Mittwoch, 28. Februar 2024

Buchrezension: Nikki Marmery - Mein Name ist Lilith

Inhalt:

Lilith und Adam leben gemeinsam im Garten Eden. Als Adam verlangt, dass Lilith als seine Frau seinem Willen gehorchen soll, weigert sie sich - und wird aus dem Paradies vertrieben. Zornig sieht Lilith, wie Gott Eva erschafft, die Frau, die nur Unterordnung kennt. Denn Lilith erinnert sich noch an Asherah, die einst mächtige Ur-Göttin. Doch sie ist verschwunden. Zusammen mit dem Erzengel Samael bricht Lilith auf, die Göttin zu finden und die Frauen aus der Unsichtbarkeit zurück ins Licht der wahren Geschichte zu führen. 

Rezension: 

Lilith ist die erste Frau von Adam im Garten Eden. Die beiden leben in Harmonie bis Adam neue Ideen entwickelt und verlangt, dass sich Lilith ihm unterordnen soll und sie sich weigert. Wenig später ist Eva an seiner Seite und Lilith ist entsetzt, dass diese sich gefügig als Adams Gehilfin bezeichnen lässt. Von Jahwe erfährt Lilith keine Unterstützung und macht sich zusammen mit dem gefallenen Engel Samael auf dem Weg, um ihre Mutter, die Ur-Göttin Asherah zu finden. Lilith möchte das Gleichgewicht zwischen Mann und Frau wiederherstellen und für Gerechtigkeit sorgen.
Über 6.000 Jahre hinweg muss Lilith immer wieder mit ansehen, wie Frauen unterdrückt und ihre Leben lassen müssen, um im Sinne Gottes für Nachkommen zu sorgen.

Lilith wird in der Bibel nur an einer Stelle erwähnt. Ihre Figur entstammt vielmehr der hebräischen Mythologie in ihrer Darstellung als Dämonin.

"Mein Name ist Lilith" gibt ihr eine Stimme. Aus Liliths Sicht wird die Schöpfungsgeschichte etwas anders erzählt. Ihre Darstellung ist nicht nur feministisch, sondern auch blasphemisch und würde von einem bibelfesten, gläubigen Christen sicher nicht gutgeheißen. Jahwe ist nicht der einzige und schon gar kein gütiger Gott, Männer sind grundsätzlich hohl und gewalttätig. Biblische Figuren wie Adam oder Noah erscheinen als einfältige Idioten und auch Frauen wie Eva sind so lange dümmlich, bis sie von Lilith profitieren, die vom Baum der Erkenntnis genascht hat. Der Abschnitt um Maryam (Maria Magdalena) liest sich hingegen versöhnlicher und lässt das Ansinnen Jeshuas (Jesus) in einem positiven Licht erscheinen. 

Ihre Geschichte ist lebendig und abenteuerlich, eine mutige Reise einer ambitionierten, modern denkenden Frau. Ihr Anliegen ist aus weiblicher Sicht verständlich und eine legitime Auflehnung gegen das Patriarchat. Sehr eindringlich wird beschrieben, wie Frauen als bedrohlich, als Verführerinnen, Sünderinnen und Dämonen wahrgenommen werden. 

Lilith wird göttlich und überlebt Tausende Jahre, was vom Beginn der Menschheit über die Antike, das römische Reich bis in die Neuzeit führt. Die einzelnen Abschnitte, die Begegnungen mit bekannten Figuren aus dem Alten und dem Neuen Testament schildern, sind mitunter langatmig, da gebetsmühlenartig die immer gleichen Inhalte im Kampf für Gerechtigkeit und Harmonie gepredigt werden. Die Kämpfe zwischen Göttern und den männlichen Nachkommen Liliths, die nach Macht streben und das Verharren Liliths in Passivität auf ihrer Suche nach ihrer Prophetin kann nicht durchgängig fesseln. 

"Mein Name ist Lilith" ist ein kämpferisches Buch über die jahrtausendealte Unterdrückung der Frau und wie Männer Religion und Glaube dahingehend deuten, ihnen die Frauen Untertan zu machen und als reine Gefäße für die Fortpflanzung zu gebrauchen. Lilith setzt sich zur Wehr und begibt sich auf die andauernde Mission, das Unrecht beginnend im Garten Eden zu berichtigen und die Geschichte zu verändern. 
Das Buch trifft damit den Nerv der Zeit und weckt Emotionen, für Lilith als tragische Figur, die so viele Verluste ertragen muss und macht wütend für die ungerechtfertigten Hierarchien, die von Männlichkeit dominiert werden, die in Kriege führen und zur Ausbeutung der Erde beitragen.  
Das Ende stimmt versöhnlich, überwindet die Feindseligkeit zwischen Männern und Frauen und lässt von einer besseren Welt träumen. 

In einem Anhang finden sich Erklärungen der Autorin zu den erwähnten Figuren, die den Roman abrunden, so dass zum Verständnis kein Wissen aus Bibel oder Mythologie zwingend nötig ist. 

Montag, 26. Februar 2024

Buchrezension: Ann Napolitano - Hallo, du Schöne

Inhalt:

Gemeinschaft und Zugehörigkeit kennt William Waters nur vom Basketballplatz. Das ändert sich, als er am College die temperamentvolle Julia Padavano kennenlernt und sich in sie verliebt. Er, der eine unglückliche Kindheit erlebt hat, erfährt, was es heißt, eine Familie zu haben. Denn Julia und ihre drei Schwestern sind unzertrennlich und ihre Eltern immer präsent. William wird Teil des so herrlichen wie anstrengenden Chaos aus Liebe und Fürsorge. Zusammen überstehen die Schwestern den Tod des Vaters und den Weggang der Mutter. In allen Krisen geben sie einander Halt und erfreuen sich gemeinsam an Julias Glück mit William. Doch seine tiefe Einsamkeit wirft nicht nur Julias genau durchdachte Pläne für ihre gemeinsame Zukunft über den Haufen, sondern treibt auch die vier Schwestern auseinander – bis ein Schicksalsschlag ihren alten Zusammenhalt erfordert.

Rezension:

William ist in keinem liebevollen Elternhaus aufgewachsen. Basketball wird schon als Kind zu seiner großen Leidenschaft, denn dort ist er Teil einer Mannschaft. Am College lernt er Julia kennen, die drei Schwestern hat: die verträumte Sylvie, die freigeistige Künstlerin Cecelia und ihre fürsorgliche Zwillingsschwester Emeline. 
Er verliebt sich in Julia und wird wie selbstverständlich in die Familie Padavano aufgenommen. Julia ist voller Ambitionen und Pläne und entwickelt diese auch für William. Sie hat eine klare Vorstellung von ihrer Zukunft und vereinnahmt William dafür. Für ihn ist es zunächst bequem, sich einfach mitreißen zu lassen, doch der Druck steigt und für eigene Träume bleibt kein Raum mehr. Als Julias Vater stirbt, gerät das Gleichgewicht der Familie durcheinander, was nicht ohne Folgen für die Beziehung von Julia und William bleibt.

Der Roman erzählt eine 40-jährige Familiengeschichte ab Ende der 1970er-Jahre aus der Sicht von William, Julia und Sylvie, später noch der nächsten Generation, Julias Tochter Alice. Die Darstellung erfolgt chronologisch, bereits mit Williams Kindheit in den 1960er-Jahren, wobei einzelne Ereignisse aus mehreren P
erspektiven geschildert werden. Zu Beginn ist die Erzählweise detaillierter, bis später größere Zeitsprünge erfolgen. 

Die vier Schwestern sind durch ein enges Band miteinander verbunden und nicht nur die Zwillinge spüren eine intensive Verbundenheit, sondern auch die beiden älteren Schwestern Julia und Sylvie. Als sie erwachsen werden, ereignen sich mehrere Begebenheiten, die dafür sorgen, dass die Familie erschüttert wird und die Struktur nach und nach in sich zerbricht. Verletzungen, Enttäuschungen, Verluste und Vertrauensbrüche führen dazu, dass jedes einzelne Mitglied neue Wege geht und manche Brücke gekappt wird. 

Die Schilderung aus den verschiedenen Perspektiven ist eingängig und nachvollziehbar. Selbst wenn man nicht alles gutheißen kann, was die Hauptfiguren machen, sind ihre Handlungen doch nachvollziehbar. Die Charaktere sind vielschichtig und mit ihren positiven und negativen Eigenschaften individuell gezeichnet. Der Gegensatz vom Wunsch nach persönlicher Freiheit und der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft ruft Konflikte hervor, in der sowohl die romantische Liebe als auch die Liebe zu engsten Familienmitgliedern bedeutsam sind. 

"Hallo, du Schöne" ist eine Familiengeschichte, die von Tod, Trauer, den Umgang mit psychischer und physischer Gesundheit und Liebe in all ihren Facetten handelt und eindrücklich zeigt, wie sich Traumata über Generationen weitervererben, dass das Leben nicht planbar ist und dass selbst eine innige familiäre Bindung nicht unerschütterlich ist. Während der dramatisch geschilderten Jahre über Selbstentfaltung bleibt spannend, ob die Padavanos wieder zusammenfinden und zu Vergebung bereit sind. Dies resultiert in einem bittersüßen Ende, dass die Wichtigkeit von der Geborgenheit in einem Gefüge aus Familie und Freunden feiert. 

Freitag, 23. Februar 2024

Buchrezension: David Nicholls - Zwei an einem Tag

Inhalt:

"Gerade stelle ich mir dich mit 40 vor!"
Es ist der 15. Juli 1988, und Emma und Dexter, beide zwanzig, haben sich gerade bei der Abschlussfeier kennengelernt und die Nacht zusammen durchgemacht. Am nächsten Morgen gehen beide ihrer Wege. Wo werden Sie an genau diesem Tag ein Jahr später stehen? Und wo in den zwanzig darauffolgenden Jahren? Werden sich die beiden, die einander niemals vergessen können, weiterhin immer gerade knapp verpassen? 

Rezension:

Emma und Dexter lernen sich am 15. Juli 1988 in Edinburgh kennen, als sie beide ihren Uni-Abschluss feiern. Sie verbringen die Nacht mit einander, in der nichts und doch alles passiert. Sie gehen platonisch auseinander und über die Jahre unterschiedliche Wege, denn während Emma aus einfachen Verhältnissen stammt, politisch interessiert ist und ihre Unsicherheit durch Selbstironie zu verbergen versucht, ist Dexter ein Sohn reicher Eltern, sehr von sich überzeugt und hat kein anderes Ziel, als berühmt zu werden. 
Trotz ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten und Einstellungen werden sie zu besten Freunden, sehen sich regelmäßig am 15. Juli, können die eine Nacht nicht vergessen und auch nicht ausblenden, dass da noch mehr zwischen ihnen beiden ist. 

"Zwei an einem Tag" ist eine außergewöhnliche Friends-to-Lovers-Geschichte, die sich über 20 Jahre erstreckt. Es ist ein Roman über die Liebe und das Erwachsenwerden, denn Emma und Dexter erleben Höhen und Tiefen, zusammen und getrennt von einander, reifen, haben andere Beziehungen, ergreifen diverse Berufe, lachen und streiten miteinander, lieben und hassen sich und kehren immer wieder zu einander zurück. 

Die Geschichte ist lebendig und humorvoll geschrieben. Sie ist abwechslungsreich, mal aus der Perspektive von Emma, mal von Dexter erzählt, die ganz unterschiedliche Leben führen. Geschildert wird immer der 15. Juli, den die beiden in der Regel gemeinsam verbringen oder zumindest an einander denken, Briefe schreiben oder auf den Anrufbeantworter sprechen. Auch wenn man nur einen Tag pro Jahr miterlebt, erfährt man in ihren Erzählungen und Erinnerungen, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat, so dass die Geschichte nicht nur aus einzelnen Bruchstücken besteht. 

Die Charaktere entwickeln sich glaubwürdig weiter und sind mehr als die Stereotype eines klugen, aber langweiligen Bücherwurms und eines charmantem, aber oberflächlichen Hedonisten. 

Der zugleich geistreiche und warmherzige Roman ist kreativ konstruiert, mit witzigen Dialogen, intensiv gezeichneten, individuellen Charakteren, eine Geschichte, die mitreißt und berührt. Während man die unterschiedlichen Leben der beiden verfolgt und durchweg die Liebe zwischen ihnen spürt, gibt man die Hoffnung nicht auf, dass die beiden zueinander finden werden. 
Am Ende ist die (Liebes-)geschichte tragisch und bittersüß, gepflastert mit verpassten Chancen, aber auch mit einer großen Einsicht, wie das Leben sein kann, das sich nicht planbar entwickelt und einer Sehnsucht, den Partner an seiner Seite zu finden, der Erfolg und Misserfolg teilt und die Sonnen- und Schattenseiten des Lebens gemeinsam durchstehen lässt. Der ungewöhnliche Aufbau - mit dem Anfang am Ende - versöhnt mit der Tragik der Geschichte und sorgt für die Romantik, die über weite Teile nur zwischen den Zeilen zu lesen war.

Mittwoch, 21. Februar 2024

Buchrezension: Emma Donoghue - Raum

Inhalt:

Für Jack ist Raum die ganze Welt. Dort essen, spielen und schlafen er und seine Ma. Jack liebt es fernzusehen, denn da sieht er seine „Freunde“, die Cartoonfiguren. Aber er weiß, dass die Dinge hinter der Mattscheibe nicht echt sind – echt sind nur Ma, er und die Dinge in Raum. Bis der Tag kommt, an dem Ma ihm erklärt, dass es noch eine Welt da draußen gibt und dass sie versuchen müssen, aus Raum zu fliehen. 

Rezension:

Jack ist fünf Jahre alt und lebt zusammen mit seiner Mutter in einem Raum. Für ihn ist es normal, in einem Schrank zu schlafen, jeden Tag zur selben Zeit zu essen und ein Leben außerhalb nicht zu kennen. Der Alltag mit baden, waschen und sauber machen wiederholt sich, genauso wie die regelmäßigen abendlichen Besuche von Old Nick, von dem er sich ein Sonntagsgutti wünschen darf.
Eines Tages erzählt ihm seine Mutter, dass sie hier eingesperrt sind und dass die Welt aus dem Fernsehen tatsächlich real ist. Sehnsüchtig nach Freiheit, beginnt sie einen Plan für eine Flucht zu schmieden, in der Jack zum Helden werden kann.

"Raum" erzählt von dem Martyrium einer jahrelangen Gefangenschaft, vom Akt der Befreiung und einem nie gekannten Leben von Freiheit.
Die Geschichte wird aus der Perspektive des Jungen geschildert, dessen Welt eng begrenzt ist, der aber auch nichts anderes kennt und sich in dem Raum und der Brust seiner Mutter sicher fühlt. Die Erzählweise ist nachvollziehbar kindlich und naiv, was einerseits authentisch ist und nicht sofort alles erklärt, aber in der Sprache eines Fünfjährigen zumal ein wenig anstrengend ist.
Der Schreibstil bleibt konsequent dabei, selbst nach der Flucht und den ersten Wochen ohne die Begrenzungen des Raums.

Nach der beklemmenden Atmosphäre der Gefangenschaft, in der Mutter und Sohn allerdings ein unschlagbares Team bilden, ist auch das Leben in Freiheit mit all den neuen Eindrücken, Personen und Regeln, die auf Jack einprasseln, sehr empathisch und lebensecht dargestellt. Insbesondere die Aufgabe eines Lebens zu zweit wird dabei deutlich.

Auch wenn manche Entwicklung innerhalb weniger Tage und Wochen zu schnell ging und die Handlung mit keinen wesentlichen Überraschungen aufwarten konnte, fesselt der Roman durch das erlittene Leid, den mutigen Kampf für ein selbst bestimmtes Leben und die innige Liebe zwischen Mutter und Sohn.

Montag, 19. Februar 2024

Buchrezension: Jojo Moyes - Mein Leben in deinem

Inhalt:

Einmal in das Leben einer anderen schlüpfen, davon träumt Sam, wenn ihr der Alltag mal wieder über den Kopf wächst. Als sie im Sportstudio versehentlich die falsche Tasche mitnimmt, kann sie nicht widerstehen. Der Inhalt ist so anders als ihre schlichten Klamotten. Eine wunderschöne Chanel-Jacke und ein Paar glamouröse High Heels. Als Sam die Kleidungsstücke anzieht, fühlt sie sich für einen Moment wie eine andere Frau. Eine Frau ohne Geldsorgen, ohne Ehemann, der nur noch auf dem Sofa sitzt - sie fühlt sich unbeschwert, selbstbewusst, frei. 
Nisha ist diese Frau. Von außen scheint ihr Leben perfekt. Ein erfolgreicher, wohlhabender Mann, ein Kleiderschrank voller Designerstücke. Doch Nisha war nicht immer die Frau, die sie heute ist. Und ihr sorgsam aufgebautes Leben droht gerade wie ein Kartenhaus einzustürzen. Bis ihr Sam begegnet. Denn manchmal kann ein einziger Moment alles verändern. 

Rezension: 

Sam löst, kurz bevor er verfällt, den Gutschein für ein hippes Sportstudio ein. Unter Zeitdruck und auf dem Weg zur Arbeit, wo ihr neuer Chef ihr das Leben schwermacht, merkt sie zunächst nicht, dass sie ihre Sporttasche verwechselt hat. Notgedrungen schlüpft sie in die Schuhe einer anderen Frau und merkt, wie anders die Männer auf sie reagieren und wie sie mit ihrer neu gewonnenen Attraktivität mehr Erfolg im Beruf hat.
Die andere Frau, Nisha, ärgert sich über den Verlust ihrer Luxuskleidung. Es kommt jedoch noch viel schlimmer, als ihr Ehemann sie nach fast zwanzig Jahren Ehe abserviert und mittellos zurücklässt. In ihrer Not geht Nisha, die sich über Jahre ihr Leben an der Seite eines Millionärs hart erarbeitet hat, in einem Hotel putzen. Ihr Mann stellt ihr ein Ultimatum und möchte nur in eine ordentliche Scheidung einwilligen, wenn Nisha die gestohlenen High Heels zurück beschaffen kann. Nisha, die die Suche bereits aufgegeben hatte, macht sich erneut auf die Suche nach der unbekannten Frau mit ihrer Sporttasche.

"Mein Leben in deinem" wird abwechselnd aus der Perspektive einer der beiden Hauptfiguren erzählt. Während Sam, die bodenständiger und nahbarer ist, schnell das Mitgefühl weckt, dauert es ein wenig bis man hinter die Fassade der versnobten Nisha blicken kann.
Die Handlung verläuft überraschend lange parallel zwischen den Leben von Sam und Nisha. Solange erlebt man deren Probleme mit und die zahlreichen Hürden, denen sie begegnen müssen. Sam leidet unter den Schikanen ihres Chefs und erfährt Zuhause keinen Rückhalt durch ihren depressiven Ehemann. Nisha steht vor dem Nichts, hat weder Geld, noch Obdach, noch Freunde, die ihr helfen.
Durch die unterschiedlichen Leben, in die man eintaucht und die bildhafte und empathische Darstellung, ist die Geschichte unterhaltsam und abwechslungsreich.
Während man darauf wartet, dass die beiden Frauen sich endlich begegnen, fragt man sich gespannt, was es mit dem eigenartigen Verhalten von Nishas Ehemann auf sich hat und welches Geheimnis, die Schuhe umgibt. Daneben geben die Nebencharaktere der Geschichte weitere Impulse, wenn man mehr über das Leiden von Sams Ehemann erfährt und Nisha in Jasmin eine gute Freundin findet, die sie selbstlos unterstützt.

"Mein Leben in deinem" handelt von Mobbing, Depressionen, Armut, Ungerechtigkeit und Verrat, aber auch von Zuversicht, Freundschaft und Frauensolidarität. Lange ist der Roman eher negativ und melancholisch und erzählt die parallelen Leben von Sam und Nisha sehr ausführlich, bis die Handlungsstränge zusammengeführt werden, die Geschichte eine positive, optimistischere Richtung einschlägt und die geballte Frauenpower die Schwierigkeiten aus dem Weg schafft. Der Roman entwickelt sodann eine Dynamik und wechselt zwischen berührenden, spannenden und amüsanten Momenten, während die Frauen um ihr Glück kämpfen und sich der uneingeschränkten Unterstützung ihrer neunen Freundinnen sicher sein können. 
Die Geschichte ist lebendig und mit individuell gezeichneten Charakteren. Sie ist nicht unbedingt aus dem Leben gegriffen, damit aber kreativ, dramatisch und durch unerwartete Krimielemente am Ende spannend erzählt. 

Freitag, 16. Februar 2024

Buchrezension: Elizabeth Wein - Code Name Verity

Inhalt:

Oktober 1943: Ein britisches Flugzeug stürzt im von den Nazis besetzten Frankreich ab. Maddie, die Pilotin, und Geheimagentin "Verity", die mitfliegt, sind beste Freundinnen. Während Maddie entkommen kann, wird Verity von der Gestapo entdeckt. Sie erlebt den schlimmsten Albtraum einer Spionin, die im feindlichen Gebiet gefasst wurde, denn ihre Verhörer stellen sie vor die Wahl: Entweder sie verrät freiwillig ihre Mission oder die Informationen werden grausam aus ihr herausgefoltert. Verity ist sicher, dass sie selbst nicht überleben wird. Doch wird sie ihre Geheimnisse preisgeben, um so vielleicht das Leben ihrer besten Freundin zu retten? 

Rezension: 

Die Geheimagentin "Verity", eine schottische Aristokratin, und die Pilotin und Funkerin Maddie, ein Arbeitermädchen aus Manchester, werden während des Zweiten Weltkriegs zu Freundinnen - eine Freundschaft, die zu anderen Zeiten nicht möglich gewesen wäre, denn ihre Wege hätten sich nie gekreuzt. 
Jede der beiden geht mutig ihren Aufgaben im Kampf auf Seiten der Alliierten vor. Doch im Oktober 1943 misslingt eine geheime Mission, als sie zusammen im Flug über Frankreich angeschossen werden. Verity kann das Flugzeug per Fallschirm verlassen und wird anschließend von der Gestapo aufgegriffen und gefangen genommen. Sie weiß nicht, ob Maddie notlanden konnte und den Angriff überlebt hat. In Gefangenschaft schreibt Verity ihr Geständnis und wird unter Folter gezwungen, Geheimnisse zu verraten. Während sie möglichst lange schreibt, um ihre Hinrichtung aufzuschieben, lässt sie sich von ihren Peinigern nicht einschüchtern und gibt die Hoffnung nicht auf, dass ihre Freundin überlebt hat. 

Die Geschichte beginnt mit den Worten von Verity, während sie ihren Bericht für die Gestapo schreibt. In Rückblenden erfährt man aus ihrer Erzählung, wie sie Maddie kennengelernt hat und einige wenige Details aus ihrem Leben als Geheimagentin. Sie bezeichnet sich dabei selbst als Feigling und Verräterin, was allerdings nicht zu ihrem mutigen Verhalten gegenüber ihren Folterern passt. So werden Zweifel geschürt, wie viel von ihrem Bericht der Wahrheit entspricht und ob ihre Informationen für die Deutschen tatsächlich wertvoll sind. Eine zweite Perspektive, die später ebenfalls in Form eines Berichts einsetzt, geben noch mehr Details preis und schließen den Kreis zu dem, was Verity erwähnte. 

Der Plot um zwei junge Frauen, die im Kriegseinsatz mutig Aufgaben übernehmen, die Männern vorbehalten waren, die eine Freundschaft knüpfen, die dramatisch mit einer Gefangenschaft durch die Gestapo endet, hat Potenzial für eine spannende und emotionale Geschichte vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs. 

Die Art der Erzählweise als nacherzählter Bericht, der eingangs kindlich anmutet und der ein aktives Miterleben der Geschichte von Verity und Maddie verhindert, ist allerdings wenig einnehmend. Die Erzählung von Verity ist sprunghaft und willkürlich. Sie schreibt das nieder, was ihr gerade einfällt, unabhängig davon, ob es für die Geschichte oder für die Gestapo wichtig ist. Der Wechsel aus den Erlebnissen in Gefangenschaft und ihrem Geständnis ist genauso willkürlich und kaum von einander zu unterscheiden. 
Die Sicht von Maddie ist einnehmender und lebendiger. Zudem sorgen offene Fragen nach einer möglichen Rettung von Verity und der Fortsetzung der geplanten Mission für Momente der Spannung. Zu viele Zufälle lassen die Ereignisse in Frankreich reichlich unwahrscheinlich erscheinen, zumal es an Erklärungen fehlt, wer warum auf Seiten der Résistance kämpft. 

Die Geschichte über die Freundschaft von Verity und Maddie kommt in der gesamten Handlung kaum zum Tragen. Die wenigen Beschreibungen über erste Begegnungen und vage gemeinsame Erlebnisse reichen nicht aus, um tatsächlich eine enge Bindung zwischen den beiden zu spüren. Das dramatische Ende ist als Totschlagargument nicht wirklich überzeugend. 

Die Handlung ist gerade in der ersten Hälfte unwahrscheinlich zäh und wiederholt sich auch später in retardierenden Gedanken der Hauptfiguren. Die Erwähnung verschiedenster Flugzeugtypen trägt darüber hinaus nicht dazu bei, die Geschichte lebendiger zu gestalten. Verity ist eine zwiespältige Figur, bei der man erst später erkennt, warum sie so handelt. Das tröstet jedoch nicht darüber hinweg, dass ihr Geständnis in Prosaform, gespickt mit Anekdoten, nicht fesseln kann. 
Ein anderer Aufbau dieser Geschichte hätte aus "Code Name Verity" eine spannende und dramatische Geschichte über mutige Heldinnen und starke Frauen, die während des Krieges für Frieden und Freiheit kämpfen, machen können. So ist es ein Durcheinander aus einzelnen Erzählfragmenten mit nur wenigen verbindenden Momente von Verity und Maddie. 

Mittwoch, 14. Februar 2024

Buchrezension: Anna Bell - Du hast mich voll erwischt

Inhalt:

Tief in ihrem Herzen weiß Edie, dass weder der Job als CEO im Familienunternehmen noch ihre oberflächliche Beziehung mit Miles das ist, was sie wirklich will. Irgendwo in den letzten 17 Jahren ist sie falsch abgebogen und hat ihre Träume aus den Augen verloren. Jetzt schickt eine weitere E-Mail ihres jüngeren, idealistischen und hoffnungsvollen Selbst Edie zurück an einen Ort, an dem nicht nur die Erinnerung an ihre große Liebe Joel auf sie wartet. Ist das vielleicht ihre zweite Chance – oder sollten manche Dinge besser in der Vergangenheit bleiben? 

Rezension: 

Nach dem Tod ihre Mutter ist Edie in das Familienunternehmen ihrer Eltern eingestiegen, um ihren Vater zu unterstützen. Auch nach 17 Jahren vermisst sie ihre Mutter sehr und sorgt sich weiterhin um ihren Vater, der um ein Haar an der Trauer zugrunde gegangen war. Mit ihrem Freund Miles führt sie eine konfliktfreie, aber auch leidenschaftslose Beziehung. 
Als Edie zu ihrem 35. Geburtstag eine E-Mail ihres 18-jährigen, enthusiastischen Ichs erhält, gerade sie ins Grübeln, ob sie wirklich das richtige Leben führt. Angetrieben von der Motivation, sich aus der Komfortzone zu bewegen, öfter mal ja zu sagen und mehr Spaß zu haben, kontaktiert sie die Clique, mit der sie den Sommer vor dem Tod ihrer Mutter verbracht hat. Dabei trifft sie auch auf Joel, ihre damalige Liebe, der ihre Gefühle durcheinanderwirbelt. 
Auch wenn Edie weiß, dass sie keine Teenagerin mehr ist, stellt sie fest, dass das Leben doch noch mehr für sie bereithält, als Arbeit und Verantwortung. 

Der Roman handelt zugleich von einer Reise in die Vergangenheit und einer Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Situation. Die E-Mails aus der Vergangenheit sind der Anstoß dafür, dass sich Edie ernsthaft Gedanken darüber macht, ob sie das Leben führt, wie es sich vorstellt und muss sich eingestehen, dass sie nicht glücklich ist.

Edie ist der Typ Mensch, der für andere da ist, aber ihre eigenen Wünsche und Träume vernachlässigt. Ihr Pflichtbewusstsein und das Gefühl der Verantwortung für eine Firma und ihren Dad hindern sie daran, eigene Ziele zu verfolgen. Die E-Mails, die sie motivieren, mutiger zu sein, auf ihr Herz zu hören und Neues zu wagen, bewirken eine Veränderung. Edie findet ein neues Hobby, ein Ehrenamt, eine neue berufliche Perspektive und vor allem alte Freunde wieder, wodurch sie neues Selbstvertrauen gewinnt und sich wohler in ihrer Haut fühlt.

Die Geschichte ist lebendig und unterhaltsam geschrieben. Der Wechsel aus Gegenwart und Rückblenden in die Vergangenheit - der Sommer, in dem Edie erwachsen wurde - sowie die fröhlichen E-Mails der jungen Edie aus dem Sommercamp sorgen für Abwechslung.
Der Schreibstil ist erfrischend mit witzigen Dialogen unter Freunden und gemeinsam Erlebnissen im Sommer. Auch wenn die Leichtigkeit des Romans überwiegt, handelt er von mitunter schwermütigen Themen wie Trauer und Verlust, Alkoholsucht, verpassten Chancen und emotionalem Ballast, die für eine Unterhaltungslektüre die passende Tiefe erhalten.

Die Botschaft, das Leben voll auszuschöpfen, seine Träume zu leben und für die eigenen Bedürfnisse einzustehen, ist der rote Faden, der sich durch den gesamten Roman zieht. Die Liebesgeschichte ist im Vergleich zu Edies Zeitreise und Neuausrichtung ihres Lebens nicht vordergründig. Sie entwickelt sich wenig überraschend, ist aber so liebenswürdig wie die Protagonisten selbst, der man ein Happy End gönnt. Auch die Werte von Freundschaft und Familie sowie die heilende Kraft von Büchern sind glaubhaft und runden die Geschichte um Selbstfindung gelungen ab.

Montag, 12. Februar 2024

Buchrezension: Eva Björg Ægisdóttir - Verborgen (Mörderisches Island, Band 3)

Inhalt:

Die Kleinstadt Akranes ist zutiefst erschüttert, als beim Brand eines Einfamilienhauses ein junger Mann ums Leben kommt. Als sich im Zuge der Ermittlungen von Kommissarin Elma und ihrem Team herausstellt, dass es sich um Brandstiftung handelt, sehen sie sich schnell mit einem äußerst komplexen Fall mit verschiedenen Verdächtigen konfrontiert. Und die letzte Online-Recherche des mutmaßlichen Opfers legt nahe, dass man es eventuell nicht nur mit einem, sondern mit zwei Morden zu tun haben könnte. 
Ein paar Monate vor dem Brand: Eine junge Holländerin tritt eine Stelle als Au-pair-Mädchen in Akranes an, um sich nach dem Tod ihres Vaters ein neues Leben aufzubauen. Doch die zunächst so perfekt wirkende Familie, in der sie unterkommt, hat offenbar ihre ganz eigenen Probleme. Im Zuge der sich immer weiter verzweigenden Ermittlungen hat Elma zusätzlich noch mit einigen persönlichen Schwierigkeiten zu kämpfen — und sie gerät sogar in Lebensgefahr, als klar wird, dass jemand bereit ist, alles zu tun, damit sein Verbrechen nicht ans Licht kommt. 

Rezension: 

In der isländischen Kleinstadt Akranes wird nach einem Hausbrand die Leiche des Sohnes der darin wohnenden Familie gefunden. Die Obduktion ergibt, dass der 20-Jährige bereits vor dem Brand verstorben ist. Ob es sich um Mord oder Selbstmord handelt, ist unklar. Bei dem Feuer handelt es sich jedoch zweifelsfrei um Brandstiftung.
Während das Team um Elma im Umkreis der Familie ermittelt, wird eine tote junge Frau aufgefunden. Zwei Leichen innerhalb nur weniger Tage können kein Zufall sein. Elma sucht nach einem Zusammenhang und einem Motiv und hat auch privat mit Umständen zu tun, die ihr Sorgen bereiten. 

"Verborgen" ist nach „Verschwiegen“ und „Verlogen“ der dritte Band der Krimi-Reihe "Mörderisches Island". 

Zu Beginn ist die Vielzahl der Personen unübersichtlich, weshalb es von Vorteil ist, die Vorgängerbände zu kennen, um bekannte Namen bereits einordnen zu können. Eine Personenübersicht am Ende des Buches ist gerade für Neueinsteiger hilfreich.

Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, die schnell wechseln. Neben den Ermittlungen der lokalen Polizei erhält man dadurch Einblicke in Familien der Kleinstadt, die des Opfers und der Freunde, ohne jedoch frühzeitig einen Täter erahnen zu können.
Der Kriminalroman ist dynamisch und deckt durch die soliden Ermittlungen, Befragungen und Spurensuche sukzessiv neue Erkenntnisse auf. Der Fall - oder die Fälle - sind nicht leicht zu durchdringen, auch wenn als Täter nur eine beschränkte Anzahl an Personen in Frage kommen kann.
Sowohl die Ermittlungen als auch die Blicke hinter die Fassade der Familien und einzelnen Personen in Akranes, die den schönen Schein eines intakten Verbandes wahren wollen, sind spannend beschrieben. Die Reduzierung auf zwei Kleinfamilien und einen Freundeskreis regen zu reichlich Spekulationen an. Dabei sind es die kleinen Geheimnisse, die unter der Oberfläche brodeln, die gleich mehreren Figuren ein Motiv für die Tat geben.

Die Details zu den persönlichen Befindlichkeiten der Ermittler stören nicht oder lenken von der Aufklärung des Falls ab, sondern machen die Reihe vielschichtiger, die Charaktere nahbarer und neugierig auf deren weitere Entwicklung.
Die Auflösung ist überraschend, aber dennoch schlüssig und nachvollziehbar. "Verborgen" ist ein klassisch aufgebauter Krimi, der raffiniert konstruiert, wendungsreich und damit durchweg spannend erzählt ist.

Samstag, 10. Februar 2024

Buchrezension: Cecilia Klang - Schwarzsehen für Anfänger

Inhalt:

Es hat doch alles so gut angefangen, damals vor dreißig Jahren. Mit vollem Haar und Lederjacke füllte Tommy zusammen mit seiner Band die Konzerthallen in der südschwedischen Provinz. Der Plattenvertrag war nur noch Formsache, und mit Martina hat er seine absolute Traumfrau gefunden. Die ganze Welt hätte er erobern können! Doch dann kam das dazwischen, was man Leben nennt … Und nun steht Tommy vor den Scherben seiner Träume: Martina weg, Job weg - und für die Musik war schon lange keine Zeit mehr gewesen.
Zum Glück hat Tommy nicht nur einen ausgeprägten Hang zum Selbstmitleid, sondern auch ein paar verdammt gute Freunde. Um ihm zur alten Form zurückzuhelfen, organisieren sie für ihn Gesangstunden. Widerwillig lässt sich Tommy darauf ein und trifft auf Gunnel, eine schon etwas abgehalfterte Opernsängerin. Gemeinsam zeigen sie dem Schicksal den Mittelfinger – denn mit den richtigen Menschen an der Seite sind die glorreichen Zeiten noch lange nicht vorbei! 

Rezension:

Tommy Roos, der vor 30 Jahren gefeierte Provinz-Rockstar, steht von jetzt auf gleich vor dem Nichts. Seine Ehefrau eröffnet ihm, eine Affäre mit einem französischem Fotografen zu haben, und trennt sich von ihm. Die Fabrik, in der arbeitet, steht vor der Schließung. Und dann wird auch noch die Feier zum ausgerechnet 50. Geburtstag ein Fiasko. Sein Geschenk: Gesangsstunden bei einer früher ebenso gefeierten Opernsängerin Gunnel, die zurück in ihren Heimatort gekehrt und dem Alkohol sehr zugeneigt ist. Tommy und Gunnel stellen Gemeinsamkeiten in ihrem Leben fest und freunden sich im Laufe der Zeit an. Schließlich soll Gunnel ja auch helfen, durch einen Opernauftritt die Schließung der Fabrik noch abzuwenden. Und dann lernt Tommy noch Geigen-Sara kennen. 

Der Roman ist flüssig und schnell zu lesen. Schon nach wenigen Seiten freundet man sich mit Tommy an und leidet mit ihm. Tommy selbst, aber auch Gunnel als zweite Hauptfigur, und die Auf und Abs der Beiden werden sehr ausführlich und detailreich wiedergegeben, die übrigen Charaktere bleiben etwas im Hintergrund, was die Handlungsstränge überschaubar macht. Mit dem Erscheinen von Tommys früherer Schulkameradin Sara nimmt die Geschichte eine positive Wendung. Der weitere Verlauf und auch das Ende scheinen zunächst absehbar zu sein, sind es dann zum Glück aber doch nicht.

Mir persönlich hat die Botschaft des Romans sehr gut gefallen. Hinfallen, Aufstehen, Weitergehen. Nahezu jede/r von uns kann in die Situation kommen, wo das Leben aussichtslos erscheint. Mit den richtigen Leuten an deiner Seite kommt man aber wieder auf die Beine. So auch Tommy Roos. 

Freitag, 9. Februar 2024

Buchrezension: Yandé Seck - Weiße Wolken

Inhalt:

Dieo lebt mit ihrem Mann Simon und drei Söhnen in einer schönen Altbauwohnung im Frankfurter Nordend. Sie leidet unter den unerfüllbaren Ansprüchen der Gesellschaft an sie als Mutter, vor allem aber ist es die ständige Kritik ihrer jüngeren Schwester Zazie an allem und jedem, die an ihren Nerven zerrt. Auch Simon, ein mittelalter weißer Mann und Angestellter in einem Finanz-Start-up, gerät immer wieder ins Visier seiner Schwägerin, die zunehmend an der rassistischen und sexistischen Gesellschaft verzweifelt. 
Als der Vater der Schwestern, ein eigensinniger Nietzschefan, der vor mehr als vierzig Jahren aus dem Senegal nach Deutschland kam, unerwartet stirbt, gerät das mühsam kalibrierte Familiengefüge aus dem Gleichgewicht. Für die Beerdigung reisen die Schwestern in das Land ihres Vaters. Der Abschied wird für die beiden zu einem Neuanfang – in vielerlei Hinsicht. 

Rezension:

Dieo und Zazie sind zwei Schwestern mit einer deutschen Mutter und einem eingewanderten Senegalesen als Vater.
Die ältere Dieo ist früh Mutter geworden, verheiratet, als Psychotherapeutin tätig und leidet unter mental load. Zazie ist dabei zu promovieren und mit dem weißen Max zusammen, den sie jedoch auf Abstand hält. Zazie unterstützt ihre Schwester, indem sie sich regelmäßig um ihre Neffen kümmert. Dabei lamentiert sie unaufhörlich über Ungerechtigkeit, Sexismus und Rassismus und die Pflicht, sich dagegen zu wehren. Dieo ist zunehmend gestresst davon, während ihr Mann Simon jegliche Feindseligkeit und Provokation gelassen ausblenden kann und sich ganz seinem Beruf widmet, der ihn zum stolzen Ernährer macht.
Als der Vater der beiden Schwestern stirbt, reisen sie zur Beerdigung in den Senegal, wo Dieo im Gegensatz zu Zazie noch nie war.

Der Roman ist aus den Perspektiven der Schwestern geschrieben, aber auch aus Simons Sicht sind einige Kapitel verfasst. Diese sind kurz und in einer modernen Sprache formuliert. Anglizismen wechseln sich mit hippen Begriffen der Jugendsprache und Fremdworten aus den Geisteswissenschaften ab. Bei Zazie wird konsequent das Gendersternchen verwendet. Auch wenn ich im selben Alter wie die Autorin bin, kannte ich viele Begriffe nicht oder verwende sie zumindest nicht in meinem Sprachgebrauch. Das Buch scheint deshalb vor allem auf die Generationen Y bis Z zugeschnitten zu sein. Ältere LeserInnen könnten mit "woke", "Rant", "Rookie" oder "Prop" vielleicht ihre Probleme haben.
Die Thematik des Buches wird durch die betont hippe Sprache ein wenig in den Hintergrund gedrängt und lassen die Charaktere mitunter durch ihre künstliche Ausdrucksweise schlicht lächerlich erscheinen.

Die Geschichte schildert den Alltag der beiden Schwestern, den anstrengenden Beziehungs- und Familienalltag, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und auch immer wieder rassistische und sexuelle Übergriffe - von (lieb) gemeinten Worten bis diskriminierenden Handlungen.
Vor allem Zazie legt dabei unerlässlich den Finger in die Wunde, prangert die Verrohung der Gesellschaft und Entmenschlichung an. Auch reale Ereignisse wie konkrete Fälle von Polizeigewalt oder ereignete Attentate fließen in die Handlung ein.

Neben den pauschalen Problemen für Migranten und Minderheiten, spielen auch ganz persönliche Aspekte eine Rolle, wie das Gefühl, nirgends dazu zu gehören. "Bounty" Zazie ist das Rassendenken deshalb zuwider, was sehr gut nachvollziehbar ist. Aber auch in Dieo, die sich in die Mutterrolle gedrängt im Stillen mehr Unterstützung von Simon erhofft, kann man sich sehr gut hineinversetzen.
Roter Faden des Romans sind die inneren Konflikte und die Diskriminierung im täglichen Leben - darüber hinaus sind die Alltagsszenen lose und häufig ohne Zusammenhang und letztlich fehlt auch ein rundes Ende oder pointierter Abschluss.  

"Weiße Wolken" - kleine Verletzungen, die Spuren hinterlassen - prangert die Probleme in unserer Gesellschaft an, bleibt dabei jedoch bei deren Aufzählung, ohne in die Tiefe zu gehen. Zu der schon im Klappentext erwähnten Reise, die wesentlich für das Verhältnis der Schwestern sein soll, kommt es sehr spät und nimmt keinen großen Umfang ein oder sorgt für einen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf Familie, Wurzeln, Heimat oder die Liebe der Schwestern zueinander, denn die war immer präsent.
Trotz der negativ besetzten Themen hat das Buch durchaus humorvolle Szenen, ist lebendig und unterhaltsam, was den ulkigen Nebencharakteren - den Kindern, Müttern und Oma Rose - zu verdanken ist, bleibt aber hinter den Erwartungen eines "erhellenden" Debütromans zurück.

Mittwoch, 7. Februar 2024

Buchrezension: Dani Atkins - Was die Sterne dir schenken

Inhalt:

Voller Sorge fliegt die 32-jährige Lexi von New York ins heimische England. Ihre Schwester Amelia wurde bewusstlos am Strand gefunden und liegt seitdem im Krankenhaus, mit äußerst rätselhaften Symptomen: Einerseits weist ihr Gedächtnis enorme Lücken auf – andererseits erinnert sie sich bis ins kleinste Detail an ihren Ehemann Sam und dessen Hund. Das Problem dabei: Amelia war nie verheiratet. 
Die Ärzte raten Lexi, so zu tun, als ob es Sam gäbe, um Amelias Genesung nicht zu gefährden. Widerwillig lässt sie sich darauf ein. Als sie eines Tages bei Amelias Haus am Strand spazieren geht, trifft sie dort einen Mann mit Hund, der exakt der Beschreibung von Sam entspricht. Doch der Name des Mannes ist Nick, und er ist Lexis Schwester noch nie begegnet. 

Rezension: 

Nur durch einen glücklichen Zufall kann Amelia, die bewusstlos am Strand gefunden wird, wiederbelebt und ihr Leben gerettet werden. Ihre Schwester Lexi eilt sofort in Sorge von New York in ihre Heimat Somerset, um für ihre Schwester und ihre Mutter da zu sein. Körperlich ist Amelia auf dem Weg der Besserung, aber mental scheint sie sich in eine andere Welt geflüchtet zu haben. Sie ist felsenfest davon überzeugt, verheiratet zu sein und schildert ihre ersten Dates mit Sam in bunten Farben. Doch Amelia lebt allein in ihrem Cottage, es gab nie einen Ehemann.
Irritiert ist Lexi allerdings, als sie am Strand Nick begegnet, der wie Sam einen Hund hat und so aussieht, wie Amelia ihren Ehemann beschrieben hat.
Lexi möchte ihrer Schwester helfen und bittet deshalb Nick um Unterstützung. Gemeinsam stellen sie Amelias Dates für Erinnerungsfotos nach, kommen sich dabei unweigerlich näher, entwickeln ihre eigene Liebesgeschichte. 

Hat man sich erst einmal auf das eigenartige Szenario eingelassen, dass mit falschen Fotos echte Erinnerungen hervorgerufen werden sollen, ist die Geschichte durch ihre einnehmende, warmherzige und lebendige Schilderung schön zu lesen.
Der Schwerpunkt der Geschichte liegt allerdings nicht auf der engen Bindung der Schwestern, bei denen es sich trotz des Altersunterschieds von acht Jahren dank In-vitro-Fertilisation um Zwillingsschwestern handelt, sondern auf der romantischen Liebesgeschichte zwischen Lexi und Nick.

Und auch wenn diese schon ab der ersten Begegnung vorhersehbar ist, entwickelt sie sich authentisch, allmählich und erwachsen. Aus Fake-Dates werden echte Gefühle, die spürbar sind und Lexi in einen Konflikt bringt, den man selbst als Leserin nur allzu gern verdrängen möchte. Während ein Leben in New York leicht aufzugeben erscheint, ist es doch unmöglich, Amelia Nick als Lexis Freund vorzustellen.
Doch nicht nur dieses Problem macht zu schaffen - viel schlimmer ist noch, was es mit Amelias Zusammenbruch am Strand auf sich hat. Lange wird er aufgrund der fortschreitenden Genesung verdrängt, bis Amelia zurück in ihrem Zuhause weitere bedenkliche Ausfallerscheinungen hat, die besorgniserregend sind.

Dani Atkins hat erneut einen einnehmenden, emotionalen Roman verfasst, der einerseits eine romantische Liebesgeschichte erzählt und andererseits von einer Liebe zwischen Schwestern zeugt, von einem festen Band, das diese verbindet. Was Amelias Krankenhausaufenthalt und ihren Vorstellungen von einem anderen Leben zugrunde liegt, sorgt für Spannung und am Ende wird das Mysterium dahinter durch kleine Schlüsselerlebnisse logisch und mit voller Wucht ergreifend erklärt. Die Charaktere bleiben allerdings blass und auch die Krankengeschichte hätte noch tief gehender dargelegt werden können. 
"Was die Sterne dir schenken" ist eine Geschichte über mysteriöse Erinnerungen, die zu einer Prophezeiung werden und ein ergreifendes Drama mit einem bittersüßen Ende.

Montag, 5. Februar 2024

Buchrezension: Stephanie Schuster - Glückstöchter: Einfach lieben (Glückstöchter, Band 2)

Inhalt:

In den bayerischen Alpen 1911: Auf einer abgeschiedenen Alm, umgeben von grünen Weiden und wild wachsenden Pflanzen, ist Anna auf sich allein gestellt. Mit ihrem botanischen Wissen und ihrer Töpferkunst versucht sie sich ein neues Leben aufzubauen. Allerdings ist sie den Widrigkeiten der Natur ausgeliefert.
München, Ende der bunten 1970er Jahre: Eva führt ein unkonventionelles Leben in einer grünen WG. Sie und ihre Freunde planen etwas besonderes: Sie wollen einen der ersten Bioläden eröffnen. Doch die Frage nach ihrer wahren Herkunft beschäftigt Eva weiterhin, und dann wird ihr Leben gleich mehrfach auf den Kopf gestellt. 

Rezension: 

Anna von Quast ist auf der Tonkaalm, einem Familienbesitz, der seit mehreren Jahren unbewohnt ist, angekommen. Oben in den Bergen und weitab von den nächsten Nachbarn möchte sie ein neues, unabhängiges Leben beginnen. Zwischen Gemüsebeet und Töpferscheibe ist Anna in ihrem Element, aber auch unweigerlich den Unwägbarkeiten von Natur und Witterung ausgesetzt.
Eva fühlt sich wohl in ihrer WG in München, arbeitet in einer Apotheke und setzt ihr Studium fort. Sie vermisst ihre Freundin Maja, die nach Indien gegangen ist, hat aber in Mitbewohner Milo einen Ersatz gefunden. Sie hadert noch immer damit, als Adoptivkind nicht ihre Herkunft zu kennen, ist selbst schwanger und unsicher über die Vaterschaft. Ihr Interesse für Naturkosmetik ist ungebrochen und auch die Müsliproduktion findet auf dem Wochenmarkt Anklang. Der Traum von einem Naturkostladen zusammen mit ihren Mitbewohnern rückt in greifbare Nähe. 

"Glückstöchter - Einfach lieben" ist die Fortsetzung von "Glückstöchter - Einfach leben", der erste Band der Dilogie, der noch viele Fragen offen ließ. 

Wer Band 1 mochte, wird Band 2 lieben. Wer seine Problem mit dem ersten Teil hatte, wird auch im zweiten Teil Kritikpunkte haben.

Mit über 600 Seiten ist "Glückstöchter - einfach leben" sehr lang, was spekulieren lässt, ob eine ursprünglich als Trilogie (mit "Glückstöchter - einfach träumen") angedachte Reihe gekürzt wurde und der Roman am Ende arg gerafft wirkt.

Der Roman handelt wie schon in Band von der Liebe zur Natur und dem Leben im Einklang mit ihr. Das wird auf beiden Zeitebenen sehr anschaulich und lebendig geschildert. Hierbei wird viel Wissen über Pflanzen und deren Wirkung, über Naturkosmetik und Naturheilkunde in die Handlung miteingebaut. Die Familiengeschichte, die Verbindung zwischen Anna und Eva sowie die Umstände für die Adoption geraten im Vergleich zu langen Schilderungen über das Anlegen von Beeten oder vielen nebensächlichen Details, die einfach nur den Rahmen ausschmücken, aber keinen Mehrwert haben, zu kurz. 

Anna und Eva machen keine wesentliche Entwicklung durch. Anna bleibt die liebenswertere Hauptfigur, während Eva eher polarisiert.

Der Roman hat zwar einzelne dramatische Episoden, ist für seine Länge aber viel zu wenig ereignisreich. Dabei werden einige interessante Themen angesprochen und Impulse gesetzt, jedoch nicht vertieft dargestellt. Anti-AKW, Frauenrechte, Straßenproteste, Nationalsozialismus und Entnazifizierung verbleiben bei deren Erwähnung. Insgesamt fehlt es der Geschichte an Spannung - nicht einmal die Suche nach Evas Wurzeln kann fesseln, da sie lange nur halbherzig erfolgt und am Ende weitgehend per Epilog im Schnelldurchlauf abgearbeitet und was vergangen ist, erklärt wird. Die Erläuterungen darin sind jedoch nicht alle schlüssig und lassen immer noch Fragen offen. 
Ärgerlich sind in dem Roman zudem wenig realistische Zufälle und auffallend viele Fehler - von kleineren Ungenauigkeiten wie Schwiegermutter statt Stiefmutter bis zu gravierenden Schnitzern wie ein falsches Geburtsdatum oder eine Tote, die wieder lebendig wird.


Freitag, 2. Februar 2024

Buchrezension: Lilly Bernstein - Sturmmädchen: Freundinnen in dunkler Zeit

Inhalt:

Die drei Freundinnen Elli, Margot und Käthe kennen sich seit ihren Kindertagen in der malerischen Eifel. Aber die Zeitläufte stellen ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Als die Nationalsozialisten die Macht übernehmen, fühlt Käthe sich von der neuen Ideologie angezogen, während die Jüdin Margot bald um ihr Leben und das ihrer Familie fürchten muss. Die gehbehinderte Elli, für die Leute im Dorf nur das "Hinkemädchen", wird hineingerissen in einen Strudel der Gefühle: Angst und Trauer um ihre Freundinnen, Sorge um ihre überarbeitete Mutter, die einzige Hebamme im Tal. Und sie fühlt eine Liebe in sich aufkeimen, die es gar nicht geben dürfte. Doch sie weiß, dass sie nur eine Wahl hat: Margot zu helfen, um jeden Preis. Auch wenn sie sich dabei selbst in Gefahr bringt und droht, alles zu verlieren, was sie liebt. 

Rezension: 

Elli und Käthe sowie Margot aus Aachen, die die Ferien stets mit ihren Eltern im Rurtal in der Eifel verbrachte, sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen. Zusammen mit ihnen kann Elli sie selbst sein und schämt sich nicht für ihre Behinderung, die ihr den grässlichen Spitznamen "Hinkemädchen" eingebracht hat. 
Doch dunkle Zeiten ziehen auf, als die Nationalsozialisten an die Macht kommen und die Gesetze vor allem für die jüdische Bevölkerung verschärfen und die übrigen Menschen mit ihrem unmenschlichen Gedankengut indoktrinieren. 
Elli muss fassungslos zusehen, wie ihre Freundin Käthe sich der Frauenschaft anschließt und sie sich immer weiter entfremden, wie Margot und ihre Familie zwangsenteignet wird und schon bald in Lebensgefahr zu schweben scheint. 
Sie entwickelt daraufhin einen stoischen Mut, möchte die Dinge nicht einfach nur so hinnehmen und findet in Hans einen verlässlichen Freund an ihrer Seite, in dessen Gegenwart ihr Herz höher schlägt. Doch die Liebe zu ihm scheint keine Zukunft zu haben, ist er doch längst einer anderen Frau aus dem Dorf versprochen.  

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog im Jahr 1933, als die Welt für die drei Freundinnen noch in Ordnung ist. Fünf Jahre später setzt die Geschichte an und die Stimmung ist eine ganz andere. Von einer unbeschwerten Fröhlichkeit ist nichts mehr zu spüren.
Der Roman ist aus der Perspektive der nun 20-jährigen Elli geschildert, die ihre besten Freundinnen an die Nationalsozialisten zu verlieren droht - Käthe, die sich der Ideologie beugt und in der NS-Frauenschaft aufgeht und Margot, die als Jüdin immer mehr unter den sich verschärfenden Gesetzen zu leiden hat.
Elli, die eingangs mit ihrer Behinderung hadert und sich minderwertig und unnütz fühlt, entwickelt eine stoische Zivilcourage und hat sich fest vorgenommen, Margot und ihrer Familie zu helfen. Dabei geht sie jedes Risiko ein, ist mit ihrem Stolz und Wagemut sogar bereit, auf ihre Liebe zu verzichten.

Der Roman versetzt die/ den LeserIn anschaulich in ein fiktives Dorf in der Eifel unweit der Grenze zu Belgien. Das Alltagsleben im Dorf, wo man abgelegen nicht alle Repressalien des Regimes mitbekommen kann oder möchte, fängt den Zeitgeist ein und macht die Charaktere nahbar. Das Leben auf dem Hof ist beschwerlich und für die Halbwaise Elli von Armut geprägt. Das hindert sie jedoch nicht daran, anderen selbstlos zu helfen. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und findet über ihre Mutter, eine tüchtige Hebamme, heraus, wie sie noch mehr helfen kann.

"Sturmmädchen" ist eine fiktive Geschichte, die als historischer Roman jedoch einen wahren Hintergrund hat und von der düsteren Zeit zu Beginn und unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erzählt. Neben all dem Leid, das ungeschönt geschildert wird, ist es eine Geschichte, die zeigt, dass es in dieser dunklen Zeit auch hilfsbereite und selbstlose Menschen gab, die kein Risiko scheuten, um Schwächeren zu helfen. Es ist ein dramatisch und empathisch geschriebener Roman, der Emotionen weckt, traurig und wütend macht und dabei beweist, wie wichtig es ist, nicht wegzuschauen und Verantwortung zu übernehmen und damit vorbildhaft für alle Zeiten ist. "Sturmmädchen" ist nicht nur dramatisch, sondern durch die ungewissen Schicksale und geheimen Machenschaften darüber hinaus spannend. Das Ende ist hoffnungsvoll und versöhnlich und bietet sogar Potenzial für eine Fortsetzung. 
"Sturmmädchen" macht Geschichte lebendig und ist nach "Trümmermädchen" und "Findelmädchen" erneut ein empathischer Roman gegen das Vergessen.