Freitag, 29. April 2016

Buchrezension: Thees Uhlmannn - Sophia, der Tod und ich

Inhalt:

Wie kaputt muss man sein, um bei jemandem an der Tür zu klingeln und zu behaupten, man sei der Tod? Was wie ein schlechter Scherz beginnt, ist der Auftakt zu einem hinreißenden, nicht enden wollenden Wortgefecht zwischen dem Tod und dem Erzähler, in dem es um Liebe, Freundschaft und Glauben, um den Lakritzgeschmack von Asphalt und das depressive Jobprofil des Todes geht. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg zur Mutter und zu Johnny, dem kleinen Sohn des Erzählers, den er seit Ewigkeiten nicht gesehen hat. Mit dabei: Sophia, die ruppig-souveräne und weise Exfreundin. Es ist eine Reise zwischen Himmel und Hölle, die geprägt ist von der Tollpatschigkeit, mit der sich der Tod begeistert durch die Welt der Lebenden bewegt, und Fragen aufwirft wie: Muss der Tod eigentlich pinkeln? Und wenn ja, wie macht er das? Und es geht um die große Frage, was denn besser ist, "to burn out or to fade away"?

"Sophia, der Tod und ich" ist eine irrsinnig lustige, berührende Suada, druck- und kraftvoll in jeder Zeile. Die ganze Herrlichkeit des Lebens gefeiert in einem Buch.

Rezension:

Es klingelt und vor der Tür steht der Tod. Nichtsahnend öffnet Altenpfleger, Fußballfan und passionierter Biertrinker aus dem Norden, der dem Leser nur als "Ich" vorgestellt wird, seine Haustür. Der Tod ist gekommen, um ihn zu holen, gibt "Ich" aber noch drei Minuten Zeit für einen Wunsch, bevor sein letztes Stündlein geschlagen hat.
Unterbrochen wird die absurde Szene, als es erneut an der Tür des Ich-Erzählers klingelt und seine Exfreundin Sophia vor der Tür steht. Der Tod selbst ist irritiert, schließlich wurde er noch nie so einfach bei seiner Arbeit unterbrochen. "Ich" bleibt zunächst am Leben und es beginnt ein Roadtrip nach Süddeutschland, da es der Herzenswunsch des Ich-Erzählers ist, seinen 7-jährigen Sohn, der bei der Ex-Exfreundin lebt, zu sehen. Ein Besuchsrecht hatte er Zeit seines Lebens nämlich nicht. Ihm war es bisher lediglich vergönnt, täglich selbst gestaltete Postkarten an sein einziges Kind zu schicken.

Auf dem Weg dorthin wird noch die überraschte Mutter von "Ich" eingesammelt, der sich der Tod zunächst als "Morten de Sarg" aus den Niederlanden vorstellt.

Solokünstler und Sänger der Band "Tomte", Thees Uhlmann ist ein Geschichtenerzähler, der es schafft eine phantastische Geschichte durch Wortwitz und trockenem Humor sehr unterhaltsam zu gestalten. Auch wenn die Geschichte selbst banal anmutet und das Ende von Beginn an vorhersehbar ist und durch science-fictionartige Endszenarien und übertriebene Monologe des Tod etwas abdriftet, geht es um den Abschluss eines (zu kurzen) Lebens und der Versöhnung mit allen Menschen, die "Ich" wichtig waren.

Trotz der morbiden Story wird "Sophia, der Tod und ich" zu einer vergnüglichem Leseerlebnis, das weniger von der Handlung, sondern vielmehr vom Erzählstil von Thees Uhlmann getragen wird. 


Samstag, 23. April 2016

Buchrezension: Kyra Groh - Tage zum Sternepflücken

Inhalt:

Layla studiert Musik und ist daran gewöhnt, die zweite Geige zu spielen. Oder vielmehr: das zweite Saxofon. Ihrer Meinung nach liegt es an dem ihr fehlenden Rampensau-Gen. Sie spielt auch in Orchestern, unterrichtet in einer Schule und arbeitet für ihren fahrigen Professor. Hinzu kommen noch ihre Familie – u.a. ihre Mutter, die hauptberuflich Glücksseminare gibt – und Freunde, die sie auf Trapp halten. Für die Liebe bleibt dabei nur wenig Zeit. Bis sie eines feuchtfröhlichen Abends in Julius‘ Bett stolpert – und am nächsten Morgen feststellen muss, dass sie wieder mal nur die Zweitbesetzung ist.


Rezension:

Layla ist 22 Jahre alt und studiert Musik an der Universität in Frankfurt. Neben dem Saxophon-Unterricht arbeitet sie als "Hiwi" für ihren Professor und Jazzmusiker Jochen Hecker. Dieser möchte "Sweeney Todd" als Musical an der Hochschule inszenieren und Layla ist beim Casting der Darsteller dabei und selbst als Musikerin im Hintergrund als zweites Saxophon involviert. Bereits während der Auswahl der Sänger lernt sie Julius kennen, der die Hauptrolle des mordenden Barbiers übernehmen wird. Auch wenn Julius zunächst einen arroganten Eindruck bei Layla hinterlässt, verbringen sie bereits wenige Stunden nach ihrem Kennenlernen eine Nacht zusammen. Layla kann dies selbst nicht verstehen, schließlich ist sie ihrer Meinung nach mit ein paar Kilos um die Hüften zu viel nicht sonderlich attraktiv, noch ist sie der Typ für One-Night-Stands. Bei diesem sollte es aber eigentlich bleiben, da Julius eine feste Freundin in Berlin hat. Layla, deren letzte Beziehung zu einem Mitstudenten eine Enttäuschung war, ist verletzt wieder nur die Zweitbesetzung zu spielen und versucht Julius so gut es geht aus dem Weg zu gehen.

Dies ist allerdings leichter gesagt als getan, schließlich begegnen sich weiter bei den Proben des Musicals, Julius selbst wird auf Youtube als aufsteigender Sänger und Gitarrist gefeiert und gibt Laylas Bruder Nick letztlich auch noch Gitarrenunterricht.

Die Anziehungskraft zwischen beiden ist selbst für Außenstehende wahrnehmbar und auch ein gemeinsames Duett findet auf Youtube großen Anklang. Julius hat jedoch aufgrund der Erkrankung seiner Freundin Anna Skrupel, sie zu verlassen. Layla gibt dennoch die Hoffnung auf eine Beziehung mit Julius nicht auf.

"Tage zum Sternepflücken" ist der dritte Roman von Kyra Groh, den ich nach "Pinguine lieben nur einmal" und "Halb drei bei den Elefanten" gelesen habe. Auch dieses Buch handelt wieder von einer jungen, nicht gerade selbstsicheren Protagonistin und ihrem Suchen und Finden der Liebe und ist wie die Vorgängerromane äußerst unterhaltsam und lebensnah geschrieben. Layla und ihre eigenwillige Familie sowie ihr schusseliger Professor sind teilweise stereotyp dargestellt, aber alle sehr sympathisch und machen den Roman zu einem vergnüglichen Leseerlebnis.

Studentenleben, Musik und ihre Vernetzung mit sozialen Medien sowie viel Gefühl und die Entwicklung von Layla zu einer selbstbewussterin jungen Frau stehen im Vordergrund des Romans. Das Ende ist wie bei typischer Chicklit voraussehbar und auch "Tage zum Sternepflücken" hat keine großen Überraschungen zu bieten. Themen wie die Krebserkrankung der Mutter oder die psychischen Probleme von Laylas Bruder Nick und der Freundin von Julius, Anna, werden nur angerissen, so dass diese im Roman deplatziert wirken und enttäuschend überflüssig sind.

Inhaltlich kann der Roman nicht ganz mit ihren beiden anderen Romanen mithalten, die für mich etwas tiefgründiger waren. Dennoch hat mir das Buch aufgrund des sympathisch-flüssigen und witzigen Schreibstils von Kyra Groh wieder gut gefallen, erinnerte es mich doch ein wenig an "Lieblingsmomente" von Adriana Popescu.



Mittwoch, 20. April 2016

Buchrezension: Laurie Frankel - Für jetzt und immer und danach

Inhalt:

Mithilfe eines Computers hat Sam seine Traumfrau Meredith gefunden. Als deren Oma Livvie stirbt, versucht er sie zu trösten: Er lässt seinen Rechner aus alten E-Mails eine neue Nachricht generieren, wie die Oma sie geschrieben haben könnte. Meredith ist begeistert! Sie will weiter mit ihrer virtuellen Livvie kommunizieren. Doch damit beginnen die Probleme. Und auch die tiefe Liebe zwischen Sam und Meredith steht bald vor einer großen Prüfung.

Rezension:

Sam ist Programmierer bei einer Dating-Agentur und entwickelt dort ein Programm, das für jeden den richtigen Partner findet, den "Algorithmus der Liebe". So findet auch er seine große Liebe Meredith. Als sich die Software als tatsächlich perfekt herausstellt, wird Sam von seinem Arbeitgeber entlassen, da die Kunden nach erfolgreicher Suche ihres Traumpartners nicht mehr auf eine Dating-Agentur angewiesen sind.

Dann stirbt Merediths geliebte Großmutter Livvie und Sam entwickelt, nun ohnehin arbeitslos zu Hause, für Meredith ein Programm, das ihr helfen soll, die Trauer und den Verlust zu verarbeiten. Durch die gespeicherten E-Mails und Videochats zwischen Livvie und Meredith ist die von ihm entwickelte Software in der Lage, authentische Chats zwischen Meredith und der toten Livvie zu ermöglichen. Neue Themen kann die virtuelle Livivie zwar nicht begreifen, aber ein alltäglicher Smalltalk, über den sich Enkelin und Oma unterhalten, ist als Simulation möglich.

Meredith ist überglücklich und überzeugt Sam, zusammen mit ihrem geschäftstüchtigen Cousin Dash davon, das Programm zu vermarkten und damit die eigene Firma "RePrise" zu gründen. Diese wird ein voller Erfolg, da nur die wenigsten Menschen in der Lage sind, nach dem Tod loszulassen und sich mit dem Lebensende einer geliebten Person abzufinden. Die Videochats und E-Mails sind nicht immer von Erfolg gekrönt und enttäuschend, da oft zu wenig Material vorhanden ist, um eine ausgiebige Kommunikation zwischen Lebenden und Toten zu gewährleisten. Es kommt sogar so weit, dass Eltern ihre todkranken Kinder im Krankenhaus dazu zwingen, E-Mails zu schreiben, so dass nach ihrem Ableben noch Kommunikationsmaterial für die Hinterbliebenen vorhanden ist, um die Software zu füttern.

Dann ereilt Sam und Meredith ein schwerer Schicksalsschlag und Sam beginnt den Tag zu verfluchen, an dem er diese Software entwickelt hat.

Als Hardcover ist der Roman mit dem Titel "Der Algorithmus der Liebe" erschienen, der wie ich finde, ansprechender klingt und inhaltlich mehr über das Buch aussagt. "Für jetzt und immer und danach" hört sich eher nach einer kitschigen Liebesschnulze an, was der Roman aber überhaupt nicht ist.

Der Roman ist zwar locker und mitunter pointiert und witzig geschrieben, aber aufgrund der Thematik nicht gerade leichte Kost. Die Trauer und wie wir Menschen damit umgehen sowie der Wunsch nach ewigem Leben ist allgegenwärtig. Bei der Wahl des Buches sollte man sich insofern von Cover und Titel nicht irreleiten lassen und eine Geschichte vom Suchen und Finden der Liebe erwarten. "Für jetzt und immer und danach" ist ein einerseits unterhaltsamer, aber auch tragischer Roman, der den Leser berührt und zum Nachdenken anregt. Würde man selbst ein solches Programm nutzten wollen, um noch ein letztes Mal (oder eine nicht endende Anzahl) mit einem geliebten verstorbenen Menschen sprechen zu wollen?




Samstag, 16. April 2016

Buchrezension: Ulrike Reinker - Wie es war, ich zu sein

Inhalt:

Monika "sammelt Strumpfhosen und Männer" und hütet ein Geheimnis. Ihre Nichte Rosetta ist pummelig und scheint selbst in der eigenen Familie auf die Rolle des Außenseiters festgelegt zu sein. Jenny, Rosettas beste Freundin, sucht nach der großen Liebe und findet … den allzu perfekten Ken.
Drei Frauen und ihre Geschichten. Geschichten von Liebe, Freundschaft, Treue, Verlust und Mut. Geschichten voller Widersprüche und Brüche – wie das Leben selbst.
Ulrike Reinker erzählt in ihrem Coming-of-Age-Roman einfühlsam, berührend, aber immer auch komisch von den kleinen Katastrophen und großen Glücksmomenten. Dabei gelingt ihr scheinbar mühelos, was nur wenige schaffen: Ihre Figuren leben!


Rezension: 

Das Buch ist kein fließender Roman, in welchem die Kapitel fortlaufend aufeinander aufbauen. Es hat sieben Kapitel, die jeweils primär von einer der drei Frauen bzw. Mädchen handeln und Episoden aus ihrem Leben darstellen, die sie geprägt haben. Durch die Überschneidungen der handelnden Personen ist es mehr als nur eine Sammlung von Kurzgeschichten. 

Es werden zu Beginn in den ersten beiden Kapiteln verschiedene Situationen aus der Kinder- und Teenagerzeit von Rosetta und Jenny geschildert, die eher einen tragi-komischen Charakter haben und die typischen Probleme von Jugendlichen - von Mobbing, über Vertrauensbrüche in Freundschaften bis zum Liebeskummer - thematisieren

Dann spielt Monika, eine für Rosetta sich wichtige Vertrauensperson, von der sie allerdings schwer enttäuscht wird, die Hauptrolle in einem der Kapitel. Monika ist zwar schon um die 40 Jahre alt, hat ihren Weg im Leben und ihr persönliches Happy End jedoch noch nicht gefunden. In Kapitel 4 wird ihr klar, was ihr eigentlich im Leben fehlt. 

Die letzten beiden Kapitel handelten von der nun erwachsenen Jenny, die überraschenderweise dann doch den schwereren Weg im Leben meistern musste als Rosetta, die in ihrer Kindheit dem Mobbing ausgesetzt war, und auch innerhalb der eigenen Familie keine guten Erfahrungen sammeln konnte. Diese beiden Kapitel haben mir am besten gefallen, weil ich mich letztlich besser in Jenny als in Rosetta hineinversetzen konnte. Jenny hat sich darin aus ihrer Sturm-und Drang-Phase in ihrer Teenagerzeit zu einer verwantwortungsbewussten, wenn auch glücklosen Frau entwickelt. 
Im letzten Kapitel liest man auch - wie nebenbei - wie es mit Monika und Rosetta weitergegangen ist, so dass der Leser nicht im Unklaren ist und insofern doch noch einen runden Roman erhält, in dem letztlich keine Fragen offen bleiben

Der Schreibstil ist sehr lebendig und direkt und zumal auch situationsbedingt derbe, wodurch die handelnden Personen sehr authentisch und lebendig wirken. Ich konnte mich so jederzeit gut in alle drei hineinversetzen und über so manchen Dialog schmunzeln. Auf der anderen Seite sah ich mich aber auch mit erschütternden Situationen konfrontiert, die jedoch durchaus realistisch waren.  

"Wie es war, ich zu sein" beschreibt einzelne Episoden, die im Leben von drei Frauen herausragend und prägend waren. Man erhält insofern nur Einblicke in Sitationen und darf als Leser nicht enttäuscht sein, wenn man aufgrund des Perspektivenwechsels und der Kürze des Romans nicht alles erschöpfend erfährt. 


Mittwoch, 13. April 2016

Buchrezension: Sarah Kuttner - 180 ° Meer

Inhalt:

Nachdem ihr Vater die Familie verlassen hat, ist Jule mit ihrem Bruder und ihrer selbstmordgefährdeten Mutter aufgewachsen. Als Erwachsene hat sie sich einen Alltag geschaffen, in dem sie alles nur noch irgendwie erträgt: ihren Job als Sängerin, die unzähligen Anrufe ihrer Mutter, den ganzen Hass in ihr, der sie fast verschwinden lässt. Als auch ihre Beziehung zu bröckeln beginnt, flieht sie zu ihrem Bruder nach England, auf der Suche nach Ruhe und Anonymität.
Doch dort trifft sie auf ihren Vater, der im Sterben liegt. Zaghaft beginnt Jule einen letzten Versuch, sich dem Mann anzunähern, von dem sie sich ihr Leben lang im Stich gelassen gefühlt hat.

Rezension:

Da ich die beiden ersten Roman von Sarah Kuttner "Mängelexemplar" und "Wachstumsschmerz" schon vor einiger Zeit gelesen habe, war mir der Schreibstil von Sarah Kuttner - direkt, trotzig und stellenweise provozierend und herausfordernd, bekannt.

In "180 ° Meer" geht es wieder um eine Protagonistin um die 30, die mit sich und ihrem Leben nicht zufrieden ist und sich in einer Phase des Umbruchs befindet.

Ihre Mutter ist depressiv und schon als Kind musste Jule Erfahrung mit den Suizidversuchen ihrer Mutter machen. Auch die kurzzeitige Versöhnung mit Jules Vater und anschließende Geburt des Sohnes führte zu keiner Verbesserung ihrer psychischen Verfassung.
Den Kontakt zu ihren Eltern meidend, verdient Jule ihr Geld als Sängerin und tritt dreimal pro Woche mit Daniel, der sie am Piano begleitet in einem Restaurant auf. Der Job, auf den sie finanziell nicht einmal angewiesen ist, ist ihr verhasst, sie mag die eigene Interpretation der souligen Lieder nicht und auch das Ambiente in dem Speiselokal ist ihr zuwider. Mit dem Inhaber, Andreas, hat sie eine leidenschaftslose Affäre, während in der gemeinsamen Wohnung ihr Freund Tim, der Knotenfetischist, auf sie wartet.
Als er von der Affäre erfährt, schmeißt er Jule raus und sie flüchtet zu ihrem Bruder Jakob nach London. Dort bleibt sie länger als geplant, nimmt sogar einen Job in einem Second-Shop an, bevor sie dann in ein Hotel in der Nähe des Wohnortes ihres Vaters zieht. Von ihrem Bruder hatte sie erfahren, dass ihr gemeinsamer Erzeuger an Prostatakrebs erkrankt ist. Mehr aus Pflichtbewusstsein als aus Zuneigung besucht sie ihn und stellt dabei erstaunt fest, dass die beiden sich gar nicht so unähnlich sind.

Der Roman schildert weitestgehend die Emotionen und das Gefühlschaos von Jule, obektiv passiert nicht viel, so dass der Roman nicht nur unaufregend, sondern schlicht langweilig bis nahezu belanglos auf mich wirkte.
Die Aufarbeitung ihrer Kindheit, eine Versöhnung mit den Eltern und insbesondere dem todkranken Vater zieht sich zwar wie ein roter Faden durch den Roman, wird aber letztendlich nie konkret.
Stattdessen raucht Jule lieber den ein oder anderen Joint, widmet sich dem "Arschlochhund" oder philosophiert über die Queen. Die vordergründige Darstellung von Übersprungshandlungen und -gedanken, um sich von den tiefergehenden Problemen - sei des die Familiengeschichte oder die Beziehung zu Tim - mag von der Autorin so gewollt sein, aber mich fesselte Jules Geschichte nicht genug, so dass ich während des Lesens aufpassen musste, nicht gedanklich abzuschweifen.

Fazit: Ein Roman außerhalb des Mainstreams und abseits typischer Gute-Laune-Frauenliteratur mit vorhersehbarem Happy End, der aber dennoch keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen wollte. Unterhaltung geht anders.



Freitag, 8. April 2016

Buchrezension: Liz Balfour - Ich schreib dir sieben Jahre

Inhalt:

Wer ist der mysteriöse Fremde, der ihrer Mutter sieben Jahre schrieb? Als die knapp dreißigjährige Ally Briefe eines M. an ihre Mutter findet, ist ihre Welt aus den Angeln gehoben: Hatte ihre Mutter ein Leben, das sie vor jedem geheim hielt? Dabei ist Ally schon genug damit beschäftigt, ihr erfolgreiches, scheinbar perfektes Leben weiterzuführen. Als sie die Briefe liest, kommt ihr ein schlimmer Verdacht: Der Mann, den sie nicht wagt zu lieben, könnte ihr Halbbruder sein.

Rezension:

Die knapp 30-jährige Ally hatte nie einen guten Draht zu ihren Eltern. Schon als Teenager hat sie das Cottage in Irland verlassen und ist auf Anraten ihrer Eltern zu ihrer Tante nach England gezogen. Sie wollten, dass sie eine bessere Ausbildung und ein besseres Leben als auf dem Land erhält. Ally hat sich in London auch immer wohlgefühlt und Karriere als Anwältin gemacht. Inzwischen ist sie mit Benjamin verheiratet, mit dem sie gemeinsam eine Kanzlei in London führt.

Der Kontakt zu ihren Eltern ist fast eingeschlafen. Ihr Vater ist zwischenzeitlich verstorben und jedes Mal, wenn sie ihre Mutter Deirdre besuchte, gerieten sie in Streit.
Jetzt liegt Deirdre nach einem Herzinfarkt im Koma, weshalb Ally in das Cottage nach Irland zurückkehrt. Dort findet sie leidenschaftliche Briefe eines "M." aus den 1970er-Jahren, der offensichtlich verheiratet war, aber unsterblich in Deirdre verliebt war. Als sie von ihm schwanger wird, überlegte er sogar seine Familie zu verlassen.
Durch die Briefe lernt Ally ihre Mutter völlig neu kennen und bereut, dass sie immer so ein schlechtes und inzwischen fast gar kein Verhältnis zueinander haben. Sie hat so viele Fragen und hofft, dass Deirdre aus dem Koma erwacht.

In Irland trifft sie auch Eoin wieder, den sie bei einem Heimatbesich vor sieben Jahren bei einer Party kennenlernte und für den sie fast die Hochzeit mit Benjamin abgesagt hätte. Er macht sie auch heute noch nervös. Obwohl sie ihn kaum kennt, spürt sie eine enge Bindung zu ihm. Er war auch derjenige, der ihre Mutter nach dem Herzinfarkt gefunden und sich auch sonst um Deirdre, die in dem Cottage recht abgeschieden lebt, gekümmert hatte.

Währenddessen beschäftigt Benjamin in der Kanzlei ein Fall einer Plagiatsaffäre in der Modebranche. Ein bekannter Modedesigner und Mandat der Kanzlei möchte Allys beste Freundin Kate verklagen. Ally ist in ihrer Solidarität zwischen Benjamin und ihrer gemeinsamen Kanzlei sowie ihrer Freundschaft zu Kate hin und hergerissen.

Außerdem steht sie vor der Entscheidung, das Cottage zu verkaufen, was im Pflegefall der Wunsch ihrer Mutter war, um ihrer Tochter (finanziell) nicht zur Last zu fallen. Es liegt ein Angebot für das fehlende Stück Land vor, um eine Ferien und Freizeitanlage zu erbauen. Dieses Vorhaben missfällt Eoin, zu dem sich Ally immer mehr hingezogen fühlt, gewaltig.

Puh... in dem Roman werden neben der Familien- und Liebesgeschichte sehr sehr viele Themen wie Tier- und Umweltschutz, Ehebruch und Fehlgeburten bis zum Nordirland-Konflikt angesprochen. Meines Erachtens ist der Roman damit etwas überladen. Das zerrüttete Familienleben sowie die Entwicklung und Aufklärung desselbigen kamen mir dabei etwas zu kurz. Die Zusammensetzung der einzelnen Puzzleteile und Aufösung der Rätsel um Deirdra, ihre verlorene Liebe und den verstorbenen Ehemann kam am Ende des Romans sehr ad hoc und die vorhersehbare Versöhnung von Mutter und Tochter war dann doch sehr seicht.

Nichtdestotrotz sorgt "Ich schreib dir sieben Jahre" für kurzweilige Lesestunden, vor allem für Freunde von Familiengeschichten in irischer Kulisse. Es ist aber kein Roman, der mir länger im Gedächtnis bleiben wird.



Samstag, 2. April 2016

Buchrezension: Gayle Forman - Nur ein Tag

Inhalt:

Allysons Leben ist genau wie ihr Koffer – überlegt, geplant und ordentlich gepackt. Doch am letzten Tag ihrer dreiwöchigen Europatour lernt sie Willem kennen. Sofort knistert es zwischen den beiden. Als freier, ungebundener Schauspieler ist Willem all das, was die 18jährige Allyson nicht ist, und als er sie einlädt, mit ihr nach Paris zu kommen, trifft sie spontan eine für sie untypische Entscheidung. Sie ändert ihren Plan und geht mit ihm. Nach nur einem gemeinsamen Tag wird aus dem Knistern ein Brennen … bis Allyson am nächsten Morgen aufwacht und feststellen muss, dass Willem nicht mehr da ist.

Rezension:

"Nur ein Tag" is der erste Teil des Roman-Duos "Nur ein Tag ... und ein ganzes Jahr" der Bestseller-Autorin Gayle Forman. Es ist ein Jugendbuch, das ich im Rahmen der Lesechallenge des Fischer Leseclubs zusammen mit 49 Leserinnen lesen und diskutieren durfte.

Angekündigt wurde der Roman als "Ein überwältigendes Buch über Liebe, Identität und die Zufälle des Schicksals" bzw. "Einfach magisch" (booksandbiscuits), weshalb ich vielleicht mit zu hohen Erwartungen an das Buch herangetreten bin.

Die 18-Jährige Allyson hat die Highschool beendet und befindet sich im Rahmen von "Teen Tours" zusammen mit ihrer besten Freundin Melanie auf Europareise. In London lernt sie den Laienschauspieler Willem aus den Niederlanden kennen, der eine Rolle in einem Shakespeare-Stück eines Straßentheaters spielt. Sie ist von seiner lockeren Art schwer angetan und lässt sich von ihm überreden, den letzten Tag ihres Europa-Aufenthalts in Paris zu verbringen, die Stadt, die sie unbedingt noch sehen wollte.
Im Gegensatz zu ihrer sonst eher bodenständigen Art einer Musterschülerin lässt sie sich auf das Abenteuer ein und verbringt den Tag mit einem Fremden, in einer fremden Stadt - ohne Handy und ausreichend Bargeld.
In Paris stoßen sie auf mehrere Frauen, die Willem kennt und mit denen er womöglich früher Affären hatte. Allyson, die ihm aufgrund ihres markanten Bobs, den sie sich auf der Reise zugelegt hat, nur als "Lulu" [nach Louise Brooks] bekannt ist, fühlt sich von ihm mehrfach vor den Kopf gestoßen, aber verbringt dennoch eine amouröse Nacht mit ihm.
Am nächsten Morgen ist Willem verschwunden und Allyson bricht völlig verzweifelt nach London und zurück in die USA auf.

Zu Hause angekommen, beginnt ihr College-Aufenthalt. In der ersten Zeit dort ist sie launisch, zieht sich zurück, schließt in ihrer WG weder Freundschaften noch nähere Kontakte und lässt sich gehen. Auch das Studium vernachlässigt sie, obwohl sie die Highschool mit Bestnoten beendet hatte.

Durch eine Vertrauenslehrerin kommt ihr dann die Erleuchtung und sie wechselt nahezu alle Fächerkombinationen, die sie mehr oder weniger auf Wunsch ihrer Eltern belegt hatte. Sie schreibt sich u.a. in ein Schauspiel-Seminar ein, das sich mit den Werken Shakespeares befasst und lernt dort den quirligen Dee kennen, der sie aus ihrer Lethargie befreien und dem Schneckenhaus locken kann.
Ihre Eltern werden später schwer enttäuscht sein, dass sie nicht in die Fußstapfen des Vaters tritt und das Medizinstudium vorantreibt.

Nachdem ihre depressive Phase beendet ist, beschließt sie, sich auf die Suche nach Willem zu machen. Sie nimmt einen Job in einem Restaurant an, belegt einen VHS-Französisch-Kurs, spart ihr gesamtes Geld und reist im Sommer zurück nach Paris.

Das Kennenlernen von Willem und den Aufenthalt in Paris fand ich noch ganz nett und unterhaltsam geschrieben, die übertrieben depressive Phase im College konnte mich aber nicht fesseln. Die Story plätscherte dann nur so vor sich hin, bis sich Allyson endlich ein Herz fasste, nach Willem zu suchen.
Mir blieb allerdings bis zuletzt unklar, warum sie sich so verhalten hat. Hat sie sich wirklich nach einem gemeinsam verbrachten Tag in Paris so in Willem verliebt, obwohl er sich doch recht zurückhaltend verhielt? Wollte sie ihn nur finden, um mit dem Thema abschließen zu können?
Das ganze Verhalten Allysons war für mich nicht so richtig nachvollziehbar, weshalb mich auch die Suche nach Willem nicht in den Bann zog.

Ich denke nicht, dass ich mir den zweiten Band "Und ein ganzes Jahr" lesen werde, um dieselbe Geschichte aus Sicht von Willem zu erfahren. Seine pseudo-geheinmisvolle Art in Paris und die angedeuteten Frauengeschichten sowie eine vermutlich schwierige Kindheit lösen für mich keinen Kaufanreiz aus.




Freitag, 1. April 2016

Buchrezension: Kerstin Klein - Lassen Sie mich durch, ich bin verliebt!

Inhalt:

Neues Spiel, neues Glück! Jessie und ihre Freundin Charlie wagen es: Endlich sind sie selbstständige Betreiber der Polizeikantine. Zwischen Rezepten, Businessplänen und Chaos trifft Jessie jedoch ausgerechnet auf ihre Jugendliebe Gabriel, der ihr vor Jahren das Herz brach. Jetzt ist er Kommissar – und besucht regelmäßig die Kantine. Leider ist er immer noch unwiderstehlich und macht ihr eindeutige Avancen, die Jessie zu ihrem Ärger alles andere als kaltlassen. Denn auf diesen Frauenhelden wollte sie nie wieder reinfallen. Und sie hat ja auch einen festen Freund. Schon bald fahren Jessies – und auch Gabriels – Gefühle Achterbahn.

Rezension:

Aufgrund des Klappentexts, der eine romantische Komödie versprach, und des niedlichen Covers habe ich mich auf ein unterhaltsames, wenn auch nicht sehr tiefgängiges Buch, sondern einfach "leichte Kost" gefreut. In der Regel finde ich auch immer irgendeinen Aspekt an einem Roman, der mich reizt, ihn weiterzulesen.

Aber bei diesem Buch war das Lesen bis zum Ende eine Qual.

Kurz zum Inhalt: Jessie wurde als Teenager von ihrer Jugendliebe Gabriel grundlos verlassen und hat dieses Trauma nie überwunden.
Heute, mit Anfang 30, ist sie zusammen mit ihrer Freundin Charlie Geschäftsführerin einer Polizeikantine und mit dem deutlich älteren Robert zusammen. Er ist zwar kein Traumtyp, bietet ihr jedoch die Geborgenheit und Zuverlässigkeit, die sie braucht.
Der immer noch attraktive Gabriel ist inzwischen Kriminalkommissar, frequentiert die Kantine schon aus Provokation regelmäßig und macht Jessie wieder Avancen.
Diese spielt zunächst die Unnahbare, kann Gabriel aber nicht lange widerstehen und lässt sich von ihm nur zu bereitwillig verführen. Dann folgen einige Missverständnisse hier, ein paar Streitigkeiten da... Jessie verlobt sich zwischenzeitlich mit Robert, wird dann aber wieder vom "vergnüglichen Versöhnungssex" mit Gabriel in Beschlag genommen. Die Entlobung folgt dann bereits nach der Hälfte des Romans, aber Kerstin Klein kannte noch kein Erbarmen. Es folgte eine hanebüchene Kriminalgeschichte mit Gabriel als Beschuldigtem, Opfer und Ermittler in der Hauptrolle, die ihn bis nach Mallorca führte.

Die Idee des Romans ist zwar nicht neu, hätte aber zu ein paar unterhaltsamen Lesestunden gereicht, wenn die Umsetzung nicht so wenig überzeugend gewesen wäre. Der gesamte Inhalt des Romans ist bereits auf der Rückseite des Buches zusammengefasst. Dieser wird durch eine Aneinanderreihung von Klischees mit einer kleinen Prise Erotik ausgeschmückt. Alle darin vorkommende Charaktere stellen stereotype Figuren dar. Angefangen von der naiven, aber kurvigen Protagonisten Jessie, Polizeikommissar und Herzensbrecher Gabriel, gefolgt von Oberspießer, Steuerberater und leidenschaftlichem Puzzler Robert, über die junggebliebene Mutter - Typ Althippie - von Jessie, bis zu der ein oder anderen Bettgespielin von Gabriel, bevorzugt Schreibkraft oder Mitarbeiterin eines Fitnessstudios.

Ein Roman zum Davonlaufen. "Lassen Sie mich durch...!"