Freitag, 22. Mai 2020

Buchrezension: Barbara Leciejewski - Wer, wenn nicht wir

Inhalt: 

Nach mehr als zwanzig Ehejahren haben sich Viola und Florian auseinandergelebt. Außer den beiden Kindern, der gemeinsamen Wohnung und einem Trauschein gibt es kaum noch Berührungspunkte. In der Hoffnung, mit jemand anderem noch einmal neu anfangen zu können, trennen sie sich – einvernehmlich und vergleichsweise harmonisch.
Doch es gibt noch eine letzte Hürde auf dem Weg in ein neues Leben: einen längst gebuchten, teuer bezahlten Luxusurlaub, der sich nicht stornieren lässt. Die beiden haben nun die Wahl zwischen zwei Übeln: das Geld zu verlieren oder mit dem künftigen Ex-Ehepartner – in getrennten Zimmern – noch einmal zweieinhalb Wochen zu verbringen.
Allerdings ergibt sich plötzlich auch noch eine dritte Möglichkeit, und mit ihr beginnt eine unvergessliche Zeit auf Rhodos. 


Rezension: 

Viola und Florian sind seit 25 Jahren ein Paar, verheirat und haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von 16 und 18 Jahren. Sie sind an einem Punkt in ihrer Ehe angelangt, an dem sie einander kaum noch etwas zu sagen haben und nur noch aus Gewohnheit in einem Haushalt leben und sich Tisch und Bett teilen. 
Als Florian einen nach langer Zeit wieder ersten Auftritt seiner Frau als Klarinettistin bei einem Konzert der Musikhochschule verpasst, ist für Viola klar, dass sie sich von ihrem Mann trennen wird. Bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch beschließen sie einvernehmlich, sich scheiden zu lassen. Freunde und Verwandte reagieren überrascht - bisher galten Viola und Florian als Traumpaar. 
Trotz der Einwände von anderen blieben sie konsequent und Florian zieht aus dem gemeinsamen Haus aus. Viola und Florian hatten allerdings vor Monaten noch einen Luxusurlaub gebucht, während dem sie ohne Kinder Zeit als Paar verbringen wollten. Da sich die Reise nicht mehr stornieren lässt, beschließen sie, getrennt von einander in zwei Einzelzimmern untergebracht, den Urlaub zu verbringen. Doch selbst in dem großen Hotel ist es unvermeidbar, dass sie sich am Buffet oder am Strand begegnen und so verbringen sie dann doch wieder freiwillig Zeit mit einander, was ursprünglich nicht geplant war. Abseits des Alltags und unter dem Einfluss der wunderschönen Insel lernen sie sich wieder neu kennen. 

"Wer, wenn nicht wir" erzählt eine Geschichte, wie sie jedem Paar passieren kann. Von der ersten Verliebtheit bis zum Alltag eines Paares, der sich nur noch auf ein Nebeneinanderherleben beschränkt, ist es nicht weit. Die Geschichte von Viola und Florian beschreibt, was passiert, wenn man den Partner nicht mehr an die erste Stelle setzt, man das Interesse an ihm verliert und die Liebe im Alltag abhanden gekommen ist. 

Der Roman handelt von einer Trennung, aber auch von einer Wiederentdeckung des Partners. Dabei müssen sich Viola und Florian, die nie größere Streits hatten oder sich gegenseitig betrogen haben, bewusst werden, was ihnen  noch an ihrer Ehe liegt und ob die Gefühle noch ausreichend vorhanden sind, um an einer gemeinsamen Zukunft festzuhalten und für sie zu kämpfen. 

Der Roman ist wechselseitig aus der Perspektive von Viola und Florian geschrieben, so dass man sich in beide Sichtweisen gut hineinversetzen kann. 

Der Verlauf der Geschichte ist zwar vorhersehbar, aber dennoch bleibt spannend, wie sich Viola und Florian letztlich entscheiden werden: Mut für einen Schlussstrich oder Arbeit an der Zukunft der Ehe? 
Der Prozess der Annäherung ist emotional und bietet durch die sehr stereotypen Nebencharaktere, die Viola und Florian während ihres Urlaub begegnen, unterhaltsame Szenen, ist aber aufgrund des aufgesetzten Umgangs der beiden miteinander etwas konstruiert und übertrieben distanziert, so dass der gut und interessant begonnene Roman im weiteren Verlauf an Glaubwürdigkeit verliert. 

"Wer, wenn nicht wir" beschreibt realistisch das Ende einer Ehe, idealisiert dagegen zu sehr das neue Kennenlernen des Lebenspartners. Das unbeschwerte Urlaubsfeeling auf Rhodos passt gut dazu und versetzt den Leser sehr anschaulich in ein sommerliches Flair auf einer der größten griechischen Inseln, das Sehnsucht und Fernweh weckt. 



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