Samstag, 30. Dezember 2017

Buchrezension: Anna Paulsen - Liebe M. Du bringst mein Herz zum Überlaufen


Inhalt:

Während andere den Freitag herbeisehnen, freut sich Matilda auf Montag, denn nichts liebt sie mehr als ihren Job im Amt für nicht zustellbare Post, wo sie für die Buchstaben K bis M zuständig ist. Doch dann kommt der Tag, an dem Matilda ein nie überbrachter Liebesbrief so sehr berührt, dass sie beschließt, ihre gewohnten Pfade zu verlassen und den Empfänger ausfindig zu machen – ganz gleich, wie schwierig es wird. Sie stößt auf eine schmerzliche Liebesgeschichte, die bereits viele Jahrzehnte zurückliegt. Doch für ein Happy End ist es schließlich nie zu spät, oder?

Rezension:

Matilda ist Sachbearbeiterin im Amt für unzustellbare Post und geht ihrer Arbeit sehr gewissenhaft und akribisch nach. Für sie ist jeder doch noch erfolgreich zugestellte Brief ein persönliches Erfolgserlebnis.
Matilda ist eine Einzelgängerin, die anderen Menschen aus dem Weg geht und auch ihre Kollegen nicht zu nah an sich heranlässt. Sie ist allerdings dennoch eine hilfsbereite Person, die das Herz auf dem rechten Fleck hat und kümmert sich insbesondere um ihre älteren Nachbarn. Für den Rentner Knut geht sie nach Feierabend regelmäßig einkaufen, als dieser sich am Bein verletzt hatte und die beiden freunden sich bei ihren abendlichen Gesprächen zum Tee sogar an.
Als Matilda in ihrem Büro zufällig einen Liebesbrief eines Michel an eine Leni findet, der im Jahr 1966 abgestempelt wurde, entwickelt sie den Ehrgeiz, die Empfängerin und den Absender ausfindig zu machen, um vielleicht doch noch für ein glückliches Ende dieser tragischen Liebesgeschichte zu sorgen, die sie durch die Worte des Michel so tief berührt hat. Ihr Nachbar Knut ist dabei derjenige, der ihrer Suche neue Impulse gibt und sie moralisch unterstützt. Und so geht sie auch bei anderen unzustellbaren Briefen weiter, als die reine Bürotätigkeit es erfordern würden.

Matilda ist eine altmodische, etwas einfältige Einsiedlerin, deren Leben bisher auf ihre Arbeit in der Behörde fokussiert war. In ihrer Freizeit liest sie Bücher oder beobachtet andere Menschen, für die sie sich Geschichten ausdenkt. Sie lebt in ihrer eigenen Welt und lässt keinen Menschen nah an sich heran.
Sie glaubt an Liebesgeschichten, nicht aber an die große Liebe - schon gar nicht auf sich selbst bezogen.
Matilda ist ein eigenwilliger Charakter, dem man wünscht, dass er sein Schneckenhaus verlässt und ein wenig offener und mutiger durchs Leben geht. Der Liebesbrief aus dem Jahr 1966 und die Suche nach den Liebenden lässt Matilda auf andere Pfade gehen und sich auf ein kleines Abenteuer einlassen.

Im Verlauf des Romans entwickelt sie sich weiter, merkt dabei aber gar nicht, dass die Liebe auch vor ihr keinen Halt macht.

"Liebe M. Du bringst mein Herz zum Überlaufen" ist eine romantische Geschichte, die für einige schöne Lesestunden sorgt. Der Roman ist flüssig und unterhaltsam zu lesen und nicht in Gänze vorhersehbar.
Tatsächlich war ich überrascht, wie die Geschichte für Michel und Leni, aber auch für Matilda endete, empfand diese aber sehr authentisch und positiv, dass es nicht zu einem faden Happy End gekommen ist.
Auch wenn bei der Suche nach dem Liebespaar einige Zufälle auf Matildas Seite waren, ist es eben eine etwas magische Geschichte, die Matilda aus ihrem Schneckenhaus lockt und ihr damit auch den Weg frei für ihr persönliches Glück macht, das sie für sich selbst ausgeschlossen hatte.
Ich hätte mir für mehr Tiefgang der Handlung noch mehr Hintergründe über Matilda gewünscht, um zu erfahren, was zu ihrer negativen Einstellung in Bezug auf die Liebe und ihrer Zurückgezogenheit geführt hat.

"Liebe M. Du bringst mein Herz zum Überlaufen" ist ein warmherziger Roman, der zum Träumen anregt und Mut macht, sich ohne Vorbehalte ins Leben zu stürzen und von seinen gewohnten, sicheren Wegen abzuweichen.



Freitag, 29. Dezember 2017

Buchrezension: Ellen McCoy - Verliebt und zugeschneit: Alaska wider Willen


Inhalt:

Sarah Bishop führt ein perfektes Leben. Aber heißt perfekt auch wirklich glücklich?
Kurz vor Weihnachten packt Sarah einer plötzlichen Eingebung folgend ihren Koffer und flüchtet aus dem sonnigen Kalifornien in die winterliche Wildnis Alaskas - auf der Suche nach Ruhe, Abgeschiedenheit und sich selbst. Das entpuppt sich allerdings als nicht so einfach, denn Alaska hält mehr als eine Überraschung für sie bereit.
Tom Collins ist einem gelegentlichen Flirt nicht abgeneigt, an einer ernsthaften Beziehung hat er jedoch so gar kein Interesse. Als Sarah plötzlich in dem Haus nebenan auftaucht, geraten seine Überzeugungen ganz schön ins Wanken. Doch er hat einen sehr guten Grund, die hübsche Touristin auf Abstand zu halten.

Rezension:

Als Sarah bei einer Hochzeit von Freunden ist, merkt sie plötzlich, dass sie ihren Verlobten nicht mehr heiraten möchte. Zudem zweifelt sie, ob die Arbeit als Schönheitschirurgin im Klinikum ihres Stiefvaters auf Dauer das Richtige für sie ist. Vierzehn Tage vor Weihnachten nimmt sie sich deshalb eine Auszeit von allem und reist Hals über Kopf nach Alaska, um möglichst weit weg von Familie und Beruf zu sein.
Statt eines Hotels wählt Sarah bewusst die Einsamkeit und mietet ein Häuschen in North Pole an, wo sie schon am Ankunftstag den hilfsbereiten Nachbarn Tom und seine aufgeweckte kleine Tochter Isabella kennenlernt. Tom ist Witwer und bevorzugt One-Night-Stands mit anonymen Touristinnen, um seiner Tochter keine falschen Hoffnungen für eine etwaige Mutter zu machen. Doch nicht nur Isabella ist begeistert von der neuen netten Nachbarin, auch Tom entwickelt ungeahnte Gefühle für die attraktive Kalifornierin...

"Verliebt und zugeschneit - Alaska wider Willen" ist ein Liebesroman für die Weihnachtszeit ohne Höhen und Tiefen. Es ist eine romantische, kurze Liebesgeschichte, deren Handlung und Ende vorhersehbar sind.
Auch wenn ich nicht allzu große Erwartungen an diesen Roman hatte, ist die Geschichte dennoch seicht, die Charaktere flach und der Verlauf des Romans ohne Überraschungsmomente und zu gewollt auf ein perfektes Happy End ausgerichtet, so dass nicht jeder Handlungsschritt ganz realistisch ist. Irritiert war ich zudem über die Tatsache, dass Weihnachten samt Bescherung an Heiligabend und nicht traditionell am 25. Dezember gefeiert wurde. Das könnte allerdings daran liegen, dass sich hinter dem Pseudonym Ellen McCoy die deutsche Schriftstellerin Elvira Zeißler verbirgt.
Wer sich im Winter oder zur Einstimmung auf Weihnachten einfach nur für wenige Stunden nett unterhalten lassen möchte und dabei keinen Anspruch auf eine kreative, tiefgründige Handlung legt, ist mit dieser Liebesgeschichte gut aufgehoben. Mit knapp über 200 Seiten hat der Roman für den geringen Inhalt immerhin genau den richtigen Umfang und wird nicht unnötig in die Länge gezogen.



Mittwoch, 27. Dezember 2017

Buchrezension: Mike Gayle - Nur zusammen ist man nicht allein


Inhalt: 


Seit dem Tod seiner Frau ist Tom nicht mehr derselbe. Er schafft es weder, sich um seine Mädchen, noch um den täglich chaotischer werdenden Familienalltag zu kümmern. Zum Glück gibt es Linda, Toms Schwiegermutter, die einspringt und die Fäden zusammenhält. Doch die Mädchen brauchen ihren Vater mehr denn je, und so trifft Linda eine radikale Entscheidung: Sie fährt nach Australien, Rückkehr ungewiss. Allein auf sich gestellt, bleibt Tom nichts anderes übrig, als sich seiner Trauer zu stellen und seine Familie zu retten. Und so stürzen sich Tom, Evie und Lola gemeinsam ins Abenteuer zu dritt – Stolperfallen und emotionale Achterbahnfahrten inklusive.

Rezension: 

Toms Frau ist vor über einem Jahr bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seitdem wohnt seine Schwiegermutter Linda bei ihm und kümmert sich liebevoll als Ersatzmutter um seine beiden Töchter, die 13-jährige Evie und die 8-jährige Lola.
Tom stürzt sich als Fernsehproduzent in die Arbeit, ist kaum zu Hause und sieht seine Töchter nur selten. Er lenkt sich mit seinem Arbeitseifer von der Trauer um Laura ab, entflieht damit aber komplett dem Familienalltag.
Linda kann nicht weiter zusehen, wie sich Tom von seinen Kindern entfremdet und sich durch ihre Anwesenheit seiner Verantwortung als Vater entzieht. Schweren Herzens beschließt sie, für sechs Monate zu ihrer Freundin Moira nach Australien zu fahren.

Während Linda in Australien überraschend Lauras Vater Frank begegnet, den sie zuletzt vor 40 Jahren gesehen hatte, und sich in den Australier Desi verliebt, schafft es Tom nach einigen Anfangsschwieirigkeiten seiner Rolle als Vater gerecht zu werden. Er beendet seine "Selbstmitleidparty" und kümmert sehr engagiert um Evie und Lola. Bei einer Selbsthilfegruppe für Trauernde, zu der er allerdings nur einmal geht, freundet er sich mit dem sympathischen alten Grantler Clive an, der eine ebenso sympathische Enkelin hat. Toms neuer Lebensmut erhält allerdings einen herben Rückschlag, als er etwas über seine verstorbene Frau herausfindet, das ihn alles in Frage stellen lässt.

Der Roman ist abwechselnd aus der Sicht von Tom und Linda geschrieben, so dass sich der Leser in beide Personen hineinversetzten und ihre innere Zerrissenheit verstehen kann.
Berührend beschreibt der Autor, wie die Familie Hope nach dem schlimmen Verlust der Mutter ohne diese zurechtkommen muss und wie schwer es vor allem für Tom ist, sich dem Alltag zu stellen ohne weiter in Trauer und Selbstmitleid zu versinken. Erst als seine Schwiegermutter ihn zwingt, seine Rolle als Vater einzunehmen, kommt es zu einem Wandel. Tom engagiert sich sehr für seine Töchter, möchte Vater und Mutter zugleich sein und seine Kinder glücklich sehen.

"Nur zusammen ist man nicht allein" ist ein warmherziger Roman über eine Familie, die sich neu orientieren muss und der zeigt, dass man es nur gemeinsam schaffen kann, die Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen nicht überhand nehmen zu lassen. Zusammen geben sich die drei gegenseitig Halt und öffnen sich für ein neues Leben. Während die Mädchen einen Vater brauchen, der sich kümmert und mit ihnen den Alltag gestaltet, ist es Tom, der von der Liebe der Mädchen profitiert, die sie ihm zurückgeben.
Am Anfang des Romans steht zunächst die Trauer und das Leid um Laura im Vordergrund, im weiteren Verlauf des Romans ist die Handlung dagegen überraschend witzig und unterhaltsam geschrieben.

Es ist eine Familiengeschichte, deren Ende zwar vorhersehbar ist, die aber so herzerwärmend, abwechslungsreich und authentisch geschrieben ist, dass man den Roman nicht mehr aus der Hand legen mag.


Freitag, 22. Dezember 2017

Buchrezension: B. A. Paris - Saving Grace - Bis dein Tod uns scheidet


Inhalt: 

Niemand glaubt dir. Niemand hilft dir. Du gehörst ihm … Grace und Jack Angel sind das perfekte Paar. Die dreiunddreißigjährige Grace ist warmherzig, liebevoll, bildhübsch. Jack sieht gut aus, ist charmant und kämpft als renommierter Anwalt für die Rechte misshandelter Frauen. Aber sollte man Perfektion jemals trauen? Warum zum Beispiel kann Grace auf Dinnerpartys so viel essen und nimmt doch niemals zu? Warum umgibt ein hoher Zaun Jacks und Graces wunderschönes Haus? Doch wenn man Grace danach fragen möchte, stellt man fest, dass sie nie allein ist. Denn Jack ist immer – wirklich immer – an ihrer Seite.

Rezension: 

Die 33-jährige Grace lernt den charmanten Anwalt Jack Angel kennen, der keinerlei Berührungsängste mit ihrer am Down-Syndrom erkrankten jüngeren Schwester Millie hat. Sie verliebt sich auf den ersten Blick in den erfolgreichen Rechtsanwalt, der sich auf die Vertretung von misshandelten Frauen spezialisiert hat, und auch Jack scheint in Grace, die sich so liebevoll wie Mutter und Schwester zugleich um Millie kümmert, verliebt zu haben. Sie träumen gemeinsam von einem großen Haus im Grünen, in dem sie zusammen mit Millie leben werden, wenn diese volljährig ist und aus ihrem Internat ausziehen muss. 

Nach wenigen Wochen des Kennenlernens heiraten Grace und Jack und damit beginnt das Grauen für Grace, denn Jack ist nicht der Mann, für den er sich ausgegeben hat. Um 180° gedreht, beginnt ein Psychoterror für Grace, wobei nach Außen der Anschein einer glücklichen und perfekten Ehe in einer für Grace sorglosen Umgebung, aufrecht erhalten wird. 

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und schildert aus der Vergangenheit das Kennenlernen von Grace und Jack bis zum Persönlichkeitswandel von Jack, während jedes zweite Kapitel die Gegenwart nach der Hochzeit beschreibt. 

Die Spannung des Psychothrillers baut sich von Beginn langsam auf. Zunächst wird die Anfangszeit von Graces und Jacks Beziehung geschildert, die Phase der ersten Verliebtheit. Bei den Schilderungen der Dinner in der Gegenwart wird subtil offenbar, dass Grace aus Angst vor ihrem Mann, der sie mit Argusaugen beobachtet, sehr zurückhaltenden und im Umgang mit anderen gehemmt ist. 

Nach und nach wird deutlich, warum Grace keinen Schritt ohne ihren Ehemann machen kann und womit er sie unter Druck setzt. Während Grace am Anfang noch sehr naiv ist und sich unbeholfen versucht zu wehren und teilweise resigniert, ist es ihre behinderte Schwester, die im Gegensatz zu allen anderen Bekannten durchschaut, das Jack "böse" ist und den Anstoß gibt, dass Grace selbst raffinierter wird und den Ausbruch aus ihrem goldenen Käfig plant. 

"Saving Grace" ist in unblutiger Thriller, bei dem es spannend ist zu erfahren, wie Grace und auch Millie aus einer schier aussichtslosen Situation herauskommen. 
Ich empfand es stellenweise als unrealistisch, wie wenig Risiko Grace auf sich nimmt, um sich selbst zu befreien, auch wenn ihre Angst um Millie nachvollziehbar war, und dass Jack ihr stets einen Schritt voraus war. 
Als Leser versetzt man sich unweigerlich in Graces Situation und überlegt, wie man selbst handeln würde. Es ist beklemmend zu lesen, mit welch einfachen Mitteln ein Mensch seiner Freiheit beraubt werden kann, ohne dass Außenstehende - Freunde, Verwandte, Nachbarn - etwas davon erfahren. 

Zum Charakter Jack hätte ich mir mehr tiefer gehende Erklärungen gewünscht. Zwar erfährt man von einem Schlüsselerlebnis aus seiner Kindheit, was aber dennoch seine Motivation in der Gegenwart nicht ganz erklären und konnte und mir der reine Verweis auf einen schlicht grausamen Psychopathen zu wenig ist. 

Mittwoch, 20. Dezember 2017

Buchrezension: Madeleine Puljic - Noras Welten: Durch den Nimbus


Inhalt:

Nora Winter hat Angst vor Büchern, und das aus gutem Grund: Was sie liest, muss sie am eigenen Leib erleben. Mit Hilfe eines Hypnosetherapeuten will sie das Problem in den Griff bekommen, doch damit beginnen ihre Schwierigkeiten erst recht.
Gegen ihren Willen landen die beiden in einer Welt, die eigentlich nicht existieren dürfte – zwischen Rittern, Magiern, Drachen und Intrigen. Es gibt nur einen Weg zurück: Sie müssen die Geschichte bis zum Ende durchstehen.

Rezension:

Nora Winter hat Angst vor Büchern. Sobald sie in ihnen liest, taucht sie leibhaftig in die Geschichte ein. In ihrer Verzweiflung geht sie zu einem Psychiater, um mittels Hypnose das Lesen zu verlernen. Als sie ihm bei ihrer ersten Sitzung demonstriert, wie sie in ein Buch "fällt", berührt Ben sie und fällt mit ihr zusammen in das Buch "Eldinor".

Nora und Ben nehmen sich vor, sich möglichst unauffällig zu verhalten, um die Handlung des Romans nicht zu verändern. Sie hoffen, dass mit dem Ende der Geschichte auch sie wieder in die reale Welt gelangen.

Die beiden befinden sich im 14. Jahrhundert an einem Ort, wo es um den Kampf um ein Königreich geht und der Onkel des Thronfolgers, Keldan, Anspruch auf den Thron erhebt und seinen Neffen Luar, den Drachentöter und eigentlichen Held der Geschichte, entmachten möchte. Nora verliebt sich in den Magier Keldan, zudem sie sich von Anbeginn hingezogen fühlte. Er erkennt in ihr eine "Weltenwanderin" und nimmt sie zur Frau.

Nora steht insofern auf der falschen Seite, arbeitet gegen den Held des Romans und verändert damit das Ende der Geschichte. Während Nora sich jedoch ein Dasein in Eldinor vorstellen kann, ist Ben erbost über ihr Verhalten und setzt sich für einen Sieg Luars ein, in der Hoffnung, dass er dann wieder zurück in seine Praxis kommt.

Die Grundidee, in einen Roman eintauchen und selbst ein Teil davon zu werden, fand ich wirklich interessant. Leider steht in "Noras Welten" aber nicht das Rätsel um die magische Fähigkeit Noras im Vordergrund, sondern vielmehr die Handlung des Fantasyromans "Eldinor", den der Psychologe als langweilige Lektüre in seiner Praxis liegen hatte.

"Durch den Nimbus" ist der Auftakt einer Buchreihe um die Weltenwanderin Nora, wobei der Plot des ersten Teils in sich geschlossen ist und zur Befriedigung des Lesers kein offenes Ende hat, aber die Option für mehr Abenteuer Noras offen lässt.

Das Setting in Eldinor - rund um Könige, Schwertkämpfe, Drachen und Hexerei - war mir zu fantasy-lastig. Der Kampf um den Thron fand ich belanglos, da mir nicht ganz klar war, warum Keldan überhaupt kämpft, wenn er hexen kann und einen übermächtigen Drachen an seiner Seite hat.
Der Schreibstil des Buches und die etwas hölzernen Dialoge sind so einfach gehalten, dass man "Noras Welten" für ein Kinderbuch halten könnte. Dafür sind die Kampfszenen allerdings zu brutal und auch die Liebesgeschichte wäre nicht passend dafür.
Nora und Ben sind Charaktere, die mich nicht überzeugen konnten. Beide werden nur sehr oberflächlich beschrieben und sind zu egoistisch, als sie als sympathisch zu empfinden.

Das Ende von "Noras Welten: Durch den Nimbus" kam im Gegensatz zu dem etwas zähen Voranschreiten der Handlung von "Eldinor" sehr abrupt und ohne große Erklärungen. Hier ist wirklich noch viel Potenzial für Erklärungen der Fähigkeit und Noras und der Eigenschaften von Weltenwanderer und Wächter.
Ich hätte mir mehr Raum für diese Magie, Symbolik von Noras Amulett und ihren familiären Hintergrund, vor allem die Rolle ihrer Großmutter, gewünscht. Diesen offenen Fragen machen Hoffnung für die weiteren Bände.
Nora als Protagonistin und ihr mutmaßliches Eintauchen in andere Fantasywelten konnte bei mir nicht die Neugier auf weitere Teile der Buchreihe wecken.
Hier habe ich mich einfach im Genre vergriffen. 



Montag, 18. Dezember 2017

Buchrezension: Katharina Bivald - Highway to Heaven


Inhalt:

An ihrem achtzehnten Geburtstag versprach Anette sich drei Dinge, die sie im Leben tun würde: ein Motorrad fahren, ein Haus zu kaufen und sich um sich selbst kümmern. Fast zwanzig Jahre später sieht die Welt ganz anders aus. Sie lebt in einer Mietwohnung in einer schwedischen Kleinstadt mitten im Nirgendwo. Sie arbeitet in einem Supermarkt, in dem der Klang des Kassenscanners sie langsam in den Wahnsinn treibt. Sie kümmert sich um ihre demente Mutter, und ein Motorrad hat sie auch nicht, noch nicht mal einen Führerschein. Aber sie hat ihre Tochter. Als Emma jedoch auszieht, fällt Anette in ein Loch, aus dem nur ihre beiden besten Freundinnen sie herausholen können, und die Arbeit an einem scheinbar unmöglichen Projekt.

Rezension:

Anette ist 38 Jahre alt und arbeitet im örtlichen Supermarkt einer schwedischen Kleinstadt. Als ihre 19-jährige Tochter Emma flügge wird und zum Studium nach Karlskrona zieht, fällt Anette erst einmal in ein Loch und weiß nichts mit sich und ihrer Freizeit anzufangen.
Sie übernimmt bereitwillig mehr Schichten im Supermarkt, räumt die Wohnung noch intensiver auf, wienert sogar die Abstellkammer und besucht ihre Mutter im Heim, aber befriedigen tut sie das alles nicht.
Sie unterdrückt die Sehnsucht, ihre Tochter ständig anrufen zu wollen und besinnt sich auf das, was sie vor ihrer frühen Mutterschaft machen wollte. Sie nimmt sich ein Herz und geht zur Fahrschule, um Übungsstunden für den Motorradführerschein zu vereinbaren. In den ersten Fahrstunden stellt sich Anette denkbar ungeschickt an, aber der junge Fahrlehrer Lukas bleibt geduldig, bis sie auch damit beginnen, sich privat zu treffen...

Neben dem Motorradführerschein widmet sich Anette aber auch einem ganz anderen Projekt: Sie hilft der Organisation des traditionellen Skogahammar-Tag, einem Städtefest, mit und entwickelt dabei einen ungewohnten Ehrgeiz, die örtlich Unternehmen und Vereine für ein Engagement zu gewinnen.

Anette ist eine sympathische, selbstironische und etwas tollpatschige Protagonistin, die sich nach dem Auszug ihrer Tochter mit einer Midlife Crisis konfrontiert sieht.
Der Roman ist amüsant zu lesen und sehr unterhaltsam zu verfolgen, wie Anette über ihren Schatten springt, aus ihrer piekfeinen Wohnung heraustritt, wo ihr die Decke auf den Kopf fällt und nach neuen Herausforderungen sucht.
Während sie mit dem Motorradführerschein einen Jugendtraum auslebt, wird sie in das Projekt um den Skogahammar-Tag eher unfreiwillig hereingedrängt, wächst aber auch da über sich hinaus.
Auch wagt sie es, sich nach Jahrzehnten der Abstinenz, in der sie in ihrer Mutterrolle aufgegangen ist, sich wieder auf einen Mann einzulassen.

"Highway to heaven" ist ein kurzweiliger und amüsanter Roman über das Leben in einer schwedischen Kleinstadt und eine alleinerziehende Mutter, die sich neu orientieren muss.
Gerade weil sich in dem Roman die Ereignisse nicht überschlagen, die Weiterentwicklung von Anette eher sachte erfolgt und auch die Liebesgeschichte keinen allzu großen Raum einnimmt, wirkt die Geschichte realistisch und und aus dem Leben gegriffen. 



Samstag, 16. Dezember 2017

Buchrezension: Katharina Seck - Tochter des dunklen Waldes


Inhalt:

Der Morgenwald ist verboten. Er ist Nacht. Er ist gefährlich.
Seit sie denken kann, hört die junge Lilah Warnungen vor dem finsteren Morgenwald. Niemand aus ihrem Dorf betritt ihn, auch wenn kaum jemand mehr weiß, was Wahrheit und was Legende ist. Doch dann wird am Waldrand die Leiche einer Frau gefunden. Sind die alten Geschichten also wahr? Gibt es Ungeheuer im Wald? Lilah wird es herausfinden. Denn zur selben Zeit verschwindet Dorean, der Mann, dem Lilahs Herz gehört. Er ist in den verfluchten Wald gegangen. Und Lilah trifft eine folgenschwere Entscheidung: Sie folgt ihm.

Rezension:

Seit ihre Eltern verschwunden sind, lebt Lilah bei ihrem Onkel Ben und seiner Frau in Grünweite. Die junge Frau arbeitet in deren Gaststätte "Schwarze Eiche" mit und interessiert sich für die Natur, Blumen und (Heil-)kräuter.
An Grünweite grenzt der sagenumwobene Morgenwald, über den gruselige Schauermärchen erzählt werden. So soll es ein Mädchen gegeben haben, das neugierig den Wald betreten hat und dort von einem Baum gefangen gehalten und nie mehr gesehen wurde.
Jedes Jahr im Sommer kommen Erntehelfer in das 100-Seelen-Dorf, darunter auch Dorean, in den sich Lilah im letzten Sommer verliebt hatte.
Er ist auch dieses Jahr wieder in Grünweite, um auf den Feldern zu arbeiten und verhält sich Lilah gegenüber sehr distanziert. Als eine Frauenleiche gefunden wird, ist auch Dorean verschwunden. Er hinterlässt Lilah einen Abschiedsbrief, aus dem sie schließt, dass Dorean in den Morgenwald gegangen ist. Sie selbst spürte schon immer die Anziehungskraft, die von dem Wald ausging, überwindet ihre Angst und folgt ihrem Herzen.
Im Morgenwald trifft sie nicht nur auf Dorean, sondern auch auf eine ganz eigene Welt voller Mythen und Geheimnisse.

"Tochter des dunklen Waldes" ist ein Fantasyroman aus der Feder von Katharina Seck, von der ich bereits "Die Stille zwischen Himmel und Meer" gelesen habe, von dem ich begeistert war. Aufgrund des Genres unterscheiden sich die Romane zwar inhaltlich, aber den atmosphärischen Stil und die Melancholie, die auch von dieser Protagonistin auszugehen scheint, findet man auch in diesem Roman.

Es ist nicht klar, zu welcher Zeit der Roman handelt, mit Sicherheit aber in der Vergangenheit. Lange wird nicht deutlich, wohin der Roman zielt und ob es einfach nur ein Märchen über die enge Verbundenheit zur Natur und insbesondere zu den Bäumen, ist.

Die Beschreibung des Settings von Dorf und insbesondere dem Wald ist so intensiv bildhaft, dass man die Natur unmittelbar vor Augen hat und wie die Protagonistin selbst, eintaucht. Der Roman ist aus der Perspektive von Lilah geschrieben, wobei jedes Kapitel mit den Gedanken von Dorean beginnt, die seine Unsicherheit und Verlorenheit in der Welt verdeutlichen.

Die Handlung im Wald ist märchenhaft-mythisch, ein wenig düster, aber nicht gruselig. Lilah entdeckt dort eine eigene Welt, eine Gesellschaft, die eng mit den Bäumen verbunden ist. Auch sie findet dort ihren Gefährten, einen Ahorn und fühlt sich Zuhause, bei sich angekommen.
Als eine alte Eiche verbrennt und dem Ältesten der Bewohner im Morgenwald damit das Leben genommen wird, herrschen auf einmal Hass und Misstrauen, bei dem sonst so friedlichen, naturverbundenem Volk.

Auch wenn man als Leser wie Lilah neugierig in den Wald hineintaucht und fasziniert ist von der Atmosphäre dort, liest sich der Roman im Mittelteil etwas zäh bis gegen Ende die Handlung deutlich an Spannung zunimmt.
Im spannungsgeladenen letzten Viertel des Romans - beim Kampf Gut gegen Böse - thematisiert die Autorin die alten Ängste der Menschen, die Angst vor dem Unbekannten, vor dem Fremden.

"Tochter des dunklen Waldes" ist mehr als nur ein Fantasyroman über die Liebe zur Natur. Er vermittelt eine Botschaft, die gerade heute in Zeiten der Zuwanderung und dahin eingehender Verunsicherung aktuell ist. Lilah ist die Heldin, die trotz ihrer Unbedarftheit eine Menge Mut entwickelt und gegen Grausamkeit und Gewalt ankämpft und dafür, dass sich Waldbewohner und Einwohner des Dorfes annähern, sich kennenlernen und gegenseitige Vorbehalte und Vorurteile abbauen, um friedlich nebeneinander und auch miteinander leben zu könne.

Der Schreibstil der Autorin hat einen hohen Wiedererkennungswert und ist beeindruckend atmosphärisch, die sehr ausführlichen Beschreibungen der Flora gehen in "Die Tochter des dunklen Waldes" allerdings zu Lasten der Spannung.

Auch wenn die Moral der Geschichte nicht zu beanstanden sein kann und wie in jedem Märchen Gut über Böse siegt, empfand ich den Roman am Ende etwas zu pathetisch und zu sehr mit dem erhobenen Zeigefinger geschrieben. 


Freitag, 15. Dezember 2017

Buchrezension: Nicola Cornick - Die Schatten von Ashdown House


Inhalt:

Als Hollys Bruder Ben spurlos verschwindet, macht sich die junge Frau verzweifelt auf die Suche nach ihm. Sie reist nach Oxfordshire, wo Ben zuletzt in dem kleinen Ort Ashdown nach Hinweisen auf ihre Familiengeschichte forschte. Hier entdeckt Holly das mysteriöse Anwesen Ashdown House - ein Ort, an dem sich die Schicksale zweier Frauen mit ihrem eigenen verknüpfen. Die dunkle Vergangenheit des herrschaftlichen Gutes verbirgt den Schlüssel zu Bens Verschwinden. Nur wenn sich Holly den Mysterien längst vergessener Zeiten stellt, hat sie eine Chance, Ben zu finden. 


Rezension: 

Gegenwart

Holly erhält einen verzweifelten Anruf von ihrer Nichte Florence, dass ihr Vater verschwunden ist. Holly lässt daraufhin in London alles stehen und liegen und fährt nach Oxford zum Ferienanwesen der Familie. Florence wird von ihrer Mutter Tasha abgeholt, die auch nicht weiß, wo sich Ben befinden könnte. Holly ist einerseits wütend auf ihren Bruder, andererseits macht sie sich große Sorgen um ihn und versucht herauszufinden, was es mit seinem Verschwinden auf sich haben könnte.

Sie erfährt, dass sich Ben mit Nachforschungen zu ihrer Familiengeschichte beschäftigt hat. Möglicherweise war er dabei, ein jahrhundertealtes Familiengeheimnis um ihre vermeintlich adelige Abstammung und das Erbe, das sie damit tragen, zu entschlüsseln. Nach einem Gespräch mit Espen Shurmer, einem Kunstsammler, vermutet Holly, dass Ben die Sistrin-Perle gefunden haben könnte, die im 17. Jahrhundert im Besitz von Königin Elizabeth von Böhmen war. Zusammen mit einem diamantenbesetzten Kristallspiegel, der sich in der Sammlung des örtlichen Museums befindet, soll von diesen Utensilien eine böse Macht ausgehen.

1632-1662

Königin Elizabeth von Böhmen und ihr Ehemann Friedrich I. befinden sich im Exil in Den Haag am Wassenaer Hof. Friedrich, der weder in guter Stratege noch ein mutiger Ritter ist, setzt alles in die Vorhersage des Spiegels, dass er und seine Truppen erfolgreich sein werden und ihr Land zurückerobern.

Der "Winterkönig" stirbt allerdings an der Pest und sin ältester Sohn Karl Ludwig ist noch zu jung, um sein Erbe selbst zurückerobern zu können. An Elizabeths Seite ist der Ritter William Craven treu ergeben, der die kluge Frau respektiert und in den sie sich verliebt. Er ist derjenige, dem sie vertraut, das Grab ihres Ehemannes von Metz nach Sedan umzubetten, um den Leichmam vor Grabschändern zu schützen und um den Spiegel, der mit begraben ist, zu zerstören. Sie hat Angst vor seiner unheilvollen Macht, kann sich selbst aber nicht von der Sistrin-Perle trennen.

1801

Die Kurtisane Lavinia Flyte lebt in Ashdown House, wo sie mit Evershot verheiratet ist, der auf dem Anwesen intensiv nach etwas Wichtigem zu suchen scheint. Ihre Eindrücke schreibt Lavinia in ihren Memoiren nieder, die Holly in der Gegenwart lesen wird. In dem Buch, das sie bei ihren Großeltern findet, bemerkt sie einen handschriftlichen Notizzettel von Ben, was ihr weitere Anhaltspunkte für ihre Recherchen zu seinem Verschwinden bietet.

"Die Schatten von Ashdown House" ist ein Roman, der sich auf zwei Zeitebenen im 17. bzw. 21. Jahrhundert abspielt und durch die Aufzeichnungen von 1801 inhaltlich ergänzt wird. Es geht um die Geschichte von Hollys Familie und ob diese adeliger Abstammung sein könnte. Das herrschaftliche Gut Ashdown House war vor ihrem Tod für Elizabeth von Böhmen als Jagdresidenz errichtet worden.

Sowohl die Suche nach Ben als auch die Mystik um die Sistrin-Perle und den Kristallspiegel mit seiner zerstörerischen Macht ist unheimlich spannend zu lesen. Durch die detailreiche Schilderung der Vergangenheit taucht man als Leser in das Leben am Königshof ein und kann Elizabeths Handlungen und Gefühle nachvollziehen. Die Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart sorgen für keine Verwirrung, da sich die Details zu dem sagenumwobenen Spiegel in beiden Zeitebenen wiederfinden, sich ergänzen und aufeinander aufbauen.

Bis zum Schluss bleibt spannend zu erfahren, was mit Ben geschehen ist und was in der Vergangenheit getan wurde, um die unheilvolle Macht von Perle und Spiegel zu brechen. Ungewiss ist, ob Ben tatsächlich die Sistrin-Perle gefunden hat, ob dies wieder mit dem Spiegel vereint werden kann und welche Konsequenzen damit für Hollys Familie und Ashdown House ausgelöst werden könnten.

Die Mischung aus historischer Wahrheit, Mystik und der Erforschung der Familiengeschichte macht "Die Schatten von Ashdown House" zu einem fundierten, dramatischen Roman mit überraschenden Wendungen, in dem auch die Liebe nicht fehlen darf.


Mittwoch, 13. Dezember 2017

Buchrezension: Rowan Coleman - Frühstück für einsame Herzen


Inhalt:

Seit dem Tod ihres Mannes lebt Ellen zurückgezogen in ihrem Haus in London. Nur durch die Arbeit kann sie dem traurigen Alltag entfliehen, sie redigiert Liebesromane. Doch zum Leben reicht das Geld kaum. Um ihr Zuhause nicht zu verlieren, vermietet die junge Witwe schließlich einige Zimmer. Bald bringen drei Untermieter Ellens wohlgeordnetes Leben durcheinander: Sabine, die sich von ihrem Mann getrennt hat, die exzentrische Schriftstellerin Allegra, und Matt, ein aufstrebender junger Journalist. Ellen ahnt, dass noch einige Überraschungen auf sie warten – und vielleicht eine neue Liebe.

Rezension:

Ellen Woods ist Mutter eines elfjährigen Sohnes und seit knapp einem Jahr Witwe. Da ihr Mann Nick unter Alkoholeinfluss und wegen überhöhter Geschwindigkeit bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist, zahlt die Lebensversicherung nicht, weshalb Ellen trotz ihrer Anstellung als Lektorin fas mittellos ist. Ihr bleibt das schöne Haus im viktorianischen Stil, in welchem Nick viel selbst gestaltet hat.
Um für ein weiteres regelmäßiges Einkommen zu sorgen, wird sie von ihrer Schwester Hannah überredet, Untermieter in ihr Haus aufzunehmen und wenig später wird das Haus auch schon zu fünf bewohnt.

Die deutsche Sabine ist aus beruflichen Gründen nach London gezogen und braucht ein Zimmer. Autorin Allegra Howard, deren Haus zur Zeit unbewohnbar ist, kennt Ellen durch all ihre Bücher, die sie von ihr redigiert hat. Die exzentrische Frau befindet sich gerade in einer Schaffenskrise, weshalb Ellen ihren aktuellen Roman nicht nur korrigiert, sondern ihr auch den nötigen Input für neue Ideen liefert. Matt ist Junggeselle und von Manchester nach London gezogen, um als Kolumnist für das Männermagazin "Bang!" zu arbeiten. Seine One-Night-Stands mit Frauen sind dabei seine Inspiration.

Ellens Sohn Charlie ist froh, dass seine Mutter durch die neuen Mitbewohner wieder unter Leute kommt. Sie hat seit der Beerdigung seines Vaters das Haus nicht mehr verlassen. Er macht sich Sorgen, dass sie unter Agoraphobie leiden könnte, kann ihr aber nicht helfen. Ellen, die sich ihre Einkäufe liefern lässt, ist es bisher gar nicht aufgefallen, dass sie fast ein Jahr nicht einmal mehr in ihrem Garten war.

Durch die Untermieter, die Ellen gern gewinnt, und die Verantwortung, die ihr wieder für ihren Sohn bewusst wird, sowie Hannah, die offensichtlich selbst ein ernstes Problem hat, dass sie verschweigt, kommt Ellen langsam aus ihren Schneckenhaus heraus und reflektiert die Beziehung zu Nick, der für sie einst die große Liebe war.

"Frühstück für einsame Herzen" ist ein Roman, der bereits 2010 in England veröffentlicht wurde und erst jetzt - nach den Erfolgen der Autorin - in Deutschland veröffentlicht wurde. Ich weiß nicht, warum damit so lange gewartet wurde...

Ellen ist eine sympathische Frau, die ihr komplettes Leben auf ihren Ehemann und ihren Sohn ausgerichtet hatte und sich ansonsten in ihre Traumwelt der Bücher zurückgezogen hat. Aufgrund ihrer Trauer um den verstorbenen Nick hat sie das Haus nicht mehr verlassen, das ihr Sicherheit und Schutz gibt. Ihr wird durch ihre Mitbewohner jedoch auch langsam bewusst, dass sie schon während ihrer Ehe sehr eingeschränkt gelebt und dass ihr Mann ihren freien Willen (zu) stark beeinflusst hat.

Der Roman ist wie alle Romane von Rowan Coleman warmherzig und sehr lebendig geschrieben. Durch das "Buch im Buch", an dem Ellen zusammen mit Allegra arbeitet, ist der Roman zu dem sehr abwechslungsreich zu lesen, auch wenn ich nicht genau wusste, ob dieser erotische Groschenroman wirklich ernst gemeint war. So manche Leserin dürfte sich von dem Rollenbild, das darin vermittelt wird, abgeschreckt fühlen. Aber auch die Männerwelt bekommt ihr Fett durch die sexistische Sichtweise von Matt weg. Neben Ellen macht aber auch er eine - vielleicht etwas zu vorhersehbare - Entwicklung durch.

Trotz des traurigen Beginns und der anfänglichen Einsamkeit von Ellen ist es ein Roman, der sehr unterhaltsam und witzig geschrieben ist, in Bezug auf die Problemstellungen, Ellens Trauer, ihre Ängste, die Verbindung zu ihrer sehr unterschiedlichen Schwester sowie das Wagnis, sich nach einem Jahr der Trauer auch wieder offen für einen anderen Mann oder gar eine neue Liebe zu sein, aber nicht an der Oberfläche bleibt.

"Frühstück für einsame Herzen" ist eine gelungene Mischung aus Emotionen, Humor und einer Prise Romantik und ein Roman, de durch die liebevolle Zeichnung der Charaktere für Unterhaltung und Lebendigkeit sorgt. 



Montag, 11. Dezember 2017

Buchrezension: Agnès Martin-Lugand - Das kleine Atelier der Mademoiselle Iris


Inhalt:


Iris droht in ihrem kleinbürgerlichen Leben zu ersticken. Ihre Ehe verläuft schon lange nicht mehr glücklich, und ihr Job in einer Bank deprimiert sie. Einziger Lichtblick ist ihre Nähmaschine, mit der sie voller Herzblut wunderschöne Kleider schneidert. Nach einem Streit mit ihrem Mann reist sie kurz entschlossen nach Paris, um sich dort ihren Lebenstraum zu erfüllen und eine professionelle Ausbildung zur Schneiderin zu beginnen. Ihre ungewöhnliche neue Chefin Marthe ist sofort begeistert von ihrem Talent und bietet ihr ein kleines Atelier an. Iris' Glück scheint sich endlich zu wenden – bis sie Gabriel kennenlernt, der alles auf den Kopf stellt.

Rezension:

Seit ihrer Kindheit hat Iris eine Leidenschaft für das Nähen liebt es Modelle zu entwerfen und zu schneidern. Ihre Eltern haben ihre Pläne nie unterstützt, weshalb Iris letztlich keine Schneiderlehre machte, sondern auf eine Handelsschule ging.
Als die 32-Jährige von ihrem Bruder erfährt, dass sie nach der Schule doch bei einer Schneiderschule angenommen worden war, ihre Eltern ihr die Zusage allerdings vorenthalten hatten, beschließt sie - trotz der Einwände ihres Ehemannes, der ohnehin kaum Zeit für sie hat - eine Ausbildung zur Schneiderin in Paris zu beginnen.

Inhaberin des Ateliers, in welchem Iris unterrichtet wird, ist die ältere Dame Marthe, die das Talent von Iris nach ihren ersten Entwürfen erkennt und sie unter ihre Fittiche nimmt. Iris soll für Marthe eine ganz neue Garderobe schneidern.
Iris fährt an den Wochenenden zurück zu ihrem Ehemann Pierre, der jedoch weiterhin kaum Zeit für sie hat und seine Arbeit im Krankenhaus vorschiebt. Iris ärgert sich über ihn und sein Desinteresse an ihrer Arbeit.

In Paris geht sie schon bald nicht mehr zur Schule, da sie den Unterricht in den Augen von Marthe gar nicht nötig habe. Sie arbeitet in dem Atelier fortan für Marthe, die sie an den Abenden in die feine französische Gesellschaft einführt. Von den Damen erhält sie zahlreiche Aufträge für neue Kleider.
Im Rahmen dieser Soirées lernt sie Gabriel, den Ziehsohn von Marthe kennen, der mit jeder Frau flirtet und auch Iris hemmungslos umgarnt. Sie ist seinem Charme schnell verfallen, hält sich aber aufgrund ihrer Ehe, obwohl sie in ihr unglücklich ist, zurück. Auch Marthe sieht die Verführungsversuche Gabriels kritisch und scheint Iris vor ihm zu schützen.

Als die Streitereien des Ehepaares an den Wochenenden zunehmen und Pierre bewusst wird, dass er Iris verliert, wenn er sich nicht ändert, nimmt er sich Zeit für sie und beginnt Interesse an ihrer Arbeit zu zeigen. Er besucht sie sogar in Paris, wo er sieht, wie erfolgreich seine Frau inzwischen ist.
Zur Rettung ihrer Ehe beschließt Iris, nach Hause zu kommen, um dort ein Atelier zu eröffnen und bekommt daraufhin die Wut von Marthe zu spüren...

Iris ist eine Frau, die sich erst von ihren Eltern ihr Leben hat bestimmen lassen und sich dann ihrem Mann untergeordnet hat, der ihn ihr nicht viel mehr sah, als die zukünftige Mutter seiner Kinder.
Als sie sich mit 32 Jahren endlich dazu entschließt, ihren Traum zu leben und ihre Leidenschaft des Nähens zu ihrem Beruf zu machen, begibt sie sich nach Paris, wo sie sich nicht emanzipiert, sondern sich von der autoritären und herrischen Marthe herumkommandieren und wie ein kleines Kind behandeln lässt. Für Gabriel wird sie dagegen zu seinem Lustobjekt, das vermeintlich unerreichbar erscheint.
Die unsichere Iris gerät von einer Unterdrückung in die nächste, auch wenn sie endlich ihren Traum an der Nähmaschine auslebt.

Der Roman spielt in der Welt der Mode, der Kreativen und der Schönen und Reichen.
Es ist ein Buch über eine Frau, die im Schatten ihres Mannes steht, dann aus dem kleinbürgerlichen Leben ausbricht, nur um dann einer tyrannischen Mentorin zu gefallen, die in Iris mehr sieht, als ihre Schülerin bzw. Assistentin. Iris ist naiv und merkt viel zu lange nicht, wie sie von Marthe vereinnahmt wird, sie zu einem Klon ihrer Gönnerin wird.

Ich hatte mir von dem Roman mehr Charme und vor allem mehr Selbstbewusstsein der Protagonistin auf der Suche nach ihrem persönlichen Glück versprochen. Ich war regelrecht genervt von ihrer unterwürfigen Art, der sehr stereotypen Charaktere und der flachen, belanglosen Handlung sowie der klischeehaften Darstellung des Gegensatzes Provinz - Hauptstadt.
Auch wenn die Zukunft von Iris letztlich vorhersehbar war, hatte ich die im letzten Drittel offenbarten Enthüllungen in Paris nicht so erwartet. Das Ende war dann unnötig spektakulär und übertrieben inszeniert.



Samstag, 9. Dezember 2017

Buchrezension: Adriana Popescu - Versehentlich verliebt


Inhalt:

"Kurz spiele ich mit dem Gedanken, ihn mit meiner Reisetasche k.o. zu schlagen, um dann mit seinem Gepäckwagen Fahrerflucht zu begehen."
Auf dem Weg nach Berlin bleibt die Reisebuchlektorin Pippa am Stuttgarter Flughafen hängen – und das ausgerechnet über die Feiertage! In der überfüllten Wartehalle lernt sie den ebenfalls gestrandeten Lukas aus Hamburg kennen, und schon bald erwärmt sein frecher Charme ihr chronisch gebrochenes Herz. Dann passiert es: Bevor Pippa es verhindern kann, hat sie sich versehentlich verliebt. Doch wohin geht die Reise für die beiden? Denn der nächste Abflug kommt bestimmt...

Rezension:

Pippa Wunsch ist Single und musste deshalb noch kurz vor Weihnachten als Lektorin für Reiseführer für ihre Agentur eine chinesische Delegation durch Stuttgart führen. An Heiligabend möchte sie nun nur noch nach Berlin, wo ihre Familie auf sie wartet. Aufgrund des Schneetreibens in Stuttgart können keine Flugzeuge starten und so sitzt sie wütend und der Verzweiflung nahe mit einer kaputten Reisetasche in einer völlig überfüllten Wartehalle.
Dort lernt sie nach kurzen Anlaufschwierigkeiten den charmanten Lukas kennen, der das Glück hat, dass dann doch noch sein Flug nach Hamburg abheben darf. Er entscheidet sich jedoch spontan dafür, am Weihnachtsabend bei Pippa zu bleiben. Die beiden kommen sich schnell näher und erzählen von ihren Sorgen.
Pippa ist diejenige, die zwar Lektorin für Reiseführer ist, aber noch keine der Orte bereist hat, über die sie geschrieben hat. Mit einer latenten Flugangst wollte sie die Städte wie Paris, Rom und New York, von denen sie nur träumt, nicht allein aufsuchen.
Lukas ist dagegen viel aufgeschlossener und spontaner und stellt sich für die Zukunft als Reisepartner zur Verfügung.
Auch wenn sie sich bei all der Romantik am Flughafen emotional sehr nahe gekommen sind, ist fraglich, ob es auch nach Weihnachten für Pippa, die in Freiburg arbeitet, und den Hamburger eine Chance gibt. Als Pippa am ersten Weihnachtsfeiertag bei ihren Eltern in Berlin ist und sich Lukas nicht bei ihr meldet, ist sie schnell ernüchtert, als sie feststellt, dass er ihr eine falsche Handynummer gegeben hat...

Von Adriana Popescu hatte ich bereits früher die Young-Adult-Romane "Lieblingsmomente" und "Lieblingsgefühle" gelesen und auch bei "Versehentlich verliebt" überzeugt die Autorin durch einen erfrischenden, jugendlichen Schreibstil.
Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Pippa geschrieben, so dass man unmittelbar in ihre Gefühls- und Gedankenwelt eintauchen kann. Durch die Situation als zwei Gestrandete am Flughafen beschränkt sich der Roman nur auf Pippa und Lukas und schließt keine Nebencharaktere mitein. Das Buch ist allerdings auch durch die kurze gemeinsame Zeit von 24 Stunden und das Setting rund um den Stuttgarter Flughafen nicht so umfangreich, weshalb es auch mit den beiden und den zunächst witzigen, dann aber auch ernsthaften Dialogen nicht langweilig wird.
Durch die Gespräche mit Lukas löst sich Pippa endgültig von ihrem Exfreund Benny, der sie mit einer Arbeitskollegin betrogen hat, und kann sich sogar vorstellen, nicht nur gedanklich auf Reisen zu gehen, sondern ihre Wunschziele tatsächlich aufzusuchen. Lukas könnte sich dabei nicht nur als Reisepartner, sondern auch als Lebensgefährte eignen.

Der Roman ist in einem Rutsch sehr leichtgängig zu lesen und auch die Romantik kommt am Ende des Romans in der Hoffnung auf ein Happy End nicht zu kurz. Was mir allerdings weniger gefallen hat, waren in den Dialogen die Wiedergabe von Zitaten aus Büchern und Filmen. Hierbei sollte man sich ein wenig mit "Star Wars" oder "Der Herr der Ringe" auskennen oder sich zumindest für diese Bücher und Filme interessieren.

Der Liebesroman über zwei Singles, die von ihren letzten Partnern bitter enttäuscht worden sind, ist zwar vorhersehbar und wartet nicht mit tiefgründigen Wendungen oder Überraschungsmomenten auf, ist aber gerade wenn man auf Reisen mit der Bahn oder im Flieger unterwegs ist, genau die passende kurze und vor allem kurzweilige Lektüre dafür. Auch kurz vor Weihnachten eignet sich "Versehentlich verliebt" als romantischer und herrlich kitschiger Liebesroman zur Einstimmung auf die Feiertage.



Freitag, 8. Dezember 2017

Buchrezension: Marie Adams - Glück schmeckt nach Popcorn


Inhalt:

Martha führt ein kleines, aber renommiertes Programmkino – in dem sich allerlei Intellektuelle, Filmkritiker und Cineasten tummeln. Wie die meisten ihrer Gäste glaubt sie nicht an Happy Ends. Die gibt es im echten Leben schließlich auch nicht. Als ihre Mitarbeiterin und beste Freundin Susanna schwanger wird und der Liebe wegen wegzieht, gibt sie dem jungen Filmstudenten Erik eine Chance. Doch schon bald treibt er sie mit seinem Optimismus in den Wahnsinn. Er arbeitet nicht nur hinter den Kulissen an seinem Gute-Laune-Debüt, sondern möchte Martha auch noch davon überzeugen, dass das große Glück auch jenseits der Leinwand möglich ist.

Rezension:

Martha ist seit drei Jahren Inhaberin eines kleinen Programmkinos in Köln. Sie zeigt dort nur ausgesuchte Filme und keine aktuellen Hollywood-Blockbuster. Sie selbst glaubt nicht mehr an Happy Ends, nachdem ihr Freund sie betrogen hat und seine neue Freundin von ihm schwanger ist. Martha hatte vor dem Beziehungsende eine Fehlgeburt.

Trennung und Verlust des Babys hat Martha immer noch nicht richtig verarbeitet und wird bereits mit der nächsten Hiobsbotschaft konfrontiert: Ihre beste Freundin und Mitarbeiterin im "Lichtspielhaus", Susanna, ist schwanger und zieht zu ihrem Freund nach Hamburg.

Auf der Suche nach einer neuen Mitarbeiterin meldet sich Erik Sommer bei ihr, der einen Nebenjob braucht. Er träumt als angehender Regisseur davon, einen erfolgreichen Film zu produzieren. Nachdem Martha kurz zuvor spät abends im Kino überfallen worden war, stellt sie den großgewachsenen, muskulösen Erik gerne ein. Der immer fröhliche Romantiker sorgt mit seinen Cocktails in der Bar des Kinos für Umsatzsteigerungen und auch Martha fühlt sich von seiner unbeschwerten Art angezogen, wehrt sich allerdings gegen ihre Gefühle.
Erik tritt in Konkurrenz zu dem Filmkritiker Stefan, der ganz offensichtlich mit Martha flirtet.

"Glück schmeckt nach Popcorn" spielt überwiegend in dem kleinen nostalgischen Kino, was mir als Schauplatz gut gefallen hat. Dei heimelige Atmosphäre dort sowie die Sorge Marthas, dass sie neben den großen Kinoketten nicht bestehen kann, sind spürbar.

Die Liebesgeschichte um die einsame und weinerliche Martha und die beiden Männer, die um sie buhlen, ist jedoch vorhersehbar. Schon früh ahnt man als Leser, dass der arrogant anmutende Stefan im Gegensatz zu dem gefühlsbetonten, etwas unkonventionellen Erik nicht das Rennen um Marthas Gunst machen wird.

Ich konnte allerdings zwischen keinem der Protagonisten eine emotionale Verbindung ausmachen. Diese so schnell aufkeimenden Gefühle zwischen Erik und Martha, gegen die sie ankämpft, weil sie sich aus Angst vor Enttäuschung auf keine neue Beziehung einlassen möchte, kamen bei mir nicht an. Die beiden teilten zwar die Leidenschaft zum Film und das kleine Kino, aber die Gefühle zueinander waren für den Verlauf des Romans einfach zu gewollt. Gerade das glückliche Ende kam dann völlig überraschend für mich. Die Entscheidung beider Personen für einander war für mich so nicht nachvollziehbar.
Auch rätselte ich, warum Stefan bei ihren Begegnungen mit Martha flirtet, aber darüber hinaus wenig hartnäckig ist. Mir war nicht klar, ob er tatsächlich etwas für sie empfindet oder nur körperlich angezogen ist.

Im Verlauf der Geschichte wurden mir die Charaktere nicht sympathischer, weshalb ich nicht wirklich auf das zu erwartenden Happy End à la Popcornkino für Martha hin fiebern konnte. In Bezug auf so manche Episode hätte ich mir mehr Kreativität gewünscht. So empfand ich die Begegnung von Martha mit ihrem Exfreund Tom samt schwangere Freundin im Supermarkt, als abgedroschen. Man wusste gleich, auf was das hinausläuft...

"Glück schmeckt nach Popcorn" ist ein leicht zu lesender Roman über Trennungsschmerz, Vertrauensverlust und die zaghafte Hinwendung an eine neue Liebe, bei der sich die Protagonistin mit ihrer pessimistischen Art am meisten selbst im Weg steht.
Eine turbulente Geschichte, tiefe Gefühle oder überraschende Wendungen darf man allerdings nicht erwarten. 



Mittwoch, 6. Dezember 2017

Buchrezension: Virginia Macgregor - Solange unsere Herzen schlagen


Inhalt:

Sechs Jahre lang war Ellas und Willas Mutter verschwunden. Jetzt steht Norah auf einmal wieder vor der Tür ihres ehemaligen Zuhauses. Doch viel hat sich verändert. Willa, die jüngere Tochter, erkennt sie nicht und nennt die neue Frau an der Seite ihres Vaters "Mummy". Die ältere Tochter Ella will nichts mit Norah zu tun haben. Und doch verlangen alle nach Antworten. Wo war Norah die ganze Zeit? Warum ist sie ausgerechnet jetzt zurückgekommen? Und gibt es genug Platz für zwei Mütter in einer Familie?

Rezension:

Vor sechs Jahren ist Norah ohne Begründung verschwunden und hat ihren Ehemann Adam sowie ihre beiden Töchter Ella und Willa zurückgelassen. Jetzt steht sie plötzlich an einem Freitag Morgen in der Willoughby Street in dem kleinen Städtchen Holdingwell und kommt wie selbstverständlich in ihr altes Zuhause, während Adam und Kinder in der Arbeit bzw. der Schule sind.
Was Norah nicht weiß, ist, dass ihre ehemalige beste Freundin, die Chirurgin Fay, inzwischen mit Adam zusammenlebt und Willa wie ihre eigene Tochter angenommen hat. Die heute siebenjährige war zum Zeitpunkt des Verschwindens von Norah noch so klein, dass sie keine Erinnerung an ihre Mutter hat und noch nicht einmal ahnt, dass Fay nicht ihre leibliche "Mummy" ist. Ella war damals schon acht und hat ihre Mum geliebt, ihr in allem - sei es die Leidenschaft für Jazz und das Trompetespielen oder das Laufen - nachgeeifert. Sie hat nie aufgegeben zu glauben, dass ihre Mutter zurückkommt und hat für die in ihren Augen Vermisste einen eigenen Twitterkanal gepflegt, um sie wiederzufinden.
Norah bringt mit ihrer Rückkehr das gesamte Familienleben durcheinander. Adam weiß nicht mehr, welche Frau er liebt, Willa möchte einfach nur, dass alle als Großfamilie zusammenleben und miteinander glücklich sind und Ella begreift, dass sie Fay furchtbar unrecht getan hat, indem sie ihre Ablehnung all die Jahre so offen zeigte und dass sie sich schwer in Norah getäuscht hat.
Der Roman erstreckt sich über den kurzen Zeitraum von Freitag bis Mittwoch, in dem für die Familie Wells aber unheimlich viel Einschneidendes passiert. Er ist abwechselnd aus der Sicht der einzelnen Familienmitglieder erzählt, so dass man als Leser in die Gefühls- und Gedankenwelt aller wichtigsten Akteure eintauchen kann. Alle Charakter sind komplex und detailliert ausgearbeitet und es unheimlich kurzweilig und interessant zu lesen, wie sie auf die Rückkehr von Norah reagieren bzw. welche Folgen "Die Mutter, Die Gegangen Ist" damit für das Familienleben auslöst.
Spannend ist zudem zu erfahren, warum Norah damals ihre Familie allein gelassen hat und warum sie ausgerechnet jetzt nach sechs Jahren, zwei Tage vor Willas Geburtstag, zurückkehrt.
"Solange unsere Herzen schlagen" ist ein sehr kitschiger Titel für eine berührende Familiengeschichte, die trotz ihrer Länge von knapp 600 Seiten nie langweilig wird.
Der Roman ist so warmherzig und liebevoll geschrieben, was sich vor allem in den Kapitel aus der naiven Perspektive der süßen Willa und der unglücklichen, aber starken und so gutherzigen Fay, "Die Mutter, Die Geblieben Ist", wiederspiegelt. Aber auch mit Ella leidet man als Leser(in) mit, die von ihrer Mutter so furchtbar vor den Kopf gestoßen wurde.
Norah steht für die impulsive, freiheitliebende Frau, mit der es Adam nie langweilig geworden ist. Sie war vor allem in der Vergangenheit ein hedonistischer Mensch und hat selbst für ihre Kinder keine Regeln aufgestellt.
Fay ist das genaue Gegenteil von Norah. Sie ist bodenständig und zuverlässig und kümmert sich selbstlos mehr um andere als um sich selbst.
Der Roman zeigt das Leben einer Familie, die sich mit der Flucht der Mutter arrangiert hatte und nun scheinbar wieder von Neuem beginnen muss. Virginia Macgregor zeigt, was es heißt, Mutter bzw. Vater zu sein und dass nicht jeder Elternteil ab Geburt in die Rolle einer verantwortungsbewussten Mutter oder Vater schlüpfen kann.
Ich habe diesen zu Herzen gehenden Roman über die unkonventionelle Familie Wells regelrecht verschlungen. Es ist eine emotionale und mitreißende Geschichte mit zahlreichen liebenswürdigen Charakteren und eine wirklich überzeugend realistische Darstellung einer Familie in der Krise.



Montag, 4. Dezember 2017

Buchrezension: Cara Delevingne - Mirror Mirror


Inhalt:

Freund. Lover. Opfer. Verräter.
Wen siehst du, wenn du in den Spiegel schaust?
Red, Leo, Rose und Naomi sind Außenseiter an ihrer Londoner Schule - die einen sicheren Hafen in ihrer Band gefunden haben. Ihr Leben ist alles andere als perfekt, aber ihre Musik verbindet sie, und sie sind gespannt, was die Zukunft für die Band Mirror, Mirror bereit hält.
Doch dann verschwindet Naomi und wird später bewusstlos aus der Themse gezogen. Ihre Freunde sind erschüttert und verwirrt. War es ein Unfall – oder ein missglückter Selbstmordversuch, wie die Polizei glaubt? Wenn sie Probleme hatte, warum hat sie ihnen nichts davon gesagt? Wie gut kennen sie ihre Bassistin eigentlich – und einander?
Um zu verstehen, was mit Naomi passiert ist, müssen Red, Leo und Rose sich schließlich ihren eigenen dunklen Geheimnisse stellen und das, was sie fühlen, mit dem, was sie der Außenwelt zeigen, in Einklang bringen.

Rezension:

Cara Delevingne hat diesen Roman zusammen mit Rowan Coleman geschrieben, deren Romane mich bisher alle überzeugt hatten, weshalb ich auch diese Buch unbedingt lesen wollte.

Vier Schüler einer Londoner Highschool werden für ein Projekt im Musikunterricht zur Band "Mirror Mirror" zusammengewürfelt. Red, Leo, Rose und Naomi sind vier Teenager im Alter von sechzehn Jahren, die sich zu Hause und in der Schule mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert sehen.

Die Band wird zu ihrer Familie und ihr Musiklehrer Mr. Smith ist von ihrem Talent und einer Zukunft über eine reine Schulband hinaus überzeugt. Da verschwindet Bassistin Naomi spurlos und wird Wochen später schwer verletzt aus der Themse gezogen. Während sie von den Ärzten ins künstliche Koma versetzt wird, fragen sich ihre Freunde, was mit ihr passiert ist.

Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Red erzählt, die sich liebevoll um ihre siebenjährige Schwester Gracie kümmert, da ihre Eltern nicht dazu in der Lage scheinen. Ihre Mutter ist eine schwere Alkoholikerin, die nur noch stinkend im Bett liegt und sich allein von Wodka ernährt. Der Vater hat sich von ihr abgewandt und kommt nur noch nach Hause, um seine Wäsche zu wechseln. Red fühlt sich allein und ist überfordert, ihre eigene Identität zu finden. Darüber hinaus hat sie sich in Rose verliebt, die sich brüsk ablehnt und ein regelrechtes Mobbing von Red an der Schule auslöst.
Rose muss allerdings selbst Schreckliches widerfahren sein, dass sie auf einen versuchten Kuss so übertrieben reagiert.
Leo muss sich wieder an seinen älteren Bruder Aaron gewöhnen, der gerade aus der Haft entlassen wurde. Er war wegen schwerer Körperverletzung verurteilt worden und scheint sich immer noch im kriminellen Milieu zu bewegen. Leo muss aufpassen, dass er sich da nicht mit hineinziehen lässt.
Neben ihren persönlichen Problemen machen sie sich weiterhin Sorgen um Naomi und ihren Gesundheitszustand und versuchen mit Hilfe ihrer Halbschwester Ashira herauszufinden, warum Naomi vermeintlich abgehauen ist und was ihr widerfahren ist.

"Mirror Mirror" ist ein Buch über Freundschaft und die gegenseitige Unterstützung von vier Außenseitern, die unterschiedlich sozialisiert wurden und es in ihrem Leben bisher nicht leicht gehabt haben. Das Projekt der Schulband gab ihnen den Halt, den sie in ihren Familien nicht fanden, bis ein Bandmitglied verschollen und schwer verletzt wieder aufgetaucht ist.
Durch die vielen Ungereimtheiten um Naomi, das mysteriöse Tattoo, das neu gestochen wurde und ihr Handy, dass die Freunde auf einem Spielplatz finden, ist "Mirror Mirror" so aufregend wie ein Thriller zu lesen. Es ist ein spannender Jugendroman und ein wirklich gelungenes Debüt des Models Cara Delevingne, das mich mit seiner Vielschichtigkeit und Tiefgang positiv überrascht hat.



Samstag, 2. Dezember 2017

Buchrezension: Anneke Mohn - Apfelrosenzeit


Inhalt:

Das Haus mit den Apfelrosenhecken steckt voller Erinnerungen: Hier haben Sanne, Fritzi, Mona und Kirsten zu Studienzeiten in einer WG gelebt. 15 Jahre später treffen sich die Freundinnen wieder vor dem Haus an der Kieler Förde. Um es zu entrümpeln - denn es steht leer, seit Isa, die fünfte im Bunde, bei einem Autounfall starb. Sofort ist die alte Vertrautheit wieder da: Tagsüber wird ausgeräumt, abends bei Rotwein über das Leben geredet. Doch jede der Frauen hat Geheimnisse, die sie lieber nicht erzählt. Als an einem kalten Dezembertag die Heizung ausfällt und sich die Freundinnen um den warmen Ofen versammeln, kommt es zum Eklat. Und nichts ist mehr, wie es einmal war.

Rezension:

Isa ist bei einem Autounfall verstorben und vererbt ihren vier Freundinnen, mit denen sie zu Studienzeiten vor 15 Jahren gemeinsam als WG in dem Haus in Kiel gewohnt haben, das Anwesen.

Die vier Frauen, die sich auseinandergelebt haben, treffen sich an den Wochenenden, um das Haus zu entrümpeln. Jede der vier hat mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen.

Sanne ist früh Mutter geworden und musste deshalb ihr Studium abbrechen. Sie ist mit Robert verheiratet, der in seinem Beruf aufgeht und selten zu Hause ist und da ihre Kinder langsam flügge werden, langweilt sich Hausfrau Sanne und bereut es, nie einen Beruf erlernt zu haben. Vor Kurzem ist die Familie aufs Land gezogen, wo Sanne den Reitlehrer ihrer Tochter kennengelernt hat und sich zu ihm angezogen fühlt.

Auch Kirsten ist nur scheinbar glücklich mit ihrem Ehemann Bernd verheiratet. Das Paar ist ungewollt kinderlos, was vor allem Kirsten belastet, da keine körperlichen Ursachen feststellbar sind. Zudem reibt sie sich in ihrem Beruf als Lehrerin auf, da sie derzeit auch noch den Direktor vertritt.

Fritzi ist frisch geschieden von ihrem Ehemann, der sie betrogen hat. Sie fühlt sich befreit, da die beiden scheinbar nie zusammengepasst haben. Beide kümmern sich gemeinsam um die fünfjährige Tochter Anna.

Mona hält nichts von der Ehe, war nie verheiratet und hatte bislang immer wechselnde Beziehungen. Derzeit ist sie mit Peter zusammen, der verheiratet ist, und von dem sie ungewollt schwanger wird.

Als sich die vier unterschiedlichen Frauen wieder regelmäßig treffen, werden die Geheimnisse der einzelnen, die sich nicht verbergen lassen, nach und nach aufgedeckt. Insbesondere eines belastet die Freundschaft der vier, die dadurch auseinanderzubrechen droht.

Die vier Protagonistinnen befinden sich in einer Phase des Umbruchs oder sehen sich mit Lebenskrisen konfrontiert. Es sind Frauen Anfang 40, die mit lebensnahen Problemen in Beruf und Beziehung zu kämpfen haben und im Verlauf des Romans und mit Hilfe der drei anderen, das nötige Selbstbewusstsein und den Mut entwickeln, diese zu bewältigen.

Da es sich um vier bzw. fünf Frauen handelt, bleiben die Probleme aufgrund des geringen Umfangs des Romans allerdings an der Oberfläche und werden am Ende zu einfach gelöst, um ein Happy End herbeizuführen.

Anneke Mohn legt den Schwerpunkt je Kapitel auf eine der Frauen, wobei vor allem Sanne im Mittelpunkt der Handlung steht. Ein tieferer Einblick in die Gefühlswelt der Protagonistinnen wird durch den Perspektivenwechsel allerdings nicht geschaffen. Die vier Frauen und ihre unterschiedlichen Lebensgeschichten wirkten nicht sehr substantiell.

Es ist ein Roman über Freundschaft und Frauen in der Midlife Crisis, der sich über ein Jahr erstreckt und flüssig zu lesen ist, aber an der Oberfläche bleibt. Insbesondere das Schicksal von Isa und ihren fraglichen Unfalltod, der die übrigen Freundinnen wieder zusammenführt, blieb leider sehr vage, die Problemlösungsstrategien zu simpel.



Freitag, 1. Dezember 2017

Buchrezension: Eowyn Ivey - Das Schneemädchen


Inhalt:

Alaska in den 1920er Jahren: In dem Wunsch, neu anzufangen, zieht das kinderlose Paar Mabel und Jack nach Alaska. Das harte Leben in der Wildnis setzt den unerfahrenen Neusiedlern sehr zu. Mit dem ersten Schneefall überkommt die beiden jedoch ein schon verloren geglaubter Übermut, und sie bauen zusammen ein Kind aus Schnee. Tags darauf entdecken sie zum ersten Mal das feenhafte blonde Mädchen zwischen den Bäumen am Waldrand. Woher kommt das Kind? Wie kann es allein in der Wildnis überleben? Und was hat es mit den kleinen Fußspuren auf sich, die von Mabels und Jacks Blockhaus wegführen?

Rezension:

Nachdem Mabel vor zehn Jahren eine Fehlgeburt hatte und das Paar kinderlos geblieben ist, überredet Mabel ihren Mann Jack einen Neuanfang in Alaska zu wagen. Sie ziehen in ein Blockhaus und wollen als Farmer ihren Lebensunterhalt bestreiten. Während Jack die Felder bestellt ist Mabel allein zu Hause und trägt durch das Backen von Kuchen zum Einkommen bei. Sie ist einsam und trauert immer noch um ihr verstorbenes Baby.
Im ersten Winter bauen sie übermütig ein Kind aus Schnee und einen Tag später bekommen sie Besuch von einem kleinen, elfengleichen Mädchen, das aus den Wäldern zu kommen scheint. Fortan besucht sie das Paar regelmäßig, bleibt aber nie über der Nacht in der warmen Blockhütte.
Niemand hat bisher etwas von diesem mysteriösen Mädchen gehört, dessen Begleiter ein Fuchs ist. Mabel und Jack sind unsicher, ob es sich bei Faina nur um einen Wunschtraum handelt. Bevor das Eis schmilzt, ist das Mädchen verschwunden und zeigt sich den ganzen Sommer über nicht.
Mabel ist enttäuscht, aber davon überzeugt, dass ihr Schneemädchen im nächsten Winter wieder kommen wird. Sie näht ihr für ihre Rückkehr einen wärmenden Mantel, um sich zu beschäftigen. Zudem schließt das Paar Freundschaft mit Esther und George, deren Sohn Garret ihnen in der Not auf der Farm behilflich ist.

"Das Schneemädchen" spielt in den 1920er-Jahren in Alaska. Es ist ein magischer Roman, der die Melancholie und Traurigkeit des Paares Mabel und Jack darstellt, die aus ihrer Heimat regelrecht geflüchtet sind, um ihr altes Leben und den Tod ihres einzigen Kindes hinter sich zu lassen.
Schicksalhaft treffen sie in ihrem ersten Winter in Alaska auf ein Mädchen, das sie scheinbar aus dem Schnee erschaffen haben. Mabel entwickelt unweigerlich Muttergefühle und möchte das Mädchen am liebsten bei sich aufnehmen. Faina wehrt sich dagegen und favorisiert ihr unabhängiges Leben in der einsamen Wildnis.
Was wie ein Märchen anmutet, zeigt im Laufe der Jahre, als Faina zu einer jungen Frau heranreift, dass das Schneemädchen nicht nur eine Einbildung oder die personifizierte Hoffnung von Jack und Mabel ist.

Es ist ein ganz zauberhafter Roman, der einerseits das harte Leben in Alaska und andererseits auch den Zusammenhalt eines Paares trotz ihrer ungewollten Kinderlosigkeit beschreibt. Seit der Anwesenheit von Faina - und sei es zunächst auch nur in den Wintermonaten - blüht das Paar, insbesondere Mabel, auf und auch die Sorgen um die Farm und ihre wirtschaftliche Zukunft werden weniger. Durch die Beschreibung über mehrere Jahre hinweg ist zudem schön zu lesen, wie sich die Charaktere weiterentwickeln, wie Mabel selbstbewusster und Garret erwachsen wird.

"Das Schneemädchen" ist ein winterlicher Roman, der es am Ende der Fantasie des Lesers überlässt, was es mit Faina tatsächlich auf sich hat. Für mich war sie letztlich keine märchenhafte Gestalt, sondern ein Mensch, der sich lieber in die Einsamkeit zurückzog, lieber mit den Tieren in der Wildnis lebte, als sich an ein Zuhause und eine Familie zu binden.



Mittwoch, 29. November 2017

Buchrezension: Stefán Máni - Der Stier und das Mädchen


Inhalt: 

In einer verlassenen Ecke Islands, wo der weite Himmel bis zur Erde reicht und nur das Brausen des fernen Meeres zu hören ist, haben zwei junge Touristinnen eine Autopanne. Zu Fuß erreichen sie einen einsamen Bauernhof. Auf ihrer Suche nach den Bewohnern entdecken sie in der Scheune zwei Tote, grausam zugerichtet. Auch im Wohnhaus machen sie einen ähnlich entsetzlichen Fund. Aber bevor sie fliehen können, merken sie, dass sie nicht allein auf dem Hof sind. 

Rezension: 

Aufgrund der Beschreibung des Klappentextes hatte ich einen Thriller erwartet, der auf einem Bauernhof handelt, auf dem die beiden Touristinnen einen Kampf um Leben und Tod ausfechten müssen. Der Inhalt des Romans gestaltet sich dann aber ganz anders, was nicht schlecht, aber zumindest überraschend war. 

Der Thriller beginnt insofern mit dem Ende, mit dem Fund der Leichen. Anschließend erfolgt rückblickend die Erzählung, wie es zu den Morden auf dem Bauernhof kommen konnte. 

Hanna bewegt sich in einem Sumpf aus Prostitution und Drogen. Sie ist mit dem skrupellosen Drogenboss Anton zusammen, hat aber gleichzeitig ein Verhältnis mit Rikki. Halbherzig versucht sie von Antont loszukommen, um zusammen mit Rikki einen Neuanfang im Ausland zu wagen. Sie stiehlt ihm deshalb die Diamanten, die Rikki ursprünglich auf einem Raubzug besorgt hatte, um seine Schulden bei Anton zu begleichen. 

Parallel dazu verläuft die Handlung auf dem Bauernhof, als Rikki sich dort einschleicht. Er trifft auf einen patriarchalischen Bauern, seine verschüchterte Ehefrau und einen zurückgebliebenen Sohn, die auf dem verdreckten Hof leben, der wirtschaftlich kaum ertragreich ist. Rikki wird Zeuge davon, wie grausam Bauer Jonatán seinen Sohn behandelt und seinen besten Freund, den Stier Hannibal aus reiner Bosheit tötet. 

Die Erzählung erfolgt weder in chronologischer Reihenfolge, noch nach den Schauplätzen oder Protagonisten. Nach und nach ziehen sich die Handlungsstränge zusammen und ergeben für den Leser einen Sinn. Bis dahin ist zwar klar, wer die Toten sind, es bleibt jedoch bis zum Schluss spannend und für mich auch unerwartet, was sich letztlich ereignet hat. 

Grauenhaft ist zu lesen, was das Mädchen Hanna und der Stier, der symbolisch für einen Menschen steht, über die Jahre erlitten haben. In dem Thriller werden die Opfer aufgrund ihrer unmenschlichen Erfahrungen zu Tätern. Es ist ein Teufelskreis aus Missbrauch und Gewalt, ein Familiendrama, das in einem mehrfachen Mord gipfelt. 

"Der Stier und das Mädchen" ist ein grausamer, erschütternder Thriller, der den Abgrund der menschlichen Seele zeigt und auf eine komplexe Erzählweise beschrieben wird. Gespannt auf die Auflösung springt man von einer Episode zur nächsten, bis der Mordfall am Ende schlüssig und nachvollziehbar aufgelöst wird. 



Montag, 27. November 2017

Buchrezension: Ashley Ream - Ein Wunder alle hundert Jahre


Inhalt:

Alle hundert Jahre geschieht ein Wunder an der Küste von Washington Island: das Wasser glüht und schimmert grün wie ein Polarlicht. Für sechs Tage. Dr. Rachel Bell erforscht dieses Wunder sowie die winzigen Wasserwesen, die es hervorrufen. Sie hofft, dass das Geheimnis über das grüne Wasser, das allen Mythen und Geschichten zugrunde liegt, wahr ist: demnach könnte es eine Kraft besitzen, die Rachel das Leben retten und die ganze Welt verändern könnte. Rachel hat genau sechs Tage lang Zeit, das herauszufinden. Bevor das Wasser wieder dunkel wird - für die nächsten einhundert Jahre.

Rezension:

In der Bucht der Insel Olloo`et im Nordwestpazifik gibt es ein Phänomen, das nur alle hundert Jahre zu erleben ist. Für sechs Tage ist die Insel von einem leuchtend grünen Band umgeben. Das Licht kommt von winzigen Gliederfüßern und ihren biolumineszierenden Körpern. Die Artemia lucis werden nur einmal im Jahrhundert geboren und wurden bereits von den Ureinwohnern der Insel wegen ihrer halluzinogenen und schmerzstillenden Wirkung geschätzt.

Dr. Rachel Bell ist Teil eines Forschungsteams der Universität von Washington und ist mit sechs weiteren Wissenschaftlern vor Ort, um das Phänomen zu erforschen. Rachel hat auch ein persönliches Interesse an der Forschung. Seit ihrem sechs Lebensjahr leidet sie unter unerträglichen Rückenschmerzen und ist in ihrer Bewegung aufgrund der Vernarbungen eingeschränkt. Sie entnimmt Wasserproben und möchte die Tierchen in künstlicher Umgebung züchten, um für sich ein Medikament herzustellen und ihr eigenes Leben zu retten. Der erste Versuch beweist auch direkt die positive Wirkung. Nach dern Einnahme des gewonnenen Extrakts ist Rachel zum ersten Mal seit Jahren über Stunden schmerzfrei. Über etwaige Nebenwirkungen macht sie sich keine Gedanken.

Um ihre heimliche Zucht durchführen zu können, nimmt sie das Angebot eines Bewohners der Insel an, bei ihm im Haus statt im Camp zu wohnen. Harry Streatfield ist selbst todkrank und eignet sich deshalb auch für Experimente mit der Wirkung der "Artemia lucis". Harry nimmt Rachel bereitwillig bei sich auf, weil sie ihn an seine verstorbene Tochter Becca erinnert, an deren Tod er sich die Schuld gibt. An der Belastung ist auch die Ehe zu seiner Frau Tilda zerbrochen, die ihn derzeit besucht, um von ihrem kranken Exmann Abschied zu nehmen.

Aufgrund des Naturphänomen mutet die Geschichte mysteriös an. Auch wenn klar sein sollte, dass diese Lebewesen, die nur einmal im Jahrhundert für sechs Tage da sind, unter einem besonderen Naturschutz stehen, setzt sich Rachel darüber hinweg, um die Tierchen für ihre egoistischen Zwecke, die menschlich und nachvollziehbar sind, auszunutzen. Sie stört die Paarungszeit der Artemia lucis und gefährdet damit deren Bestand, um ihr eigenes Leben erträglicher zu machen.

Rachel ist keine zugängliche, sympathische Frau. Sie ist distanziert und hält die Menschen auf Abstand. Hintergrund ihrer abweisenden Art sind die Narben, die sie niemandem zeigen möchte und die insofern nicht nur physische, sondern auch psychische Auswirkungen auf ihr Leben haben. Nahezu besessen baut sie sich heimlich ein Labor auf, um innerhalb der sechs Tage das Protein zu gewinnen, von dem sie die heilsame Wirkung erwartet.

In dem Roman werden ethische Fragen aufgeworfen und der menschliche Egoismus der Natur gegenübergestellt. Es geht um den Umgang des Menschen mit der Natur, wobei die Auswirkungen des Eingreifens des Menschen nicht weiter ausgeführt werden.
Auch das Phänomen der fluoreszierenden Tiere, das nur alle hundert Jahre auftritt, blieb mir zu vage und zu wenig detailliert beschrieben. Ich hätte mir eine tiefer gehende Erklärung für ihr mysteriöses Auftreten und der Gewinnung eines Heilmittels gegen Schmerzen sowie eine stärkere Auseinandersetzung von Rachel mit ihren Handlungen und Selbstreflexion gewünscht. Des Weiteren wären auch mehr Ausführungen zum Forschungsauftrag der Universität Washington hilfreich gewesen.