Montag, 30. Juli 2018

Buchrezension: Tasmina Perry - Das Haus am Sunset Lake

Inhalt:

Ein herrlicher Sommer liegt vor Jennifer Wyatt, als sie mit dem Collegeabschluss in der Tasche nach Casa D'Or zurückkehrt – der verwunschenen Südstaatenplantage am Sunset Lake, die seit Generationen im Besitz ihrer Familie ist. Zwanzig Jahre später ist Casa D’Or verlassen, und Jennifer hat die Tür zu ihrer Vergangenheit fest verschlossen. Zu schmerzlich sind die Erinnerungen an jenen letzten Sommer. Doch dann tritt plötzlich Jim wieder in ihr Leben – der Mann, dem sie damals ihr Herz schenkte. Das Wiedersehen wühlt alte Erinnerungen auf und enthüllt die dunklen Geheimnisse, die das Haus seit jenem tragischen Sommer birgt. 

Rezension: 

Jim Johnson ist 40 Jahre alt und in der Immobilienbranche tätig. Er arbeitet für die große Hotelkette Omari und soll für diese das Anwesen "Casa D'Or" in Savannah als neues Objekt gewinnen. Mit "Casa D'Or" ist Jim persönlich verbunden. Vor 20 Jahren hat er einen Sommer in Savannah verbracht, als sein Vater Bryn Johnson, zum damaligen Zeitpunkt ein erfolgreicher Autor in einer Schaffenskrise, mit seine Familie aus dem Alltag in London geflüchtet ist, um in den Südstaaten zu neuer Inspiration zu gelangen. 
Während sein Vater dort an dem später erfolgreich veröffentlichten Roman "College" arbeitet, lernte Jim Jennifer Wyatt kennen, die im Sommer 1994 nach dem Abschluss des Colleges zu ihren Eltern nach "Casa d'Or", auf der anderen Seite des Sunset Lake, zurückgekehrt war. Die beiden freunden sich den Sommer über an, wobei Jim Jennifer in ihrem Traum unterstützt, einen Dokumentarfilm zu drehen. Ihre gemeinsame Zeit in Savannah ist begrenzt, da Jim plant, wieder nach London zurück zu gehen. Bis zum Ende es Sommers haben sie jedoch tiefe Gefühle für einander entwickelt, die sie sich lange nicht eingestehen können und denen Jennifers Beziehung zu Connor sowie die Anspruchshaltung ihrer Eltern im Weg stehen. 
Aufgrund eines tragischen Unglücksfalls kann Jennifer ihrer Liebe zu Jim keine Chance geben und lässt ihn ziehen. 

20 Jahre später begegnen sie sich durch den Verkauf von 'Casa d'Or" wieder und während Jim sich nach dem Sommer in Savannah nie wieder neu verlieben konnte, ist Jennifer seit 18 Jahren mit Connor verheiratet und gegenüber Jim distanziert und abweisend. 

Der Roman beginnt im Jahr 2014, als Jim von New York nach Savannah reist, um "Casa D'Or" für die Hotelkette Omari zu kaufen. Sodann erfolgt ein Rückblick in die Ereignisse von 1994, dem Sommer, in dem sich Jim und Jennifer verliebten, aufgrund eines Schicksalsschlages jedoch auseinandergerissen wurden. 
In mehreren Rückblenden erfährt der Leser allmählich, was sich damals ereignet hat und wie es dazu kam, dass Jim am Ende des Sommers von Jennifer weggeschickt wurde. 

Der Spannungsbogen wird dabei bis zum Ende aufrecht erhalten, da die Protagonisten die Ereignisse von damals verdrängt haben und nicht erneut mit dem Schmerz aus Trauer und Verlust konfrontiert werden möchten. So ist auch nachvollziehbar, warum Jennifer Jim aus dem Weg geht und auf den Leser auf den ersten Eindruck gefühlskalt wirkt. 

Jennifer ist mit Connor verheiratet, wobei die Ehe von ihrer Kinderlosigkeit überschattet wird. Zudem dürfte dem Leser bald klar werden, dass diese Ehe nur aufgrund gesellschaftlicher Konventionen geschlossen wurde. 
Die Geschichte läuft nicht auf ein vorhersehbares Happy End zwischen Jennifer und Jim hinaus, da nur Jim die Initiative dafür zu ergreifen scheint und überraschende Enthüllungen der Vergangenheit eine Aufarbeitung der Ereignisse erschweren und eine Wiedervereinigung der beiden fortlaufend verhindern. 

"Das Haus am Sunset Lake" ist eine tragische Liebesgeschichte voller Spannung und Dramatik, die ihren Ausgang im Sommer 1994 hat, als Jim und Jennifer 20 Jahre als sind und 20 Jahre später eine neue Chance bekommen. 
Interessant ist dabei, dass die Vergangenheit aus der Perspektive Jennifers und die Gegenwart aus der Sicht von Jim erzählt wird, so dass der Leser nie ein umfassendes Bild hat, aber in die Gefühlswelt beider Personen eintauchen kann. Man spürt, dass Jim und Jennifer zusammengehören und wünscht ihnen, dass sie die Vergangenheit überwinden und einen Weg zueinander finden, haben sie doch so viele Jahre ihres Lebens mit unglücklichen oder unerfüllten Lieben verschwendet.


Samstag, 28. Juli 2018

Buchrezension: Lukas Hainer - Das dunkle Herz

Inhalt:

Während einer Gedenkfeier für ihren verschwundenen Bruder wird Anna schwarz vor Augen, und sie erwacht am Rande einer verlassenen Wüstenstadt. Als alle Versuche scheitern, Kontakt zu ihren Eltern aufzunehmen, sucht sie in der Stadt nach Antworten und stößt auf weitere Ankömmlinge, unter ihnen der junge Nick. Bald entbrennt ein Kampf ums Überleben, sowohl mit ihrer unwirtlichen Umgebung als auch unter den Gestrandeten selbst. Während die Spannungen eskalieren und es sogar zu Toten kommt, findet Anna plötzlich Hinweise auf ihren Bruder – ist es möglich, dass er noch lebt? Als sie der Spur folgen, stoßen Nick und sie auf ein furchtbares Geheimnis, das dieser Ort und seine Bewohner hüten: das dunkle Herz. Und plötzlich geht es um weit mehr als nur um ihr eigenes Schicksal.

Rezension: 

Annas älterer Bruder Ben ist seit zehn Jahren verschollen. Bei der alljährlichen Trauerfeier wird die 14-Jährige ohnmächtig und wacht in vor den Mauern einer verlassenen Stadt auf. Dort ist sie fast zeitlich mit mehreren Personen aus aller Welt angekommen. Gemeinsam machen sie sich auf in die Stadt, um das Rätsel ihrer Ankunft zu lösen und zu versuchen, wieder nach Hause zu gelangen.  
Als Anna in einer Kirche den Namen Ben geschrieben sieht und später seine Stimme hört, die sie zu warnen versucht, hofft sie, dass sie in der Stadt ihren Bruder finden und wieder zurückbringen kann. 
Die Stadt ist von weiteren Ankömmlingen bewohnt, die von dem machthungrigen Álvaro angeführt werden. Im Kampf um Wasser und Nahrung stehen diese einer Horde Kinder gegenüber, die außerhalb der Stadt eine Obstplantage besetzt haben. 
Anna und ihre Weggefährten versuchen zwischen den Parteien zu vermitteln, denn bald ist klar, dass sie den Weg nach Hause nur gemeinsam bestreiten können, um sich gegen das "dunkle Herz", das durch Wut und Hass zu erstarken scheint, wehren zu können. 

Nach einem kurzen Rückblick auf das mysteriöse Verschwinden von Ben findet man sich mit Anna in der Ruinenstadt in der Wüste ein, ohne genau zu wissen, ob es sich um einen Zeitsprung handelt und wo sich die Erwachsenen und Kinder, die alle noch nicht allzu lange dazu sein scheinen, befinden. Was mit einer Suche nach Wasser und Nahrung beginnt, entwickelt sich bald zu einem Kampf ums nackte Überleben, da verschiedene Machtansprüche und Interessen aufeinander treffen. 

Es ist ein Fantasy-Jugendroman, in der eine durchgehend düstere, bedrohliche Atmosphäre herrscht. Dabei geht die Bedrohung für Anna und ihre Weggefährten sowohl von dem selbst ernannten Machthaber Álvaro und seinen Handlangern, aber auch von dem mysteriösen "dunklen Herz" aus, dem Opfer gebracht werden müssen. 
In dem abenteuerlichen Roman geht es für die Helden darum, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, sich dabei vor Gefahren zu schützen, da Álvaro auch vor Mord nicht zurückschreckt und die schier unlösbare Aufgabe zu bewältigen, Freund und Feind dazu zu bewegen, an einem Strang zu ziehen, um wieder nach Hause zu gelangen. 

Die Idee eines "dunklen Herzens", das sich von dem Bösen nährt, fand ich sehr spannend, doch der Roman zog sich vor allem dadurch in die Länge, dass die jugendlichen Helden des Buches viel mehr diskutierten, als zu handeln und sich wie dem Leser Fragen stellten, die bis zum Schluss nicht ganz geklärt wurden. 

Was sich weder aus dem Cover noch aus dem Klappentext ergibt ist, dass "Das dunkle Herz" der Auftakt einer dreiteiligen Buchreihe ist, was die andauernde Rätselhaftigkeit erklärt. Um das Mysterium des "dunklen Herzens" und das Verschwinden von Ben in Gänze zu entschlüsseln, ist es erforderlich, die weiteren Teile zu lesen, auch wenn der erste Teil in sich geschlossen ist, aber eben kein befriedigendes Ende hat. 


Freitag, 27. Juli 2018

Buchrezension: Christina Lauren - Nichts als Liebe

Inhalt:

Macy führt ein Leben, in dem sie keine großen Gefühle riskieren muss. Sie ist mit einem netten Mann zusammen, den sie heiraten wird, und versinkt in ihrer Arbeit als Kinderärztin. Dann läuft ihr Elliot über den Weg – der ihre erste Liebe war. Schon bald bekommt Macys sorgsam errichtete Fassade Risse. Denn einst bedeutete Elliot ihr die ganze Welt – bis er ihr für alle Zeiten das Herz brach. Nun, elf Jahre später, sind sie einander fremd geworden, zu viel ist passiert, was sich nicht mehr gutmachen lässt. Oder ist da noch etwas zwischen ihnen, das ihnen die Kraft gibt, die Vergangenheit zu überwinden?

Rezension:

Macy Sorensen hat mit elf Jahren ihre Mutter verloren und ist allein bei ihrem Vater aufgewachsen, der nach dem Tod seiner Ehefrau ein Wochenendhaus gekauft hat, um sich und Macy von dem Schmerz um den Verlust abzulenken. In Healdsburg/ Kalifornien lernt sie dort Elliot kennen, einen gleichaltrigen Nachbarsjungen, der wie sie eine Leidenschaft für Bücher und Worte hat. Die beiden freunden sich an, verbringen fast jedes Wochenende und die Ferien miteinander. Mit 17 Jahren entwickeln sie zarte Gefühle für einander und können sich nach langem Zögern ihre Liebe eingestehen. Macy hatte nach dem Verlust ihrer Mutter stets Angst, Elliot durch eine Liebesbeziehung als ihren besten Freund zu verlieren und hat ihn deshalb auf Abstand gehalten. Ihre Befürchtungen haben sich bewahrheitet...

Elf Jahre später begegnen sie sich wieder, sind beide in festen Beziehungen, spüren aber nach wie vor tiefe Vertrautheit miteinander. Macy begreift dadurch, dass ihre Beziehung zu Sean nur so harmonisch ist, da sie sich ihm nie so wie Elliot öffnen könnte und Seans Verlust sie niemals derart treffen könnte. Sie löst die Verlobung mit ihm, ohne sich sicher zu sein, ob sie den Mut aufbringen kann, einen Neustart mit Elliot zu wagen oder doch lieber an ihm als guten Freund festhalten möchte. 

Die Geschichte wie aus Freundschaft Liebe wird, ist aus der Perspektive von Macy geschrieben, die seit dem frühen Verlust der Mutter unter Bindungsängsten leidet. In Rückblenden wird ihre Freundschaft mit Elliot geschildert, die chronologisch 14 bis elf Jahre vor der Wiederbegegnung mit Elliot handelt. Als Jugendliche sind sie liebenswerte Außenseiter, die gemeinsam in Macys Bücherzimmer lesen und mit dem Heranwachsen immer mehr für einander empfinden. 

Gespannt möchte man als Leser erfahren, was zwischen den beiden Seelenverwandten vor elf Jahren vorgefallen ist, das sie so entzweit hat, dass sie all die Jahre nicht mehr miteinander gesprochen haben. Vergangenheit und Gegenwart werden abwechselnd geschildert, in der sich die Geschichte von der Annäherung, eine tiefe Verbundenheit bis zur Liebe, die nie geendet hat, wiederholt. 

"Nichts als Liebe" ist wie Titel und das romantische Cover vermuten lassen, ein Roman großer Gefühle. Es ist eine klassische Liebesgeschichte über zwei Menschen, die vom Schicksal für einander bestimmt sind, Seelenverwandte, die sich auch körperlich anziehen und die aufgrund eines einzigen Fehlers und eines tragischen Unglücks nicht zu einander finden und Jahre ihres Lebens verschwenden, bis sie eine zweite Chance bekommen. 
Der Roman hat traurige, aber vor allem in den Jugendjahren der Protagonisten viele witzige Momente. Die Charaktere sind authentisch dargestellt, sympathisch und machen es leicht, sich in sie hineinzuversetzen. 
Es ist ein Buch voller Emotionen, das schon sehr vorhersehbar ist, aber dennoch unterhaltsam und ergreifend geschrieben ist. 




Mittwoch, 25. Juli 2018

Buchrezension: Jo Platt - Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten

Inhalt:

Grace schreibt erfolgreich Liebesromane. Seit ihrer Scheidung kann sie sich aber nicht mehr zu Happy Ends durchringen. Ihr Agent verordnet ihr eine Auszeit. Nur weiß Grace einfach nichts mit sich anzufangen. Da fügt es sich gut, dass ihre Haushaltshilfe für einige Wochen zu ihrer Schwester nach Spanien will und dringend eine Vertretung braucht. Kurzentschlossen vertritt Grace sie, und fortan putzt die Bestsellerautorin inkognito im Haus von James: reich, gutaussehend, aber ziemlich arrogant. Plötzlich scheint Grace selbst in einer ihrer Geschichten gelandet zu sein. Denn irgendwie geht ihr ihr attraktiver Arbeitgeber nicht mehr aus dem Sinn.

Rezension: 

Der Autorin Grace Waterhouse wird von ihrem Agenten Neil eine Auszeit verordnet, nachdem sie zu blockiert ist, um an den Erfolg ihrer unbeschwerten Liebesgeschichten anzuknüpfen. Ihr Exmann Aiden hat kürzlich ein Baby mit seiner neunen Partnerin bekommen, weshalb Grace den Kopf nicht frei hat, für ihre Figuren ein Happy End zu erschaffen. 

Als ihre Putzfrau Rose für einen längeren Auslandsaufenthalt pausieren muss, springt Grace für sie ein. Sie übernimmt die Reinigung des Haushalts von Rechtsanwalt James, der auf Grace einen arroganten Eindruck macht und auch noch seine Freundin zu betrügen scheint. Mit dieser versteht sich Grace dagegen gut und auch mit James Nachbarin, der älteren Dame Percy, freundet sich Grace an. Sie mag ihren neuen Job, schreibt nur noch in ihrer Freizeit eine Art Tagebuch und kann sogar zu Aiden einen freundschaftlichen Kontakt aufbauen, der allerdings doch mehr für sie zu empfinden scheint, als nur Freundschaft. Aber auch James scheint bei näherer Betrachtung doch nicht so ein fieser Kerl zu sein, wie zunächst angenommen...

Grace ist eine etwas chaotische junge Frau, die sich durch ihr oftmals unüberlegtes Geplapper in so manche peinliche Situation bringt, dabei aber auch ein herzensguter Mensch ist, was von ihren Freunden sehr geschätzt wird. Grace wurde in der Vergangenheit von ihrem Mann verletzt und wurde durch die Geburt seines Sohnes erneut erschütter, so dass ihr neuer Liebesroman ein Desaster geworden ist. 
Durch ihren neunen Job lernt sie ganz andere Menschen kennen, was sie bald auf andere Gedanken bringt. Durch die Fettnäpfchen, in die sie immer wieder bei James tritt, ist von ihrem Ärger über Aiden abgelenkt und kann letztlich mit der Vergangenheit abschießen, ist dabei aber blind für ihre Gefühle für James und schafft es immer wieder unabsichtlich, ihn auf Distanz zu halten. Ihre Freunde können dabei nicht länger zugucken, denn in ihren Augen hat die hilfsbereite, liebenswürdige Grace endlich selbst ein Happy End verdient. 

Von Jo Platt habe ich bereits "Herz über Kopf" gelesen und auch mit "Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten" bleibt sie ihrem warmherzigen und gleichzeitig spritzig-dynamischen Schreibstil treu. Die Geschichte um Schriftstellerin Grace ist leicht zu lesen, ein witziges, romantisches Stück Chiclit. Auch wenn das Ende bei dieser Art von Büchern vorprogrammiert ist, ist dieser Roman durch die liebevoll gestalteten, einzigartigen Charaktere, die liebenswerte Protagonistin Grace und durch so manchen Überraschungsmoment sehr unterhaltsam zu lesen. 

Es ist ein herzerwärmender Roman über Liebe, Freundschaft und die Kraft, zu vergeben mit Happy End-Garantie, der einfach zu lesen und perfekt zum Abschalten ist. Jo Platt hat einen Schreibstil mit hohem Wiedererkennungswert, so dass alle, die schon einen der beiden Vorgängerromane mochten, auch diesen Liebesroman mit großen Unterhaltungsfaktor genießen werden, sich allerdings nicht von einer geballten Ladung Gutmenschentum abschrecken lassen dürfen. 



Montag, 23. Juli 2018

Buchrezension: Priscille Sibley - Ich versprach dir die Liebe

Inhalt:

Nach einem tragischen Unfall liegt Elle im Koma, ohne Hoffnung auf Heilung. Schon immer hat sie sich gegen lebensverlängernde Maßnahmen ausgesprochen. Doch dann erfährt ihr Ehemann: Seine Frau ist schwanger - und er weigert sich, die Maschinen abstellen zu lassen.

Was bedeutet es, über Leben und Tod eines geliebten Menschen, der keine Stimme mehr hat, entscheiden zu müssen? Davon handelt dieser weise Roman und erzählt zugleich eine unglaublich anrührende Liebesgeschichte.

Rezension: 


Die ehemalige Astronautin Elle wird ohnmächtig und stürzt beim Fensterputzen unglücklich von der Leiter. Die Kopfverletzungen sind so drastisch, dass Elle keine Chance auf Heilung hat. Da sie als Jugendliche miterleben musste, wie ihre an Krebs erkrankte Mutter leiden musste und ihr Leben auf Wunsch ihres Ehemanns künstlich verlängert wurde, hat Elle damals eine Patientenverfügung verfasst, in welchem sie alle lebensverlängernden Maßnahmen ablehnt.

Ihr Ehemann Matthew ist selbst Neurochirurg und hätte unter anderen Umständen auch dem Wunsch seiner Frau entsprochen. Bei einem Routinetest stellt sich allerdings heraus, dass Elle schwanger ist. Das Ehepaar hat sich schon lange ein Kind gewünscht, Elle hatte jedoch aufgrund einer Autoimmunerkrankung mehrere Fehlgeburten erlitten. Da diese Erkrankung allerdings rein durch die Einnahme von "Baby-Aspirin" bekämpft werden kann, möchte Matt Elle so lange am Leben erhalten, bis das Kind lebensfähig ist und auf die Welt geholt werden kann.

Seine Mutter wurde in der Patientenverfügung allerdings als Vormund benannt und möchte unbedingt den Willen ihres Patenkindes und Schwiegertochter Elle durchsetzen. Auch Elles Bruder Christopher und ihr Exfreund Adam sind auf der Seite der Mutter. Es beginnt ein juristisches Tauziehen um die Abwägung der Rechte der schwangeren komatösen Frau und der Rechte des ungeborenen Kindes.

"Ich versprach dir die Liebe" ist wie der Titel bereits vermuten lässt, ein sehr emotionaler Roman. Der Leser lernt Elle nur noch in Rückblenden kennen, da der Roman direkt mit dem tragischen Unfall und der Benachrichtigung von Matt beginnt. Während zunächst Untersuchungen, Operation und die Streitigkeiten der Familienangehörigen um den Willen von Elle im Vordergrund stehen, erhält man anschließend Rückblicke in die Vergangenheit, wie Matt und Elle als Nachbarn aufgewachsen sind, sich als Teenager verlieben, sich nach dem Tod von Elles Mutter trennen und Jahre später wieder zusammengekommen. Seit vier Jahren sind die beiden wieder unzertrennlich und wünschten sich sehnlichst ein Baby.

Aufgrund des Hintergrunds von des Ehepaares ist man als Leser tendenziell auf der Seite von Matthew, vor allem da sich die Beweggründe seiner Mutter bei all der Tragik juristisch gegen ihren Sohn vorzugehen nicht wirklich erschließen. Auch bleiben die Argumente der Interessengruppen "Pro-Choice" und "Pro-Life", die zwar während des Gerichtsverfahrens am Rande auftauchen, eher schwach.

Der vielversprechende Plot hätte meiner Meinung nach mehr Potenzial gehabt. Die Charaktere lassen an Tiefgang vermissen und vor allem Matthew war mir in seiner Rolle als Arzt und Ehemann zu nüchtern und sachlich.

Dennoch lässt sich der Roman flüssig lesen und hält die Spannung über den Ausgang des Verfahrens bis zum Ende durch überraschende Wendungen und die sehr berührenden Tagebucheinträge und Briefe von Elle aufrecht.


Samstag, 21. Juli 2018

Buchrezension: Sophie Kinsella - Muss es denn gleich für immer sein?


Inhalt:

Sylvie und Dan sind seit zehn Jahren zusammen. Sie führen eine glückliche Ehe, haben zwei Kinder, ein hübsches Zuhause und wissen stets, was der andere denkt. Beim jährlichen Check-up-Termin prognostiziert ihr Hausarzt außerdem hocherfreut: Beide sind so kerngesund, dass sie sich bestimmt noch auf 68 gemeinsame Jahre freuen können. Erfreulich? Sylvie und Dan packt die blanke Panik. Wie zum Kuckuck sollen sie diese Ewigkeit überstehen, ohne einander zu langweilen? Sie beschließen, sich gegenseitig im Alltag zu überraschen. Doch das ist leichter gesagt als getan. 

Rezension:

Sylvie und Dan sind seit zehn Jahren ein Paar, verheiratet und Eltern von Zwillinge. Nach einem Routinecheck bei ihrem Hausarzt stellt sich heraus, dass Sylvie und Dan so gesund sind, dass sie gute Chancen haben, weitere 68 Jahre miteinander teilen dürfen. Was eigentlich eine Grund zur Freude sein sollte, wird von ihnen eher mit Entsetzen aufgenommen. Obwohl sie sich lieben, können sie sich nicht vorstellen, noch weitere sieben Jahrzehnte mit ein und demselben Partner glücklich zu verbringen. Sie beschließen, sich im Alltag zu überraschen, um Langeweile vorzubeugen und ihre Ehe so am Leben zu erhalten. 

Nicht mit jeder Überraschung beweisen sie ein glückliches Händchen, zumal es auch schwierig ist, sich immer wieder aufs Neue Erlebnisse oder Geschenke zu überlegen, die für beide gleichermaßen schön sind. Ihre sonst so harmonische Beziehung wird zu einem anstrengenden Wettbewerb und beide werden im Umgang miteinander regelrecht verkrampft. Die Stimmung ändert sich, als Sylvie spürt, dass Dan etwas vor ihr verheimlicht, was nichts mit einer vorbereiteten Überraschung zu tun haben kann. Ihre Ehe ist wie aus dem Nichts in eine Schieflage geraten und Sylvie fürchtet, dass mit ihrer Ehe mehr im Argen ist, als eine fehlende Würze im Alltag. Dan zieht sich dagegen immer mehr von ihr zurück und scheint etwas vor ihr zu verbergen. Mit so einer Überraschung hatte Sylvie nun gar nicht gerechnet...

"Muss es denn gleich für immer sein?" ist zu Beginn ein witziger Gute-Laune-Roman über ein Ehepaar, das sich Gedanken darüber macht, ob seine Liebe stark genug ist, noch viele weitere Jahrzehnte zu überdauern und ob es so etwas wie ewige Liebe und Treue wie es sich Sylvie und Dan zur Heirat selbstverständlich versprochen haben. 
Die kleinen Episoden über die Alltagsfluchten sind unterhaltsam zu lesen, bis der Roman dann mit einer unvorhersehbaren Wendung überrascht und der humorvollen Handlung um die etwas frühe Midlife Crisis der Protagonisten mehr Tiefgang verleiht. Die leichte Liebeskomödie entwickelt sich zu einem unerwarteten Familiendrama, bei dem ein Geheimnis der Vergangenheit enthüllt wird, das Auswirkungen bis in die Gegenwart hat. Der Weg dorthin ist spannend zu lesen, vor allem weil der Leser zunächst raffiniert auf eine falsche Fährte gebracht wird. 
Ich hatte allerdings den Eindruck, zwei unterschiedliche Bücher zu lesen und fand den Wechsel in ein anderes Genre, was man von einem Kinsella-Roman nicht gerade erwartet, als etwas eigenartig und weit hergeholt. 




Freitag, 20. Juli 2018

Buchrezension: Sandrone Dazieri - Schwarzer Engel (Colomba Caselli, Band 2)


Inhalt:

Panik auf dem Hauptbahnhof in Rom: Im Luxusabteil des Schnellzugs aus Mailand werden alle Passagiere tot aufgefunden: auf mysteriöse Weise ermordet, hinter verschlossenen Türen, lautlos und rasend schnell. Colomba Caselli, die gerade wieder in den Polizeidienst zurückgekehrt ist, ist ratlos. Handelt es sich hier etwa um den Terroranschlag, den Rom schon so lange befürchtet? Doch der so geniale wie traumatisierte Dante Torre glaubt nicht an diese Theorie. Da stoßen Dante und Colomba auf die Spur eines Menschen, der jahrzehntelang unsichtbar geblieben ist – obwohl das Blut Hunderter Menschen an seinen Fingern klebt. Hat er auch die Toten aus dem Schnellzug auf dem Gewissen?

Rezension:

"Schwarzer Engel" ist der zweite Band einer Serie um die Elitepolizistin Colomba Caselli. Den ersten Fall "In der Finsternis" habe ich nicht gelesen, weshalb mir leider viele Hintergrundinformationen zur Ermittlerin, aber auch zu ihrem Kompagnon Dante Torre, gefehlt haben, die aber zum besseren Verständnis der Aufklärung des aktuellen Falls hilfreich sind. 

Colomba Caselli ist nach einer Suspendierung gerade wieder in den Polizeidienst zurückgekehrt und wird mit dem mutmaßlichen Terroranschlag auf den Erste-Klasse-Waggon des Schnellzugs aus Mailand konfrontiert. Alle Passagiere des Wagens wurden mit Giftgas getötet. 
Bei den Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat, die der "Islamische Staat" (IS) für sich proklamiert, kommt es in einem arabischen Viertel zu einem missglückten Einsatz, weshalb Caselli erneut suspendiert wird. 
Sie ermittelt auf eigene Faust weiter und wird dabei von Dante Torre unterstützt. Dieser ist als Kind elf Jahre in einem Silo eingesperrt aufgewachsen, wo er von einem Vater ohne Gesicht gequält wurde. Die Jahre haben ihn geprägt. Er kann Menschen lesen, Wahrheiten erkennen und ihre Lügen durchschauen wie kein zweiter und ist deshalb als eine Art Profiler für die Polizeiarbeit eine große Hilfe. Er hatte Colomba aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und seiner daraus resultierenden Fähigkeiten bei einem Entführungsfall geholfen, der in Band 1 der Reihe behandelt wurde. 

Dante zweifelt daran, dass es sich bei dem Giftgaseinsatz um einen islamistischen Terroranschlag handelt. Colomba und Dante jagen stattdessen einer (Masken-)Frau hinterher, die wie Dante eine traumatische Kindheit hatte und sich auf einem Rachefeldzug befindet. 

Der Beginn des Thrillers, der Anschlag auf den Zug und die daran anschließende Schießerei in Rom haben mich gepackt, danach habe ich allerdings die Übersicht über den Kriminalfall und dessen Aufklärung verloren. Die Szenenwechseln erfolgen sehr schnell, so dass ich Probleme hatte mit den Schritten von Colomba und Dante mitzuhalten. Das lag vor allem darin begründet, dass ich die beiden Charaktere, deren persönliche Geschichte für den aktuellen Fall so wichtig sind, erst mühevoll kennenlernen musste. Es gibt zwar einige Rückblicke auf den ersten Band der Reihe, aber einfacher wäre es, wenn man den ersten Teil gelesen hätte. Darüber hinaus wird der Leser nämlich noch mit einer ganzen Reihe an weiteren handelnden Personen im Verlauf des Romans konfrontiert. Dazu kommen Verschwörungstheorien, die Mafia, der Kalte Krieg zwischen Ost und West, FSB-Killer, Tschernobyl und ein nicht unerheblicher Medikamentenkonsum, der die Sinne der Protagonisten trübt. 

Ich empfand den Thriller, insbesondere die Polizeiarbeit und den komplexen, weit in die Vergangenheit reichenden, Hintergrund der Tat zu konstruiert. Mir war nicht nachvollziehbar, warum die Behörden, bis auf unsere Helden Colomba und Dante, an einen Terroranschlag glauben wollten und die Ermittlungen bald einstellten. Die suspendierte Colomba ermittelte dagegen weiter und konnte trotzdem auf die Unterstützung ihrer "Amigos" setzen. Die Summe der Charaktere - sowohl Colomba als auch Dante, aber auch Täter selbst - sind vom Leben gezeichnet und von ihren Posttraumatischen Belastungsstörungen geprägt. Für mich ist das Aufeinandertreffen dieser gebeutelten und psychisch labilen Protagonisten zu viel für einen Roman gewesen und lassen die ganze Geschichte auf mich unglaubwürdig erscheinen. 

Ich muss ehrlich zugeben, dass mir "Schwarzer Engel" zu unübersichtlich und komplex war, ich nicht ahnen konnte, welche Schritte folgen würden und ich blind einer suspendierten Ermittlerin und ihrem traumatisierten Freund hinterher stolperte. Für mich kam deshalb kaum Spannung auf und auch das Ende mit einem Cliffhanger, der den geneigten Leser zwingt, Band 3 zu lesen, hat mir ohne einen befriedigenden Abschluss für Band 2 zu finden, nicht gefallen. 



Mittwoch, 18. Juli 2018

Buchrezension: Isabelle Autissier - Herz auf Eis

Inhalt:

Sie sind jung und verliebt und haben alles, was sie brauchen. Aber ihr Pariser Leben langweilt sie, also nehmen Louise und Ludovic ein Sabbatjahr und umsegeln die Welt. Bei einem Ausflug auf eine unbewohnte Insel vor Kap Hoorn reißt ein Sturm ihre Jacht und damit jegliche Verbindung zur Außenwelt mit sich fort. Was als kleiner Ausbruch aus dem Alltagsleben moderner Großstädter gedacht war, mündet urplötzlich in einen existenziellen Kampf gegen Hunger und Kälte. Nicht weniger aufreibend ist das psychologische Drama, das sich zwischen den Partnern entspinnt. Wer trägt die Schuld an der Misere? Wer behält die Nerven und trifft die richtigen Entscheidungen? Und was wird aus der Liebe, wenn es ums nackte Überleben geht? Herz auf Eis wagt sich an die Frage, was mit uns und unseren Beziehungen geschieht, wenn wir unsere Komfortzone verlassen.

Rezension: 

Louise und Ludovic sind ein frisch verliebtes Paar, das in Paris lebt. Während sie ihren Arbeitsalltag als eher langweilig empfinden, hat Louisa ihre Erfüllung in ihrem Hobby, dem Klettern, gefunden. Da packt auch Ludovic die Abenteuerlust. Als begeisterter Segler möchte er sich ein Jahr Auszeit nehmen und die Welt per Boot erkunden. Um die noch junge Beziehung nicht zu gefährden, willigt Louise in das Sabbatjahr ein und begibt sich mit Ludovic auf Weltreise. 

Beim Segeln zu den Antillen, über Patagonien und durch den Südatlantik in Richtung Südafrika werden sie ein gutes Team und auch Louise ist begeistert über die Horizonterweiterung. Als sie jedoch an eine Insel gelangen, die Naturschutzgebiet ist und nur zu Forschungszwecken genutzt werden darf, beschließt Ludovic an der Insel anzulegen und eine Bergtour zu machen. Auch als Louise vor einem Wetterumschwung warnt, weigert sich Ludovic, umzukehren. Regen und Sturm ziehen so stark auf, dass das Paar in der alten Walfangstation über Nacht Schutz suchen muss. 

Am nächsten Morgen ist ihr Segelboot unauffindbar mit ihren Vorräten und technischem Equipment verschunden. Louise und Ludovic bleiben nur die Kleidung, die sie am Leib tragen, ein Feuerzeug, zwei Äpfel und Müsliriegel. Sie sind ganz auf sich allein gestellt und keiner weiß, wo sie sich aufhalten. 

Es beginnt ein Kampf um das nackte Überleben, gegen Kälte und Hunger, aber auch die Liebe und Loyalität zu bewahren und auf Schuldzuweisungen zu verzichten. 

Der Roman ist in zwei Teile "Dort" und "Hier" aufgeteilt, so dass man als Leser nicht nur das schier hoffnungslose Abenteuer auf der Insel miterlebt, sondern auch erfährt, ob und in welchem Zustand Ludovic und Louise überleben und das Erlebte verarbeiten werden. 

Auf der Insel richten sie sich aus den Gegebenheiten notdürftig ein Zuhause ein, gelangen aufgrund der Temperaturen und des nahenden Winters, aber vor allem auch aufgrund der eingeschränkten Nahrungsmittel an die Grenzen des Erträglichen. Sie sind gezwungen, Pinguine niederzuknüppeln und sich von den wenig ergiebigen Fleischanteilen zu ernähren. Vier Pinguine pro Person und Tag sind nötig, um den nagenden Hunger zu stillen. Louise und Ludovic bauen körperlich ab, fühlen sich aufgrund ihres barbarischen Verhaltens kaum noch als Menschen. Moral und ethische Grundsätze spielen kaum noch eine Rolle und die Hoffnung auf ein rettendes Forschungsschiff sinkt stetig. Aus einer Reise, die unternommen wurde, um dem Alltag zu entfliehen und Freiheit zu erleben, wird eine Gefangenschaft auf einer unbewohnten Insel, abhängig von den Gegebenheiten der Natur. 

Sehr eindringlich beschreibt die Autorin den Überlebenskampf des Paares auf der Insel und wie sie letztlich physisch und psychisch am Rande ihrer Kräfte zu Einzelkämpfern werden. "Allein leben oder zu zweit sterben" ist die Frage, die sich Louise stellt und kaum mit ihrem Gewissen vereinbaren kann. Wie viel kann eine Liebe ertragen und ist im Überlebenskampf jeder Mensch ohne Rücksicht sich selbst der nächste?

Der zweite Teil des Romans handelt wieder zurück in der Zivilisation und ist lange nicht so spannend geschrieben wie der Aufenthalt auf der Insel. Hier wird Kritik an den Medien laut, die sich auf die Einzelschicksale stürzen und das Abenteuer öffentlichkeitswirksam und gewinnbringend vermarkten wollen, bevor es überhaupt eine Chance geben kann, das Trauma therapeutisch zu verarbeiten. 

"Herz auf Eis" ist eine interessante Mischung aus Abenteuerroman, psychologischer Studie und Gesellschaftskritik. Wie viel Menschlichkeit bleibt in einer derartigen Extremsituation übrig und wie kann das Erlebte und eigene Handeln rechtfertigen, ohne daran zu zerbrechen.    



Montag, 16. Juli 2018

Buchrezension: Bettina Storks - Das geheime Lächeln

Inhalt:

Als die Journalistin Emilia Lukin bei einer Auktion das Gemälde einer jungen Frau entdeckt, meint sie in ihr eigenes Spiegelbild zu blicken. Kann es sich um ihre Großmutter Sophie handeln? Um deren extravagantes Künstlerleben im Paris der 1930er-Jahre ranken sich wilde Gerüchte, Emilias Mutter Pauline aber hüllt sich in Schweigen. Emilia lässt das traurige Lächeln auf dem Porträt nicht mehr los, und so folgt sie dessen Spuren in die Provence und nach Paris. Dabei gerät sie tief in die Geschichte einer leidenschaftlichen Frau, deren Leben auf geheimnisvolle Weise mit ihrem verknüpft ist.

Rezension:

Emilia Lukin ist Journalistin und stößt bei der Beschriftung eines Auktionskatalogs eines Auktionshauses in Colmar auf ein Porträt einer Frau, das ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. "Frau im Schatten" wurde in den 30er-Jahren gezeichnet und handelt sich vermutlich um das Abbild von Emilias verstorbener Großmutter Sophie Langenberg, die sie nie kennengelernt hatte. Sophie hatte ein unangepasstes Leben in Frankreich geführt und sich nicht an die Familie gebunden gefühlt. Emilias Mutter Pauline ist bei Sophies Stiefbruder aufgewachsen und hat erst vor Kurzem Sophies Haus im französischen Lubéron geerbt. 

Emilia möchte nun mehr über ihre geheimnisvolle Großmutter herausfinden und damit auch ihrer Mutter helfen, die jahrelang an Depressionen litt und nun akut in psychiatrischer Behandlung ist, mit ihrer Geschichte abschließen zu können. Gleichzeitig flieht Emilia damit vor ihrem eigenen Leben, das durch den Ehebruch ihres Mannes aus den Fugen geraten ist. Sie reist deshalb zu der Auktion nach Frankreich, ersteigert das Gemälde und fährt anschließend zu dem unbewohnten Haus in die Provence. Dort kommt sie mit Zeitzeugen ins Gespräch und versucht auf diese Weise das ungewöhnliche Leben ihrer Großmutter nachzuvollziehen und herauszufinden, wer der Vater ihrer Mutter und ihr Großvater ist. 

Der Roman über drei Generationen von Frauen ist überwiegend in der Gegenwart aus der Sicht von Emilia geschrieben, enthält aber auch chronologisch historische Abschnitte aus Sicht von Sophie. Diese waren allerdings zu kurz und zu nüchtern geschildert, um Sophie näher zu kommen. Ihr Liebes- und Künstlerleben, das ich mir turbulent und leidenschaftlich vorgestellt hatte, nahm viel zu wenig Raum ein, Sophie blieb mir fremd. Darüber hinaus vermisste ich die historische Atmosphäre, insbesondere die Einschränkungen und Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. Die Besatzung durch die Deutschen in Frankreich kam erst im letzten Dritte zur Sprache und hatte dann kaum einen Bezug zu Sophie. 

Aber auch Emilia ist eine Protagonistin, die selten distanziert blieb. Auf mich wirkte sie vor allem in Bezug auf ihre engsten Familienmitglieder, ihren Mann und ihre beiden Söhne, aber auch im Kontakt mit ihrer kranken Mutter, sehr unterkühlt. Objektiv zeigtes sich dies allein durch die Anreden innerhalb der Familie. Weder Emilia, noch ihre Kinder sprechen ihre Mütter mit "Mutter" oder gar "Mama" an, sondern nennen sie stets beim Vornamen. Aber auch subjektiv war im Umgang miteinander wenig Herzenswärme spürbar. Alle Personen sind sehr ich-bezogen und geben wenig von sich preis. 

Der Roman wurde für mich erst sehr spät interessant, als Emilia intensivere Gespräche mit einem guten Freund von Sophie führte, der sie als talentierte Fotografin und Malerin beschreibt und die Hintergründe des Porträts erklärt. Bis dahin zieht sich der Roman etwas in die Länge, was vor allem dadurch geschuldet ist, dass ich mit keinem der Protagonisten warum wurde. So konnte mich die Familiengeschichte, die mir zu emotionslos war, wenig fesseln. Zudem hätte ich mir einen ausgewogeneren Anteil an historischen Abschnitte und eine engere Verknüpfung mit den Protagonisten in der Gegenwart gewünscht, um Sophies Gefühle, ihre und Handlungen und deren Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen verstehen zu können. So war es einfach nur deprimierend zu lesen, dass eine einzige unüberlegte Entscheidung dazu führte, dass Pauline ohne ihre leiblichen Eltern aufgewachsen ist, Depressionen entwickelte und geprägt durch die Traurigkeit für Emilia nie eine warmherzige Mutter sein konnte. Die späte Suche nach den eigenen Wurzeln der Familie wirkte letztlich etwas konstruiert. 





Samstag, 14. Juli 2018

Buchrezension: Marlene Röder - Cache

Inhalt:

Leyla und Max sind seit einem Jahr ein ungleiches Paar. Max, der gutaussehende Typ aus gutem Hause, und Leyla, "Mauerblümchen mit Migrationshintergrund", wie sie sich selbst charakterisiert. Dennoch scheint alles perfekt, bis der geheimnisvolle Red auftaucht. Red, der Geocacher, der sich ständig aufregende Caches ausdenkt. Red, der Romantiker, der nachts bei Gewitter im See badet. Red, der so anders ist als Max: spontan, verrückt, leidenschaftlich. Leyla verliebt sich Hals über Kopf und gegen ihren Willen in Red. Was Leyla nicht ahnt: Max, dem es so schwer fällt, seinen Gefühlen Ausdruck zu geben, liebt sie über alle Maßen, verzweifelt, mehr als sein Leben. Was Leyla ebenfalls nicht ahnt: Red ist ein Spieler, ein Jäger und ein Blender. Leyla lässt sich auf ein gefährliches Spiel ein, das in einer Katastrophe endet.

Rezension:

Die beiden Schüler Leyla und Max kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen, sind jedoch bereits seit einem Jahr ein Paar. Max ist ein ehrgeiziger Musterschüler aus gutem Hause, der nicht aneckt und bei Lehrern wie Schülern beliebt ist. Leyla ist Halbtürkin aus einer Arbeiterfamilie mit zwei Geschwistern und kümmert sich seit dem Tod der Großmutter insbesondere um ihre fünfjährige Schwester Günay. 

An der S-Bahn-Station Karlshorst im Osten Berlins begegnet sie einem Jungen, der im Müll wühlt und ist peinlich berührt, da sie ihn für einen Obdachlosen hält. Er erklärt ihr sodann, dass er Geocacher auf der Suche nach einem nächsten Hinweis ist. Er nimmt sie mit auf die Suche und Leyla ist bald fasziniert von dem geheimnisvollen Jungen, der sich nur mit seinem Geocache-Pseudonym Red vorstellt. Als ihr Freund Max in den Herbstferien als Leistungsschwimmer in einem Trainingscamp in Spanien ist, verbringt Leyla eine intensive Zeit mit Red. 

Nach Max' Rückkehr meldet sich Red mit einer rätselhaften Nachricht bei Leyla und Max. Leyla macht sich daraufhin Sorgen und begibt sich zusammen mit Max auf die Suche nach Red, die von diesem als Geocaching gestaltet wird. 

Der Jugendroman wird abwechselnd aus der Sicht von Leyla und Max beschrieben. Vor allem Max lässt für einen Jungen ungewöhnlich tief in sein Seelenleben blicken, während Leyla unzulänglicher bleibt und mir auch weniger sympathisch ist. In Rückblenden erfährt man als Leser, wie sich Leyla und Max kennengelernt haben und wie sich ihre junge Liebe entwickelt hat, aber auch wie sich Leyla und Red während Max' Abwesenheit angenähert haben. Red ist ein sehr sensibler Charakter, der nicht viel von sich Preis gibt. Darin liegt vermutlich auch seine Anziehungskraft auf Leyla begründet. Sie fühlt sich von ihm mehr wahrgenommen als von Max, der seine Gefühle nicht so deutlich zum Ausdruck bringt. 

Die Suche nach Red ist durchaus spannend zu lesen, auch wenn mir die Motivation von Leyla und ihr Verhalten gegenüber Max zunächst nicht nachvollziehbar war und sich erst durch die Rückblenden erklärte. 
Der Roman ist schnell zu lesen, da er aufgrund der großen Schriftart kürzer ist, als er den Anschein hat. So verlief mir die Entwicklung etwas zu schnell und die Beschreibung der Charaktere blieb im Vergleich zur beschriebenen "Schnitzeljagd" auf der Suche nach Red zu oberflächlich. 
Die hochdramatische Entwicklung der Geschichte ist für mich deshalb nicht schlüssig. Auch wenn ich Überraschungsmomente und Wendungen schätze, kam das Ende dieses Romans ziemlich abrupt und unerwartet und lässt - gerade für einen Jugendroman, in dem es um die erste Liebe, aber auch um die Findung der eigenen Identität geht - zu viele Fragen offen. 


Freitag, 13. Juli 2018

Buchrezension: Karen Bojsen - Möwenherz

Inhalt:

Eigentlich will Ebba das Erbe ihrer Großmutter nicht antreten. Sie reist mit dem Stargeiger Jona Bennett um die Welt, wie soll dazu ein altes Kapitänshaus samt Museum passen? Doch unerwartet muss auch Jona sein rastloses Leben ändern, und so landen die beiden an der Nordseeküste statt in New York. Während Ebba versucht, vor einer alten Schuld davonzulaufen, stellt Jona das Museum auf den Kopf – und ihr Herz auf die Probe. Denn da ist auch noch Finn, Ebbas große Liebe aus Kindertagen, dem sie unverhofft in diesem langen Sommer am Meer wiederbegegnet.

Rezension: 

Ebba ist Managerin des erfolgreichen Geigers Jona Benett, mit dem sie um die Welt jettet. Als ihr Großmutter stirb und sie ihr Anwesen samt Heimatmuseum in Emilienkoog an der Nordseeküste erbt und Jona zeitgleich eine Panikattacke auf dem Weg zu seinem nächsten Auftritt erleidet und sich weigert, weitere Termine wahrzunehmen, fahren die beiden gemeinsam in Ebbas friesisches Heimatdorf. 
Jona sorgt dafür, dass er auf absehbare Zeit nicht mehr auftreten kann und zieht sich in Ebbas geerbtes Museum zurück und frönt dem Alkohol. 

Finn ist Kardiologe in einem Klinikum in München und wird zwangsbeurlaubt, als er bei einer Operation am offenen Herzen beinahe einen Patienten am Leben gefährdet. Statt wie geplant an den Gardasee zu fahren, zieht es ihn zurück in seine Heimat an die Nordsee, der er aufgrund der Wut auf seinen Vater den Rücken gekehrt hat. Dort trifft er überraschend auf seine Freundin aus Kindertagen Ebba wieder. 

Der Roman ist aus den drei Perspektiven von Ebba, Jona und Finn erzählt, so dass man allen dreien Protagonisten sehr nahe kommt und ihr Inneres, das aus unterschiedlichsten Gründen aus den Fugen geraten ist, verstehen kann. Während Jona massive Probleme mit dem Erfolgsdruck in der Gegenwart hat und ausgebrannt ist, haben Ebba und Finn mit Ereignissen der Vergangenheit zu kämpfen, die sie nicht verarbeitet haben und mit der sie sich zurück in Emilienkoog konfrontiert sehen. Ebba macht sich Vorwürfe und bedauert, dass sie ihre Großmutter nach dem Tod ihres geliebte Opas Henri nicht mehr besucht hat. Finn macht seinen Vater für den Tod seiner Mutter verantwortlich. 

In Emilienkoog müssen sich Ebba und Finn den Geistern der Vergangenheit stellen und Jona sich bewusst werden, wie es in der Zukunft beruflich für ihn weitergehen soll. Ebba ist neben dem Trauer um die Großmutter über ihre Gefühle für Jona irritiert. Sie fühlt sich zu ihm hingezogen, möchte ihn beschützen, ist aber gleichzeitig auch für seine Karriere verantwortlich und muss die Begehrlichkeiten der Plattenfirma und des Tourmanagements befriedigen. 

Neben den persönlichen Problemen der Protagonisten handelt der Roman aber auch von ökologischen Aspekten, thematisiert den vergangenen Walfang in der Nordsee und die gegenwärtig gestrandeten Pottwale und welchen (negativen) Einfluss der Mensch auf die Natur hat. 

"Möwenherz" suggeriert aufgrund des fröhlichen Covers einen heiteren Sommerroman, ist jedoch viel vielschichtiger und tiefgründiger als gedacht. Die Beschreibungen der Autorin sind metaphorisch und vor allem aus der Perspektive des Künstlers Jona und seine Empfindungen gegenüber Emma sehr bildhaft. Es ist ein vom Prolog an, in welchem die Großmutter neben dem gestrandeten Wal stirbt, atmosphärischer Roman, der die Gefühle der Charaktere im Fokus hat. Es geht um Erinnerungen und um Freundschaft, um die Liebe zwischen Partnern, aber auch zu Angehörigen, um die Fähigkeit, Verzeihen zu können und um den Mut, einen Neuanfang zu wagen. 

Mich hat der etwas melancholische, tiefgründige Roman sehr gut unterhalten und neugierig auf die bereits veröffentlichten Romane von Katrin Burseg gemacht, die "Möwenherz" unter ihrem Pseudonym Karen Bojsen geschrieben hat. 



Mittwoch, 11. Juli 2018

Buchrezension: Susanne Kliem - Das Scherbenhaus


Inhalt: 

Carla Brendel wird seit Monaten von einem Stalker verfolgt, der ihr Fotos mit bedrohlichen Motiven schickt: Menschliche Haut. Ein Messer. Wunden. Aus Angst vor dem Fremden flüchtet sie aus ihrer idyllischen Heimatstadt in Norddeutschland zu ihrer Halbschwester nach Berlin. In Ellens luxuriöser Wohnanlage "Safe Haven", die mit neuesten Sicherheitssystemen ausgestattet ist, fühlt sie sich beschützt. Doch kurz nach ihrer Ankunft verschwindet Ellen spurlos, ihre Leiche wird wenige Tage später aus der Spree geborgen. Ein tragischer Unfall? Oder wissen die anderen Hausbewohner mehr, als sie sagen? Carlas Zweifel wachsen. Sie bleibt und sucht nach der Wahrheit. Dabei merkt sie schnell, dass im "Safe Haven" ganz eigene Regeln und Gesetze herrschen. Und es tödlich enden kann, wenn man zu viele Fragen stellt.

Rezension: 

Carla Brendel wohnt in Stade, wo sie im Restaurant ihres Schwagers als Köchin angestellt ist. Seit Monaten wird sie von einem Stalker belästigt, der ihr beunruhigende Nachrichten und bedrohliche Bilder von Verletzungen schickt. Als ihre Halbschwester Ellen überraschend um ihre Hilfe bittet, fährt sie deshalb gern nach Berlin, um sich von ihren eigenen Problemen abzulenken. Doch schon am ersten Abend verschwindet Ellen spurlos und wird wenig später tot aufgefunden. Es sieht alles nach einem Unfall aus, aber Carla hat Bedenken, nachdem Ellen eingeschüchtert und nervös gewirkt hatte. Carla erbt das Mehrfamilienhaus in Berlin, das Ellen als Architektin entworfen hatte und zieht kurzerhand selbst dort in Ellens Wohnung ein. Die luxuriöse Apartmentanlage "Safe Haven" ist mit allen technischen Raffinessen ausgestattet: Raumtemperatur, Fahrstuhl, Türen - alles lässt sich per App steuern. Carla fühlt sich sicher, da sie dort auch vor dem Stalker versteckt wohnt, bis eine Bewohnerin des Hauses nach einem angeblichen Selbstmord tot im Pool aufgefunden wird. Sie weiß nicht mehr, wem sie trauen kann. Hat der Künstler Christian etwas damit zu tun, zu dem sie sich so angezogen fühlt oder spielt der freundliche ältere Nachbar Milan ein falsches Spiel?

Der Roman fesselt zu Beginn. Man spürt die lauernde Gefahr und kann Carlas Angst vor dem Stalker, dessen Botschaften sie hilflos ausgesetzt ist nachvollziehen. Auch das Smarthome in Berlin, das die Bewohner komplett abhängig von der Technik macht, wirkte mit samt den seltsamen Bewohnern auf mich eher gruselig, als das was es eigentlich sein sollte: ein sicheres Zuhause. 

Der Tod von zwei Bewohnern so unmittelbar hintereinander, davon ein Unfall und ein Selbstmord kann kein Zufall sein und so rätselt man als Leser, warum die beiden Frauen sterben mussten und wer sie aus welchem Grund aus dem Weg schaffen wollte. 

Leider kann man aufgrund der übersichtlichen Charaktere und des so typischen Aufbaus eines Psychothrillers sehr bald ahnen, wer die Tode inszeniert hat. Die Bewohner des "Safe Haven" sind darüber hinaus zu klischeehaft dargestellt: die überforderte Mutter und betrogene Ehefrau, die manisch-depressive Teenagerin, der exzentrische, impulsive Künstler, die gute Seele des Hauses. Dazu Carla, die im Gegensatz zu den leitenden Ermittlern durchschaut, dass es sich nicht um natürliche Todesfälle handelt, selbst die Wahrheit aufdecken muss und sich damit unweigerlich in den Fokus des Täters rückt. Spannung oder Nervenkitzel war dann aber nicht mehr zu spüren, da die Geschichte sehr konstruiert und abwegig wirkte. 
Auch wenn das Ambiente im "Safe Haven" durchaus Potenzial für einen spannenden Thriller geboten hat, konnte mich der Roman aufgrund der Durchschaubarkeit der Charaktere und der etwas abstrusen Story nicht fesseln. 



Montag, 9. Juli 2018

Buchrezension: Sally Hepworth - Anna Forster erinnert sich an die Liebe

Inhalt:


Anna Forster ist erst achtunddreißig, als sie die erschütternde Diagnose Alzheimer erhält. Sie weiß, dass ihr Zwillingsbruder Jack nur ihr Bestes will, und dennoch tut es weh, als er ihr vorschlägt, in ein betreutes Wohnheim zu ziehen. Sie weiß außerdem, dass in der Einrichtung nur eine weitere Person in ihrem Alter lebt – Luke, mit dem sie so viel mehr verbindet als mit allen anderen Menschen, die sie kennt. Anna und Luke verlieben sich ineinander, doch nach einem tragischen Vorfall setzen ihre Familien alles daran, die beiden zu trennen. Nur eine Person kann dem Liebespaar helfen: die Köchin Eve, die selbst einen schweren Schicksalsschlag verkraften musste. Doch ist sie bereit, alles für Anna und Luke aufs Spiel zu setzen?

Rezension:

Anna Forster ist frühzeitig an Alzheimer erkrankt und beschließt mit 38 Jahren, als sie noch Herrin ihrer Sinne ist, in eine betreute Wohnungseinrichtung zu ziehen. Naturgemäß sind dort nur alte Menschen untergebracht, bis auf den 41-jährigen Luke, der ebenfalls bereits an einer Form von Demenz leidet. 

Anna wehrt sich gegen die Regeln in Rosalind House, hat nicht geahnt, sich noch einmal zu verlieben und schon gar nicht, dass sie innerhalb weniger Monate so stark körperlich und vor allem geistig abbaut. 

Eve Bennet steht nach einer Familientragödie vor den Trümmern ihres Lebens, ist fortan alleinerziehend und muss in eine Zwei-Zimmer-Wohnung in einen heruntergekommenen Stadtteil ziehen. Damit ihre siebenjährige Tochter Clem nicht auch noch die Schule wechseln muss, sucht sich Eve einen Job in dem Stadtbezirk ihrer Schule und fängt als Köchin und Reinigungskraft in Rosalind House an. Sie ist berührt vom Schicksal von Anna und Luke und kann nicht begreifen, dass deren Familien die beiden Verliebten voneinander trennen. 

"Anna Forster erinnert sich an die Liebe" ist eine herzergreifende Geschichte über den Albtraum Alzheimer, die Folgen des Verlusts der Erinnerungen und die Liebe, die trotz allem bleibt. 

Der Roman ist in der Gegenwart aus der Perspektive von Eve und Clem geschrieben, während Annas Sicht die Ereignisse einige Monaten zuvor beschreibt. Durch die Ich-Perspektive ist sehr anschaulich, aber auch traurig zu lesen, welchen Verlauf Annas Krankheit nimmt. Während sie zu Beginn ihres Aufenthalts in Rosalind House unleidig ist und sich in ihrem Zimmer verkriecht, blüht sie auf, als sie Luke näher kennenlernt. Das Liebesglück ist aber nur von kurzer Dauer, da ihre Familien einen Kontakt der beiden nach einem Unfall unterbinden und Anna das Fortschreiten des Gedächtnisverlusts nicht stoppen kann. Sie reagiert aggressiv auf ihre Familie, für die die Situation ebenso belastend ist, und auf die Betreuer in Rosalind House.

Eve hat massive eigene Probleme, wird nach dem Finanzbetrug ihres Ehemanns in ihrem sozialen Umfeld geschnitten und sorgt sich vor allem um ihre kleine Tochter, die in der Schule unter den verbalen Attacken ihrer Mitschüler leidet. Clem kann nicht verstehen, dass ihr geliebter Daddy ein "böser Mann" sein soll. Trotz ihres eigenen Schicksals glaubt Eve noch an die Liebe und setzt sich heimlich - und naiv - dafür ein, dass sich Anna und Luke weiterhin sehen können. 

"Anna Forster erinnert sich an die Liebe" ist eine wirklich anrührende Geschichte über zwei Frauen mit ganz unterschiedlichen Problemen und Zukunftsaussichten, die zwar sehr emotional, aber nicht kitschig, sondern sehr authentisch wirkt. Der Roman handelt von einer Familie, die Abschied nehmen muss und einen geliebten Menschen nicht nur an den Tod verlieren wird, sondern auch miterlebt, wie sich die Person verändert, wenn ihr ihre Erinnerungen genommen werden. Dabei begegnen diese empathischen Menschen, die bereit sind, Risiken einzugehen, um anderen zu helfen. 
Auch wenn Annas Schicksal auf den ersten Blick deprimierend ist, zeigt die Geschichte, dass Alzheimer zwar das Gehirn, nicht aber das Herz angreift und weiterhin Liebe empfunden werden kann. Und auch Eve ist eine so starke Persönlichkeit, dass sie sich von den Gegebenheiten - für die sich nichts kann und doch verantwortlich gemacht wird - nicht einschüchtern lässt und dass das Leben für sie und ihre Tochter noch mehr bereit hält, als mit den Folgen des finanziellen Ruins und dem Verlust ihres Ehemanns leben zu müssen. 


Samstag, 7. Juli 2018

Buchrezension: Wendy Wax - Ein Haus für einen Sommer

Inhalt:

Maddie, Avery und Nikki leben vollkommen unterschiedliche Leben, aber alle drei wurden von einem Anlagebetrüger um ihre Ersparnisse gebracht. Das Geld sehen sie vermutlich nie wieder. Immerhin spricht ihnen das Gericht eine Villa direkt am Strand zu. Aber leider ist das Anwesen extrem baufällig - und die Enttäuschung entsprechend groß.
Nach anfänglichem Zögern beschließen die drei Frauen, das Gebäude zu renovieren, um es später meistbietend zu verkaufen. Den ganzen Sommer über arbeiten sie am Haus, teilen Bad und Küche - und werden Freundinnen. Aber können sie auch ihr privates Glück finden? Wenn nämlich am Ende dieses Sommers ein Hurrikan über Florida hinwegfegt, wirbelt er auch in der Strandvilla noch einmal alles durcheinander.

Rezension: 

Der Roman handelt von drei Frauen unterschiedlicher Lebenssituation, die von ein und demselben Anlagebetrüger, Malcolm Dyer, um ihr Vermögen gebracht worden sind. Was ihnen bleibt, ist "Bella Flora", eine renovierungsbedürftige Strandvilla in Florida, die ihnen in gleichen Teilen von einem Zivilgericht als Entschädigung zugesprochen wurde. 

Madeline ist die älteste der dreien, Hausfrau und Mutter zweier erwachsener Kinder, deren Ehemann die finanzielle Misere lange verschwiegen hatte und in Depressionen gefallen ist. Nun ist sie an der Reihe, die Familie vor dem Ruin zu retten und zieht vorübergehend nach Florida.

Nicole Grant ist Mitte 40 und Inhaberin einer Partnervermittlungsagentur. Sie hat bislang ihr glamouröses Leben in Los Angeles und New York genossen. 

Avery Lawford ist die jüngste von ihnen und studierte Architektin sowie Moderatorin einer DIY-Handwerkersendung. "Hammer und Nagel" hat sie bis zuletzt mit ihrem Exmann Trent moderiert, wobei sie als seine Assistentin nur eine schmückende Rolle einnahm, bis sie letztlich entlassen wurde. 

Keine von den dreien ist in der Lage, die Kosten für die Instandsetzung der Villa zu bezahlen, so dass sie sich dafür entscheiden, die Villa mit möglichst viel Eigenleistung zu renovieren und anschließend gewinnbringend zu veräußern. Ein Bekannter von Nicole übernimmt dabei die Bauleitung und geht für die anfallenden Kosten der Renovierung in Vorleistung. 
Die Frauen stellen sich in diesem Sommer nicht nur den Herausforderungen der körperlich anstrengenden Renovierung, sondern auch ihren privaten Problemen und werden dabei zu Freundinnen. 

"Ein Haus für einen Sommer" ist der Auftakt der "Florida Beach-Reihe" von Wendy Wax, von der es inzwischen schon sechs englischsprachige Bände gibt.
Drei Frauen, dies sich ohne Wirtschaftskrise und ohne Malcolm Dyer nie begegnet wären, sitzen in einem Boot und entscheiden sich bei der Sanierung/ Renovierung der Strandvilla an einem Strang zu ziehen. Drei Frauen, die notgedrungen in die Villa ziehen, auf Matratzen auf dem Boden schlafen, sich ein Badezimmer teilen und den täglichen Sundowner mit selbstgemachtem Daiquiri genießen. Trotz ihrer unterschiedlichen Lebensläufe, Charaktere und sozialer Hintergründe kommen sie sich näher und werden nicht nur zu Verbündeten in einem gemeinsamen Projekt, sondern zu Freundinnen. Was Madeline und Avery allerdings nicht ahnen, ist Nicoles Geheimnis, weswegen sich ein FBI-Agent auf das Anwesen eingeschlichen hat und das ihre junge Freundschaft gefährden könnte. 

Aufgrund des sonnigen Settings in Florida bietet der Roman um Freundschaft, Zusammenhalt und die Herausforderung eines ambitionierten DIY-Projekts die perfekte Sommer-Unterhaltung. Die unterschiedlichen Frauen sind sympathische Charaktere, deren persönliche Weiterentwicklung man interessiert verfolgt. Alle drei wachsen an ihren Aufgaben und helfen sich gegenseitig aus der - nicht nur finanziellen - Krise. 

Auch wenn man die einzelnen Schritte der Renovierung etwas knapper hätte fassen können, um den Fokus mehr auf die zwischenmenschlichen Verbindungen zu legen und der Plot um den Anlagebetrug und die sehr kreativen Ermittlungsmethoden des FBI etwas konstruiert wirkten, hat mir diese sommerliche, optimistische Geschichte, in der trotz körperlicher Arbeit auch noch Platz für romantische Gefühle ist, gut gefallen und neugierig auf Band 2 der Serie "Die alte Villa am Strand" gemacht. 



Freitag, 6. Juli 2018

Buchrezension: Eithne Shortall - Liebe in Reihe 27

Inhalt:

Cora hat den Glauben an die Liebe aufgegeben. Zumindest was sie selbst betrifft. Deshalb versüßt sie sich ihren Job am Check-in-Schalter des Londoner Flughafens damit, Singles hoch über den Wolken zu verkuppeln. Mithilfe der glamourösen Flugbegleiterin Nancy macht Cora die Reihe 27 zu einem Liebeslabor. Dort findet sich bei jedem Flug ein Passagier ganz unverhofft neben seinem potenziellen Traummann oder seiner Traumfrau wieder. Die Verwicklungen sind vorprogrammiert, auch mit Vielflieger Aidan, der nicht so durchschaubar ist, wie er scheint. Wird Cora selbst irgendwann wieder auf Wolke (2)7 schweben?

Rezension:

Cora arbeitet am Check-in-Schalter in London-Heathrow und hat es sich dort zur Aufgabe gemacht, Single-Passagiere mit anderen Reisenden zu verkuppeln. Die potenziellen Pärchen platziert sie stets in Reihe 27, wo diese von Flugbegleiterin Nancy exklusiv mit Getränken versorgt werden. 
Cora selbst trauert noch ihrer Liebe Friedrich hinterher, ein Mann, wegen dem sie Berlin verlassen hat und zurück in ihre Heimat England gezogen ist. Für Verkupplungsversuche Nancys mit dem Kollege Charlie ist sie deshalb nicht offen. Neben dem Scheitern der Beziehung mit Friedrich belasten Cora zusätzlich die Sorgen um ihre Mutter Sheila, die an Alzheimer erkrankt ist und sichtlich abbaut. 

Der Roman ist überwiegend aus der Perspektive von Cora geschrieben, bei der ich allerdings nicht nachvollziehen konnte, weshalb sie so auf ihren deutschen Exfreund Friedrich fixiert ist. Er hatte sie in Berlin finanziell ausgenutzt und sie auch als seine Freundin nicht gerade liebevoll behandelt. Das alles realisiert sie, liebt ihn aber immer noch. 
Die Szenen mit ihrer Mutter dagegen sind berührend, passen aber nicht in den Gesamtkontext des Romans um das Suchen und Finden der Liebe. 

Weitere Szenen handeln während der Flüge der Aer Lingus, wodurch man Einblicke in die Entwicklung von Coras Verkupplungsmanöver erhält. Die Episoden beschränken sich allerdings auf die Unterhaltungen der potenziellen Pärchen, die oft über reinen Smalltalk nicht hinausgehen. 
Stewardess Nancy spioniert die Paare dabei aus, um Cora von den möglichen Erfolgsaussichten zu berichten. Nancy ist davon abgesehen sehr auf sich selbst und ihre Karriere fixiert. Sie träumt davon, mit 28 Jahren zur Chefstewardess befördert zu werden. 

Der Roman ist anders als gedacht keine humorvolle, romantische Liebesgeschichte, sondern mutet durch die melancholische und schon fast bemitleidenswerte Protagonistin Cora eher schwermütig an. Sie verhält sich wie ein Stalker, indem sie die Passagierlisten checkt und über ihre Kandidaten im Internet recherchiert. Fanatisch befasst sie sich mit dem Leben völlig fremder Menschen, um sich von ihrem eigenen Leben abzulenken. Ihr Job am Check-in-Schalter macht für sie nur Sinn, wenn sie andere Menschen zu ihrem Liebesglück verhelfen kann. Aber ebenso wenig wie Cora kann man auch als Leser nur munkeln, wie es mit den Passagieren zukünftig weitergeht. 

Im letzten Drittel des Romans macht Cora einen Wandel durch und sieht Vielflieger Aiden, einen Arzt, den sie bisher nicht erfolgreich mit einer Passagierin verkuppeln konnte, weil dieser noch zu sehr an seiner Exfrau hing, mit anderen Augen. Nach wie vor hat sie allerdings Probleme, anderen Menschen zu vertrauen und steht sich und ihrem Glück damit selbst im Wege. 
Die interessante Idee des Romans ist für mich nur unzulänglich umgesetzt. Bis auf Cora bleibt die Vielzahl der Charaktere blass und die Episoden um die möglichen Pärchen-Konstellationen nur oberflächlich, so dass die Geschichte am Ende etwas unausgereift und unbefriedigend auf mich wirkte. Der Roman konnte mich deshalb nicht fesseln und war insbesondere im Mittelteil etwas zäh zu lesen. Er enthält einfach zu viele Einzelschicksale - neben Cora und ihrer Mutter sowie der zu verkuppelnden Fluggäste, ihre Kollegen Nancy, Joan, Ray und Charlie - die jeder für sich eine Geschichte wert gewesen wären, so dass alle am Ende etwas kurz gekommen sind und keine Geschichte vertieft werden konnte.