paar, bis Xaver, ohne ein Wort zu sagen, verschwunden ist und wenige Monate später eine reiche Hotelerbin heiratete. Mathilda verfolgte das Glamourpaar in den Medien, in denen wenig später über die Entführung des anderthalbjährigen Sohnes des Paares berichtet wurde.

Im Jahr 2011/ 2012 ist Mathilda Deutschlehrerin an einem Realgymnasium, das bei dem Projekt der Kulturservicestelle des Landes Tirol "Schüler/in trifft Autor/in" mitmacht, wobei Xaver als Jugendbuchautor für die Veranstaltungsreihe an ihrer Schule ausgelost wird. Nur ein Zufall?

Mathilda und Xaver treten zunächst in einen E-Mail-Kontakt, aus dem eine noch immer andauernde Kränkung von Mathilda herauszulesen ist. Im März 2012 treffen sie sich persönlich im Rahmen des Schulprojekts und auch da brechen alte Wunden wieder auf. Mathilda macht Xaver Vorwürfe, beschuldigt ihn, sie ausgenutzt zu haben, schließlich habe sie die Idee für seine erfolgreiche Jugendbuchtrilogie geliefert und an den drei Roman mitgeschrieben. Den Erfolg hat allerdings allein Xaver Sand für sich beansprucht.
Trotz der Beschuldigungen und Enttäuschungen spüren die beiden nach wie vor eine Verbundenheit zueinander und der Autor und die Deutschlehrerin erzählen sich gegenseitig Geschichten, so wie früher, als sie noch ein Paar waren.

Wahrheit und Fiktion beginnen zu verschwimmen, als Mathilda von der Entführung eines kleinen Kindes erzählt...

Der Roman folgt einem interessanten Aufbau aus E-Mails, Erinnerungen, Rückblenden in die Jahre 1980 vom Kennenlernen an der Universität bis zur einseitigen Trennung 1996 und Dialogen zwischen den beiden Protagonisten.

Während man zu Beginn noch davon ausgeht, dass der Roman von dem Aufeinandertreffen eines Liebespaares handelt, das seine Trennung nicht verarbeitet hat, entwickelt sich "Die Deutschlehrerin" zu einem perfiden Spiel zwischen Mathilda und Xaver. Als Leser ist man sich nicht sicher, wie viel Wahrheit in den Geschichten steckt, die sich die beiden erzählen. Fraglich ist auch, wer die Wiederbegegnung tatsächlich eingefädelt hat und warum. Aus Schuldgefühlen? Aus Rache?

"Die Deutschlehrerin" ist ein raffiniertes Drama, bei dem die Spannung gemächlich aufgebaut wird, bis man insbesondere von Mathildas Erzählungen gefesselt ist und der enttäuschten Frau, der ihr sehnlicher Kinderwunsch von Xaver verwehrt wurde, letztlich alles zutraut. 



Montag, 5. Februar 2018

Buchrezension: Sinead Moriarty - Wie wir waren


Inhalt:

Alice und Ben sind das perfekte Paar, verbunden durch ihre Liebe, ihre Kinder. Bis Ben mit den Ärzten ohne Grenzen in ein Krisengebiet nach Afrika geht. Kurz darauf erhält Alice die schlimmste aller Nachrichten: Bens Team wurde überfallen, niemand habe überlebt. Plötzlich ist sie Witwe und alleinerziehende Mutter. Alice schwankt zwischen Trauer und Wut auf Ben. Dann lernt sie Dan kennen: gut aussehend, charmant und hilfsbereit. Schließlich gibt sie seinem Werben nach und sagt Ja. Doch am Vorabend der Hochzeit klingelt das Telefon. Es ist Ben. Er lebt, und er will sein altes Leben zurück.

Rezension:

Alice und Ben sind verheiratet und haben zwei Töchter, die 15-jährige Jools und die neunjährige Holly und leben in London. Alice ist Hausärztin, Ben Chirurg und beide versuchen so gut es geht, ihren Aufgaben als Eltern gerecht zu werden. Die pubertierende Jools hat Schwierigkeiten in der schule und fühlt sich minderwertig und "dumm", während Holly ein wandelndes Lexikon und hochbegabte Musterschülerin ist.

Ben sehnt sich nach mehr Abwechslung im Alltag und ist selten zu Hause. Als er die Möglichkeit erhält, für eine Operation nach Eritrea zu gehen, um dort den Außenminister zu operieren, sagt er sofort zu. Die ängstliche Alice, die vom Verlust ihrer Eltern vor Jahren traumatisiert ist, ist gegen die Reise, kann Ben jedoch nicht umstimmen.

Der Aufenthalt in Eritrea führt zur Katastrophe. Ben wird nach einem Unglück mit einer Landmine für tot erklärt. Nach gut einem Jahr der Trauer nähert sich Alice dem Nachbarn von gemeinsamen Freunden an. Sie verliebt sich in den geschiedenen Dan, einen Multimillionär, der sie auf Händen trägt und auch die Mädchen scheinen Dan zu mögen. Am Tag der Hochzeit erhält Alice überraschend einen Anruf des Außenministeriums: Ben ist noch am Leben.

Während Alice drei Jahre lang davon ausgegangen ist, dass ihr Mann tot ist, war dieser in Eritrea in Gefangenschaft, wo er als Arzt Soldaten der Aufständischen behandelt und operiert hat. Sie hat sich über Monate hinweg zurückgezogen, ihre Kinder vernachlässigt, bis ihr Bruder und auch ihre Freunde auf sie eingewirkt haben, wieder aktiv am Leben teilzunehmen.
Dan ist nicht zu vergleichen mit Ben, aber kümmert sich fürsorglich um Alice und das ist vermutlich genau das, was Alice in dieser schweren Zeit braucht. Aich die ältere Tochter Jools ist schnell zu begeistern für das luxuriöse Leben als Stieftochter eines Multimillionärs.

Das Drama, mit dem die neu formierte Familie konfrontiert wird, beginnt von Neuem, als Ben nach England zurückkehrt.
Während er zu Beginn des Romans als egoistischer Familienvater in der Midlife Crisis dargestellt wurde, macht er bei seinem Aufenthalt in Eritrea eine Wandlung durch, wird sich seiner Verantwortung für die Familie bewusst und wie sehr er Alice liebt. Zuhause sieht er sich dann damit konfrontiert, als Vater und Ehemann ersetzt worden zu sein.

Ich hätte mir gewünscht, wenn der Fokus des Romans mehr auf dem Zwiespalt von Alice und den Mädchen nach der Rückkehr von Ben gelegen hätte. Die Trauerphase ist zwar authentisch und emotional geschildert, enthielt aber auch viele Wiederholungen in den Dialogen und Verhaltensweisen der Protagonisten und zogen den Roman etwas in die Länge. Wirklich spannend wurde nur das letzte Drittel und die Frage, wen Alice nun eigentlich liebt und welchen Mann sie vor den Kopf stoßen würde.

"Wie wir waren" ist ein Familiendrama mit interessanten, wenn auch zum Teil sehr überspitzt gezeichneten, Charakteren. Holly war mir zu sehr Streberin, Jools zu sehr die einfältige Zicke, Dan zu gönnerhaft und Alices Bruder Kevin zu sehr der klischeehafte Schwule. Diese bunte Mischung sorgte jedoch für eine abwechslungsreiche Handlung und ab dem Zeitpunkt von Bens Rückkehr wurde der Roman emotional packend. Mit Spannung habe ich darauf gewartet zu erfahren, wie Alice mit der neuen Situation umgehen würde und ob sie dem sichtlich geläuterten Ben eine zweite Chance geben oder ob sich sich für dem vermögenden, fürsorglichen Dan entscheiden würde, mit dem sie ein scheinbar sorgenfreies Leben in Aussicht hatte.

Der Weg dorthin war für alle Protagonisten anstrengend und für den Leser zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Die Moral von der Geschichte hat mir am Ende gut gefallen. 



Samstag, 3. Februar 2018

Buchrezension: Maria Realf - The One


Inhalt:

Lizzie steht kurz vor der Hochzeit mit dem attraktiven Sportlehrer Josh. Was er nicht weiß: Er ist die zweite große Liebe ihres Lebens. Nach Alex, der Lizzie so übel mitgespielt hat, dass sie nur mit Hilfe ihrer besten Freundin Megan wieder auf die Beine kam. Zehn Jahre ist es her, seit Lizzie zuletzt von Alex gehört hat - und die Vergangenheit ist für sie endgültig abgeschlossen. Aber jetzt, drei Monate vor Lizzies großem Tag, ist Alex wieder da. Er möchte ihr etwas Wichtiges sagen. Lizzie will davon nichts wissen, doch er lässt nicht locker.

Rezension:

Lizzie steht drei Monate vor ihrer Hochzeit mit Josh, mit dem sie seit fünf Jahren zusammen ist. Die Hochzeitsvorbereitungen laufen auf Hochtouren und gerade im Moment als Lizzie ihr Hochzeitskleid kauft, erfährt sie überraschend, dass ihr Exfreund Alex wieder in London ist. Sie hat ihn über zehn Jahre nicht gesehen, nachdem er sie ohne sich zu verabschieden verlassen hatte. Lange hatte Lizzie unter der Trennung gelitten, da Alex für sie die Liebe ihres Lebens gewesen ist.

Zurück in London schickt Alex ihr Blumen und bittet sie, sich bei ihm zu melden, was sie zunächst ignoriert. Bei einem Alumniball begegnen sie sich dennoch wieder und sofort springen die Funken wieder über. Lizzie hat ein schlechtes Gewissen gegenüber Josh, trifft sich jedoch weiterhin freundschaftlich mit Alex. Ihre Gefühle für ihn sind jedoch mehr als nur freundschaftlich.

Lizzie schwelgt in Erinnerungen und spricht sich mit Alex aus. Er erklärt ihr, warum er damals London verlassen hat und nach Thailand geflüchtet ist.
Als es nur noch eine Woche bis zur Hochzeit ist, macht Alex Lizzie eine Offenbarung, die sie zuriefst erschüttet. Bis zum Tag der Hochzeit zweifelt Lizzie und frag sich, ob es die richtige Entscheidung ist, Josh zu heiraten, wenn ihr Herz ihr etwas anderes sagt.

"The One" beschreibt die wenigen Wochen vor der Hochzeit von Lizzie und Josh, wobei nicht Lizzies zukünftiger Ehemann, sondern ihr Exfreund Alex für sie die Hauptrolle spielt.
Die erste große Liebe vergisst man nicht und als sie Alex wieder begegnet, kommen all ihre Gefühle wieder in ihr hoch, auch wenn sie zunächst noch versucht, sich dagegen zu wehren., Durch die Rückblicke in die Jahre 2002 bis 2005, die sie mit den gegenwärtigen Kapiteln abwechseln, erfährt man, wie sich Lizzie und Alex kennengelernt und ineinander verliebt haben und wie es zur Trennung und zur Abreise von Alex gekommen ist.

Der Roman ist sehr gefühlvoll geschrieben und man kann Lizzies Situation, diesen Zwiespalt, in dem sie steckt, durchaus verstehen. Eigentlich erscheint es nur logisch, dass sie in Sachen Liebe auf ihr Herz statt auf ihren Verstand hören sollte, aber auf der anderen Seite möchte sie Josh auch nicht so verletzen, wie sie damals von Alex verletzt worden ist, zumal sie weiß, dass Josh sie aufrichtig leibt und sie glücklich machen möchte. Zudem ist da auch noch Alex' Offenbarung, wonach eine Liebe zu ihm keine Zukunft hat.

"The One" ist eine tragische Liebesgeschichte für alle Romantiker, die an die große, bedingungslose Liebe glauben, die einzigartig ist und alle Zeiten überdauert.
Leider nimmt Lizzies Verlobter Josh in dem Roman eine so geringfügige Rolle ein, dass ich nicht so wie erhofft in Lizzies Gefühlschaos gefangen war und mitfiebern konnte, ob der Roman tatsächlich mit der akribisch geplanten Heirat enden wird. Trotz all der Tragik fehlten mir Emotionen und das Besondere an der Geschichte, so dass die Handlung selbst mit der ein oder anderen Überraschung zu sehr vor sich hin plänkelte.



Freitag, 2. Februar 2018

Buchrezension: Kim Nina Ocker - Like You and Me (Upper East Side-Reihe 2)


Inhalt:

Willkommen an der Upper East Side, wo Geld, Macht und Status zählen ... und nicht das, was dein Herz dir sagt.


Lexie Clark ist jung, tough und ehrgeizig. Ihr großes Ziel ist es, ihren Modeblog bekannt zu machen und in die elitären Kreise der Upper East Side aufzusteigen. Denn sie wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich die finanziellen Mittel zu besitzen, um sich um ihre Familie kümmern zu können. Ablenkung kann sie gerade überhaupt nicht gebrauchen - vor allem nicht, wenn sie in Form eines Barkeepers namens Trip Young kommt. Doch Trip hat sich in ihr Herz geschlichen, bevor sie etwas dagegen tun konnte. Dabei hat er keine Ahnung von den dunklen Geheimnissen, die sie mit sich herumträgt ... und die ihre Liebe - da ist Lexie sich sicher - früher oder später zerstören werden.

Rezension:

Lexie ist Anfang 20 und träumt davon, ihren Modeblog bekannt zu machen. Sie ist die Tochter eines selbstständigen Landschaftsgärtners, der vor zehn Jahren von seiner Ehefrau und Lexies Mutter verlassen wurde und dadurch zum Alkoholiker geworden ist. Lexie ist diejenige, die mit einem Angestellten in Teilzeit das Unternehmen stemmt, ihren Vater und sein Alkoholproblem vor allen anderen versteckt.

Lexie bewegt sich in den Kreisen der Reichen und Schönen, in der Hoffnung selbst aus ihrem Sumpf herauszukommen. Von Vorteil ist dabei die Freundschaft zu der deutschen Lena, die mit dem Hotelerben des WEST zusammen ist. Lexie kommt auf diese Weise auf exklusive Partys, wo sie Kontakte zu Männern knüpft.

Von festen Beziehungen hält Lexie nichts, für sie geht es lediglich um unverbindliche One-Night-Stands. Die Ausnahme bildet der Barkeeper Trip, der mehr von ihr möchte, als nur die Nächte mit ihr zu verbringen. Lexie hält ihn allerdings auf Abstand, bis die Situation zu Hause so schlimm wird, dass sie sich nicht mehr allein zu helfen weiß.

"Like You and Me" ist Band 2 der Upper-East-Side-Reihe und stellt Lexie in den Vordergrund, die als Nebencharakter aus Band 1 bekannt war. Zum Verständnis ist es hilfreich Band 1 gelesen zu haben, um die Hintergründe in Bezug auf ihre Freundin Lena zu verstehen, aber nicht zwingend notwendig.

Lexie ist kein auf den ersten Eindruck sympathischer Charakter. Sie gibt sich überheblich und unnahbar und schient nur an schnellem Sex interessiert zu sein. Zunächst überwiegt deshalb auch das rein körperliche Interesse an Trip. Er sieht hinter ihrer Fassade, die verletzliche Seele, dass sie einsam und liebesbedürftig ist und Hilfe braucht. Ihre Situation zu Hause ist ihr peinlich, weshalb Lexie alles - die Versorgung ihres verbitterten Vaters und die Leitung des kleinen Familienbetriebs - allein bewältigen möchte. Ihr Modedesign-Studium hat sie abgebrochen und was ihr noch bleibt,. ist ihr kleiner Modeblog, mit dem sie groß herauskommen möchte.

"Like You and Me" ist ein Roman, der zahlreiche Klischees bedient und denkbar vorhersehbar ist. Durch die existentiellen Probleme von Lexie und ihren alkoholkranken Vater ist der Roman aber nicht nur auf eine Liebes-Herz-Schmerz-Geschichte oder Erotikszenen beschränkt,weshalb er mehr Anspruch hat als Band 1 der Reihe. Ich fand den Roman dennoch durch die so langanhaltende abneigende Haltung Lexies gegenüber Trip und sein tiefgreifendes Verständnis dafür sowie die sich wiederholenden Szenen mit ihrem Vater langatmig. Ich hätte mir stattdessen gewünscht, dass der Modeblog eine größere Rolle gespielt hätte. Dieser beschränkte sich nur auf vereinzelte Fotos, die Lexie von ihren Outfits schießt.

Lexie fand ich nicht nur aufgrund ihrer Fassade, die sie krampfhaft versuchte, aufrechtzuerhalten, nicht authentisch. Ich konnte mir das Modepüppchen auf der allabendlichen Suche nach Sex und reichen Männern einfach nicht als hart arbeitenden Landschaftsgärtnerin vorstellen. Zudem wunderte ich mich, wie oft Lexie sich ein Taxi in New York gönnte, auf der anderen Seite aber nicht wusste, ob ihre Lebensmittel für den Monat noch ausreichen. Die erotischen (?) Dialoge zwischen Lexie und Trip (Stichwort: Hedwig oder der Ritt auf Kitt) waren nicht nur frivol, sondern zum Fremdschämen peinlich.

Trotz der ernsthaften Themen wie der Tod von Trips Bruder oder der Alkoholsucht des Vaters von Lexie, die zur Sprache kamen, war die Handlung recht simpel und vermittelte mit dem Ende für Lexie einzig, dass Reichtum und Einfluss alle Probleme lösen.