Inhalt:
Als Anni 1946 zum zweiten Mal vor den Traualtar tritt, schließt sie mit ihrem Leben ab. Die vergangenen Jahre haben ihr die Familie geraubt, das Hoffen hat sie verlernt. Ihr einziger Anker ist das Versprechen einer Wahrsagerin, was sie zwingt, diesen Kerl aus dem Nachbardorf zu ertragen. Egal zu welchem Preis.
Auf der Suche nach Lücken in ihrer Familienbiografie trug die Autorin berührende Lebensepisoden zusammen. Der Kern jeder Geschichte war das Dilemma des Schweigens und dessen Weitergabe an die nächste Generation. Die Geschichte von Irmas Enkeln versinnbildlicht das Empfinden jener Zeit. Hätten sie sich den Gegebenheiten der Jahrzehnte, in die sie hineingeboren wurden, entziehen können?
Rezension:
Annemarie Bar, geboren im Dezember 1914, wächst mit ihren beiden Brüdern in Perlitz auf. Sie werden zu Halbwaisen, als der Vater im Ersten Weltkrieg stirbt. Die Mutter Helene hat den Tod ihres Mannes nie verkraftet und beschließt zu schweigen, als ihre Söhne während des Zweiten Weltkrieges an die Front müssen. Auch Annis Ehemann Bruno wird eingezogen und fällt 1941 in Russland. Anni erträgt ihr Schicksal nur, indem sie sich um ihre Schwägerin, ihre beiden Neffen und ihre Mutter kümmert.
1946 heiratet sie Frieder, der es nur auf ihr Land abgesehen hat und sie als seine Ehefrau missbräuchlich behandelt. Die Geburt von Tochter Luise gibt Anni keinen neuen Lebensmut. Die Kriegszeiten waren schwer zu ertragen und auch die Zeit der Besatzung und die Gründung der DDR, wo Perlitz liegt, sind mit weiteren Einschnitten verbunden. Erst die Enkelin Jette lässt Anni wieder aufleben.
Die Autorin schildert mit "Irmas Enkel" die über 60-jährige Lebensgeschichte von Anni - inspiriert von Geschichten der Kriegsgeneration. Es ist ein Leben, das von wenig Höhen und vielen Tiefen geprägt ist und wie so viele Kriegsschicksale berührt. Anni ist eine starke Frau, die ihr Los ohne zu jammern und zu resignieren erträgt.
Der Roman ist sehr ausführlich geschildert, geht oftmals bei Nebensächlichkeiten ins Detail, so dass er einige Längen aufweist. Es ist ein historischer Roman, der "gegen das Vergessen" geschrieben ist. So erhalten auch nachfolgende Generationen ein Gefühl für die Erlebnisse ihrer Großeltern und Eltern, die den Zweiten Weltkrieg und die Entbehrungen der Nachkriegsjahre bewusst erleben mussten und einen Einblick in das System der ehemaligen DDR, das von Kollektivierung und Bespitzelung geprägt war. Durch die Einbettung von Briefen und die Schilderungen mit Herzblut wirkt der Roman sehr authentisch, konnte mich allerdings nicht durchgängig fesseln. Die Kriegsjahre waren mir zu ausufernd geschildert, dagegen weckte Insbesondere das Leben von Anni in den 1960er uns 1970er-Jahren mein Interesse, wobei ich eindrucksvoll fand, wie Anni in dem sozialistischem Einheitsstaat als Selbstversorgerin zurechtkam. Über das politische System erfuhr man jedoch nur sehr wenig.
Leider ist die Erstauflage des Buches mit auffällig vielen Fehlern durchzogen, wurde von Verlagsseite offenbar sehr schlecht oder gar nicht lektoriert, was die Geschichte unfreiwillig abwertet. Auch finde ich den Titel nicht besonders passend gewählt, geht es doch um das Leben von Anni ohne Bezüge zu ihrer Großmutter Irma zu erkennen, während die anderen beiden Enkel aufgrund der Auswirkungen des Krieges nur eine untergeordnete Rolle spielen konnten.
Da es sich um einen Roman handelt, den die Autorin nach der "Suche nach Lücken in ihrer Familienbiografie" geschrieben hat, hätte ich mir ein Nachwort gewünscht, in welcher die Autorin ihre Intention und Recherche zu dem Roman erläutert hätte, was davon Fiktion ist und welche Teile davon sich tatsächlich in der Vergangenheit ereignet hatten.
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Montag, 6. Januar 2020
Montag, 21. August 2017
Buchrezension: Susanne Friedrich: Butterbrot und Liebe
Inhalt:
Hannah geht ganz in ihrer Marketingkarriere auf. Als sie den Butterbrot-Gastronom und Frontalduzer Christoph nach einer kurzen Affäre abserviert, denkt sie noch immer alles unter Kontrolle zu haben. Womit sie nicht gerechnet hat: Christoph glaubt an das große Liebesglück. Doch um Hannahs verschlossenes Herz zu knacken, reichen Träume allein nicht. Kurz entschlossen springen Christoph alle zur Seite: seine resolute Mutter Ulli, sein bester Freund Attila, seine herzensgute Kollegin Ellie und sogar Hannahs Vater Albers, der selbst ein wenig Glück verdient hat.
Rezension:
Hannah ist Anfang 40 und Inhaberin einer Marketing-Agentur in Berlin. Christoph hat sich zusammen mit Freunden selbstständig gemacht und führt das Café "Butterbrot und Liebe", dass auch Catering anbietet und Firmen mit belegten Broten beliefert. Hannahs Agentur zählt inzwischen zu seinen Stammkunden und Christoph verliebt sich auf den ersten Blick in die attraktive, aber sehr unterkühlt wirkende Chefin.
Auch Hannah ist von ihrem Lieferanten und seinen delikaten Broten à la Liebe geht durch den Magen sehr angetan,was sie selbst überrascht, schließlich möchte sie keine Beziehung eingehen und ohnehin ist Christoph viel zu jung" für sie.
Trotz aller Warnungen seiner Freunde, sich von der "Eiskönigin" fernzuhalten, verabredet sich Christoph mit Hannah. Sie verbringen sodann auch den ein oder anderen schönen Abend miteinander, wenn sie nicht gerade absichtlich sie Nachrichten des anderen ignorieren. Nach einem gemeinsamen Wellness-Wochenende im Spreewald wird Hannah alles zu viel und zu eng und sie beendet abrupt die Beziehung zu Christoph.
Dieser kann ihr plötzlich so abweisendes Verhalten und ihre Entschuldigungen dafür nicht nachvollziehen. Halt und Rat gibt ihm seine junggebliebene Mutter Ulli und sein bester Freund Atilla, der nicht nur der Mitinhaber von "Butterbrot und Liebe", sondern auch wie ein Bruder für ihn ist.
Hannah fährt für kleine Auszeiten regelmäßig zu ihrem Vater, der zurückgezogen auf einem Gutshof in der Lüneburger Heide wohnt. Er macht sich Sorgen um seine Tochter, die Beziehungen so vehement ablehnt und sich ganz auf ihre Karriere konzentriert.
"Butterbrot und Liebe" ist der zweite Roman, den ich nach "Monstertörtchen" von Susanne Friedrich gelesen habe, der erneut in Berlin spielt und wieder die Themen Gastronomie und Liebe miteinander verknüpft. In diesem Roman sind beide Protagonisten beruflich erfolgreich, haben aber bislang kein Glück in Sachen Liebe, weil sich sich zu sehr auf ihre beruflichen Karrieren fixiert haben und im Fall von Hannah auch noch ein Traum der Vergangenheit zu verarbeiten ist.
Der Roman braucht wirklich lange, bis er an Fahrt aufnimmt und man als Leser einen roten Faden erkennen kann. Zu Beginn werden Begegnungen von Hannah und Christoph aneinandergereiht und man erhält einen Einblick in ihre Leben, die nur aus Arbeit und gelegentlichen Besuchen bei Mama Ulli bzw Papa Michael zu bestehen scheinen. Eine Nebenrolle spielt die Angestellte des Cafés, die alleinerziehende Ellie, die von ihrem Exfreund Hassan bedroht wird.
Lange kann man das Verhalten von Hannah nicht nachvollziehen und begreift nicht, warum sie Christoph nur aufgrund seines jüngeren Alters abzulehnen schient, sich aber gleichzeitig sehr zu ihm hingezogen fühlt. Ihre Bindungsangst erklärt sich erst durch die Gespräche mit ihrem Vater und den Nachforschungen von Christophs Mutter.
Die Perspektiven wechseln häufig, weshalb man zwar Einblick in nahezu alle Charaktere erhält, allerdings sind dies dann auch nur kurz und wirken etwas unbeholfen, um dem Leser die Geschichte schlüssig darzulegen.
Ich habe nicht so ganz verstanden, warum sich Christoph so Hals über Kopf in Hannah verliebt, von der er eigentlich nur ihr Äußerliches kannte und warum Hannah gerade jetzt beginnt, sich unter Druck ihres Vaters dem Trauma ihrer Vergangenheit zu stellen. Das ewige Hin und Her und die Hinhaltetaktik zu Beginn empfand ich als kindisch, vor allem wenn man bedenkt, dass Hannah bereits über 40 Jahre alt ist und Christoph ein beruflich erfolgreicher Mann mit Erfahrung in Beziehungsdingen ist. Aus dem Alter "wer meldet sich zuerst " bzw, "wie lange warte ich, bis ich auf eine Nachricht antworte" sollten beide inzwischen heraus sein.
Das zu erwartende Happy End kam trotz aller Längen dann doch sehr abrupt und für mich nicht ganz nachvollziehbar. Der Weg dorthin war gepflastert von zum Teil sehr phantasievollen Ideen, die mir zu gewollt unterhaltsam und teilweise sogar absurd und zu weit hergeholt waren.
Der Schreibstil von Susanne Friedrich ist einfach und bindet sogar die "Berliner Schnauze" mitein, allerdings enthält der Roman einige auffällige Wortwiederholungen und gerade bei den Dialogen Floskeln, die verzichtbar gewesen wären.
Die Geschichte von Ellie und ihrem gewalttätigen Freund wird immer mal wieder in Einschüben erzählt, was ich für diesen Roman deplatziert fand. Ich hätte mir eher gewünscht, dass diese Seiten verwenden worden wären, um mehr von Hannah und Christoph zu erfahren. So blieben sie für mich blass und ihre Schicksale konnten mich nicht wirklich berühren.
Mittwoch, 4. Mai 2016
Buchrezension: Susanne Friedrich - Monstertörtchen: Eine Bruchlandung in Berlin
Inhalt:
Viktoria Neufeld hat alles, wofür sie jahrelang hart gearbeitet hat: eine erfolgreiche Karriere, eine Vorzeigeehe, Geld und Einfluss. Jonas Richter, auch Jojo genannt, dagegen steht mit seinem konzeptlosen Café im Berliner Kiez der Bergmannstraße kurz vor dem Aus. Ein Schicksalsschlag, der Viktorias gesamtes Leben auf den Kopf stellt, führt die beiden zusammen. Viktoria und Jonas haben einen gemeinsamen Traum. Doch werden sie es schaffen, dieses unglaubliche Vorhaben zu stemmen? Und welche Rolle spielt Tommy – ein ganz besonderer Mensch, den beide in ihr Herz geschlossen haben –, in Viktorias Bestreben, einen Neustart zu meistern?
Rezension:
Viktoria sieht blendend aus und arbeitet erfolgreich in einer Werbeagentur in Berlin-Friedrichshain. Verheiratet ist sie mit Sven, der ebenfalls dort arbeitet, sehr von sich überzeugt ist, allerdings mehr durch sein triebgesteuertes Verhalten von sich reden macht.
Im Streit, da Viktoria eine Affäre zwischen Sven und Kollegin (Sexbombe) Monika vermutet, kommt es zu einem folgenschweren Verkehrsunfall, der das gesamte Leben von Viktoria auf den Kopf stellt. Nicht nur ihr bildhübsches Antlitz musste leiden, auch ihre Karriere scheint vorzeitig beendet.
Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt verlässt sie ihren untreuen Ehemann und zieht in eine keine Wohnung in Kreuzberg. Dort trifft sie auf Nachbarn Tommy, der sie fürsorglich in Empfang nimmt. Tommy arbeitet als "Super-Service-Man" in Jojos Café im Bergmann-Kiez. Guter Kaffee und guter Service allein reichen allerdings nicht aus. Das Café steht kurz vor dem Ruin und Inhaber Jojo ist selbst zu ideenlos und lethargisch, um das Café vor dem Bankrott zu retten.
Wie gut, dass Tommy der toughen Geschäftsfrau Viktoria das Café mit samt seinen Kuriositäten vorstellt. Sie entwickelt allerdings kein Werbekonzept, sondern schafft es durch ihre fast vergessenen Backkünste das konzeptlose Café zu einem florierenden Geschäft zu etablieren, vor dem die Leute Schlange stehen.
Am Anfang hatte ich meine Probleme, in den Roman hineinzukommen, da zu Beginn viele Charaktere auf den Leser einprasseln. Auf der einen Seite ist die Geschichte um Viktoria und die Werbeagentur mit u.a. Cora, Monika, Jason und Ehemann Sven, auf der anderen Seite begegnen einem die Personen im Café von Jojo, allen voran Tommy, Erna, Max und Vermieter Adolf Herzig. Hat man aber erst einmal alle Personen kennengelernt und sich sein eigenes Bild von den stereotypen Charakteren gemacht, lässt sich der Roman flüssig und durchaus unterhaltsam lesen.
Mir war die Geschichte aber der zweiten Hälfte des Romans allerdings zu glatt und letztendlich sehr vorhersehbar. Auch fand ich einige der Personen sehr überzogen dargestellt und mitunter nervig. Am Ende waren so ziemlich alle Minderheiten - sei es Behinderte, Schwarze, Menschen mit Migrationshintergrund, gescheiterte Existenzen und alte Menschen - in dem Café als Angestellte versammelt. In der Werbeagentur dominierten erfolgsversessene und sexbesessene Persönlichkeiten.
Viktoria selbst machte eine 180°-Wendung und entwickelte sich weg von einer oberflächlichen Karrierefrau hin zu einer sympathischen Kiezbäckerin. Jojo kam mir in dem Roman viel zu kurz, ein "gemeinsamer Traum" war für mich nicht wirklich zu erkennen.
Fazit: Von ein paar inhaltlichen Schwächen und überzogenen Charakteren abgesehen, ein schnell zu lesender, kurzweiliger Roman.
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