Die drei Freundinnen Elli, Margot und Käthe kennen sich seit ihren Kindertagen in der malerischen Eifel. Aber die Zeitläufte stellen ihre Freundschaft auf eine harte Probe. Als die Nationalsozialisten die Macht übernehmen, fühlt Käthe sich von der neuen Ideologie angezogen, während die Jüdin Margot bald um ihr Leben und das ihrer Familie fürchten muss. Die gehbehinderte Elli, für die Leute im Dorf nur das "Hinkemädchen", wird hineingerissen in einen Strudel der Gefühle: Angst und Trauer um ihre Freundinnen, Sorge um ihre überarbeitete Mutter, die einzige Hebamme im Tal. Und sie fühlt eine Liebe in sich aufkeimen, die es gar nicht geben dürfte. Doch sie weiß, dass sie nur eine Wahl hat: Margot zu helfen, um jeden Preis. Auch wenn sie sich dabei selbst in Gefahr bringt und droht, alles zu verlieren, was sie liebt.
Rezension:
Elli und Käthe sowie Margot aus Aachen, die die Ferien stets mit ihren Eltern im Rurtal in der Eifel verbrachte, sind seit ihrer Kindheit beste Freundinnen. Zusammen mit ihnen kann Elli sie selbst sein und schämt sich nicht für ihre Behinderung, die ihr den grässlichen Spitznamen "Hinkemädchen" eingebracht hat.
Doch dunkle Zeiten ziehen auf, als die Nationalsozialisten an die Macht kommen und die Gesetze vor allem für die jüdische Bevölkerung verschärfen und die übrigen Menschen mit ihrem unmenschlichen Gedankengut indoktrinieren.
Elli muss fassungslos zusehen, wie ihre Freundin Käthe sich der Frauenschaft anschließt und sie sich immer weiter entfremden, wie Margot und ihre Familie zwangsenteignet wird und schon bald in Lebensgefahr zu schweben scheint.
Sie entwickelt daraufhin einen stoischen Mut, möchte die Dinge nicht einfach nur so hinnehmen und findet in Hans einen verlässlichen Freund an ihrer Seite, in dessen Gegenwart ihr Herz höher schlägt. Doch die Liebe zu ihm scheint keine Zukunft zu haben, ist er doch längst einer anderen Frau aus dem Dorf versprochen.
Die Geschichte beginnt mit einem Prolog im Jahr 1933, als die Welt für die drei Freundinnen noch in Ordnung ist. Fünf Jahre später setzt die Geschichte an und die Stimmung ist eine ganz andere. Von einer unbeschwerten Fröhlichkeit ist nichts mehr zu spüren.
Der Roman ist aus der Perspektive der nun 20-jährigen Elli geschildert, die ihre besten Freundinnen an die Nationalsozialisten zu verlieren droht - Käthe, die sich der Ideologie beugt und in der NS-Frauenschaft aufgeht und Margot, die als Jüdin immer mehr unter den sich verschärfenden Gesetzen zu leiden hat.
Elli, die eingangs mit ihrer Behinderung hadert und sich minderwertig und unnütz fühlt, entwickelt eine stoische Zivilcourage und hat sich fest vorgenommen, Margot und ihrer Familie zu helfen. Dabei geht sie jedes Risiko ein, ist mit ihrem Stolz und Wagemut sogar bereit, auf ihre Liebe zu verzichten.
Der Roman versetzt die/ den LeserIn anschaulich in ein fiktives Dorf in der Eifel unweit der Grenze zu Belgien. Das Alltagsleben im Dorf, wo man abgelegen nicht alle Repressalien des Regimes mitbekommen kann oder möchte, fängt den Zeitgeist ein und macht die Charaktere nahbar. Das Leben auf dem Hof ist beschwerlich und für die Halbwaise Elli von Armut geprägt. Das hindert sie jedoch nicht daran, anderen selbstlos zu helfen. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und findet über ihre Mutter, eine tüchtige Hebamme, heraus, wie sie noch mehr helfen kann.
"Sturmmädchen" ist eine fiktive Geschichte, die als historischer Roman jedoch einen wahren Hintergrund hat und von der düsteren Zeit zu Beginn und unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erzählt. Neben all dem Leid, das ungeschönt geschildert wird, ist es eine Geschichte, die zeigt, dass es in dieser dunklen Zeit auch hilfsbereite und selbstlose Menschen gab, die kein Risiko scheuten, um Schwächeren zu helfen. Es ist ein dramatisch und empathisch geschriebener Roman, der Emotionen weckt, traurig und wütend macht und dabei beweist, wie wichtig es ist, nicht wegzuschauen und Verantwortung zu übernehmen und damit vorbildhaft für alle Zeiten ist. "Sturmmädchen" ist nicht nur dramatisch, sondern durch die ungewissen Schicksale und geheimen Machenschaften darüber hinaus spannend. Das Ende ist hoffnungsvoll und versöhnlich und bietet sogar Potenzial für eine Fortsetzung.
"Sturmmädchen" macht Geschichte lebendig und ist nach "Trümmermädchen" und "Findelmädchen" erneut ein empathischer Roman gegen das Vergessen.
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