Samstag, 30. Juli 2016

Buchrezension: Christa Reusch - Tessa, die Liebe und der Tote im Stadtarchiv

Inhalt:

Liebe? Ist überflüssig! Tessa hat die Nase gestrichen voll von Männern. Mit der festen Überzeugung, auch als Single glücklich zu werden, bezieht sie ein kleines Häuschen in Köln. Plötzlich steht Tessas beschauliches Leben auf dem Kopf. Anonyme Briefe, eine namenlose Leiche und der umwerfende Briefträger Leonard ziehen ihr den vertrauten Boden unter den Füßen weg. Mit einem Mal befindet sich Tessa in einem Chaos aus Intrigen, Lügen und ihren aufflammenden Gefühlen für den attraktiven Leonard. Was geht nur vor in ihrem Leben und ihrem Herzen?

Rezension:

Tessa ist knapp 30 Jahre alt, Versicherungsangestellte, die nebenbei in den „Colonia News“ Kochrezepte veröffentlicht. Sie wurde in der Liebe schon schwer von einem verheirateten Mann enttäuscht. 

Vor wenigen Wochen ist Tessas Großmutter verstorben, weshalb sie in ihr Häuschen im Kölner Süden zieht.

Als Tessa plötzlich ominöse Briefe erhält, lernt sie den attraktiven Leonard von Weyersberg kennen, der von seinem Vater, der wiederum ein alter Freund von Tessas in München lebendem Vater ist, gebeten wurde, ein Auge auf die möglicherweise gefährdete Tessa zu haben.
Wie das Schicksal so will, verlieben sich die beiden ineinander. Bis es letztlich zum ersehnten Happyend kommt, müssen allerdings so manches Missverständnis und kleinere Anschläge auf Leib und Leben aller Beteiligter überstanden werden.
Eine kleine Kriminalgeschichte à la Miss Marple gibt insofern der quirligen Liebesgeschichte die Würze.

Das süße, blumige Cover lässt schon erahnen, dass der Roman eher in der Kategorie „leichte Kost“ anzusiedeln ist, was nicht abwertend sein soll. Frau liest eben auch ab und zu mal gerne etwas „fürs Herz“.
In „Tessa, die Liebe und der Tote im Stadtarchiv“ geht es aber nicht nur um eine Liebesgeschichte. Tessa wird über ihre Nachbarin neugierig auf einen ungeklärten Kriminalfall, der ihr, auch aufgrund der Briefe, die sie erhält, keine Ruhe lässt. Stück für Stück geraten Dinge auf sehr unkonventionelle Weise ans Tageslicht, von denen keiner geahnt hat. Tessa bringt sich als Hobbyermittlerin mit erweiterten Kompetenzen selbst in Gefahr. Die Polizei wird nicht eingeschaltet, wird aber zumindest als Service-Einrichtung für den ein oder anderen DNA-Test genutzt.

Den Reiz des Romans, der auch noch an meinem Wohnort Köln spielt, machte für mich gerade diese Mischung aus Liebes- und Kriminalgeschichte aus. Die Umsetzung ist allerdings nicht ganz rund gelungen. Ich musste mich in den ersten Kapiteln zunächst an den Schreibstil gewöhnen, da der Roman aus unheimlich viel wörtlicher Rede besteht. So manchen Smalltalk hätte die Handlung gar nicht gebraucht und auch der Lesefluss wäre mit Verwendung der indirekten Rede geschmeidiger gewesen.
Die vielen, zum Teil überzogen dargestellten Missverständnisse, die wie aus dem Nichts zuwischen Tessa und Leonard entstanden sind, empfand ich in Summe als anstrengend zu lesen. Die Schlussfolgerungen im Rahmen von Tessas „Ermittlungen“ waren nicht immer schlüssig und für den Leser nachzuvollziehen, so dass sich die Autorin an einer Stelle mit einem alles erklärenden Brief der Nachbarin behelfen musste. Die Leichtigkeit, mit der Tessa an Informationen gelangt, ist zumindest datenschutzrechtlich bedenklich oder schlichtweg unrealistisch.
Auch der Showdown, der in keinem guten Krimi fehlen darf, kam auch in „Tessa, die Liebe und der Tote im Stadtarchiv“ nicht zu kurz, wirkte jedoch für diesen Roman zu spektakulär, passte in seiner Gegensätzlichkeit allerdings wiederum zum übertrieben glücklichen Ende.

Christa Reusch hatte mit der Verquickung von Kriminalgeschichte und Liebesroman eine gute Idee, zeigte jedoch in deren Umsetzung sowohl sprachliche als auch inhaltliche Schwächen. Für einen ersten Roman ambitioniert, aber nicht ganz ausgereift.


Mittwoch, 27. Juli 2016

Buchrezension: Luis Sellano - Portugiesisches Erbe

Inhalt:

Henrik Falkner weiß kaum, wie ihm geschieht, als er die malerischen Altstadtgassen von Lissabon betritt. Der ehemalige Polizist soll ein geheimnisvolles Erbe antreten: Sein Onkel hat ihm ein Haus samt Antiquitätengeschäft vermacht. Während Henrik mehr und mehr in den Bann der pulsierenden Stadt am Tejo gerät, entdeckt er, dass sein Onkel offenbar über Jahre hinweg Gegenstände gesammelt hat, die mit ungelösten Verbrechen in Verbindung stehen. Und kaum hat Henrik seine ersten Pastéis de Nata genossen, versucht man, ihn umzubringen. Henrik stürzt sich in einen Fall, der sein Leben verändern wird.

Rezension:

Der ehemalige Polizist Henrik Falkner wird von dem ihm unbekannten, bis dato in Portugal lebenden, Onkel im Testament bedacht. Henrik reist nach Lissabon, wo ihm eröffnet wird, dass er ein in die Jahre gekommenes Mehrfamilienhaus mit im Erdgeschoss integriertem Antiquariat erbt. Henrik selbst befindet sich nach dem Tod seiner Ehefrau Nina und einer depressiven Phase mit daraus resultierender Arbeitslosigkeit, in einer Phase des Umbruchs und ist deshalb nicht abgeneigt, das Erbe anzutreten.

Für den Verkauf des Mehrfamilienhauses, den sein Onkel Martin allerdings notariell untersagt hatte, wird ihm von einem Unbekannten eine hohe Summe geboten. Als er diese Angebot misstrauisch ablehnt, häufen sich mysteriöse Angriffe auf sein Leben und das der Mieter des Hauses. Vom Polizistenehrgeiz gepackt, und da er den als korrupt geltenden Sicherheitsbehörden in Portugal kein Vertrauen schenkt, beginnt er mit eigenen Nachforschungen. Offensichtlich war sein Onkel dabei, ein seit Jahren verborgenes Verbrechen aufzudecken und hinterließ Henrik verschiedene Hinweise in seinem chaotischen Antiquariat. Auch wenn er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie nach Deutschland hatte, schien der Onkel darauf zu vertrauen, dass Henrik die Botschaften verstehen würde und als ehemaliger Polizist die Aufklärung des Falls vorantreiben könnte.
Der deutsche Autor Oliver Kern, der unter dem Pseudonym Luis Sellano einen europäischen Regionalkrimi verfasst hat, schafft es, dem Leser die Atmosphäre Lissabons nahe zu bringen. Sehr detailliert beschreibt er Straßen und Gebäude der Stadt, wie es kein Reiseführer hätte besser machen können. Darunter leidet allerdings auch die Spannung des Krimis. Mit dem Erbe und dem Antiquariat wird der Leser lange auf eine falsche Spur gebracht, hat der eigentliche Kriminalfall doch weder unmittelbar damit noch mit Henriks Onkel selbst etwas direkt zu tun.
Spannung kommt deshalb auch erst im letzten Drittel des Romans auf, als klar wird, welchem Verbrechen Henrik auf der Spur ist, das von einer offensichtlich sehr einflussreichen Familie Lissabons versucht wird, mit aller Macht zu vertuschen.

Der Krimi wirkt in Teilen konstruiert, da nicht ganz nachvollziehbar bleibt, warum Henrik so lange auf eigene Faust ermittelt und sich und andere damit in Gefahr bringt.
Sellano widmet der Beschreibung der Orte mit Liebe zum Detail viel Aufmerksamkeit, was den Krimi als Urlaubslektüre empfiehlt. Meinem Geschmack nach hätte Sellano allerdings noch mehr Engagement in den Aufbau des Kriminalfalls gesteckt, um den Ablauf der Handlung weniger zäh zu gestalten. Auch das unbefriedigende Ende, das noch weitere Bände mit Henrik Falkner in Aussicht zu stellen scheint, trug nicht dazu bei, mich von dem Krimi begeistern zu lassen.



Sonntag, 24. Juli 2016

Buchrezension: Alexandra Tobor - Minigolf Paradiso

Inhalt:

Sommerferien 1997. Die sechzehnjährige Malina findet heraus, dass ihr Großvater, der vor vielen Jahren ertrunken sein soll, alles andere als tot ist. Alois Dudek lebt: als Talkshow-Teilnehmer, Losbudenverkäufer und Minigolfanlagenbetreiber. Gleich nebenan in Castrop-Rauxel! Malina fährt hin, aber der Besuch endet im Desaster. Alois ist kein Vorbild-Opa, sondern ein Verlierer im Elvis-Kostüm, ein alberner Märchenerzähler. Und er hat Schulden bei den falschen Leuten. Als er Opfer eines Überfalls wird, hauen Alois und Malina ab. Ihre Flucht wird zur Reise in die Vergangenheit: in die polnische Heimat, von der Malinas Eltern nie erzählen wollten.

Rezension:

Der Roman spielt im Jahr 1997 und gerade zu Beginn merkt man, wie man die Zeit, in der auch ich aufgewachsen bin, zurückversetzt wird.

Die 16-jährige Malina stammt aus Polen und wächst im Ruhrpott auf, wo sie eine Außenseiterin ist. Ihre Mutter ist sehr um Integration bzw. Anpassung bemüht, nennt sich westlich Grace statt Grazyna und möchte nur das Beste für ihre Tochter: gute Schulnoten und echte Freunde.
Als Malinas Eltern in den Sommerferien in den Urlaub fahren, trifft Malina durch Zufälle und eigene Neugier auf ihre Vergangenheit und familiären Hintergrund auf ihren Großvater, der als verstorben galt.
Quicklebendig lernt Malina ihn als Inhaber einer veralteten Minigolf-Anlage kennen, der in einem Wohnwagen von seinen Betrügereien lebt. Als der Gauner ertappt wird und von zwielichtigen Gestalten bedroht wird, nutzt Malina die Gelegenheit, um mit ihm nach Polen zu fahren. Sie möchte endlich alles über die Vergangenheit ihrer Familie erfahren, was ihr von ihrer Mutter bisher verschwiegen wurde.
Es beginnt ein Roadtrip, der sie in die Vergangenheit führt. Sie taucht in Geschichten des Großvaters ein, der viel zu erzählen hat, es mit der Wahrheit aber nicht so genau nimmt.

Der Roman ist für alle Jugendlichen der 90er-Jahre eine Reise in die Vergangenheit, die man selbst erlebt hat. Ich fand es sehr unterhaltsam und interessant mich wieder an die Kleidung, Musik oder Fernsehsendungen von damals zu erinnern.
Für mich hatte „Minigolf Paradiso“ allerdings im Hauptteil des Romans, dem Roadtrip, seine Längen, da ich mich für die vielen, zum Teil sehr phantasievollen, Geschichten von Aldi nicht wirklich begeistern konnte.
Das Buch ist allerdings mehr als eine skurrile Zeitreise nach Polen. Es handelt vom Erwachsenwerden, der Suche nach den eigenen Wurzeln, von Vergangenheitsbewältigung, gescheiterten Träumen und hat im Umgang mit dem Fremden, Andersartigen auch kritische Untertöne.

„Minigolf Paradiso“ ist ein amüsanter, manchmal abstruser Sommerroman und für all diejenigen geeignet, die sich mit einer 16-Jährigen Mitte der 90er-Jahre identifizieren können und in alten Erinnerungen schwelgen möchten. Als Leser sollte man allerdings auch offen für Geschichtenerzähler, schräge Charaktere und die Absurditäten des Lebens sein.

Wer selbst noch einmal in die 90er-Jahre eintauchen möchte, die Autorin hat einen Blog "Betreutes Lesen", den man für noch mehr Lesespaß begleitend zum Buch lesen kann.




Samstag, 23. Juli 2016

Buchrezension: Billie Rubin - Dunkle Rache

Inhalt:

Die ehemalige Kommissarin Charlotte "Charly" Braun arbeitet als Bodyguard in Nürnberg und nimmt einen riskanten Job an: Sie soll Farid Nizami beschützen, einen bedrohten oppositionellen Autor aus dem Iran, den die internationale Schriftsteller-vereinigung P.E.N. in die Frankenmetropole eingeladen hat. Nizami akzeptiert Charlys Regeln nur zögerlich, denn er will sich nicht von einer Frau beaufsichtigen lassen und fühlt sich zudem auch ohne sie sicher. Doch Charly durchleutet Nizamis Vergangenheit und stößt auf eine schockierende Begebenheit, die zeigt: Die Gefahr lauert ganz in der Nähe des Iraners – und damit auch in ihrer.

Rezension:

"Dunkle Rache" ist der zweite Band der "Nürnberg-Krimis" von Billie Rubin. Die ehemalige Kommissarin Charlotte Braun ist inzwischen Personenschützerin und erhält den Auftrag, Farid Nizami, einen regimekritischen Autor aus dem Iran, zu schützen. Auf Nizami wurde bereits im vergangenen Jahr in London ein Anschlag verübt, bei dem seine Frau ums Leben gekommen ist. Aufgrund eines Stipendiums von P.E.N. ist Nizami seit Kurzem in Nürnberg, wo auch sein alter Freund und Bruder, Khaleel Yazdani, seiner verstorbenen Frau Nasreen lebt.

Von einer weiblichen Personenschützerin hält Nizami nicht viel und missachtet ihre Regeln. Durch ihr "Bauchgefühl" ist Charlotte Braun jedoch in brenzligen Situationen in Alarmbereitschaft und kann verhindern, dass Nizami bei einem vermutlich gegen ihn gerichteten Anschlag mit einer Autobombe umkommt.

Neben der gegenwärtigen Handlung im April 2011 erfährt der Leser in Rückblicken mehr über Nizamis Vorgeschichte und erhält einen Einblick in das Land Iran und das dortige Regime nach dem Sturz des Schah und die Kindheit Nizamis, die von der Revolution geprägt war. Aktuell dreht es sich sodann um den Umgang mit Regimegegnern und deren Verfolgung bis ins Ausland.

Der Krimi beginnt direkt spannend mit dem versuchten Anschlag auf Nazimi in London. In Nürnberg angekommen weiß Nazimi, dass er sich auch dort seines Lebens nicht sicher sein kann und empfindet Personenschützerin Charlotte Braun als überflüssig.
Der Roman ist mit ca. 180 Seiten recht kurz und hätte meiner Meinung nach noch Raum für mehr Hintergrundinformationen zu Nizami gehabt. Aufgrund des gescheiterten Anschlags in London ist zwar klar, dass dieser bedroht wird, aber der Leser erfährt fast nichts über seine Tätigkeit im Iran, sein Schaffen als Autor und seine Werke. Darüber konnte ich mir auch das Verhalten seines Schwagers Khaleel lange Zeit nicht erklären. Das intensivere Beschreiben seiner Radikalisierung hätte meines Erachtens zum besseren Verständnis des Krimis beigetragen und für mehr Spannung gesorgt.

Die versuchten Tötungsdelikte bzw. Bombenanschläge, die sich in Nürnberg ereignen, werden so schnell abgehandelt, als seien dies alltägliche Vorkommnisse, aber vielleicht fehlte mir einfach die für einen Krimi typische Ermittlungsarbeit der Kommissare.

"Dunkle Rache" ist für mich ein Krimi, der ein sehr interessantes Thema zum Hintergrund hat, der aber an der Oberfläche bleibt und viel mehr Potenzial gehabt hätte. Spannung kommt dann vor allem am Ende des Buches auf, bie es zum großen Showdown kommt.



Mittwoch, 20. Juli 2016

Buchrezension: Lucy Dillon - Im Herzen das Glück

Inhalt: 

Libby und Jason sind aufs Land gezogen, um Jasons Mutter nach dem Tod ihres Mannes im kleinen Familienhotel zu unterstützen und die altmodische Herberge in ein exklusives Feriendomizil zu verwandeln. Der Umbau kostet Zeit, Geld und Nerven. Doch das wird nebensächlich, als es zu einem Unfall kommt: Vor dem Hotel wird eine junge Frau angefahren. Rührend kümmert sich Libby um die Fremde. Als klar wird, dass sie ihr Gedächtnis verloren hat und niemand sie zu vermissen scheint, bietet Libby ihr an, im Hotel zu bleiben – nicht ahnend, dass diese eine gute Tat ihr ganzes Leben verändern wird.

Rezension:

Libby und Jason haben bisher ein Leben der Upperclass in London geführt. Als sich Jason als Investmentbanker mehrfach verspekuliert und Kunden damit Schaden zufügt, wird ihm gekündigt.

Das Ehepaar beschließt, ihr luxuriöses Leben in London aufzugeben, verkauft sein Haus und übernimmt mit seinen Ersparnissen das Hotel von Jasons Eltern auf dem Land. Jasons Vater Donald war vor Kurzen gestorben und seine Ehefrau Margaret ist mit der Leitung des in die Jahre gekommenen Hotels überfordert. Libby und Jason möchten das Hotel rundum erneuern und zu einem hochpreisigen Wellness-Hotel umgestalten. Während Jason von Margaret – im Gegensatz zu dem älteren Sohn Luke – wie ein Heiliger verehrt wird und grundsätzlich alles richtig macht, ist Libby als Schwiegertochter diejenige, die Margaret das Letzte wegnimmt, was ihr lieb ist.

Als eine junge Frau direkt vor dem abgelegenen Hotel bei einem Verkehrsunfall angefahren wird, keine Papiere bei sich hat und auch nach ihrem Krankenhausaufenthalt keine Erinnerungen an ihr bisheriges Leben hat, nimmt Libby sie freundschaftlich in das Hotel auf. Mysteriös bleibt, warum „Pippa“ – wie die Fremde nun genannt wird – einen Zettel mit der Adresse des Hotels bei sich hatte.

Als die Renovierungen ins Stocken geraten, das Paar sich mit den Investitionen völlig verschätzt ha und Jason – unfähig mit seinem Versagen umzugehen – einfach abhaut, ist "Pippa", die sich inzwischen wieder an einige Details ihres Lebens als Alice erinnert, Libby eine Freundin und Stütze. Mit vereinten Kräften und Unternehmen aus der Kleinstadt gelingt es, die Renovierungen voranzutreiben. Nur Jason hat sich völlig zurückgezogen und meldet sich nicht.

Alice hat ihr altes Leben und ihren Freund Gethin wieder gefunden, auch wenn sie sich noch nicht an alle Details erinnern kann. Gethin bleibt ihr aber seltsam fremd, auch wenn er sehr liebevoll, aber auch besitzergreifend mit ihr umgeht. Alice fühlt sich dagegen mehr zu Jasons älterem Bruder Luke hingezogen, der sich gegenüber aber distanziert verhält.

Bei "Im Herzen das Glück" hat mich zunächst das hübsche Cover des Romans angesprochen und neugierig auf den Inhalt gemacht.

"Im Herzen das Glück" ist ein klassischer Frauenroman, der jedoch nicht allein eine Liebesgeschichte erzählt. Es geht vielmehr auch um einen beruflichen und persönlichen Neubeginn, um Vertrauen und Freundschaft, Familie und Zusammenhalt. Der Unfall und die daraus resultierende Amnesie von Alice verliehen dem Roman Spannung, da nicht nur Alice selbst, sondern auch der Leser lange im Unklaren bleibt, welche Verbindung zwischen ihr, dem Hotel und vor allem auch Luke besteht.
Der Roman bietet weder spektakuläre Ereignisse, noch ist die Geschichte völlig neu. Alle Charaktere sind jedoch bis in die Nebenrollen (inklusive der Hunde, die eine nicht unbedeutende Rolle spielen) individuell und feinfühlig von Lucy Dillon gezeichnet und vor allem die beiden sympathischen Frauen Libby und Alice sorgen für ein paar Stunden entspannten Lesevergnügens.

Titel und Romancover spiegeln insofern die Handlung des lebensbejahenden, positiven Romans wieder, der auch ohne überraschende Wendungen nicht langweilig wird.



Samstag, 16. Juli 2016

Buchrezension: Mira Bergen - Unter aller Krone

Inhalt:

Deutschland sucht einen König (gern auch eine Königin), und zwar auf ganz und gar demokratischem Wege – gecastet und gewählt vom TV-konsumierenden Volk. Für den Sender eine lohnende Investition – vorausgesetzt, der Plan geht auf und die zukünftigen Untertanen wählen nicht nur richtig, sondern springen auch auf das Vermarktungskonzept an.
Ein bizarres Casting nimmt seinen Lauf und treibt nicht nur die Kandidaten, sondern auch den Fernsehsender an die Grenzen.
Die Bandbreite der Bewerber ist groß. Leider verfügen selbst geeignete Kandidaten nicht immer über eine vorzeigbare Vergangenheit. Doch weder Kandidaten noch der Sender lassen sich davon aufhalten. Schließlich geht es nicht nur um eine Krone, sondern um Einfluss, Ruhm und – natürlich – Geld. Und mitunter auch darum, was die Nachbarn sagen.

Rezension:

Nachdem Deutschland schon Sänger, Popgruppen, Topmodels, Schwiegertöchter, Ehefrauen und Dschungelkönige mittels Fernsehshow gesucht und gefunden hat, geht die Autorin in "Unter aller Krone" einen Schritt weiter und lässt Deutschland per Castingshow einen König bzw. Königin suchen. Per Zuschauerabstimmung soll Deutschland vom Fernsehsender PhänomixxTV einen Monarchen wählen.

Im Geheimen wird in der Einöde Brandenburgs zunächst ein Schloss gebaut, in dem die Kandidaten einziehen werden und die Fernsehshow gedreht wird. Diese müssen zunächst durch ein Casting und an der dreiköpfigen Jury vorbei. 100 Kandidaten ziehen sodann in das Schloss und werden in Etikette unterrichtet, müssen sich in einigen wenigen Aufgaben bewähren und werden Woche für Woche nach und nach ausgesiebt.

Unter den Kandidaten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, werden sowohl Freundschäften geknüpft als auch versucht, die Konkurrenz auszustechen. Durch sich anbahnende Liebesgeschichten, Eifersüchteleien, Streitigkeiten, Neid und Intrigen wird das Fernsehpublikum unterhalten und nach anfänglicher Bedenken stimmt auch die Quote.

Der Roman stellt die ganze Absurdität einer Königssuche als auch den mir unbegreiflichen, andauernden Hype von Castingshows unterhaltsam und witzig da. Sowohl die klischeehafte Darstellung einzelner Kandidaten als auch der Fernsehshow, der Werbefirma und der Medien im Hintergrund ist satirisch und meiner Ansicht nach überzogen, aber nicht ganz abwegig beschrieben.
Daneben interessieren aber neben dem Vorankommen einzelner, von der Autorin hervorgehobener Kandidaten, die Geschichten im Hintergrund: Richard, der langjährige Junggeselle, der sich in erster Linie um seine Oma Adele kümmert; Niels, der von der Werbefirma gefeuerte verkappte Alkoholiker; Moritz, der von der Mutter ungeliebte Sohn oder auch das noch ausstehende Outing des Produzenten Eduard.
"Unter aller Krone" bietet leichte Unterhaltung für alle, die Dieter Bohlen, Sylvie Meis oder Heidi Klum im Fernsehen nicht mehr sehen können! ;-)



Mittwoch, 13. Juli 2016

Buchrezension: Julie Cohen - Mit den Augen meiner Schwester

Inhalt:

Als Kind konnte Liza Haven es kaum erwarten, ihrem beschaulichen Heimatort Stoneguard zu entfliehen. Lange war sie schon nicht mehr dort – seit jenem schrecklichen Weihnachtsfest, als die Mutter Lizas Schwester Lee zu ihrer Nachfolgerin in der familieneigenen Eiscreme-Manufaktur bestimmte. Als Liza nun nach Jahren in Amerika nach England zurückkehrt, muss sie feststellen, dass ihre scheinbar perfekte Schwester sich aus dem Staub gemacht hat. Unbeabsichtigt schlüpft sie in Lees Rolle und erkennt, dass deren Leben nicht so leicht und sorgenfrei ist, wie sie immer angenommen hatte. Ihren kleinen Heimatort hingegen findet sie gar nicht mehr so übel – Lees festen Freund Will übrigens auch nicht.

Rezension:

Lee und Liza sind Zwillingsschwestern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Liza ist schon lange aus ihrem Heimatort Stoneguard weggezogen, lebt in London, ist jedoch aufgrund ihres Berufs als Stuntfrau international unterwegs und für große Filmproduktionen tätig. Zu ihrer Schwester hat sie kein inniges Verhältnis und mit ihrer Mutter hat sie sich früher so häufig gestritten, dass sie inzwischen kaum Kontakt haben.

Lee war schon als Kind die Lieblingstochter er Mutter und hat auch heute im Gegensatz zu ihrer rebellierenden Schwester Liza ein einnehmendes, warmes Wesen.
Als Liza bei einem Stunt leichtsinnig einen Fehler begeht und einen Unfall verursacht, erhält sie keine weiteren Berufsangebote. Zeitgleich lädt ihre Schwester sie ein, an einem von ihr organisierten Wohltätigkeitsball für den Zweck der Unterstützung von Demenzkranken teilzunehmen. Ihre Mutter hatte ihnen vor anderthalb Jahren mitgeteilt, an Alzheimer erkrankt zu sein. Sie hatte sich daraufhin aus der bis dato von ihr allein geführten Eismanufaktur zurückgezogen und Lee die Geschäftsführung übertragen.

Widerwillig, aber ohnehin arbeitslos, kehrt Liza nach Stoneguard zurück, um ihre Schwester zu besuchen. Lee ist überraschenderweise nicht zu Hause und nimmt auch nicht an dem Wohltätigkeitsball teil, was überhaupt nicht zu ihrer zuverlässigen und gewissenhaften Schwester passt. Kurzerhand schlüpft Liza in die Rolle von Lee, um wenigstens an diesem Abend einmal in ihrem Leben die liebenswürdige und von allen geschätzte Jungunternehmerin zu sein.

Lee teilt ihr nur kurz telefonisch mit, dass sie eine Auszeit braucht und dass Liza in ihrer Abwesenheit alles für sie regeln soll. Liza übernimmt insofern die Leitung der Firma, weshalb sie sich nicht traut, sich als Liza zu outen, aus Angst nicht ernst genommen zu werden, aber auch um Lee zu schützen, die Hals über Kopf auf eine griechische Insel entflohen ist.
Nur ihre Mutter und der attraktive Freund von Lee, Will, erkennen sie als ihre Zwillingsschwester.

Liza stellt schnell fest, dass das Leben ihrer Schwester nicht so leicht und angenehm ist, wie sie sich das immer vorgestellt hat. Lee hat einen voll gestopften Terminkalender und ist rund um die Uhr in der Firma beschäftigt oder kümmert sich um die kranke Mutter. Liza hatte sie immer darum beneidet, wie beliebt sie bei allen ist, aber vor Ort stellt sie erst fest, dass sie sich überhaupt nicht unbeobachtet bewegen kann. In Gewissenskonflikte gerät sie allerdings, als Will ihr immer näher kommt, sie aber ihre Schwester nicht hintergehen möchte, obwohl die Beziehung der beiden schon vor ihrer überstürzten Abreise vor dem Aus stand.

"Mit den Augen meiner Schwester" beschreibt wie unterschiedlich selbst Zwillingsschwestern sein können und wie Lee und Liza stets in einem Kokurrenzverhältnis zu einander standen, das von der Mutter auch noch befördert wurde. Beide Schwestern machen im Verlauf des Romans eine Wandlung durch und bewegen sich so auch unbewusst auf einander zu. Zum ersten Mal ist es die sonst so liebe und zuverlässige Lee, die rebelliert, mit all ihren Gewohnheiten bricht und die Kontrolle abgibt. Liza wiederum erkennt, was Lee in ihrem Leben geleistet hat und lernt selbst Verantwortung zu übernehmen und ihren schon selbstverständlichen Egoismus abzulegen. Lee, die bisher immer selbstlos für alle anderen da war, erkennt, dass sie mehr auf sich achten muss und darf, ohne zu befürchten, die Anerkennung der Dorfbewohner oder ihrer Mutter zu verlieren.

Ich mag den Schreibstil von Julie Cohen und auch dieses Buch las sich flüssig, da man sich leicht in die Rollen der beiden Frauen hineinversetzen konnte. Es ist allerdings auch das schwächste Buch, das ich von der Autorin gelesen habe, da die Handlung ab der Hälfte des Romans vorhersehbar war und mir überraschende Wendungen gefehlt haben. Zudem hätte ich gerne noch mehr von Lee erfahren - die Erzählperspektive war aber zum überwiegenden Anteil aus Sicht von Liza gewählt. 


Sonntag, 10. Juli 2016

Buchrezension: Schrot&Korn Kochbuch: vegetarisch, vegan, saisonal

Inhalt:

Brunnenkresse, Spinat, Löwenzahn im Frühling. Paprika, Artischocken, Tomaten im Sommer. Schwarzwurzeln, Rüben und Rosenkohl im Herbst. Grünkohl und Co. im Winter. Alles am besten zu seiner Zeit – so ist Genuss garantiert. Sie möchten aus saisonalen und möglichst regionalen Produkten etwas Leckeres kochen? Wunderbar – genießen Sie Rote-Bete-Apfelsuppe, Erdbeer-Spinat-Salat, Kürbistarte oder Klassiker wie Linsen und Spätzle. Alle Gerichte sind saisonal sortiert und vegetarisch oder vegan. Ob Suppen, Salate, deftige Hauptspeisen oder köstliche Desserts – rund 80 Rezepte schmecken der ganzen Familie.

Rezension:

Schrot&Korn ist das erste Kochbuch des gleichnamigen Bio-Magazins, das seit 30 Jahren monatlich erscheint. Kompakt zusammengefasst enthält es ein „Best of“ der gesammelten Rezepte.

Das Augenmerk ist auf die vegetarische, saisonale Küche gelegt, weshalb die Sortierung nach den Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter gewählt werden ist. Im Rahmen dieses Aufbaus folgt eine Auswahl an passenden Rezepten für jeweils Suppen, Salate, Hauptgerichte, Desserts und Kuchen.

Die Rezepte sind zum Teil neu und raffiniert bis exotisch, aber auch altbekannt aus Omas Küche oder schlicht für jeden Tag – aber durchweg vegetarisch und am liebsten bio.

Die Begrifflichkeiten biologisch, saisonal, regional,… werden in einer längeren Einleitung erklärt, in welcher auch die Redaktion und das Magazin „Schrot&Korn“ vorgestellt werden.

Die Frühlingsrezepte wie Kartoffel-Brunnenkresse-Suppe, Spinatpfannkuchen oder Zitronentarte mit Baiserhaube basieren auf heimischen saisonalen Wildkräutern wie Bärlauch und Gemüse wie Spargel und Rhabarber.

Jetzt im Sommer rücken Beeren und Gemüsesorten wie Tomaten, Zucchini und Karotten in den Vordergrund und werden als leichte Sommergerichte wie Blattsalate mit Ricotta, Couscous mit Peperonata oder Frozen Joghurt mit Bananen und Beeren zubereitet.

Im Herbst wird die Küche deftiger und wird von heimischen Gemüse- und Obstsorten wie Kartoffeln und Feldsalat bzw. Äpfeln und Zwetschgen als Salat von Ofengemüse mit frischen Kräutern oder Apfel-Rosmarin-Tarte Tatin geprägt.

Der weniger ertragreiche Winter ist dominiert von feldfrischen Kohlsorten in allen Varianten und aus dem Mittelmeerraum importierten Zitrusfrüchten wie Orangen. Als Rezeptbeispiele seien hier Gnocchi mit Kürbis oder Weihnachtsschokolade genannt.

Die Rezepte sind in ihrer Mehrheit weder besonders aufwändig oder zeitintensiv, noch von exotischen Zutaten oder einer großen Bandbreite von Gewürzen geprägt. Der Leser ist insofern zum Nachkochen nicht gezwungen, in den nächstgelegenen Bio-Supermarkt oder ins Reformhaus zu fahren.

Den Fokus auf saisonale Zutaten finde ich vorbildlich und versuche ich weitestgehend selbst zu beherzigen, indem ich zum Wochenmarkt gehe und kaufe, was gerade angeboten wird. Auf Obst und Gemüse, das lange Transportwege hinter sich hat und weniger frisch und aromatisch schmeckt und zudem deutlich teurer im Einkauf ist, kann ich verzichten. Importierte Erdbeeren müssen im Winter für mich nicht sein und auch Tomaten können dann mit gutem Gewissen aus Der Dose sein.

„Schrot&Korn“ bietet für diesen Vorsatz eine gute Basis und eine Auswahl von alltagstauglichen Rezeptvorschlägen des Bio-Magazins. Rezepte mit „Wow-Effekt“, die mich zum sofortigen Gang an den Herd angeregt hätte, suchte ich allerdings vergebens.



Samstag, 9. Juli 2016

Buchrezension: Dani Atkins - Die Achse meiner Welt

Inhalt:

Rachel ist jung, beliebt, verliebt und wird in wenigen Wochen ihr Traumstudium beginnen. Perfekt. Doch dann geschieht ein schrecklicher Unfall, der ihr alles nimmt. Sie verliert den besten Freund, ihre Zuversicht und die Balance. Jahre später wird ihre Welt zum zweiten Mal auf den Kopf gestellt. Denn als sie nach einem schweren Sturz im Krankenhaus erwacht, ist ihr Leben plötzlich so, wie sie es sich immer erhofft hat. Die damalige Tragödie hat es anscheinend nie gegeben. Ihr bester Freund lebt und ist an ihrer Seite. Wie kann das sein? Und wie fühlt sich Rachel in ihrem neuen Leben – mit dem Wissen über all das, was zuvor geschah? Lassen Sie sich von einer Liebesgeschichte verwirren, die mit nichts vergleichbar ist.

Rezension:

Das Buch beginnt mit einem Rückblick im Dezember 2008. Rachel und ihre Clique feiern in einem Restaurant ihren Schulabschluss, als sich ein schlimmer Unfall ereignet. Jimmy rettet seiner besten Freundin Rachel das Leben und stirbt selbst an seinen schweren Verletzungen.
Rachel ist durch eine Narbe im Gesicht entstellt, die Beziehung zu ihrem Freund Matt zerbricht und ihr Studienvorhaben setzt sie auch nicht wie geplant um. Selbst fünf Jahre später, als sie zum ersten Mal wieder in ihren Heimatort anlässlich der Hochzeit ihrer besten Freundin Sarah zurückkehrt, hat sie den tragischen Unfall nicht verarbeitet. Das Wiedersehen mit den alten Freunden ohne Jimmy zum Junggesellinnenabschied nimmt sie so mit, dass sie sich früh verabschiedet und sich auf den Weg zum Friedhof zu Jimmys Grab macht. Wegen der schweren Kopfverletzungen leidet sie unter Schmerzen und bricht vor dem Grabstein zusammen.

Als sie im Krankenhaus erwacht, ist ihr Leben nicht mehr so wie es war. Sie glaubt im Himmel zu sein, als sie Jimmy an ihrem Krankenbett stehen sieht und begreift, dass sie mit Matt verlobt ist. Auch ihr Vater hat wie durch ein Wunder offensichtlich seine Krebserkrankung überstanden.
Mit Hilfe ihres immer noch besten Freundes Jimmy, der schon immer nur mehr als reine Freundschaft für Rachel empfand, versucht sie ins Leben zurückzufinden. Rachel weiß nicht, ob sie tatsächlich die Fähigkeit hat, ein paralleles Leben zu führen oder schizophren ist.

Der Titel "Die Achse meiner Welt" hätte nicht besser gewählt sein können. Rachels Welt ist durch ein tragisches Ereignis aus den Fugen geraten. Fünf Jahre später erhält sie nach ihrem Zusammenbruch eine zweite Chance, ein Leben, das so anders verlaufen wäre, wenn der Unfall im Winter 2008 glimpflich abgelaufen wäre.

Der Leser kann sich zwar bald vorstellen, wie das Rätsel um Rachels Amnesie aufgelöst werden wird, was den Roman für mich aber nicht weniger spannend machte. Bis zum Schluss leidet man mit Rachel mit und wünscht ihr die "richtige Realität".
Es ist ein zauberhaftes Buch über vertane Chancen, die große Liebe und die Möglichkeit, das eigene Leben noch einmal anders zu leben. 


Mittwoch, 6. Juli 2016

Buchrezension: Rose Snow - Unter uns nur Wolken

Inhalt:

Toms Leben ist das absolute Chaos. Seine Bar droht bankrott zu gehen, seine Eltern sind in Wahrheit keine Eltern, und sein sturer Großvater Florian hat Alzheimer, gibt es aber nicht zu. Lieber verscheucht Florian mit fiesen Tricks jede Pflegerin, die man ihm aufhalst. Doch als Ani, die selbst aus dem Chaos kommt, das Leben von Tom und Florian kreuzt, verändert sich Stück für Stück alles.

Rezension:

Ani hat sich gerade von ihrem untreuen Freund getrennt und ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Zurück zu ihrer Mutter zu gehen, zu der sie ein sehr schwieriges Verhältnis hat, kommt für sie nicht in Frage. So kommt ihr der Job bei Tom, von dem sie zufällig erfährt, ganz gelegen. Blauäugig und ohne zu wissen, worauf sie sich einlässt, stellt sie sich vor.

Rom wohnt zusammen mit seinem Großvater Florian, der an Alzheimer erkrankt ist. Tom ist Inhaber einer Bar und kümmert sich in seiner spärlichen Freizeit um den anstrengenden Opa. Dieser schafft es immer wieder auf seine böse und - trotz Krankheit - gerissene Art, jede Pflegehilfe nach kürzester Zeit in die Flucht zu schlagen.

Ani, die keine Erfahrung in der Pflege alter, dementer Menschen hat, geht mit Florian unkonventionell um und weiß sich zu wehren, was den vom Tod seiner geliebten Ehefrau Greta gezeichneten Alten zwar beeindruckt, aber nicht davon abhält, ihr das Leben schwer zu machen.
Als Florian selbst nicht davor zurückschreckt, ihrer beider Leben zu gefährden, wird es der sonst toughen Ani zu viel. Sie gibt sich geschlagen und mietet sich mit dem bisschen Geld, das sie noch hat, in einer schäbigen WG ein.
Tom ist wütend auf seinen innig geliebten Großvater, dem nun das Pflegeheim droht. In seiner Not versucht er Ani zur Rückkehr zu bewegen.

Trotz des ernsten und eigentlich traurigen Themas ist "Unter uns nur Wolken" von Rose Snow, hinter dem Pseudonym sich ein Autorinnen-Duo verbirgt, mit einer erfrischenden Leichtigkeit und schon fast heiter geschrieben. Die Situationen, in die der an Alzheimer erkrankte Florian Tom und Ani bringt, sind absurd, aber weder übertrieben noch albern dargestellt. Rose Snow haben es geschafft, den Roman in einer ausgewogenen Balance aus Bitterkeit und Unterhaltung zu halten.
Durch die abwechselnde Perspektive in Ich-Form können sowohl die Gedankenwelt und Gefühle von Ani als auch Tom gut nachvollzogen werden, die beide aus unterschiedlichen Gründen psychisch fast ans Ende ihrer Kräfte gelangt sind.
Auch wenn Florian nicht im Endstadium der Krankheit angekommen ist, was er durch seine durchdachten Intrigen beweist, die auch zeigen, dass er seine Krankheit nutzt, um sein ekelhaftes Benehmen zu rechtfertigen, werden dem Leser alle Schwierigkeiten des Zusammenlebens von Jung und Alt, aber vor allem die Folgen der Krankheit Alzheimer für den Patienten und die Angehörigen aufgezeigt.

"Unter uns nur Wolken" ist ein Roman, der Mut macht und ein Appell für mehr Verständnis und Unterstützung unter den Generationen ist, aber ohne erhobenen Zeigefinger auskommt und so locker und unterhaltsam geschrieben ist, dass ich den fast schon zu kurzen Roman nahezu in einem Rutsch gelesen habe. Die Charaktere bieten definitiv noch Potenzial, weshalb eine Fortsetzung nicht ausgeschlossen sein muss...



Samstag, 2. Juli 2016

Buchrezension: Mirco Buchwitz, Rikje Stanze Arschbacken zusammenkneifen, Prinzessin!

Inhalt:

Ina Maibach hat eine verdammt große Klappe. Und Pech mit den Männern (spätestens als sie neben einem Kerl in Bayern-München-Bettwäsche aufwacht, sieht sie ein, dass man seinen Traummann nicht sturztrunken an irgendeiner Theke abschleppt). Ina beschließt, sich zurückzuhalten und, wenn schon nicht Mr. Right, dann wenigstens Mr. Not Completely Fucking Wrong zu suchen. Vielleicht verbirgt er sich hinter der Hochglanzfassade von Callcenter-Teamleiter Karsten. Oder hinter der ominösen SMS, die Ina nach einer durchzechten Nacht bekommt: "Der Knutscher war toll".

Rezension:


Schon nach wenigen Seiten des Lesens war mir klar, warum auf der Buchrückseite "Achtung: Nicht für Mädchen!" steht...

Ina arbeitet Teilzeit in einem Callcenter einer Bank. Der Job macht ihr nicht wirklich Spaß und ernst nehmen tut sie ihn auch nicht. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich in erster Linie mit dem anderen Geschlecht und trinkt Bier. Sie ist eher der Frauentyp "Kumpel", von sich selbst überzeugt und nimmt kein Blatt vor den Mund. Viele Männer stößt sie damit vor den Kopf, aber der ein oder andere fühlt sich von ihrer untypischen, unweiblichen Art angezogen. Derzeit hat sie ein Verhältnis mit zwei Männern. Karsten, der "Emo-Spießer" ist Teamleiter in ihrem Callcenter, wo sie ihn bei der Weihnachtsfeier kennengelernt hat. Matten steht in ihrer Stammkneipe hinter der Theke und ist der lässigere von beiden. Trotzdem kann sich Ina auf keinen Mann wirklich festlegen. Auch ihr bester Freund Henning, der sie als Alibi für ein Verhältnis missbraucht, ist ihr bei der Entscheidung eine große Hilfe.

Die Handlung des Buches ist so gewollt witzig, dass mich die Schreibweise ziemlich schnell genervt hat. Man wird aber bereits auf der ersten Seite des Buches vorgewarnt und ist insofern selbst Schuld, wenn man noch weiterliest.
Ina wurde mir aber auch mit der fortlaufenden Handlung nicht sympathischer. Mir war sie zu männlich, ihr Benehmen zu proletenhaft, ihre Sprache zu rotzig. Die Betonung ihrer "trockenen Sahelzone" oder das ständige Wiederholen des Wortes "Keule" am Ende eines Satzes waren mir schnell zu viel.
Ich bin eben doch ein "Mädchen", weshalb der Autor mit "Arschbacken zusammenkneifen, Prinzessin" meinen Humor leider nicht getroffen hat.