Samstag, 30. Mai 2020

Buchrezension: Lucy Astner - Gott hat auch mal 'nen schlechten Tag

Inhalt: 

Der TV-Moderator Jacob Chrissen führt ein Leben in Saus und Braus – bis er bei einem Helikopterabsturz seine Frau und seinen Sohn verliert. Dass er selbst nahezu unversehrt davonkommt, grenzt an ein Wunder. Doch Jacob sieht keinen Sinn mehr im Leben, und von Wundern hält er auch nicht viel.
Die achtjährige Lupi dagegen könnte dringend ein Wunder gebrauchen. Als sie Jacob trifft, steht für sie fest: Dieser Mann muss Gott persönlich sein! Wer sonst überlebt einen Sturz vom Himmel? Und so ist Lupi wild entschlossen, Jacob zu zeigen, dass das Leben schön ist – und die Welt ihn noch braucht. 


Rezension: 

TV-Moderator Jacob Chrissen verliert bei einem Helikopterabsturz, den er selbst überlebt, Frau und Kind. Sein Überleben wird als Wunder gefeiert, was Jacob, der sich die Schuld am Tod seiner Familie gibt, noch wütender macht. Er hat mit dem Leben abgeschlossen und möchte selbst nur noch sterben. 

Lupi ist acht Jahre alt und mit ihrer alleinerziehenden, rastlosen Mutter schon oft umgezogen. Nachdem ihre Mutter mehrfach strafrechtlich durch kleinkriminelle Delikte in Erscheinung getreten ist, droht Lupi in einer Pflegefamilie untergebracht zu werden. Lupi hofft auf ein Wunder, das wie gerufen kommt, als sie Jacob kennenlernt, der vom Himmel gefallen ist und überlebt hat. Sie sieht in ihm einen Gott und versucht alles, um ihn zu überzeugen, dass das Leben lebenswert ist und Jacob gebraucht wird. Schließlich glaubt sie ganz fest an die Inschrift ihres Anhängers "Wende dich an Gott und er wird dir ein Wunder schenken"

"Gott hat auch mal 'nen schlechten Tag" ist eine unheimlich warmherzige Tragikomödie, die abwechselnd aus der Sicht von Jacob und Lupi beschrieben ist. 
Jacob hat durch ein Unglück seine Ehefrau Sarah und seinen kleinen Sohn Jimmy verloren und kann deren Tod nicht akzeptieren. Er zieht sich voller Selbstmitleid zurück, kann die Trauer nicht zulassen und sieht keinen Sinn mehr im Leben. Seine Verzweiflung, die sich in Wut entlädt, ist spür- und nachvollziehbar. 
Lupi hat es mir ihrer verantwortungslosen Mutter auch nicht leicht im Leben, geht aber ganz anders mit ihrem Schicksal um. Sie ist zwar einerseits reifer für ihr Alter, hat sich aber andererseits eine kindliche, sympathisch-naive Art bewahrt. Sie versucht allen Hindernissen etwas Positives abzugewinnen und möchte auch Jacob mit Hilfe einer Glücksstrategie zu neuem Lebensmut verhelfen. Sie kann nicht akzeptieren, dass er seinem Leben ein Ende setzen möchte - schließlich ist er Gott und dann könnte auch sie nicht mehr an Wunder glauben. 

Der Roman ist sehr lebendig und unterhaltsam geschrieben, so dass die Kapitel nur so dahinfliegen. Lupi ist ein aufgewecktes Mädchen, dessen optimistisches Wesen rührend und einfach ansteckend ist. Sie lässt sich nicht von Jacobs Selbsthass und abweisender Art unterkriegen, was für viele amüsante Dialoge und humorvolle gemeinsame Erlebnisse sorgt. 
Trotz Jacobs Trauer und aller Probleme, die auf Lupi lasten, was sie durch ihre kindliche Art gar nicht so empfindet, ist das Buch nicht bedrückend, sondern kann auf warmherzige Art und Weise Hoffnung und Lebensfreude vermitteln. 
Die Geschichte ist vielleicht nicht neu und entwickelt sich auch nicht sonderlich überraschend, überzeugt jedoch durch einen mitreißenden Schreibstil, liebevoll gezeichnete Charaktere - insbesondere in Form der kleinen Heldin Lupi - und eine positive Botschaft, die das Leben feiert. Dabei kann man ein wenig darüber hinweg sehen, dass der positive Verlauf der Geschichte sehr idealistisch und das Verhalten der Protagonisten nicht immer ganz glaubhaft ist. 


Freitag, 29. Mai 2020

Buchrezension: Marie Kondo - Magic Cleaning/ Magic Cleaning 2 / Joy at Work




Magic Cleaning - Wie richtiges Aufräumen ihr Leben verändert

Inhalt:

Vereinfachen Sie Ihr Leben!Kaum jemandem macht es Spaß, aufzuräumen und sich von Dingen zu trennen. Die meisten von uns haben einfach nie gelernt, wirklich Ordnung zu halten. Denn auch beim Aufräumen gibt es den berühmten Jo-Jo-Effekt. Doch mit Marie Kondos bahnbrechender Methode, die auf wenigen simplen Grundsätzen beruht und dabei höchst effektiv ist, wird die Beschäftigung mit dem Gerümpel des Alltags schon mal zu einem Fest. Und die Auswirkungen, die 'Magic Cleaning' tatsächlich auf unser Denken und unsere Persönlichkeit hat, sind noch viel erstaunlicher. Der Generalangriff auf das alltägliche Chaos macht uns zu selbstbewussten, zufriedenen, ausgeglichenen Menschen.

Rezension:


Das Buch ist in fünf große Kapitel mit mehreren Unterabschnitten gegliedert:

Chaos pur, obwohl man ständig aufräumt
Der Anfang: Komplett entrümpeln
Ganz einfach: Nach Kategorien getrennt aufräumen
Aufräumstrategien für ein leichteres Leben
Wie Magic Cleaning Ihr Leben verändert

Es handelt nicht von Putztipps oder darum, die Wohnung sauber zu halten, sondern um Aufräumtipps, um dauerhaft für Ordnung zu sorgen.
Aufräumexpertin Marie Kondo berichtet dabei von ihren Erfahrungen mit ihren Klientinnen (sie verwendet durchweg die weibliche Schreibweise) und wie sie ihnen mit ihrer Strategie geholfen hat, Ordnung in ihre Wohnung und damit ihr Leben zu bringen.

Der erste Schritt ist stets das Ausmisten, um sich von unnötigem Ballast zu trennen. Marie Kondo geht dabei sehr rigoros vor, was vielen nicht ganz leicht fallen dürfte, insbesondere wenn es sich um Erinnerungsstücke oder persönlich lieb gewonnene Gegenstände ohne materiellen Wert handelt.
Die Strategie, nach Kategorien und nicht nach Räumen vorzugehen, ist dagegen einleuchtend und erleichtert das Aufräumen. Auch ihr Prinzip, einzelne Gegenstände in Schachteln und Boxen zu bündeln, um Schränke und Regale übersichtlicher und ordentlicher zu gestalten, ist gut und schnell umzusetzen.
Andere "Tipps", wie defekte Geräte einfach nicht mehr zu ersetzen oder Dusch- und Badeutensilien nicht im Badezimmer aufzubewahren, um sich das Putzen zu erleichtern, ist extrem und schlicht nicht praktikabel. 

Das Buch gibt viele hilfreiche Anreize und ist besonders für junge Menschen mit wenig Erfahrung und Single-Haushalte geeignet.





Magic Cleaning 2 - Wie Wohnung und Seele aufgeräumt bleiben

Inhalt:

In ihrem zweiten Bestseller gibt Marie Kondo, weltweit erfolgreiche Aufräumexpertin, auf klare wie charmante Weise Ratschläge, wie unsere Wohnung aufgeräumt und die Seele im Gleichgewicht bleibt. Detaillierte und illustrierte Beispiele vom optimalen Zusammenlegen der Kleidung bis zum Ordnunghalten in der Küche zeigen uns einen Alltag inmitten von Dingen, die uns guttun. Außerdem bekommt der Leser Hinweise, was man bei Rückfällen tun kann, wie man 'schlampige' Familienmitglieder motiviert und wie aus unserer Wohnung mit einfachen Mitteln eine Wohlfühloase wird. Leben mit den Dingen, die man liebt.

Rezension:

Auch der Nachfolger (die Fortsetzung?) Magic Cleaning 2 ist wieder in fünf große Kapitel mit vielen Unterabschnitte gegliedert:

Das Glücksgefühl erkennen
Wie schaffe ich ein gemütliches Heim?
Das große Glück der Ordnung
So geht Ordnung in der Küche
Ordnung im Leben schaffen

Auch hier berichtet Marie Kondo wieder von ihren Erfahrungen mit Klienten, die sie um Hilfe gebeten habe. Das Buch enthält weitere Aufräumtipps, die jedoch weniger allgemein, als viel mehr speziell sind. Der Tenor bleibt jedoch der selbe: erst ausmisten, dann nach Kategorien getrennt aufräumen.
Ein wirklich großen Anteil in diesem Buch hat die bekannte KonMari-Methode, das Zusammenfalten der Kleidung. Marie Kondo ist keine Verfechterin davon, KLeidung aufzuhängen - sie legt wirklich alles zusammen. Von der Daunenjacke bis zum Slip hat sie ihre bestimmte Technik, die sie zu fast jedem erdenklichen Kleidungsstück in dem Buch mit Zeichnungen erläutert. Das ist als lange Erklärung ermüdend zu lesen und als Technik für deutsche (europäische?) Haushalte eher untypisch. Mir persönlich gefällt es einfach nicht, T-Shirts und Pullover, Jeans und Röcke etc. zu Pakten zu falten und aus Socken Sushi-Röllchen zu machen. Auch kann ich mir nicht vorstellen, Jacken und Blusen zu falten statt sie aufzuhängen - selbst wenn das platzsparender sein sollte.

Ganz ehrlich - Magic Cleaning 2 bietet keine neuen Erkenntnisse. Wer Magic Cleaning gelesen hat, hat das Prinzip von Marie Kondo verinnerlicht und kann dies in allen Räumen oder für alle Schränke analog umsetzen.


Joy at Work - Aufgeräumt und erfolgreich im Arbeitsleben

Inhalt:

Bestsellerautorin Marie Kondo und Unternehmensexperte Scott Sonenshein adaptieren die weltberühmte Kon-Mari-Methode für die Arbeitswelt und zeigen, wie wir unseren Arbeitsalltag produktiver, effizienter und erfolgreicher gestalten können, sodass wir zu Motivation, Zufriedenheit und Kreativität im Job zurückfinden. Ob es um die Gestaltung des Arbeitsplatzes geht, um richtiges Zeitmanagement, Führung, gute Kommunikation, erfolgreiches Netzwerken oder produktive Meetings - die Autoren zeigen, wie wir das erreichen und versammeln zahlreiche praktische Tipps, die den Lesern bei der Organisation ihres Arbeitslebens helfen.

Rezension: 

"Joy at Work" fokussiert sich wie der Titel schon besagt, auf den Arbeitsplatz: Dort für Ordnung sorgen, um dann besser und mit mehr Freude arbeiten zu können.

Meiner Meinung nach ist das Buch eher für Selbstständige geeignet oder für Personen, die ein eigenes Büro/ einen eigenen Schreibtisch haben, der im Chaos versinkt.
Für routinierte Büroarbeiter, die nur die benötigten Utensilien in ihrer Umgebung haben, dürfte das Buch kaum einen Mehrwert haben.
Darüber hinaus hat man als Angestellter in der Regel einfach zu wenig Spielraum und Einfluss, um an der Arbeitsumgebung oder der Gestaltung des Arbeitsplatzes etwas zu ändern.
Auch Ratschläge, wie sich aus (nervigen) Besprechungen zu entfernen, um seinen Fokus ganz auf die eigene Arbeit zu legen, entspringt eher einer Wunschvorstellung.



Mittwoch, 27. Mai 2020

Buchrezension: Erin Morgenstern - Das sternenlose Meer

Inhalt: 

Eigentlich arbeitet Zachary Ezra Rawlins an seiner Promotion, doch er kommt nicht weiter. Denn immer, wenn er in der Bibliothek ist, sucht er ein Buch auf, das zwischen den Regalen versteckt liegt. Ein Buch, in dem Zachary eines Tages eine Schilderung seiner eigenen Kindheit findet. Aber wie ist das möglich? Auf der Suche nach dem Geheimnis dieses Buches entdeckt Zachary eine unterirdische Welt voller Bücher am Ufer eines sternenlosen Meers, wo er schließlich eine Verschwörung aufdecken und für die Liebe seines Lebens kämpfen muss. 

Rezension: 

Zachary Ezra Rawlins ist Student in Vermont, der gerade an seiner Masterarbeit schreibt und findet in der Bibliothek des Campus ein Buch, das nicht registriert ist. Er wird neugierig und enteckt in "Süßes Leid" nicht nur Geschichten über Schlüssel, Bienen, Prinzessinnen, Piraten und Wächter, sondern auch eine Episode aus seiner eigenen Kindheit. Fasziniert möchte Zachary herausfinden, was es damit auf sich hat, da das Buch älter als er selbst ist. Durch Symbole in dem Buch findet er eine Tür, die ihn in eine magische Welt aus Tunneln, Räumen, Statuen und Geschichten eintauchen lässt. Es ist eine Welt voller Geheimnisse und Mysterien, die er mit Hilfe von Dorian und Mirabel, die ihm begegnen, zu lösen versucht. Dabei sind unbekannte Mächte hinter ihm her, die offenbar Interesse an dem Buch "Süßes Leid" haben. 

Der Hauptplot des Romans "Das sternenlose Meer" handelt von Zachary und seinen Erlebnissen nach Entdeckung des mysteriösen Buches. Er taucht dabei in eine Parallelwelt ein, die unabhängig von Zeit und Raum zu existieren scheint. Seine Geschichte wird durch Kapitel aus dem Buch "Süßes Leid" unterbrochen. Die verschiedenen Handlungsstränge und die damit verbundenen zahlreichen handelnden Personen sind zunächst verwirrend, fügen sich aber peu à peu zusammen, als Zachary den Protagonisten der Geschichten begegnet. 

Die Beschreibung dieser Welt im "sternenlosen Meer" ist faszinierend, so dass man Zacharys Anziehung nachvollziehen kann. Die Szenerie in der unwirklichen Parallelwelt unter der Oberfläche New Yorks ist düster, atmosphärisch und vor allem rätselhaft beschrieben. 
Zachary ist ein Student, der ohne es zu wissen auf der Suche nach Halt ist und in dem Buch eine ungeahnten Kraft findet. Er möchte es nicht mehr hergeben und stellt sich deshalb den unbekannten Mächten, die ihn verfolgen. 

Die magische Verbindung der realen Welt mit den Geschichten aus dem Buch fand ich faszinierend. Das Buch ist jedoch verwirrend und man muss sich als Leser auf diese magisch, märchenhafte Welt, die an "Alice im Wunderland" erinnert, einlassen. 
Ich empfand den Roman etwas ausschweifend geschrieben und fand es schwierig, den Überblick über die Nebenhandlungen - von Piraten und Mädchen, Eulen und Königen, Schmiede und Prinzessinnen, Sonne und Mond - zu  behalten. Jede Kurzgeschichte für sich ist poetisch, fabelhaft und voller Magie, aber es ist nicht immer leicht, deren Intention oder Sinn für die Haupthandlung zu erfassen. 

"Das sternenlose Meer" ist kein Buch, das man einfach nur so nebenbei zur Unterhaltung liest. Es erfordert Konzentration und ist anstrengend, da man keine Vorstellung davon hat, wohin Zacharys Weg, auf dem er zahlreiche Rätsel lösen muss, den Leser führen wird. Ich war phasenweise etwas orientierungslos und fand den Aufbau des Romans zu kompliziert verkünstelt. 



Montag, 25. Mai 2020

Buchrezension: Kristin Hannah - Die Mädchen aus der Firefly Lane

Inhalt: 

Im Sommer 1974, zum Sound von Fleetwood Mac und Abba, lernt die Außenseiterin Kate die schöne, aufregende Tully kennen, die alles zu haben scheint, was ihr fehlt. Aus den sehr unterschiedlichen Mädchen werden Freundinnen, die weder Tullys Karrierestreben noch Kates Entscheidung für Kinder und Familie trennen kann. Jahrelang umschiffen Tully und Kate die Klippen jeder engen Freundschaft – Eifersucht, enttäuschte Liebe – und halten zueinander. Bis zu jenem Tag, als ein Verrat ihr Vertrauen auf die Probe stellt. 

Rezension:

Kate und Tully sind seit ihrer Schulzeit in den 1970er-Jahren beste Freundinnen. Kate war bis zum Kennenlernen von Tully eine etwas unscheinbare, zurückhaltende, gute Schülerin, die keine Freunde hatte. Tully dagegen stand gerne im Mittelpunkt, litt allerdings unter der Abwesenheit und Drogensucht der Mutter, weshalb sie froh war, mit Kate auch eine Familie gefunden zu haben. 
Gemeinsam gehen die beiden aufs College und träumen davon, berühmte Reporterinnen zu werden. Doch bereits während des Colleges verschieben sich die Interessen. Während Kate bei Reportagen inter den Kulissen arbeitet, drängt sich Tully geradezu ins Rampenlicht. Kate entscheidet sich letztlich für Ehe und Familie statt für eine Karriere, wohingegen Tully auf die Liebe verzichtet, lockere Beziehungen pflegt und ihren Traum einer Fernsehnachrichtensprecherin und Moderatorin einer eigenen Sendung verwirklichen kann. 

Die Sorgen der erwachsenen Frauen sind andere als zu College-Zeiten. Kate hat Probleme mit ihrer Teenager-Tochter und hadert damit, nur Hausfrau und Mutter zu sein. Tully, die reich und erfolgreich ist, fühlt eine Leere in sich, ist einsam und allein. 
Die zwei Freundinnen gehen durch Höhen und Tiefen und sind trotz Meinungsverschiedenheiten für die andere da, wenn diese sie braucht. Doch nach über 30 Jahren kommt es zu einem heftigen Streit, an dem die Freundschaft der beiden zu zerbrechen droht. Keine ist zunächst bereit, einen Schritt auf die andere zuzugehen. 

"Die Mädchen aus der Firefly Lane" ist ein Roman von Kristin Hannah, der bereits 2009 unter dem Titel "Immer für dich da" erschienen ist. Es handelt in Zeitraum von 1974 bis in die 2000er-Jahre und erzählt von einer innigen Freundschaft zweier Teenager und Frauen und gleichzeitig dem Weg, den die beiden auch unabhängig von ihrer Freundschaft im Leben gehen. 

Der Roman wird deshalb abwechselnd aus der Perspektive der ruhigeren und schüchternen Kate und der lebhaften und selbstbewussten Tully erzählt. Beide sind ganz unterschiedliche Charaktere, die individuell gezeichnet sind, so dass man mit jeder von ihnen mitfühlt. Authentisch ist geschildert, wie Kate und Tully erwachsen werden, sich über die Jahre hinweg verändern und andere Richtungen im Leben einschlagen. Jede von ihnen wird mit anderen Sorgen und Problemen konfrontiert, was die Geschichte der beiden unterhaltsam und lebendig gestaltet und viele emotionale Momente enthält. 

Mir haben die Charaktere und die 30 Jahre, in denen man sie als Leser begleiten darf, sehr gut gefallen. Das Ende ist an Dramatik nicht zu überbieten und ist noch einmal ein Beweis für die vertrauensvolle und innige Freundschaft der beiden Frauen. Es nimmt dem mitreißenden Roman allerdings die Leichtigkeit der kurzweiligen, authentischen Geschichte. 


Samstag, 23. Mai 2020

Buchrezension: Christelle Zaurrini - SommerNachtsWende

Inhalt:

Fünf Jahre nach dem Tod ihrer Mutter findet sich Emma zum ersten Mal wieder in ihrem Heimatdorf ein und stellt sich ihrer Vergangenheit. Alten Feindschaften, ihrer vernachlässigten besten Freundin und dem ganzen Schmerz. Dann taucht Dylan auf, selber gezeichnet vom Schicksal, und beginnt Emmas sorgsam errichteten Mauern einzureißen. 

Rezension:

Nach dem Tod ihrer Mutter und der daran anschließenden Auswanderung ihres Vaters nach Bali kehrt Emma an ihren Heimatort zurück, um ihre beste Freundin aus Schulzeiten zu besuchen. Diese hatte sie dazu überredet, an einem Klassentreffen teilzunehmen. An dem Abend begegnet sie unerwartet Dylan, dem Nachbarsjungen und Schwarm aus ihrer Kindheit, nach fünf Jahren wieder. Er, seine Schwester Betty und seine Eltern waren für Emma wie eine zweite Familie gewesen, bevor sie im Alter von fünfzehn Jahren mit ihrem Vater abrupt umziehen musste. 
Emma fühlt sofort wieder die Vertrautheit zu Dylan und die Sehnsucht nach Halt und Geborgenheit einer Familie. Doch wie sie musste auch Dylan traumatische Erfahrungen sammeln und ist nicht bereit, sich ohne Weiteres auf eine Beziehung einzulassen. 

"Sommernachtswende" ist eine zarte Liebesgeschichte, die abwechselnd aus der Perspektive von Emma und Dylan geschrieben ist. Beide Charaktere sind grundsätzlich sympathisch und man kann sich durch die empathische Schilderung der Autorin gut in beide Twens hineinversetzen. Während Emma einfach nur lieb und aufopferungsvoll ist und freiwillig ein eher zurückgezogenes Leben vorzieht, hat Dylan zumindest Ecken und Kanten und ist unfreiwillig in eine Situation geraten, die ihm für sein Alter viel Verantwortung aufbürdet und seine Freiheit einschränkt. 

Die Hintergründe zu den Personen, das was sie in der Vergangenheit erlebt haben und verarbeiten mussten, fand ich interessant und hat Potential für einen eigenen Roman. Ihre Wiederbegegnung und die schnelle Entwicklung der Liebe, die zwar nicht ganz ohne Hürden und Missverständnisse auskommt, verläuft dagegen etwas simpel, wenig überraschend und ohne großes Drama und Emotionen. Die Ausgangssituation biete viele Ideen für Komplikationen und Hindernisse, das Vater-Mutter-Kind-Spiel von Emma und Dylan verläuft jedoch einfach und problemlos; Emma krempelt innerhalb weniger Tage ihr komplettes Leben um, obwohl sie vorher so viele Vorbehalte hatte, überhaupt nur zu besuch in ihre Heimat zurückzukehren.

Neben der jungen Liebe stehen vor allem die Überwindung des Verlusts einer Familie, das Erwachsenwerden und der Neuanfang in einer veränderten familiären Konstellation im Vordergrund. 
"Sommernachtswende" ist ein süßer Young Adult-Roman, eine Geschichte zum Wohlfühlen, aber unspektakulär, ohne Tiefgang und wesentliche Spannungsmomente - ein Roman für gemütliche Lesestunden, der nicht weiter im Gedächtnis bleibt. 



Freitag, 22. Mai 2020

Buchrezension: Barbara Leciejewski - Wer, wenn nicht wir

Inhalt: 

Nach mehr als zwanzig Ehejahren haben sich Viola und Florian auseinandergelebt. Außer den beiden Kindern, der gemeinsamen Wohnung und einem Trauschein gibt es kaum noch Berührungspunkte. In der Hoffnung, mit jemand anderem noch einmal neu anfangen zu können, trennen sie sich – einvernehmlich und vergleichsweise harmonisch.
Doch es gibt noch eine letzte Hürde auf dem Weg in ein neues Leben: einen längst gebuchten, teuer bezahlten Luxusurlaub, der sich nicht stornieren lässt. Die beiden haben nun die Wahl zwischen zwei Übeln: das Geld zu verlieren oder mit dem künftigen Ex-Ehepartner – in getrennten Zimmern – noch einmal zweieinhalb Wochen zu verbringen.
Allerdings ergibt sich plötzlich auch noch eine dritte Möglichkeit, und mit ihr beginnt eine unvergessliche Zeit auf Rhodos. 


Rezension: 

Viola und Florian sind seit 25 Jahren ein Paar, verheirat und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von 16 und 18 Jahren. Sie sind an einem Punkt in ihrer Ehe angelangt, an dem sie einander kaum noch etwas zu sagen haben und nur noch aus Gewohnheit in einem Haushalt leben und sich Tisch und Bett teilen. 
Als Florian einen nach langer Zeit wieder ersten Auftritt seiner Frau als Klarinettistin bei einem Konzert der Musikhochschule verpasst, ist für Viola klar, dass sie sich von ihrem Mann trennen wird. Bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch beschließen sie einvernehmlich, sich scheiden zu lassen. Freunde und Verwandte reagieren überrascht - bisher galten Viola und Florian als Traumpaar. 
Trotz der Einwände von anderen blieben sie konsequent und Florian zieht aus dem gemeinsamen Haus aus. Viola und Florian hatten allerdings vor Monaten noch einen Luxusurlaub gebucht, während dem sie ohne Kinder Zeit als Paar verbringen wollten. Da sich die Reise nicht mehr stornieren lässt, beschließen sie, getrennt von einander in zwei Einzelzimmern untergebracht, den Urlaub zu verbringen. Doch selbst in dem großen Hotel ist es unvermeidbar, dass sie sich am Buffet oder am Strand begegnen und so verbringen sie dann doch wieder freiwillig Zeit mit einander, was ursprünglich nicht geplant war. Abseits des Alltags und unter dem Einfluss der wunderschönen Insel lernen sie sich wieder neu kennen. 

"Wer, wenn nicht wir" erzählt eine Geschichte, wie sie jedem Paar passieren kann. Von der ersten Verliebtheit bis zum Alltag eines Paares, der sich nur noch auf ein Nebeneinanderherleben beschränkt, ist es nicht weit. Die Geschichte von Viola und Florian beschreibt, was passiert, wenn man den Partner nicht mehr an die erste Stelle setzt, man das Interesse an ihm verliert und die Liebe im Alltag abhanden gekommen ist. 

Der Roman handelt von einer Trennung, aber auch von einer Wiederentdeckung des Partners. Dabei müssen sich Viola und Florian, die nie größere Streits hatten oder sich gegenseitig betrogen haben, bewusst werden, was ihnen  noch an ihrer Ehe liegt und ob die Gefühle noch ausreichend vorhanden sind, um an einer gemeinsamen Zukunft festzuhalten und für sie zu kämpfen. 

Der Roman ist wechselseitig aus der Perspektive von Viola und Florian geschrieben, so dass man sich in beide Sichtweisen gut hineinversetzen kann. 

Der Verlauf der Geschichte ist zwar vorhersehbar, aber dennoch bleibt spannend, wie sich Viola und Florian letztlich entscheiden werden: Mut für einen Schlussstrich oder Arbeit an der Zukunft der Ehe? 
Der Prozess der Annäherung ist emotional und bietet durch die sehr stereotypen Nebencharaktere, die Viola und Florian während ihres Urlaub begegnen, unterhaltsame Szenen, ist aber aufgrund des aufgesetzten Umgangs der beiden miteinander etwas konstruiert und übertrieben distanziert, so dass der gut und interessant begonnene Roman im weiteren Verlauf an Glaubwürdigkeit verliert. 

"Wer, wenn nicht wir" beschreibt realistisch das Ende einer Ehe, idealisiert dagegen zu sehr das neue Kennenlernen des Lebenspartners. Das unbeschwerte Urlaubsfeeling auf Rhodos passt gut dazu und versetzt den Leser sehr anschaulich in ein sommerliches Flair auf einer der größten griechischen Inseln, das Sehnsucht und Fernweh weckt. 



Donnerstag, 21. Mai 2020

Buchrezension: Linus Geschke - Finsterthal (Die Born-Trilogie, Band 2)

Inhalt: 

Wenn der Dunkle kommt, verschwinden Mädchen. Eins in Berlin, eins in Bayern und eins im hessischen Königstein. Nicht alle werden lebend zu ihren Vätern zurückkehren, die durch ein dunkles Geheimnis verbunden sind.
Nur widerwillig nimmt der kriminell gewordene Ex-Polizist Alexander Born die Spur eines Mannes auf, der sich Der Dunkle nennt. Anfangs geht er noch von ganz gewöhnlichen Entführungsfällen aus. Ein Täter, drei Opfer. Doch in diesem Fall ist nichts, wie es scheint, und hinter jeder Wahrheit verbirgt sich eine weitere.
Das muss auch die Berliner Kommissarin Carla Diaz erkennen, die Born auf seiner Suche unterstützt. Als die beiden dem Dunklen näherkommen, geraten sie in einen Strudel aus Gewalt, Lügen und Verrat, in dem sie am Ende niemandem mehr trauen können – nicht den Mädchen und nicht sich selbst. 

Rezension: 

Zwei Mädchen reicher Väter werden entführt, zuerst eines in Berlin und später eines in Bayern. Beide wurden tot aufgefunden, als der ehemalige Polizist Alexander Born von seinem Freund Dimitri, der beide Väter aus dem Umfeld der russischen Organisierten Kriminalität kennt, um Hilfe gebeten wird. Born zögert zunächst, hat aber das Gefühl, dass es nicht bei den beiden entführten Mädchen bleiben wird und ermittelt - ein Jahr nach den Morden in Tannenstein - erneut auf eigene Faust und kommt damit auch wieder seinen Ex-Kollegen der Berliner Polizei in die Quere. 

"Finsterthal" ist der zweite Band der Trilogie um den kriminellen Ex-Polizisten Alexander Born. Auch dieser Krimi ist ähnlich aufgebaut, wird aus der Perspektive verschiedenster handelnder Personen geschildert und eröffnet damit diverse Handlungsstränge, die jedoch weitaus weniger verwirrend sind, als in Band 1. Wieder spielt sich der Kriminalfall im Milieu der  russischen Organisierten Kriminalität ab, die erneut menschenverachtend und skrupellos agiert. Ein Menschenleben bedeutet den Kriminellen nichts, Entführung, Vergewaltigung und Mord berühren sie nicht. Auch untereinander bekriegen sich die unterschiedlichen Kartelle, so dass die wahren Hintergründe der Entführungsfälle lange undurchsichtig bleiben. 

In "Finsterthal" begegnet man einer Vielzahl an Protagonisten wieder, die bereits aus Band 1 bekannt sind, weshalb es zum besseren Verständnis sinnvoll ist, "Tannenstein" gelesen zu haben. Born spielt erneut die Rolle des abgehalfterten Ex-Polizisten, der zwar einerseits nichts auf Recht und Gesetz gibt, andererseits aber auch die Machenschaften der "Bösen" verurteilt und sich aus Heldenmut und persönlichem Ehrgeiz für seine Vorstellung von Gerechtigkeit einsetzt. Dabei sind ihm seine Kontakte in das russische kriminelle Milieu von Vorteil, womit er der Polizei stets entscheidende Schritte voraus ist. 

Den zweiten Band empfand ich spannender und schlüssiger konstruiert als den Auftakt der Born-Trilogie, ich konnte mich aber weiterhin nicht mit dem eigentümlichen Schreibstil anfreunden. Die kurzen Kapitel, die permanent wechselnden Perspektiven, die gespickt von pseudointellektuellen Philosophien des Gejagten ("Der Dunkle") und des Jägers (Born) waren, störten meinen Lesefluss. Weiterhin empfand ich das Handeln der Polizei, insbesondere das Ermitteln von Borns Ex-Kollegin Carla Diaz während ihres Urlaubs mit Erlaubnis ihres Vorgesetzten, als unrealistisch. 

"Finsterthal" ist weniger verwirrend, zäh und gewaltverherrlichend als Band 1. Ich konnte ich aber weiterhin weder für das Milieu, in dem der Fall spielt, noch für den Charakter Born begeistern, so dass meine Neugier auf den Abschluss der Trilogie nicht geweckt wurde. 



Mittwoch, 20. Mai 2020

Buchrezension: Linus Geschke - Tannenstein (Die Born-Trilogie, Band 1)

Inhalt: 

Wenn der Wanderer kommt, sterben Menschen. Elf in Tannenstein, einem abgelegenen Ort nahe der tschechischen Grenze. Ein Tankwart im Harz, eine Immobilienmaklerin aus dem Allgäu. Der Killer kommt aus dem Nichts, tötet ohne Vorwarnung und verschwindet spurlos. 
Der Einzige, der sich ihm in den Weg stellt, ist Alexander Born: ein Ex-Polizist mit besten Kontakten zur Russenmafia. Einst hatte der Wanderer seine Geliebte getötet, jetzt will Born Rache – und wird Teil einer Hetzjagd, die dort endet, wo alles begann: Tannenstein. 

Rezension: 

Ein Wanderer tötete in dem am der deutsch-tschechischen Grenze gelegenen Tannenstein elf Menschen. Der Fall gibt Rätsel auf. Der Wanderer lebte zuvor ein Jahr unauffällig in dem Ort, die Getöteten befanden sich an dem Abend in der Dorfkneipe, scheinen aber darüber hinaus keine Verbindung untereinander zu haben. 

Drei Jahre nach dem Mord wird der ehemalige Polizist Alexander Born aus der Haft in Berlin entlassen. Er möchte den Tod seine Geliebten und Kollegin Lydia Wellstedt rächen, die gegen den Wanderer ermittelte und dabei Spuren zur russischen Mafia fand. 
Born beginnt auf eigene Faust eine Hetzjagd gegen skrupellose, unmenschliche Strukturen der Organisierten Kriminalität. 

"Tannenstein" ist ein Kriminalroman, der aus vielen kurzen Kapiteln besteht, bei denen die Perspektiven und Handlungsorte stetig wechseln. Es wird nicht nur die Sicht von Ermittlern, Tätern und Opfern vermittelt, sondern auch von zahlreichen Nebencharakteren, die in dem Konglomerat aus Drogen, Prostitution, Gewalt und Kriminalität über die deutsche Grenze hinweg eine Rolle spielen. 
Statt für Spannung zu sorgen, wird dadurch der Lesefluss unterbrochen. Die Vielzahl der Protagonisten und Handlungsorte wirkt eher verwirrend, da über eine Verbindung der unzähligen Handlungsstränge nur gemutmaßt werden kann. 

Der Roman strotzt zudem vor Klischees und stereotypen Charakteren. Alle Personen sind unsympathisch und unnahbar, Prostituierte sind dumm und naiv, Russen Alkoholiker und skrupellose Gewalttäter, Frauen im Allgemeinen werden zum Sexobjekt degradiert. Ein Einblick in die Psyche der handelnden Personen fehlt völlig. 

Der blutige Krimi enthält eine große Anzahl an Gewaltszenen, die das gefährliche Milieu verdeutlichen, mit dem Born es zu tun hat und sind nichts für zartbesaitete Leser. 

Mich konnte der erste Band der Born-Trilogie nicht packen. Ich empfand sowohl die Charaktere anstrengend als auch eine Verbindung zwischen den einzelnen Handlungsorten in Deutschland, Russland, Weißrussland und Tschechien herzustellen. Der eigenwillige Schreibstil mit zahllosen Worthülsen und der bedingten Coolness von Born, der als ehemaliger Polizist fragwürdige Moralvorstellungen hat, konnte bei mir kein Interesse für den Fall als solchen wecken.



Montag, 18. Mai 2020

Buchrezension: Emily Gunnis - Die verlorene Frau

Inhalt: 

1960, Seaview Cottage: Die dreizehnjährige Rebecca und ihre Mutter leiden unter dem gewalttätigen Vater. In einer stürmischen Nacht pocht jemand an die Tür des abgelegenen Cottages. Wenig später sterben beide Eltern, doch die Umstände ihres Todes werden nie aufgeklärt. 
2014, Chichester: Eine junge Mutter verschwindet spurlos mit ihrem todkranken Baby. Ihre Schwester Iris, eine Journalistin, soll sie so schnell wie möglich finden. Sie bittet ihre Mutter Rebecca um Hilfe – die ihr nie von der schicksalhaften Nacht vor über fünfzig Jahren erzählt hat. Doch nur mit dieser erschütternden Wahrheit kann es Iris gelingen, das Baby zu retten. 

Rezension: 

Rebecca und ihre Mutter Harriet leiden unter den Gewaltausbrüchen des kriegstraumatisierten Vaters, der 1952 aus einer psychiatrischen Klinik als geheilt entlassen wurde. 1960 eskaliert die Situation so weit, dass Jacob erst seine Frau und dann sich selbst tötet. Rebecca wächst sodann bei ihrem besten Freund Harvey auf, den sie später heiraten wird. 
Die Ehe ist nicht von Dauer. Nach der Geburt von Tochter Jessica leidet Rebecca unter einer postpartalen Psychose, das Paar trennt sich. Harvey heiratet erneut und Liz wird daraufhin zu Jessies Mum. Als Jessie schwanger wird und Nachforschungen über ihre Familiengeschichte anstellt, scheint sich das Schicksal zu wiederholen. Auch sie verkraftet die Geburt ihrer Tochter nicht und entführt sie daraufhin aus Angst davor, dass ihrem Baby im Krankenhaus Leid zugefügt wird.  
Als Rebecca von dem Drama erfährt, bittet sie ihre jüngere Tochter Iris, die Journalistin ist, um Hilfe, um Jessie und ihre Enkelin zu finden. Auch sie muss erst die jahrzehntelang gehegten Familiengeheimnisse ergründen, um die Suche nach ihrer Halbschwester zu unterstützen. 

"Die verlorene Tochter" ist eine spannende Familiengeschichte, die aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt wird und auf mehreren Zeitebenen handelt. Sowohl die Vergangenheit, die von dramatischen Schicksalen geprägt ist, als auch die Gegenwart, die von der Suche nach einer psychotischen Mutter und ihrem kranken Neugeborenen handelt, sind packend geschildert. Das Geheimnis aus der Vergangenheit wird erst nach und nach durch die Handlung im Jahr 2014 und die Rückblenden bis in die Nachkriegszeit aufgedeckt, wodurch sich unfassbare Abgründe auftun. Die Schicksale der hilflosen Frauen berühren und erschütternd ist zu lesen, was Patienten noch in den 1950er-Jahren als psychiatrische Therapie angetan wurde. 
Der Roman handelt von Mutterliebe, Verdrängung und dem früheren Umgang mit psychischen Erkrankungen. Er ist beklemmend und fesselt bis zum Schluss bis alle Handlungsstränge zusammengeführt werden und das Unrecht und die damit verbundenen Leiden, die über drei Generationen die Leben der Frauen prägten, aufgeklärt werden, so dass Klarheit herrscht und eine Chance auf Wiedergutmachung und Vergebung gewährt werden kann. 
Die Mischung aus emotionsgeladenem Drama und einer Familiengeschichte mit Thrillerelementen besticht durch einen gelungen konstruierten Plot und authentischen Charakteren.  


Samstag, 16. Mai 2020

Buchrezension: Michaela Kastel - So dunkel der Wald

Inhalt:

Gefangen im tiefsten aller Wälder: Ronja und Jannik führen ein Leben ohne Zukunft, seit sie als Kinder von einem gewissenlosen Entführer tief in den Wald verschleppt wurden. Eines Tages gerät die Situation außer Kontrolle, und die langersehnte Freiheit ist zum Greifen nahe. Doch was so lange ein Wunschtraum war, erscheint ihnen plötzlich fremd und beängstigend. Sie ahnen nicht, dass die Welt da draußen bereits fieberhaft nach ihnen sucht. 

Rezension: 

Ronja und Jannik leben seit Jahren in Gefangenschaft in einer Hütte in einem dunklen Wald. Als Kind wurden sie von ihrem Peiniger, den sie Paps nennen, entführt. Dort leben sie mit weiteren Kindern, die noch nicht durch "das Sonnentor" gegangen sind. Als sie eines Tages die Möglichkeit haben ihren Entführer zu überwältigen, scheint die Freiheit in greifbare Nähe gerückt. Doch Ronja und Jannik ist die Welt außerhalb des Waldes fremd und sie haben Bedenken, einfach so zurückzukehren, denn sie fühlen sich schuldig an den Ereignissen, die sie erlebt haben und an den Dingen, die sie getan haben. 
Währenddessen ermittelt Sarah Wiesinger an dem Fall der Kindesentführungen, denn jüngst ist wieder ein kleines Mädchen im Wald verschwunden. 

"So dunkel der Wald" ist ein düsterer Thriller, der in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Im Fokus steht die Situation der Kinder und Jugendlichen im Wald, während die parallel verlaufenden Ermittlungen durch die Kriminalkommissarin weniger Raum einnehmen. 

Es ist kein klassischer Thriller über eine Kindesentführung, denn statt dem Schmerz der Eltern und der Suche nach den Kindern rückt die Perspektive der Opfer, die seit Jahren an ihr Martyrium gewohnt sind, in den Mittelpunkt. 
Der Roman beginnt spannend mit einem möglichen Fluchtversuch und flacht dann etwas ab, als es nicht mehr um die Gefangenschaft als solche, sondern den ungewohnten Umgang mit der Aussicht auf Freiheit geht. Die Kinder kennen kein normales Leben mehr und wissen nicht, was sie außerhalb des Waldes erwartet. Sie sind verunsichert und haben Angst, was durch ein ewiges Hin und Her zwischen Ronja und Jannik sehr deutlich wird. Der psychologische Ansatz ist spannend und auch wenn man das Verhalten der Jugendlichen zunächst nicht verstehen kann, wird nachvollziehbar dargestellt, wie Opfer zu Tätern werden und wie verstörend die Situation für sie erscheinen mag. 
Die Ermittlungen der jungen Kommissarin sind nur nebensächlich, waren mir aber von zu vielen Zufällen geprägt. 

Es ist ein schauriger Plot mit gewalttätigen Szenen, der den Leser vor allem aufgrund der inneren Zerrissenheit der Protagonisten, die sie Grenzen überschreiten lässt, packt. 



Freitag, 15. Mai 2020

Buchrezension: Nick Trout - Lass uns an Wunder glauben

Inhalt:

Die alleinerziehende Tierärztin Kate kümmert sich rührend um ihren kleinen Sohn Jasper, der an einer unheilbaren Krankheit leidet. Nur den Wunsch nach einem eigenen Hund konnte sie ihm bisher nicht erfüllen. Als sie Jasper eines Tages mit in das Tierheim auf Cape Cod nimmt, wo sie arbeitet, verliert er sein Herz an Whistler. Der Labradormischling lässt Jasper aufblühen, und der Junge setzt alles daran, ein Heim für seinen neuen Freund zu finden. Doch Whistler hat sich längst für Jasper und Kate entschieden – aus einem ganz bestimmten Grund. 

Rezension: 

Kate Blunt ist Tierärztin in einem Tierheim in Cape Cod und alleinerziehende Mutter des unheilbar an Mukoviszidose erkrankten Jaspers. Jasper ist elf Jahre alt und arbeitet freiwillig im Tierheim. Sein Traum ist es, einen eigenen Hund zu haben, was von Kate aus finanziellen Gründen und der Scheu vor noch mehr Verantwortung bisher abgelehnt wurde. 
Als eine räudige, offenbar misshandelte und an einer Lungenkrankheit leidende Promenadenmischung im Tierheim abgegeben wird, verspürt Jasper eine Verbindung zu dem Hund. Er kann sich auf wundersame Art in den Hund hineinversetzen und auch der Hund verhält sich im Umgang mit Jasper, als wären sie seit Jahren Gefährten. Jasper blüht dank Whistler auf und seine Krankheitssymptome nehmen ab. Voller Euphorie kann er bald auch seine Mutter davon überzeugen, Whistler zu adoptieren, doch dann meldet sich der rechtmäßige Besitzer des Hundes und erhebt Ansprüche. 

"Lass uns an Wunder glauben" ist eine warmherzige Geschichte über einen Jungen, der gegen eine unheilbare Krankheit kämpft und seine Liebe zu einem Hund, der eine magische, heilende Wirkung auf die Menschen hat. 
Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Kate und Jasper erzählt. Kate ist eine Mutter, die ihren kranken Sohn abgöttisch liebt und alles für ihn tun würde. Gleichzeitig leidet sie aufgrund seiner Erkrankung unter der alleinigen Verantwortung für ihn und seine permanente medizinische Behandlung und dem schlechten Gewissen, dass sie aufgrund der Genetik Schuld an seiner ZF ist, von der sie ihn nicht erlösen kann. 
Jasper ist ein aufgeweckter, verständiger Junge, der nicht mit seinem Schicksal hadert, sondern seine Krankheit und die damit verbundene kurze Lebenserwartung akzeptiert hat. Er ist dankbar für seine Gabe mit Hunden kommunizieren zu können, ist hilfsbereit und hat das Herz auf dem rechten Fleck. 

Es ist ein emotionales Buch, das zu Tränen rührt, aber nicht deprimierend ist. Es ist motivierend und hoffnungsvoll zu lesen, wie der einerseits für sein Alter so reife, anderseits wiederum kindlich-naive Junge dafür kämpft, mit dem für ihn passenden Hund zusammenleben zu dürfen. Trotz der schrecklichen Erkrankung von Jasper und dem drohenden Verlust des Hundes ist die Stimmung des Buches vor allem durch Jaspers unbeschwerte Art und seine fast schon philosophische Denkweise grundsätzlich heiter. 
Die magische Verbindung zwischen dem Hundeflüsterer und dem Labradormischling ist nicht erklärbar, aber auch nicht nötig, wenn es darum geht, an Wunder zu glauben. 

Die ausgewogene Mischung aus humorvollen und nachdenklich machenden Szenen, die glaubwürdigen und sympathischen Charaktere sorgen für eine abwechslungsreiche, lebendige Geschichte, die statt kitschig zu sein unerwartet tiefgründig ist und nicht nur für Hundefreunde empfehlenswert ist. 




Mittwoch, 13. Mai 2020

Buchrezension: Joanna Nadin - Meine Mutter, unser wildes Leben und alles dazwischen

Inhalt:

Dido ist sechs Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter Edie von London in eine Kleinstadt in Essex zieht – dort hat Edie ein kleines Häuschen geerbt. Edie ist die coolste Mutter überhaupt, wenn auch etwas verrückt, und sie ist die einzige Familie, die Dido je hatte. Trotzdem fehlt ihr etwas. Auf einem Streifzug durch die neue Nachbarschaft entdeckt das neugierige Mädchen hinter einem Tor zum Nachbarsgarten ihr ganz persönliches Paradies: die perfekte Familie. Mutter, Vater und zwei Kinder – die Trevelyans sind alles, was sie sich immer erträumt hat. Von diesem Moment an ist Didos Schicksal untrennbar mit ihnen verbunden, doch welche Familie ist schon wirklich perfekt? 

Rezension: 

Dido Sylvia Jones ist sechs Jahre alt, als sie zusammen mit ihrer Mutter Edie von London in eine Kleinstadt in Essex zieht. Edie ist alleinerziehend, weiß angeblich nicht, wer der Vater von Dido ist und verhält sich so unkonventionell, dass sie in der Nachbarschaft auffällt. 

Auf dem Nachbargrundstück entdeckt Dido eine ganz gewöhnliche Familie: Vater, Muter und zwei Kinder. Dido freundet sich mit Harry und Tom an, auch wenn Mutter Angela die Verbindung zu dem Mädchen mit der seltsamen Mutter skeptisch betrachtet. Dido allerdings träumt davon, in einer solch intakten, bodenständigen Familie aufzuwachsen und wünscht sich klammheimlich sogar eine Mutter wie Angela. 

Als Teenager verliebt sich Dido in Tom, was letztlich zu einem Zerwürfnis mit den Trevelyans, aber auch ihrer Mutter führt. Wütend, verletzt und enttäuscht verlässt Dido die Kleinstadt, um in London ein neues Leben anzufangen. Erst Jahre später wird sie Harry und Tom wieder begegnen. 

"Meine Mutter, unser wildes Leben und alles dazwischen" ist eine tragikomische Familiengeschichte, die mit der Kindheit Didos im Juli 1976 beginnt und im Dezember 2004 endet, als Dido 34 Jahre alt ist. Dido ist ein Mädchen, das einfach nur normal sein möchte. Sie möchte nicht weiter auffallen und in der Masse verschwinden. Mit ihrer exzentrischen Mutter, einer selbst ernannten Künstlerin, die nichts darauf gibt, was andere von ihr denken, und Alkohol und Drogen nicht abgeneigt ist, ist dies jedoch nicht möglich. Dido verkriecht sich in ihre Bücher und klammert sich an ihre Freundschaft zu den Trevelyans, um von einem anderen Leben zu träumen. 

Es ist in Teilen eine humorvolle, sehr abwechslungsreiche und unterhaltsame Geschichte mit einem sympathischen, von Grund auf ehrlichen Mädchen, das ohne den Halt in einer eigenen Familie aufwächst. Gleichzeitig ist es jedoch auch eine anrührende und herzzerreißend traurige Geschichte, die feinfühlig von den Sorgen und Nöten des Mädchen erzählt. Man begleitet Dido dabei, wie sie aufwächst, erwachsen wird und sich in Folge unglücklicher Ereignisse von ihrer Mutter, die sie nie als solche bezeichnen durfte, entfremdet und nicht nur räumlich , sondern auch emotional entfernt. 
Dabei schafft es die Autorin, den Zeitgeist der 1970er-, 1980er- und 1990er-Jahre durch die beiläufige Schilderung von prägenden realen Ereignissen wie Live Aid 1985 oder dem Schwarzen Montag im Oktober 1987 sowie der Musik, die die Teenager hören, der Nutzung von Schallplatten und Telefonzellen, einzufangen. 

Die Geschichte ist rückblickend aus der Perspektive von Dido geschildert und ist passend zum Alter der Protagonistin zunächst kindlich-naiv, später erwachsen und reflektierter. Mit ihrer Erzählung wendet sich Dido an ihre Mutter, spricht sie immer wieder direkt an, was ihren Frust und ihre Enttäuschung, aber auch ihre Wünsche noch eindringlicher und authentischer wirken lässt. Dido ist einerseits anklagend, andererseits aber auch von einem schlechten Gewissen geprägt. So bleibt bis zum Schluss die Hoffnung, dass sich Mutter und Tochter versöhnen und damit arrangieren  können, wie unterschiedlich sie und ihre Vorstellungen vom Leben sind. 

Der Roman handelt von einer ungewöhnlichen Mutter-Tochter-Beziehung, von Freundschaft und der Sehnsucht von Halt und Geborgenheit in einer in einer intakten Familie. Dabei zeigt sich, dass selbst die ach so perfekte Familie nebenan - dort, wo das Gras immer viel grüner ist - nicht perfekt ist und dass es keine mustergültige Familie bracht, um glücklich zu sein. 


Montag, 11. Mai 2020

Buchrezension: C.A. Fletcher - Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt

Inhalt:

Mein Name ist Griz. Meine Kindheit war anders als deine. Ich hatte keine Freunde, einfach aus dem Grund, dass ich außer meiner Familie kaum jemanden kenne. Überhaupt bin ich in meinem ganzen Leben nur einer Handvoll Menschen begegnet. Zwar sagen meine Eltern, dass die Welt einst bevölkert war, doch jetzt gibt es nur noch uns. Aber wir sind nicht einsam auf unserer entlegenen Insel. Wir haben uns – und unsere Hunde. Aber dann kam der Dieb, und er stahl meinen Hund. Auch wenn es kein Gesetz mehr gibt, das Diebstahl bestraft, werde ich ihn mir zurückholen. Denn was bleibt von unserer Menschlichkeit übrig, wenn wir nicht für jene, die wir lieben, alles, wirklich ALLES tun. 

Rezension: 

Griz lebt in einer Zeit, in der die Menschheit fast ausgestorben ist. Nur noch wenige Tausend Menschen leben verteilt auf der Welt, Grenzen, Regierungen oder Gesetze gibt es keine mehr. Griz, ihre Eltern und Geschwister sowie die beiden Terrier Jess und Jip leben auf einer Insel im Atlantik, westlich von Schottland, wo sie sich durch Fischen, die Jagd nach Kaninchen und das "Wikingern" selbst versorgen. 
Eines Tages kommt ein Fremder mit einem Segelboot zu ihnen und bietet ihnen vorgeblich ein Tauschgeschäft an, stiehlt aber letztlich einen ihrer Hunde und verlässt die Insel. Nur Griz bekommt das Fehlen von Jess und des Segelboots am nächsten Morgen mit und verfolgt den Fremden mit ihrem Boot "Sweethope". Er ist bereit alles zu riskieren, um seine Hündin zu retten und begibt sich zum ersten Mal in seinem Leben auf das Festland, das er nur aus Erzählungen kennt. 

"Ein Junge, sein Hund und das Ende der Welt" ist ein Endzeitroman, der die mutige Reise eines Jungen beschreibt, der den Diebstahl eines Hundes nicht hinnehmen kann.    
Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Griz geschildert, der seine eigene Geschichte aufschreibt und damit den Leser direkt anspricht. Er ist ein mutiger Junge, der sich wacker allen Gefahren auf seiner schier aussichtslosen Reise stellt. Dabei ist es interessant, seinen Weg zu begleiten, die Orte wie Museen, Kirchen, Freizeitparks und ausgestorbene Städte mit ihm zu entdecken, wobei nur spekuliert werden kann, wo in Großbritannien er sich gerade befinden mag. 
Bewundernswert ist, dass Griz niemals aufgibt und trotz des Unrechts, das ihm widerfährt, menschlich bleibt, seine eigenen Ziele zurückstellt und anderen Menschen auf seinem Weg hilft. Eine Frau aus Frankreich begleitet ihn ein Stück auf seiner Reise, was der Erzählung, die zu Beginn etwas deprimierend und zäh erscheint, mehr Lebendigkeit verleiht. Die Dialoge könnten für Leser, die kein Französisch kennen, etwas dröge sein. Worte, die Griz phonetisch versteht, sind ohne Französischkenntnisse kaum verständlich. 

Es ist ein Abenteuerroman, der für jugendliche und erwachsene Leser gleichermaßen geeignet ist. Trotz anfänglicher Längen und der betrüblichen Atmosphäre konnte mich der Roman im weiteren Verlauf der Handlung für sich einnehmen und Spannung erzeugen.  
"Der Junge, sein Hund und das Ende der Welt" ist eine realistisch anmutende Dystopie, die gerade zur gegenwärtigen Situation erschreckend aktuell erscheint. Sie zeigt dem Menschen die Grenzen des Daseins auf, stimmt aber am Ende doch noch hoffnungsvoll, da es trotzdem noch Werte wie Liebe und Menschlichkeit gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt und die Bereitschaft weckt, das konservieren zu wollen, das noch da ist. 



Samstag, 9. Mai 2020

Buchrezension: Jennifer Hillier - Liebe mich, töte mich

Inhalt: 

Vor vierzehn Jahren kehrte Geos beste Freundin Angela nach einer Party nicht nach Hause zurück. Nun wird ihre zerstückelte Leiche gefunden. Für die Polizei ist schnell klar: Angela ist das Opfer des berüchtigten Serienmörders Calvin James. Doch für Geo ist Calvin nicht nur ein Serienmörder. Für sie ist er ihre erste große Liebe. Seit vierzehn Jahren weiß sie, was in dieser einen Nacht geschah, und vierzehn Jahre lang hat sie niemandem davon erzählt. Doch dann werden weitere Frauen ermordet, auf dieselbe Weise wie damals Angela. Der Mörder hinterlässt am Tatort eindeutige Botschaften. Und diese Botschaften gelten Geo. 

Rezension: 

Die Leiche von Angela Wong wird zerstückelt im Wald aufgefunden. Vor vierzehn Jahren war die Highschool-Schülerin nach einer Party verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Sie ist das erste Opfer eines Serienmörders, der bereits drei weitere Frauen auf dem Gewissen hat. Verhaftet wird allerdings nicht nur Calvin James, sondern auch seine Ex-Freundin Georgina Shaw, die ihm bei seinem ersten Mord geholfen hat. 
Als Geo nach fünf Jahren aus der Haft entlassen wird, geht das Morden weiter. Allem Anschein nach handelt es sich erneut um Calvin James, der aus dem Gefängnis ausbrechen konnte. Die Funde der Leichen und Botschaften, die der Täter hinterlässt, stehen ohne Zweifel mit Geo in Verbindung.  

Der Roman ist in die fünf Abschnitte Verleugnung, Wut, Verhandlung, Depression und Akzeptanz aufgeteilt - Trauerphasen, die symbolisch dafür stehen, wie Geo ihre Tat verarbeitet. Die Abschnitte werden wechselnd aus der Perspektive von Geo und dem Ermittler und ehemaligem besten Freund von Geo, Kaiser Brody, erzählt. 
Geo ist 30 Jahre alt, als sie verurteilt wird und endlich für ihr Handeln als Teenager büßen muss. Der Alltag im Frauengefängnis ist hart, aber Geo findet sich mit den Gegebenheiten ab und findet unter den Mitinsassen sogar eine Freundin. Aus dem Gefängnis entlassen, fällt die Wiedereingliederung schwer, da sie den Makel Mörderin auf der Stirn stehen hat. Niemand kann vergessen, was sie getan hat bzw. dass sie nichts zur Aufklärung des Mordfalls beigetragen hat, so dass weitere Menschen sterben mussten. 

Das Buch ist durchweg spannend geschrieben und entwickelt sich wie versprochen spätestens ab der Entlassung Geos zu einem Pageturner. Durch Rückblenden in die Vergangenheit vor neunzehn Jahren erfährt man, was in der Mordnacht passierte und wie schwert die Tat nach wie vor auf Geo lastet. 
Die Charaktere sind vielschichtig und glaubwürdig, gerade in Geo, als auch in den Polizisten Kaiser kann man sich gut hineinversetzen. Geos Ängste und ihr schlechtes Gewissen sowie Kaisers Zwiespalt als Detective und Mann, der nach all den Jahren noch Gefühle für seine beste Freundin hat, machen die Protagonisten nahbar. Selbst Geo wirkt trotz ihrer Fehler nicht unsympathisch. 
Das Konstrukt des Thrillers ist gelungen und lässt einen das Buch kaum aus der Hand legen. Es ist eine packende Geschichte mit blutigen Details, die jedoch nicht überzogen sind. Unvorhersehbare Wendungen halten den Spannungsbogen bis zur Aufklärung der Taten bis zum Ende aufrecht und machen den Psychothriller rund.