Montag, 24. August 2015

Buchrezension: Madeleine Reiss - Ich lass dich nicht los

Inhalt:

„Ich hab dich lieb, jeden und jeden Tag.“

Unzählige Male hat Carrie diesen Satz zu ihrem fünfjährigen Sohn Charlie gesagt, so auch an jenem Sommertag an der Küste von Norfolk, als ein langer Schatten auf ihr Leben fiel: Sie hatte nur für einen Moment die Augen geschlossen, und als sie sie wieder aufschlug, war Charlie fort. Auch drei Jahre später bestimmt dieses traumatische Ereignis noch Carries Leben, als sie zufällig die alleinerziehende Mutter Molly kennenlernt. Doch noch können die beiden Frauen nicht ahnen, dass an jenem Tag am Strand eine Verbindung entstanden ist, die ihrer beider Schicksal bestimmen wird...

Rezension:

"Ich lass dich nicht los" handelt vom Schicksal zweier Frauen. Der Roman beginnt mit Carrie, die mit Damian verheiratet ist, mit dem sie den gemeinsamen fünfjährigen Sohn Charlie hat. Die kleine Familie ist glücklich bis zum Tag als Carrie am Strand einnickt und ihren Sohn ihren Sohn Charlie aus den Augen lässt. Charlie ist spurlos verschwunden und auch eine Leiche wurde nie gefunden. Nach drei Jahren kreisen Carries Gedanken immer noch um ihren Sohn und den Tag des Verschwindens. Ihr Mann Damian hat sich inzwischen von ihr getrennt, da er ihr die Unaufmerksamkeit nicht verzeihen konnte. Carrie eröffnete mir ihrer Freundin Jen einen kleinen Geschenkeladen und versucht sich auf diese Weise von ihren Schuldgefühlen abzulenken.

Parallel dazu wird die Geschichte von Molly, einer alleinerziehenden Mutter erzählt, die sich von ihrem gewalttätigen Mann Rupert getrennt hat. Ihr Sohn Max war der letzte, der Charlie am Strand gesehen hat. In seiner Fantasiewelt unterhält er sich immer noch mit seinem imaginären Freund.

Carrie kann sich mit dem Verschwinden ihres Sohnes nicht abfinden und nimmt an einer Sitzung eines Mediums teil, das Stimmen von Toten empfangen kann. Als Simon tatsächlich die Stimme von Charie hört, ist Carrie skeptisch und erschüttert und möchte es nicht glauben. Dies würde bedeuten, dass sie nun endgültig die Hoffnung aufgeben müsste, dass Charlie doch noch lebt. Charlie verrät Simon jedoch Einzelheiten, die nur die Familie wissen konnte, weshalb für Carrie endlich die Trauerbewältigung beginnen kann.

Dann wird sie von Simon selbst kontaktiert, der dringliche Botschaften von Charlie empfängt, die ihn nicht loslassen. Jemand sei in Gefahr, ein Junge werde ertrinken...

Das Buch ist eine spannende Geschichte um das Verschwinden eines kleinen Kindes, das nicht aufgeklärt werden konnte. Zwei Handlungen werden zunächst nebeneinander unter der Verwendung von Rückblenden erzählt, die im Verlauf des Romans zusammengeführt werden.
Die Mysteryelemente um das Medium Simon und die Botschaften von Toten waren mir zu realitätsfern, so dass mich der Roman nicht wirklich fesseln konnte. Auch wurden die Vorgeschichten von Carrie und Molly sehr detailliert beschrieben, dass sich der Spannungsbogen nur langsam aufbaute und der Roman erst im zweiten Drittel an Fahrt aufnahm. Die Gefühle und Ängste beider Frauen und auch die von Max sind so eindringlich geschildert, dass man mit allen dreien mitzittert und ihre Verzweiflung und Machtlosigkeit in jedem Satz spürt. Auch wenn Mollys Geschichte den kleineren Anteil des Romans einnimmt, fand ich auch diese erschütternd und sie als Frau unheimlich verantwortungsbewusst und tapfer.

Das Buch ist eine Mischung aus Drama und Thriller, das unter die Haut geht, aber gerade zu Beginn seine Längen hat bis sich die neiden Handlungsstränge vereinen. Der Showdown am Ende ist krimi- bzw. thrillertypisch und dann wenig überraschend. Der Thriller lebt mehr von den Einzelschicksalen und den emotionalen Qualen und der Verzweiflung beider Frauen, die sehr eindringlich und realistisch geschildert werden.

Donnerstag, 20. August 2015

Buchrezension: Thomas Sünder - Wer ja sagt, darf auch Tante Inge ausladen

Inhalt:

Weinende Bräute, endlose Reden, peinliche Spiele und zu Tode gelangweilte Gäste?

Kein Hochzeitsfest muss so enden.

Thomas Sünder, langjähriger und erfahrener Hochzeits-DJ, berichtet anschaulich und pointiert von den schlimmsten Hochzeitskatastrophen. Er benennt die folgenschwersten Planungsfehler und gibt zahlreiche wertvolle Tipps, wie sich jede Panne vermeiden lässt. So wird das wichtigste Fest Eures Lebens garantiert zu einer unvergesslichen Party!

Rezension:

Da wir gerade mitten in den Vorbereitungen für unsere kleine, aber feine Hochzeitsfeier stecken, habe ich mir den Ratgeber "Wer ja sagt, darf auch Tante Inge ausladen" besorgt. Auch wenn wir nicht unter dem Druck stehen aus Pflichtgefühl unliebsame Verwandte einladen zu müssen, hat mich der Titel sofort angesprochen.

Der Ratgeber wurde von einem professionellen Hochzeits-DJ verfasst, der von den Erfahrungen berichtet, die er auf seinen zahlreichen Veranstaltungen gesammelt hat. Das Buch ist kein klassischer, trockener Ratgeber, sondern eher eine unterhaltsame Lektüre. Humorvoll berichtet der DJ von Pleiten, Pech und Pannen, die durch das Brautpaar selbst oder die Gäste verursacht werden und gibt Tipps wie man Fehler vermeidet (sofern es in der eigenen Macht steht), um eine schöne und gelungene Feier für alle zu veranstalten.

Auch wenn wir unsere Hochzeit nicht über mehrere Monate im Voraus planten und bestimmte Dinge wie Location, Speise- und Getränkeauswahl für uns bereits feststanden, konnte ich dem Buch einige Anregungen oder eine bestätigende Meinung entnehmen.

Das Buch hat ein Inhaltsverzeichnis und ist in sechs Abschnitte gegliedert:
  • Eure Gäste, die Grundlage der Feier
  • Der Ablaufplan, das Rückgrat der Feier
  • Der Zeremonienmeister, die gute Seele der Feier
  • Die Musik, der Motor der Feier
  • Die Location, der Schauplatz der Feier
  • Ihr beiden, das Herz der Feier
Die Abschnitte gliedern sich wiederum in insgesamt 30 "Sünden", die in einer TOP 5 zusammengefasst werden. So erhält man einen guten Überblick, wenn man zu einem bestimmten Thema auf die schnelle etwas nachlesen möchte.

Thomas Sünder berichtet ausschließlich aus Sicht eines DJs, weshalb das Hauptaugenmerk auf Party, Tanz und Musik gelegt wird und der Ratgeber ein bisschen einseitig ist. Wir werden beispielsweise aus finanziellen Gründen keinen DJ für 1.400 € beschäftigen und uns und die Gäste mit Musik vom Band unterhalten, legen auch weniger Wert auf eine volle Tanzfläche und erhoffen uns trotzdem ein rauschendes Fest.

Da man seine Hochzeit bestenfalls nur einmal im Leben plant, kann ich das Buch als unterhaltsamen Ratgeber jedem angehenden Brautpaar und auch Trauzeugen oder sonstigen helfenden Händen empfehlen. Auch für eingeladene Gäste ist das Buch durchaus lesenswert. So ließen sich gegebenenfalls peinliche Situationen für Brautpaar, Zeremonienmeister und Gäste durch alberne Spiele und Traditionen wie Baumstammsägen oder Brautentführung vermeiden.


Sonntag, 16. August 2015

Buchrezension: Wiebke Lorenz - Bald ruhest du auch

Inhalt: 

Nach dem Unfalltod ihres Mannes fühlt Lena sich wie in einem Albtraum. Aber sie weiß, dass sie leben muss – für ihr Kind, denn Lena ist im achten Monat schwanger. Dabei ahnt sie nicht, dass ihr der wahre Horror erst noch bevorsteht. Vier Wochen nach der Geburt ist die kleine Emma plötzlich spurlos verschwunden. Entführt aus ihrer Wiege. Schon bald wird Lena klar: Sie soll büßen. Doch wofür? Ein perfider und grausamer Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Rezension:

Lena ist Hebamme und lernt in der Psychiatrie Daniel kennen, der eine Alkoholentziehungskur macht.
Daniel ist selbst noch mit Rebecca verheiratet, mit der er die gemeinsame Tochter Josy hat. Die Ehe ist zerrüttet und nach dem Klinikaufenthalt trennt er sich von ihr. Lena und Daniel ziehen zusammen und bald geht auch Lenas Wunsch nach Nachwuchs in Erfüllung. Als Lena im achten Monat schwanger ist, kommt es im Auto von Daniel zu einem heftigen Streit zwischen den beiden. Daniel möchte Lena seinen Traum vom Haus auf dem Land zeigen, während Lena lieber in Hamburg wohnen bleiben möchte. Daniel reagiert so heftig, dass er die hochschwangere Lena mit 100 € auf der Landstraße aussetzt. Er selbst rast weiter und stirbt bei einem Autounfall als er in einen anderen Wagen kracht. 

Lena ist am Boden zerstört und macht sich heftige Vorwürfe. Bei der Beerdigung kommt es zum Eklat als Josy sie als Mörderin beschimpft und auf sie eintritt. Die Wehen setzen vorzeitig ein, aber Lena bringt eine gesunde Tochter zur Welt. Mit Hilfe ihrer Schwiegermutter Esther kann sie den Alltag gut bewältigen. Als diese im Urlaub in Bayern weilt, wird die kleine Emma entführt. Lena erhält mehrere Drohbriefe des Entführers. Aus Angst um das Leben ihrer Tochter spricht Lena mit niemanden darüber und versucht die Bedingungen zu erfüllen. 
Niklas, der Bruder des Unfallgegners ahnt zwar nichts von dem Verschwinden Emmas, ist Lena aber dennoch eine moralische Stütze. 

Bei der Entführung handelt es sich offensichtlich um einen Rachefeldzug gegen Lena. Aber wer tut ihr und vor allem der unschuldigen Emma so etwas an?

Lena verdächtigt zunächst die eifersüchtige Josy, dann ein Ehepaar, für das Lena als Hebamme gearbeitet hatteund sie für den Tod ihres Sohnes verantwortlich machte. Alle Spuren führen ins Leere und die Forderungen des Entführers werden immer grausamer. Josy ist verschwunden und auch das Ehepaar hat die Stadt verlassen. Lena findet später Rebecca tot auf und auch deren neuer Ehemann Martin ist bald tot. Beide sollen Selbstmord begangen haben. 

Sind die Toten nur unglückliche Zufälle? Stehen sie in einem Zusammenhang mit der Entführung? Wo ist Josy? Und kann Lena Niklas wirklich vertrauen?

Der Roman wird zum Teil in Rückblenden erzählt, baut von Beginn an Spannung auf und ist mitunter sehr blutig. Die Auflösung um den toten Daniel und auch der Hintergrund der Entführung von Emma sind etwas konstruiert, aber bis dahin leidet und fühlt man als Leser mit Lena mit. "Bald ruhest du auch" ist ein packender Psychothriller, der nicht vorhersehbar ist und einige überraschende Wendungen enthält.  


Montag, 10. August 2015

Buchrezension: Theresia Graw - Glück ist nichts für schwache Nerven

Inhalt:

Valentina ist zornig. Ihre Scheidung ist drei Tage und siebeneinhalb Stunden alt, ihre neue Kollegin hatte den kürzeren Rock an und hat ihre Beförderung eingesackt, und anstatt ihr beizustehen, ist ihre beste Freundin in den Flitterwochen auf Mauritius, und ihre Hippiemutter kämpft in Brasilien gegen die Abholzung des Urwalds. Doch dann fällt Valentina durch Zufall ein Hinweis auf ihren unbekannten Vater in die Hände. Als sich ihr die Chance bietet, sich inkognito in seinen Haushalt einzuschleichen, ergreift sie diese – und erfährt, dass das Glück manchmal seltsame Wege geht und Venedig immer eine Reise wert ist...

Rezension:

Die 36-jährige Valentina ist gerade frisch geschieden und auch beruflich läuft es gerade nicht optimal für sie. Ihre Alt-Hippie-Mutter Doris ist wie so oft unterwegs, um die Welt zu retten und ihren Vater hat Valentina nie kennengelernt.

Als ihre in Brasilien befindliche Mutte Valentina bittet, in ihrer Wohnung nach der Kopie ihres Reisepasses zu suchen, findet Valentina eine alte Pralinenschachtel mit einer Krawatte, einem Zeitungsartikel aus den 70er-Jahren und einen Brief eines ehemaligen Liebhabers ihrer Mutter. Alles spricht dafür, dass es sich bei dem Verfasser des Briefes um, dem Star-Architekten Werner Enzinger, um ihren leiblichen Vater handelt. Valentina beschließt, diesen nun endlich kennenzulernen. Aufgrund seines Prominentenstatus ist es einfach, seine Adresse am Starnberger See zu eruieren. Durch die dreiwöchige Krankschreibung wegen Tinnitus hat Valentina zudem die Zeit, sich als Pflegerin in den Haushalt der Enzingers einzuschleichen. Dort trifft sie neben dem Ehepaar Enzinger auch auf ihre beiden Halbgeschwister Cora und Felix, den sie zunächst für den Gärtner gehalten und einen Blick auf ihn geworfen hat.

Aufgrund begeisterten Kritiken vieler Leser hatte ich mir "Glück ist nichts für schwache Nerven" ausgesucht. Der Klappentext verspricht eine amüsante Komödie "mit Herz und Augenzwinkern" und da wird der Leser auch nicht enttäuscht.
Valentina ist darin eine chaotische Protagonistin, die kein Fettnäpfchen auslässt und mir für ihr Lebensalter zu unreif und naiv war. Die Geschichte um das Suchen und Finden ihres Vaters, das Hin und Her der Annäherungsversuche zwischen Valentina und Felix sowie die kleinen Intrigen der Haushaltshilfe Nicole waren seeehr vorhersehbar. Auch wenn der Roman durch die Irrungen und Wirrungen sowie mach peinliche Situation, in die Valentina geriet, noch unterhaltsam bleibt, sind diese doch so vorauszusehen, dass der Roman insgesamt leider nicht mit überraschenden Wendungen punkten kann, keine Spannung aufkommen lässt und phasenweise das Niveau einer Vorabendserie erreicht.

Zugute halten möchte ich der Autorin jedoch den flüssigen Schreibstil und die detaillierten Beschreibungen von Schauplätzen und Charakteren, so dass man sich beim Lesen in die Münchner Schickeria bzw. direkt an den Starnberger See versetzt fühlt.

Montag, 3. August 2015

Buchrezension: Marian Keyes - Mittelgroßes Superglück

Inhalt:

Stella Sweeney ist eine ganz durchschnittliche 37-jährige Dublinerin mit einem einigermaßen nervigen Mann, zwei halbwüchsigen Kindern und einem unspektakulären Job im Beautysalon ihrer ehrgeizigen Schwester. Niemand, den man um sein Leben beneiden müsste. Aber dann passiert plötzlich etwas...Vielleicht weil Stella in der Hoffnung auf gutes Karma einem Range Rover im Straßenverkehr den Vortritt gelassen hat? Das Glück zeigt sich zunächst auf sehr merkwürdige Weise: Von einem Tag auf den anderen ist Stella von Kopf bis Fuß gelähmt. Eine seltene Krankheit hat ihre Nervenbahnen angegriffen, sie muss künstlich beatmet werden und ist im eigenen Körper eingesperrt. Die endlosen Tage im Krankenhaus sind grauenhaft. Bis auf die Zeiten, in denen ihr behandelnder Arzt, Dr. Mannix Taylor, bei ihr ist. Der Range-Rover-Fahrer. Der Mann, der das größte Glück in ihrem Leben bedeuten könnte. Ein so großes Glück, dass es andere neidisch macht...

Rezension:

Die 37-jährige Stella Sweeney lässt in der Hoffnung auf gutes Karma einem Rover-Fahrer die Vorfahrt und verursacht dadurch einen Verkehrsunfall.

Wochen später erleidet Stella schwere Lähmungserscheinungen bis hin zum Atemstillstand und wird als Notfall in ein Krankenhaus eingeliefert, wo das Guillain-Barré-Syndrom diagnostiziert wird.

Bis auf ihre Augen kann Stella nichts bewegen. Sie liegt in ihrem Krankenzimmer und kann sich nicht artikulieren. Das Pflegepersonal behandelt sie, als würde sie im Koma liegen. Dabei ist sie hellwach und bekommt alles um sie herum mit. Alle drei Stunden wird sie gedreht, damit sie sich nicht wundliegt - das ist bis auf die Besuche ihrer 14-jährigen Tochter Betsy, dem 15-jährigen Sohn Jeffrey und ihrem Ehemann Ryan, die einzige Abwechslung, die sie hat. Bis der Neurologe Mannix Taylor ihre Therapie übernimmt, der dummerweise der Unfallgegner war...

Die Abneigung ist jedoch nur einseitig und Mannix schafft es, mit ihr zu interagieren. Durch das Zwinkern mit den Augen kann Stella Buchstaben ausdrücken, die mit Hilfe eines Notizbuchs zu Worten und ganzen Sätzen werden. Die "Dialoge" zwischen den beiden werden schnell flüssig, was bei Außenstehenden Bewunderung hervorruft. Weder ihr Mann noch ihre Kinder bringen die Geduld dazu auf, Stellas Sprache zu lernen. Die Familie wird ihr zunehmend fremder, während sie zu Mannix Gefühle entwickelt, die sie nicht einzuordnen weiß.

Stellas Nerven beginnen sich nach einigen Wochen zu erholen und nach wenigen Monaten kann sie geheilt das Krankenhaus verlassen.

Stellas Leben geht weiter, sie arbeitet wieder als Kosmetikerin im gemeinsamen Salon mit ihrer Schwester. Trotz ihrer Heilung ist sie nicht wirklich glücklich und auch in ihrer Ehe ist die Luft raus. Stella trifft Mannix wieder und Ryan und Stella trennen sich daraufhin relativ einvernehmlich. Auch wenn Mannix nicht der unmittelbare Grund für das Eheaus ist, ziehen die Teenager loyal zu ihrem Vater. Stella beginnt daraufhin eine leidenschaftliche Affäre mit Mannix, der sich bereits zu vor von seiner unterkühlten Ehefrau getrennt hatte.

Was Stella nicht weiß, ist, dass Mannix das Notizbuch aus dem Krankenhaus bei einem privaten Verlag verlegt hat. Es enthält ihre "Gezwinkerten Gespräche", Sprüche von Stella und Weisheiten, die Mut machen. Es bleibt nicht bei den von Mannix in Auftrag gegebenen 50 Exemplaren. Stella engagiert eine Agentin, die einen größeren Verlag für Stellas Buch findet, woraufhin sie eine anstrengende Lesereise durch Amerika antritt. Stella ist jedoch keine geborene Schriftstellerin, weshalb ein zweites Buch floppt.

Die erste Hälfte des Schmökers von über 600 Seiten konnte mich komplett begeistern. Die Dialoge im Krankenhaus zwischen Stella und Mannix sind ironisch bis zynisch und sehr unterhaltsam. Da es sich um einen Rückblick handelt und gewiss ist, dass Stella wieder genesen würde, ist die Situation für den Leser ohnehin nicht belastend.

Die Ausschnitte aus der Gegenwart, geprägt vom Zusammenleben mit ihrem Sohn Jeffrey, der eine sehr esoterische, fast schon weibliche Seite entwickelt, sind herrlich skurril.

Auch Ryan ist völlig neben der Spur und möchte den Beweis antreten, dass man rein durch Karma leben kann. Er verschenkt deshalb zum Entsetzen von Stella und den Kindern all seinen Besitz: vom Eigenheim, über die eigene Firma bis zum letzten Hemd...

Betsy dagegen angelt sich einen älteren Lebenspartner, von dem sie sich verwöhnen lässt.

Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus schwächelt das Buch ein wenig und hat seine Längen, auch wenn vier Jahre aus dem Leben von Stella geschildert werden. Die sich entwickelnde Beziehung zwischen Mannix und Stella und auch die einzelnen Stationen ihrer Lesereise durch Amerika hätten nicht so ausführlich beschrieben werden müssen. Dafür fehlte der Witz und die Ironie der ersten Seiten.

Die Charaktere von den Protagonisten bis zu den einzelnen Nebenrollen sind jedoch alle einzigartig und mit ihren unterschiedlichen Charaktereigenschaften interessant und unterhaltsam beschrieben. Gerade am Anfang musste ich bei vielen Situationen oder auch nur einzelnen Gedankengängen von Stella schmunzeln.

Bis auf die erwähnten Längen ist "Mittelgroßes Superglück" ein unterhaltsames Buch über einen Schicksalsschlag, der nicht nur das Leben von Stella komplett umkrempelt.