Montag, 16. Juli 2018

Buchrezension: Bettina Storks - Das geheime Lächeln

Inhalt:

Als die Journalistin Emilia Lukin bei einer Auktion das Gemälde einer jungen Frau entdeckt, meint sie in ihr eigenes Spiegelbild zu blicken. Kann es sich um ihre Großmutter Sophie handeln? Um deren extravagantes Künstlerleben im Paris der 1930er-Jahre ranken sich wilde Gerüchte, Emilias Mutter Pauline aber hüllt sich in Schweigen. Emilia lässt das traurige Lächeln auf dem Porträt nicht mehr los, und so folgt sie dessen Spuren in die Provence und nach Paris. Dabei gerät sie tief in die Geschichte einer leidenschaftlichen Frau, deren Leben auf geheimnisvolle Weise mit ihrem verknüpft ist.

Rezension:

Emilia Lukin ist Journalistin und stößt bei der Beschriftung eines Auktionskatalogs eines Auktionshauses in Colmar auf ein Porträt einer Frau, das ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. "Frau im Schatten" wurde in den 30er-Jahren gezeichnet und handelt sich vermutlich um das Abbild von Emilias verstorbener Großmutter Sophie Langenberg, die sie nie kennengelernt hatte. Sophie hatte ein unangepasstes Leben in Frankreich geführt und sich nicht an die Familie gebunden gefühlt. Emilias Mutter Pauline ist bei Sophies Stiefbruder aufgewachsen und hat erst vor Kurzem Sophies Haus im französischen Lubéron geerbt. 

Emilia möchte nun mehr über ihre geheimnisvolle Großmutter herausfinden und damit auch ihrer Mutter helfen, die jahrelang an Depressionen litt und nun akut in psychiatrischer Behandlung ist, mit ihrer Geschichte abschließen zu können. Gleichzeitig flieht Emilia damit vor ihrem eigenen Leben, das durch den Ehebruch ihres Mannes aus den Fugen geraten ist. Sie reist deshalb zu der Auktion nach Frankreich, ersteigert das Gemälde und fährt anschließend zu dem unbewohnten Haus in die Provence. Dort kommt sie mit Zeitzeugen ins Gespräch und versucht auf diese Weise das ungewöhnliche Leben ihrer Großmutter nachzuvollziehen und herauszufinden, wer der Vater ihrer Mutter und ihr Großvater ist. 

Der Roman über drei Generationen von Frauen ist überwiegend in der Gegenwart aus der Sicht von Emilia geschrieben, enthält aber auch chronologisch historische Abschnitte aus Sicht von Sophie. Diese waren allerdings zu kurz und zu nüchtern geschildert, um Sophie näher zu kommen. Ihr Liebes- und Künstlerleben, das ich mir turbulent und leidenschaftlich vorgestellt hatte, nahm viel zu wenig Raum ein, Sophie blieb mir fremd. Darüber hinaus vermisste ich die historische Atmosphäre, insbesondere die Einschränkungen und Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. Die Besatzung durch die Deutschen in Frankreich kam erst im letzten Dritte zur Sprache und hatte dann kaum einen Bezug zu Sophie. 

Aber auch Emilia ist eine Protagonistin, die selten distanziert blieb. Auf mich wirkte sie vor allem in Bezug auf ihre engsten Familienmitglieder, ihren Mann und ihre beiden Söhne, aber auch im Kontakt mit ihrer kranken Mutter, sehr unterkühlt. Objektiv zeigtes sich dies allein durch die Anreden innerhalb der Familie. Weder Emilia, noch ihre Kinder sprechen ihre Mütter mit "Mutter" oder gar "Mama" an, sondern nennen sie stets beim Vornamen. Aber auch subjektiv war im Umgang miteinander wenig Herzenswärme spürbar. Alle Personen sind sehr ich-bezogen und geben wenig von sich preis. 

Der Roman wurde für mich erst sehr spät interessant, als Emilia intensivere Gespräche mit einem guten Freund von Sophie führte, der sie als talentierte Fotografin und Malerin beschreibt und die Hintergründe des Porträts erklärt. Bis dahin zieht sich der Roman etwas in die Länge, was vor allem dadurch geschuldet ist, dass ich mit keinem der Protagonisten warum wurde. So konnte mich die Familiengeschichte, die mir zu emotionslos war, wenig fesseln. Zudem hätte ich mir einen ausgewogeneren Anteil an historischen Abschnitte und eine engere Verknüpfung mit den Protagonisten in der Gegenwart gewünscht, um Sophies Gefühle, ihre und Handlungen und deren Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen verstehen zu können. So war es einfach nur deprimierend zu lesen, dass eine einzige unüberlegte Entscheidung dazu führte, dass Pauline ohne ihre leiblichen Eltern aufgewachsen ist, Depressionen entwickelte und geprägt durch die Traurigkeit für Emilia nie eine warmherzige Mutter sein konnte. Die späte Suche nach den eigenen Wurzeln der Familie wirkte letztlich etwas konstruiert. 





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