Montag, 31. Dezember 2018

Buchrezension: Julie Caplin - Das kleine Café in Kopenhagen (Romantic Escapes, Band 1)

Inhalt:

PR-Frau Kate organisiert eine Pressereise nach Kopenhagen. Unter den eingeladenen Journalisten ist auch der zynische Ben, der von dem Hype um den dänischen Hygge-Trend überhaupt nichts hält und eigentlich lieber gegen die Ungerechtigkeit in der Welt anschreiben würde. Kein Wunder, dass zwischen ihm und Kate sogleich die Fetzen fliegen. Überhaupt entpuppt sich die bunte Reisegruppe als reinster Flohzirkus. Aber dem Charme des idyllischen Kopenhagens kann sich auch Ben letztlich nicht entziehen. Und erst recht nicht dem von Kate. 

Rezension: 

Kate arbeitet bei einer PR-Agentur und erhält erstmals einen größeren Auftrag. Das dänische Kaufhaus Hjem plant in London eine Filiale zu eröffnen und benötigt dafür noch entsprechende Werbung. Kate soll sechs Journalisten für eine Pressereise überreden, damit diese in Dänemark das "Hygge"-Gefühl vermittelt bekommen. 
Die Mehrheit der Journalisten freut sich auf diese gesponserte Reise, nur Ben reagiert genervt und kann dem Hygge-Hype nichts abgewinnen. 

Kates Reisegruppe erweist sich als wahrer Kindergarten und sie hat zu Beginn massive Probleme, die Gruppe beisammen und bei Laune zu halten. Schon bald spüren alle den Wohlfühlfaktor in dem glücklichsten Land der Welt und lassen sich bei Sightseeing, gutem Essen und Aktivitäten in der Gemeinschaft auf das Hygge-Gefühl ein. Anteil daran hat das Café Varme, in das sich Kate morgens gern auf einen ruhigen Kaffee zurückzieht und dessen Inhaberin Eva die Mutter des Kaufhausbesitzers Lars Wilders ist. 
Allmählich entspannt sich auch Kate, die durch die Reise einem enormen beruflichen Druck ausgesetzt ist und zieht sich dabei immer stärker zu Ben hingezogen, hinter dessen harter Schale sich ein weicher Kern verbirgt. 

"Hygge" ist nicht nur ein Einrichtungstrend, den von den "hyggeligen Dänen" übergeschwappt ist, sondern ein Lebensgefühl, das vor allem für Behaglichkeit und Wohlbefinden steht. Die Vermittlung dieses Gefühls steht im Zentrum des Romans und soll sich nicht nur auf die Journalisten, sondern auch auf den Leser übertragen. 

Der Roman ist auch wirklich nett geschrieben und man verfolgt die Entwicklung Kates von einer etwas unsicheren jungen Frau bis hin zu einer kreativen PR-Agentin, die merkt, dass es noch mehr im Leben gibt als der berufliche Erfolg. 

Die Geschichte ist wenig tiefgründig, Land und Leute Dänemarks werden durch eine rosarote Brille gesehen und idealisiert. Wie von selbst erfahren auch noch so kritische Journalisten die Erleuchtung und nehmen etwas von der dänischen Lebenseinstellung mit nach London. Mit ein bisschen kochen, ein bisschen backen, die Wohnung neu einrichten - so leicht scheinen sich Sorgen und Probleme in Wohlgefallen aufzulösen und auch Kate zu ihrer wahren Bestimmung zu führen. 

Die Liebesgeschichte ist vorhersehbar, was aber nicht weiter schlimm ist, da bis zum Happy End die ein oder andere Hürde noch überwunden werden muss. 

"Das kleine Café in Kopenhagen" ist der Auftakt der Buchreihe "Romantic Escapes", die mit "Die kleine Bäckerei in Brooklyn" im Mai 2019 fortgesetzt wird und in der Food-Journalistin Sophie im Fokus der Handlung steht. 



Freitag, 28. Dezember 2018

Buchrezension: Lisa Genova - Im Traum höre ich dich spielen

Inhalt: 

Karinas Traum war eine glanzvolle Karriere als Pianistin. Für ihre große Liebe Richard verzichtete sie darauf. Als die Ehe scheitert, ist er ein gefeierter Star, und Karina fühlt sich um ihr Lebensglück betrogen. Jahre später erfährt sie, dass Richard unheilbar krank ist, und fasst einen Entschluss: Sie wird ihren Exmann zu sich holen. Doch was zunächst aus Pflichtgefühl geschieht, wird schon bald zu einer ungeahnten Chance. Karina begreift, dass Versöhnung so viel mehr sein kann als Frieden schließen, denn manchmal öffnet sie das Herz für einen lang ersehnten Neuanfang. 

Rezension: 

Karina und Richard sind beide talentierte Musiker. Für ihre Ehe und aus Liebe zu ihrer Tochter Grace gibt Karina ihre Karriere als Pianistin auf und arbeitet stattdessen als Klavierlehrerin, während Richard große Erfolge als klassischer Pianist feiert. Die Ehe scheitert und was bei Karina zurück bleibt, ist nur tiefer Groll. 
Als sie erfährt, dass Richard an ALS erkrankt ist, kann sie es kaum glauben, bis sie ihn und seine Hilflosigkeit mit eigenen Augen sieht. Richards Körper baut schnell ab, schon bald kann er die Arme nicht mehr nutzen und droht, beim Essen zu ersticken. 
Durch einen Zufall befreit sie ihn später, als Richard kaum mehr alleine leben kann, aus einer misslichen Lage und beschließt, ihn wieder zu sich in das ehemals gemeinsame Haus zu holen. Er zieht in das Musik- und Arbeitszimmer ein, wo sie ihn rund um die Uhr versorgen kann, wenn es nötig ist. 

Lisa Genova schildert die Erkrankung, die zunehmenden körperlichen Einschränkungen, die Gefühle der Hilflosigkeit und die Frage nach dem Warum? mit sehr eindringlichen Worten. Ungeschönt wird beschrieben wie sich der nur 45-jährige Richard einkotet oder beinahe an einem Kuchenkrümel erstickt. 
Dabei nimmt die Nervenkrankheit ALS, die 2014 durch die Spendenkampagne Ice Bucket Challenge kurzfristig in aller Munde war, aber auch einen so großen Raum ein, dass die Beziehung zwischen Karina und Richard und vor allem ihr Scheitern in der Vergangenheit nicht wirklich aufgearbeitet wird. Karinas Entschluss, Richard bei sich aufzunehmen und nicht mehrmals am Tag fachkundigen Pflegekräften zu überlassen, war aufgrund ihrer zuvor geschilderten negativen Gedanken über Richard und der Spontanität ihrer Entscheidung, zunächst kaum nachvollziehbar. Beiden Ehepartner scheint stets die Musik wichtiger gewesen zu sein, als die Beziehung zueinander und aufgrund der Lügen auf beiden Seiten war die Ehe schon lange Jahre vor ihrer Scheidung gescheitert. Geplagt von Schuldgefühlen wird Karinas Entscheidung für Richards Pflege verständlicher.  
So gibt sich Karina einfach nur ein zweites Mal für Richard auf, nur dass sie dieses Mal nicht mehr verheiratet sind. Ist es doch Liebe statt Hass, die sie empfindet? Leidet sie an einem Helfersyndrom und hat einfach nur Mitleid mit einem gebrochenen Mann, für den - im Gegensatz zu einem Stephen Hawking - nicht der Geist, sondern die Hände das Entscheidende sind? Mir fehlten ihre Emotionen, auch wenn die Geschichte sogar abwechselnd aus beiden Perspektiven erzählt wurde. 

Das Leid der Erkrankung und die verheerenden Folgen von ALS für Betroffene und ihre Angehörigen sind sehr anschaulich dargestellt. Die darüber hinausgehende Handlung ist jedoch banal und wenig überraschend. Sie zeigt, dass ein getrenntes Paar bzw. eine zerbrochene Familie durch eine tödliche Erkrankung wieder zusammengeführt wird und Entscheidungen und Verhaltensweisen der Vergangenheit unvermeidlich bereut werden, um vor dem unvermeidbaren Ende noch die gewissenserleichternden Entschuldigungen auszusprechen und zu einer Versöhnung zu führen. 


Donnerstag, 27. Dezember 2018

Buchrezension: Ellen Sandberg - Der Verrat


Inhalt:

Als Nane nach zwanzig Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen wird, hat sich vieles verändert. Nicht aber die Schuld, die weiter auf ihr lastet. Nicht die Erinnerung an die Nacht, die ihr Leben zerstörte und schon gar nicht das Verhältnis zu ihrer Schwester Pia.
Pia hat es gut getroffen. Die erfolgreiche Restaurateurin lebt mit ihrem Mann auf einem idyllischen Weingut an der Saar. Da lässt es sich gut verdrängen, auf welch zerbrechlichem Fundament ihr Glück gebaut ist. Doch dann tritt ihre Schwester Nane wieder in ihr Leben und Pia ahnt: Es ist Zeit für die Wahrheit. Und damit Zeit für Rache – oder Vergebung. 


Rezension: 

Ariane, "Nane", wird nach 20 Jahren vorzeitig auf Bewährung aus der Haft entlassen und von ihrer Schwester Birgit aufgenommen. Eine Verkettung unglücklicher Umstände im Sommer 1998 führten letztlich zu ihrer Verurteilung wegen Mordes. 
Geplagt von Schuldgefühlen und Erinnerungslücken möchte sie mit ihrem ehemaligen Liebhaber Thomas von Manthey sprechen, der ihre Schwester Pia geheiratet hat und dessen Sohn Henning im Sommer 1998 bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Sie möchte wissen, was sie ihm in ihrem letzten Telefonat erzählt hat. Zu einem klärenden Gespräch kommt es nicht, da Thomas in seinen Weinbergen einen Herzinfarkt erleidet und ins Koma fällt. 
Während dieser Zeit beginnen die handelnden Frauen des Romans - nicht nur die drei Schwestern, sondern auch Hennings Tochter Sonja und Pias Tochter Lissy - sich mit den Ereignissen der Vergangenheit zu beschäftigen. 
Widersprüche treten in Bezug auf den Charakter Henning, der für Sonja immer nur der liebende Vater gewesen war, und im Hinblick auf den Verlauf des Abends, an dem dieser starb, auf. 

Der Roman ist abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven geschrieben und gerade zu Beginn ist es schwierig, die Vielzahl an handelnden Personen zu durchdringen und die Verwandtschaftsverhältnisse zu durchschauen. 
Dann aber steigt die Spannung kontinuierlich an und man fragt sich, wie viel Schuld Nane tatsächlich am Tod von Henning hat oder ob dieser verhindert hätte werden können. 

"Der Verrat" ist eine tragische Familiengeschichte, eine Erzählung über Neid, Schuld und Rache. Die Mehrzahl der Frauen erscheint verbittert und boshaft, getrieben von Eifersucht und scheinen alle etwas zu verbergen zu haben. Dies beschäftigt sogar noch die nachfolgende Generation an Töchtern. 
Auch wenn man als Leser keine Sympathien für einen Charakter entwickelt, ist man von der Handlung gepackt und verfolgt mit Spannung, wie die Ereignisse der Vergangenheit durch Rückblenden und gezielten Nachforschungen aufgedeckt werden.  
Dabei sind vor allem die beiden rivalisierenden Schwestern Nane und Pia tragische Figuren, die geprägt von ihrer Erziehung und dem Glauben an einen Fluch der Weiblichkeit, nicht zu Liebe fähig sind. 

Wie der Titel "Der Verrat" bereits suggeriert, ist nichts so, wie es zunächst erscheint. Nach der Entlassung Nanes aus der Haft, werden alle Beteiligten von den Fehlern der Vergangenheit überrollt, denn eine Schuld, insbesondere eine unverbüßte, währt ewig und lässt auch in diesem Fall die handelnden Akteure auch 20 Jahre später noch nicht los. Fast zu spät gelangt man zu der Erkenntnis, dass das Leben nicht von Hass bestimmt werden darf. 


Mittwoch, 26. Dezember 2018

Buchrezension: Juliet Ashton - Immer wieder du und ich


Inhalt:

Kate liebt Charlie. Charlie liebt Kate. Das war schon immer so. Sie sind füreinander geschaffen. Aber es ist kompliziert: Denn stets ist Charlie gerade vergeben, wenn Kate bereit ist. Und umgekehrt. Immer wieder kreuzen sich ihre Wege, auf Partys, Hochzeiten und Beerdigungen. Vergessen können Kate und Charlie einander nicht. Aber ist es nicht irgendwann zu spät für die große Liebe? Oder bietet ihnen das Leben noch eine zweite Chance?

Rezension: 

Charlie hat Kate schon als Kind im Alter von fünf Jahren eine Liebeserklärung gemacht und als Teenager haben sie die erste Liebe miteinander erlebt. Dann kam es zum Streit, einem unaufgeklärten Missverständnis, und ihre Beziehung brach unkittbar auseinander. In Verbindung blieben sie aber schon unweigerlich dadurch, da Kates Cousine und beste Freundin Becca weniger später mit Charlie und Kate mit Beccas Exfreund Julian zusammenkommen. Der Partnertausch begleitet sie auf allen wichtigen Stationen des Lebens, von Hochzeiten, über Taufen und Geburtstagsfeiern bis hin zu Beerdigungen. Kate und Charlie sehen sich immer wieder, freunden sich platonisch an, klären aber das Missverständnis der Vergangenheit nicht auf, bis Kate durch einen Zufall die Wahrheit erfährt und sie in ihren Grundfesten erschüttert wird. Ist es nun - 20 Jahre später - zu spät für die Liebe?

"Immer wieder du und ich" ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern erzählt die Leben im Zeitraum von ungefähr 35 Jahren von vier Personen, die sich von Kindesbeinen an kennen, wobei die vernünftige Kate und die quirlige Becca im Fokus des Geschehens stehen. Man erlebt mit ihnen alle Höhen und Tiefen des Lebens mit, begleitet sie in Freude und Trauer. 

Die Kapitel beginnen stets kreativ mit einer Einladung für ein Ereignis wie einem Kindergeburtstag oder einer Silvesterparty, bei denen sich die vier Protagonisten begegnen werden, da sie über ihre Liebe und Freundschaft hinaus auch familiär eng miteinander verbunden sind. Die einzelnen Stationen der Erzählung sind aus dem Leben gegriffen und wirken authentisch, auch die Charaktere sind mit ihre Ecken und Kanten interessant und individuell gezeichnet. Keine Person ist nur gut oder böse und kann den Leser immer wieder überraschen. So ist der Roman, mit dem man die vier auf weiten Abschnitten ihres Lebens begleitet, sehr lebendig und abwechslungsreich geschrieben.

Das Buch bietet deshalb auch viel mehr als eine klassische Liebesgeschichte zwischen Mann und Frau, da hier vor allem auch Familie und Freundschaft wesentliche Elemente der Erzählung sind. Im Gegensatz zu anderen Geschichten, die eine ähnliche Idee verfolgen, geht es hier nicht um Gefühle, die unterdrückt werden oder um den Kampf, eine Jugendliebe zurückzugewinnen. Kate und Charlie verlieren nie den Kontakt zueinander und sind sich ehrlich freundschaftlich verbunden, ohne mehr zu erwarten. Sie werden erwachsen, leben ihr Leben mit anderen Partnern, sammeln Erfahrungen und verlieben sich dann neu ineinander.

Mich hat der abwechslungsreiche, witzige, aber phasenweise auch emotionale Roman, der zeigt, wie das Leben so spielt, positiv überrascht. Wer sich allerdings eine leidenschaftliche Liebesgeschichte erhofft, in der die für einander vorbestimmten Protagonisten vom Schicksal gebeutelt einige Hürden bis zum Happy End überwinden müssen, könnte enttäuscht sein. 



Dienstag, 25. Dezember 2018

Buchrezension: Liz Trenow - Das Haus der Seidenblüten

Inhalt:

England 1760. Das Leben der jungen Anna Butterfield ändert sich grundlegend, als sie vom idyllischen Suffolk zur Familie ihres Onkels nach London zieht. Kurz nach ihrer Ankunft begegnet sie dem französischen Seidenweber Henri und wird hineingezogen in die faszinierende Welt des Seidenhandels. Henri arbeitet an seinem Meisterstück, während Anna sich danach sehnt, Künstlerin zu werden, anstatt einen reichen Anwalt zu heiraten wie von ihrer Familie gewünscht. Henri erkennt, dass Annas Blütenzeichnungen ihnen beiden die Chance auf Unabhängigkeit schenken könnten. Doch sein Leben als Einwanderer wird täglich gefährlicher, bis die dramatischen Zeiten ihn und Anna für immer auseinanderzureißen drohen. 

Rezension: 

1760 zieht Anna Butterfield nach dem Tod ihrer Mutter vom ländlichen Suffolk nach London zur Familie ihres Onkels, dem Tuchhändler Joseph Sadler. Die 18-Jährige soll dort von der Tante in die Gesellschaft eingeführt werden. Schon bei ihrer Ankunft begegnet sie dem Seidenweber Henri Vendôme, der ihr Hilfe leistet, als sie im Getümmel ohnmächtig wird. Henri ist französischer Einwanderer, der sich aufgrund seines Talents hochgearbeitet hat, inzwischen Geselle ist und gerade an seinem Meisterstück arbeitet. Sie gehören damit unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten an, weshalb es zunächst zu keinem weiteren Kontakt kommt. 
Anna langweilt sich im Haus des Onkels, indem sie sich eingesperrt fühlt. Zuhause in Suffolk hat sie es geliebt, im Garten zu sitzen und Blumen zu zeichnen, was ihr nun in der Stadt, in der sie sich nicht allein bewegen darf, verwehrt ist. Als Dienstmädchen verkleidet und mit der Rückendeckung ihrer Cousine schleicht sie sich vom Anwesen der Sadlers und geht auf den Markt, wo sie die Gelegenheit bekommt, Blumen zu malen. Als Henri dort auf ihre Zeichnung aufmerksam wird, bittet er Anna um Erlaubnis diese als Vorlage für sein Meisterstück zu verwenden. Anna kommt dadurch ihrerseits auf die Idee, weitere Webvorlagen für Seidentücher anzufertigen. 

Die Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht von Anna bzw. Henri geschrieben und werden jeweils mit einem Zitat aus historischer Literatur, "Über die Umgangsformen der feinen Damen" bzw. dem "Handbuch für Lehrjungen und Gesellen oder wie man zu Ansehen und Reichtum gelangt" eingeführt, was dem Buch einen schönen Rahmen gibt und den Leser in die Verhältnisse des 18. Jahrhunderts versetzt. 
Neben der eigentlichen Geschichte um die gesellschaftlichen Zwänge für junge Damen der damaligen Zeit und der aufkeimende Liebe zwischen Anna und Henri sowie die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, werden auch die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in London 1760 sowie alles rund um die Anfertigung und den Vertrieb von Seide anschaulich dargestellt. Der Roman handelt von den unterschiedlichen sozialen Ständen und der Vorbehalte der Londoner Bevölkerung gegenüber den französischen Einwanderern, den Hugenotten, die in protestantische Gebiete flüchten mussten. 

Anna ist eine mitunter etwas überhebliche junge Frau, die sich ihrer Tante und Cousine gegenüber geistig überlegen fühlt, da sie sich im Gegensatz zu ihren weiblichen Verwandten nicht für Tanz, Mode und den Heiratsmarkt, sondern für Kunst, Literatur und Politik interessiert.
Die Liebesgeschichte entwickelt sich wie die beruflichen Ambitionen der Protagonisten gemächlich. Bei den zarten Begegnungen mit "Schmetterlingen im Bauch" war allerdings keine Leidenschaft zu spüren und blieb eher im Hintergrund. Der Roman stellt das Zeitgeschehen in London um 1760 informativ nach und wird dabei auch durch historische Persönlichkeiten angereichert, hat aber bis auf den letzten Abschnitt wenig Höhen und Tiefen. Die Handlung plätschert nett vor sich, kann aber nicht mitreißen, so dass man das Buch unweigerlich immer wieder zur Seite legt. 

"Das Haus der Seidenblüten" ist mit dem historischen Hintergrund authentisch und nett geschrieben, aber eben auch etwas fade. 


Samstag, 22. Dezember 2018

Buchrezension: Hanna Doyle - Mein Jahr zum Glück

Inhalt: 

Jedes Jahr wieder fasst Izzy die gleichen Vorsätze: nein zu den falschen Männern, nein zu Muffins, nein zu Alkohol. Als in einer Redaktionskonferenz die Idee entsteht, es einmal anders anzugehen, ist die junge Journalistin gar nicht begeistert. Ein Jahr lang soll sie jeden Monat einmal ja sagen zu einer Herausforderung und darüber schreiben. Von einem Festival-Auftritt oder einer neuen Haarfarbe bis zu der Aufgabe, sich mit einem entfremdeten Familienmitglied auszusprechen, die Herausforderungen sind vielfältig. Izzy lernt dabei ganz neue Seiten an sich kennen – und je größer ihr Selbstbewusstsein wird, desto aufregender wird ihr Liebesleben. 

Rezension:

Isobel ist Mitte 20 und arbeitet als Journalistin bei dem Lifestyle-Magazin Pulse. Als sie im neuen Jahr feststellt, dass sie sich annähernd dieselben Vorsätze wie im letzten Jahr vorgenommen hat, die sie allesamt nicht durch- oder eingehalten hat, entsteht bei einer Redaktionskonferenz die Idee, dass sich Izzy in diesem Jahr nicht damit aufhalten soll, Dinge nicht zu tun, sondern sich gezielt monatlich einer Aufgabe zu stellen. Jeden Monat soll dafür ein Feature in Pulse erscheinen, in dem Izzy von ihren Erfahrungen berichtet. Als Herausforderung darf sie sich die Aufgaben nicht selbst heraussuchen, sondern werden von den Lesern vorgeschlagen und anschließend von ihrer Chefin ausgewählt. 
So beginnt Izzys Jahr zunächst mit einem Make-over, bevor sie sich größeren Herausforderungen wie einem Fernsehauftritt oder einer Performance auf dem Glastonbury-Festival widmen bzw. sich als Aktmodell zur Verfügung stellen muss. 
Schon bald merkt Izzy, wie der berufliche Erfolg ihr Selbstbewusstsein wachsen lässt und dass es noch andere Männer außer Schwippschwager George gibt, von dem sie seit Jahren schwärmt.

In "Mein Jahr zum Glück" geht es um die guten Vorsätze, die man sich für das neue Jahr vornimmt und wie in Izzys Fall nicht bis zum Ende konsequent durchzieht, sondern schnell wieder im Alltagstrott vergisst. Durch den Druck, dem sich Izzy aussetzt, in dem sie die Vorsätze mit ihrem Berufsleben verbindet, ist sie jedoch gezwungen, ihre monatlichen Aufgaben akribisch abzuarbeiten. 
Bei den Herausforderungen handelt es sich um keine sehr ungewöhnlichen Dinge oder Aufgaben, größere Anstrengungen oder Mut voraussetzen, so dass die Geschichte realistisch bleibt, aber eben auch ein Thema beschreibt, das schon Gegenstand vieler Romane war. 
Auch wenn der Roman unterhaltsam geschrieben ist und einige witzige Bonmots und Situationen beinhaltet, beinhaltete die Handlung für mich nichts wirklich Neues. Izzy ist die Mittzwanziger, die typischerweise wenig ambitioniert und etwas ungeschickt ist, so manches Fettnäpfchen mitnimmt und hinter dem falschen Mann herjagt. In all ihren monatlichen Aufgaben ist Izzy sehr auf sich selbst fixiert und so begleitet man sie auf einem Egotrip durch das Jahr, bei dem sie - vorhersehbar - ihr Leben optimiert, ihr äußeres Erscheinungsbild verbessert, innerlich reift und im Job ernster genommen wird. Mit größeren Schwierigkeiten hat sie nicht zu kämpfen, die Aufgaben und ihre Lösung sind ihr förmlich zugeflogen. 

Der Roman ist wenig tiefgründig und bietet leichte Lesekost. Mir war der Roman zu eintönig aufgebaut, die einzelnen Kapitel ohne fließende Übergänge miteinander verbunden, die Herausforderungen zu belanglos. Izzy war mir als Person zwar nicht unsympathisch, aber ich empfand sie zu sehr auf sich selbst fixiert und hatte nicht den Eindruck, dass sie sich über das Jahr hindurch charakterlich weiterentwickelt hat. Darüber hinaus blieb mir bis zum Schluss unklar, warum George ihr Traummann war bzw. sie so fest davon überzeugt war.  
"Mein Jahr zum Glück" bietet weder eine neue Romanidee, noch hebt sich das Buch durch eine interessante Handlung von Büchern mit ähnlichem Grundgedanken ab. 



Freitag, 21. Dezember 2018

Buchrezension: Julie Cohen - Das geheime Glück

Inhalt: 

Es ist ein Morgen wie jeder andere, als Robbie neben seiner schlafenden Frau Emily erwacht. Wie immer steht er vor ihr auf und kocht Kaffee. Doch an diesem Morgen schreibt er einen Brief und tut damit etwas, was Emily das Herz brechen wird. Robbie weiß: Er muss diesen Preis bezahlen, um ihre Liebe zu schützen. Denn niemand darf erfahren, welches Geheimnis Emily und er seit fünf Jahrzehnten hüten. 

Rezension:

Emily und Robbie lernen sich 1962 in Cambridge/ England kennen und es ist die Liebe auf den ersten Blick. Robbie ist Amerikaner und Seemann sowie Bootsbauer. Emily studiert ganz nach dem Vorbild ihres Vaters Medizin. Auch wenn sie nur 48 Stunden Zeit haben sich kennenzulernen, da Robbie auf einem Segelschiff angeheuert hat, das nach Italien fährt, versprechen sie sich ein Wiedersehen. 
Über die Jahre hinweg werden sie sich trennen und andere Partner haben, doch am Ende werden sie wieder zusammensein, auch wenn das bedeutet, mit Emilys Familie zu brechen und ein neues Leben in Maine/ USA zu beginnen. 

Die Partnerschaft bis zum Lebensende ist gleichzeitig der Anfang des Romans im Jahr 2016, der in fünf Teile untergliedert ist und die Liebesgeschichte Emilys und Robbies rückwärts erzählt. 
Es ist eine ungewöhnliche, aber sehr interessante Erzählweise und auch wenn das Ende am Anfang steht, bleibt es bis zu ihrem Kennenlernen 1962 spannend, welches Geheimnis die beiden über die Jahrzehnte hinweg verbergen müssen, um ihre Liebe zu bewahren und leben zu können. 

Ich habe bisher alle Romane von Julie Cohen verschlungen, aber dieser konnte mich nicht so packen wie die Romane zuvor und auch die Schicksale von Emily und Robbie nicht so berühren. Auch wenn der Schreibstil ausgezeichnet ist und der Aufbau der Geschichte originell ist, war die Liebesgeschichte der beiden zu zerstückelt, da nur einige herausragende Ereignisse aus ihren gemeinsamen Leben erzählt werden. Diese Ereignisse sind allesamt dramatisch oder schildern die Probleme in der Beziehung - von Alkoholismus über schwierige familiäre Konstellationen und Unfruchtbarkeit bis hin zu Demenz -  so dass es der Liebesgeschichte an Leichtigkeit gefehlt hat. 

"Das geheime Glück" ist die Geschichte über eine große Liebe, die nicht sein darf. Die Liebe zwischen Emily und Robbie ist durchweg spürbar, aber dennoch konnte mich ihre gemeinsame Geschichte nicht überzeugen. Dem Geheimnis am Ende fehlte der Wow-Effekt und relativierte in meinen Augen geradezu diese kompromisslose Liebe. 




Mittwoch, 19. Dezember 2018

Buchrezension: David Safier - Die Ballade von Max und Amelie

Inhalt:

Die einäugige Hündin Narbe kann sich nicht vorstellen, dass eine wie sie jemals geliebt werden könnte. Doch dann verirrt sich der sanfte Hund Max zu der Müllkippe, auf der Narbe lebt. Er erzählt ihr von seinem wunderschönen Zuhause bei den Menschen und in der Hoffnung auf ein besseres Leben begleitet Narbe den Fremden auf die gefährliche Heimreise.

Unterwegs wird Max von Alpträumen geplagt, in denen die beiden ein Liebespaar sind, aber von einem Menschen getötet werden. Aber sind es wirklich Alpträume oder vielmehr Erinnerungen? Narbe wehrt sich anfangs dagegen, dass es ihr Schicksal sein soll, Max zu lieben. Doch kaum beginnt sie zaghaft an das Gute zu glauben, taucht der Mensch aus den Träumen auf.


Rezension:

Narbe ist eine Hündin, die in einem Rudel auf einer Müllkippe lebt. Ihr Bruder und Rudelführer hat ihr im Kampf, als sie sich ihm nicht unterstellen wurde ein Auge herausgebissen, weshalb sie den Namen Narbe trägt. Als Max, ein Haushund, der ausgesetzt wurde, hilflos auf der Müllkippe erscheint, nimmt sie sich ihm an. Er möchte zurück nach Hause, zu seinem Frauchen und Tochter Lilly, kennt aber den Weg nicht. Narbe behauptet ihm helfen zu können und so begeben sie sich gemeinsam auf den Weg in Richtung Stadt. 
Ihre Reise ist nicht ganz ungefährlich. Sie müssen gegen Hunger und Kälte ankämpfen, es gibt andere Tiere, die ihnen nicht wohlgesonnen sind und eine Menschenfrau, die auf Rache aus ist. 

Der Roman ist aus der Sicht einer Hündin geschrieben, deren Horizont naturgemäß begrenzt ist, die aber ähnlich fühlt wie ein Mensch. Sie kann sich nicht vorstellen, dass ein Hund wie Max mit ihr befreundet sein möchte, aber auf ihrem gemeinsamen Weg werden sie nicht nur zu Gefährten, sie setzen für einander ihre Leben aufs Spiel und entwickeln eine unsterbliche Liebe für einander. 

Der Weg der beiden Hunde zu Max' Zuhause wird immer wieder unterbrochen von Albträumen beider Hunde, in denen es stets um den Überlebenskampf geht und von kurzen Passagen, die aus Sicht eines Menschen geschildert sind, der die Hunde verfolgt. Die Übergänge sind fließend, so dass man kaum zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden kann. 

Die Geschichte ist melancholisch, bedrückend und vor allem in den Träumen brutal und gewalttätig. Gerade in der Mitte des Romans kamen für mich deshalb Längen auf, da ich mir mehr reale Handlung statt Endzeitszenarien in den Träumen sowie einen stärkeren Fokus auf die unterschiedlichen Leben und Erfahrungen von wildem Hund und Haushund gewünscht hätte. 
Mich haben die parabelartigen Einschübe verwirrt und ich fand es lange schwierig, die Kapitel um den Menschen und die um die beiden Hunde in Einklang zu bringen. Es geht immer wieder um die Seele, ein Zwischenreich und Wiedergeburt. Mir der Roman damit zu esoterisch und spirituell, was ich nicht erwartet hatte und rückte die für mich wichtigere Botschaft von Freundschaft, Solidarität und Treue zu sehr in den Hintergrund. Am Ende gefiel mir der Roman wieder besser, da sich die Fäden schlüssig zusammenzogen, auch wenn man der Glaube an das Übersinnliche vom Leser gefordert wird. 
"Die Ballade von Max und Amelie" ist eine Geschichte über die Liebe, die über den Tod hinausgeht und die über alle Zeiten hinweg andauert, aber auch großen Mut zur Verteidigung derselben erfordert. 


  

Montag, 17. Dezember 2018

Buchrezension: Monika Maifeld - Morgen ist es Liebe

Inhalt: 

Eine eisige Nacht kurz vor Weihnachten: 
Die junge Ärztin Alexandra verunglückt auf dem Heimweg von einer Feier mit dem Auto. Sie wird bewusstlos und wäre dem Tode geweiht, würde ein Unbekannter sie nicht aus dem Wagen ziehen. Doch als Polizei und Sanitäter am Unglücksort eintreffen, ist der Retter nicht mehr da.
Martin Hallberg ist an jenem Abend in den winterlichen Weinberg gekommen, um sein Leben zu beenden. Diese bitterkalte Nacht kurz vor Weihnachten sollte seine letzte sein – doch da ereignete sich genau vor seinen Augen der Unfall. Die Erinnerung an die zarte, verletzte junge Frau, die er aus dem Autowrack gezogen hat, lässt ihn nun einfach nicht mehr los – und die Sorge um den Abschiedsbrief in seiner Manteltasche, der niemals in fremde Hände gelangen darf. Aber der Mantel ist zusammen mit der jungen Frau im Rettungswagen verschwunden. 


Rezension:

Nach einer Weihnachtsfeier hat die junge Ärztin Alexandra, die sich auf dem Weg zu ihrer Mutter nach Luxemburg befindet, einen schweren Autounfall in den Weinbergen. Sie hat Glück im Unglück, als sie ein Fremder rettet, der sich dort in die Einsamkeit zurückgezogen hatte, um, geplagt von Schuldgefühlen, Selbstmord zu begehen. Als Martin die Frau kurz bevor das Fahrzeug in Flammen aufgeht, retten kann und diese leicht verletzt überlebt, gibt auch er sein Leben nicht auf, das doch nicht so sinnlos erscheint. Er hat allerdings einen Abschiedsbrief in seiner Manteltasche vergessen, mit dem er Alexandra zugedeckt hatte, bevor er Hilfe holen wollte. Um zu verhindern, dass der Brief wie vorgesehen an seine Geschwister geschickt wird, sucht er Alexandra und ihre Mutter Martha auf, nachdem diese Heiligabend aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Martin verpasst allerdings Gelegenheit um Gelegenheit, sich als den anonymen Retter preiszugeben und an den Brief zu gelangen. 

Die Idee des Romans um einen anonymen Retter, der kurz vor Weihnachten einer fremden Frau das Leben rettet und sich selbst in einer verzweifelten Situation befindet, hat mir gut gefallen und in der Tat liest sich der Roman wie ein Weihnachtsmärchen mit der Aussicht auf ein Happy End. 

Der Roman ist allerdings etwas bieder und gekünstelt geschrieben, die Dialoge wirken stellenweise hölzern, die Nebenprotagonisten klischeehaft und überzeichnet. Statt der erhofften Liebesgeschichte rückt eher das Hausmütterchen Martha in den Vordergrund, die sich etwas naiv um alle kümmert, und auch die drei Nebenprotagonisten wie der misstrauische Polizeibeamte, der sensationslüsterne Journalist und der verzweifelte arbeitslose Banker, die eigentlich nur am Rande mit der eigentlichen Geschichte in Zusammenhang stehen, nehmen mit ihren Schicksalen unheimlich viel Raum ein. Die Perspektiven wechseln dabei sehr häufig, sogar übergangslos innerhalb der Kapitel. 

Ich hätte mir gewünscht, wenn sich der Roman mehr auf eine Annäherung von Alexandra und Marin fokussiert hätte und dabei ihre widersprüchlichen Emotionen problematisiert worden wären. Auch hätte Martins Vergangenheit eine größere Rolle spielen können, um mehr Verständnis für sein ungewöhnliches Verhalten, mit dem er sich selbst bestraft, aufzubringen. Alexandra blieb während der gesamten Geschichte im Vergleich zu ihrer einnehmenden Mutter (nicht nur verletzungsbedingt) sehr blass. So verliert sich der Roman in vielen Nebenschauplätzen, die sprachlich sehr detailliert geschildert werden, dass die Liebesgeschichte viel zu kurz kommt und am Ende äußerst abrupt abgewickelt wird. Ein Knistern konnte ich zwischen Alexandra und Marin zu keinem Zeitpunkt spüren. 
Gerade die letzten Seiten lesen sich sehr zäh, bis alle Missverständnisse an allen Fronten geklärt sind. 

Nichtsdestotrotz unterhält der Roman bis dahin auch wegen der vielen Details und gerade zu Weihnachten darf ein Roman auch gerne eine märchenhafte Geschichte erzählen, die nicht immer ganz logisch und realistisch sein muss. Die Botschaft von Nächstenliebe, die der Roman vermittelt und die Tatsache, dass sich Alexandra und Martin gegenseitig ihr Leben gerettet haben, ist passend zu einem Weihnachtsbuch. 



Samstag, 15. Dezember 2018

Buchrezension: Chloe Benjamin - Die Unsterblichen

Inhalt:

Wie würdest du leben, wenn du wüsstest, an welchem Tag du stirbst? Sommer 1969: Wie ein Lauffeuer spricht sich in der New Yorker Lower East Side herum, dass eine Wahrsagerin im Viertel eingetroffen ist, die jedem Menschen den Tag seines Todes vorhersagen kann. Neugierig machen sich die vier Geschwister Gold auf den Weg. Nichtsahnend, dass dieses Wissen für jeden von ihnen auf unterschiedliche Weise zum Verhängnis wird. Simon, den Jüngsten, zieht es Anfang der 1980-er Jahre nach San Francisco, wo er nach Liebe sucht und alle Vorsicht über Bord wirft. Klara, verwundbar und träumerisch, wird als Zauberkünstlerin zur Grenzgängerin zwischen Realität und Illusion. Daniel findet nach 9/11 Sicherheit als Arzt bei der Army. Varya wiederum widmet sich der Altersforschung und lotet die Grenzen des Lebens aus. Doch um welchen Preis? 

Rezension:

Die vier Geschwister Simon, Klara, Daniel und Varya suchen im Jahr 1969 eine Wahrsagerin auf, die sich in ihrem Viertel niedergelassen hat und die angeblich den individuellen Todestag vorhersehen kann. Nichtsahnend welche Auswirkungen dieses vermeintliche Wissen über das eigene Lebensende auf die sieben bis 13-Jährigen haben wird, erfahren sie, dass nur Varya ein hohes Alter von 88 Jahren erreichen wird. 
Die Wege der Geschwister trennen sich. Während Simon und Klara gemeinsam nach San Francisco gehen, wo sie sich mehr Freiheit erhoffen, bleiben Daniel und Varya in New York bei ihrer verwitweten Mutter. Simon kann seine Homosexualität endlich ausleben, Klara ihren Traum der Magier erfüllen, Daniel studiert bodenständig Medizin und die zielstrebige Varya widmet sich der Primatenforschung. 
Im Hinterkopf vergessen sie dabei nie die Voraussage der Wahrsagerin. 

Der Roman ist nach dem Besuch der Wahrsagerin aus der Sicht jeweils eines der vier Geschwister geschildert. Beginnend mit dem Jüngsten Simon werden die Leben bis zum Tod erzählt. Dabei ist es spannend zu sehen, was die Vorhersage aus den Geschwistern macht. Dabei sieht man sich als Leser auch selbst mit den Fragen konfrontiert: Kann man einer solchen Vorhersage Glauben schenken? Lebt man risikoreicher, wenn man weiß, das man ohnehin früh sterben wird oder sollte man gerade deshalb nicht eigentlich vorsichtig sein und jedes Risiko vermeiden? In wiefern kann es einen Placebo-Effekt geben bzw. wird der Tod durch eine Art selbsterfüllende Prophezeiung selbst herausgefordert?

Alle vier Schicksale sind anders und werden in einer unterschiedlichen Intensität chronologisch erzählt. So erfährt man zunächst viel über Simon, dessen Leben man von seiner Kindheit bzw. Jugend bis zum Tod verfolgt. Anschließend wird der Fokus auf Klara gelegt, die Simon am nächsten stand und sich mit der Prophezeiung im Hinterkopf in den Alkohol flüchtet. Anschließend kommen die beiden älteren Geschwister Daniel und Varya, die sich von ihren jüngeren Geschwistern enttäuscht abgewandt haben, zum Zuge. Sie werden in anderen Lebensabschnitten betrachtet und haben wiederum mit ganz anderen Ängsten zu kämpfen. Während Daniel nicht an die Vorhersage glauben möchte, eine Wut in sich trägt und sich an der Wahrsagerin rächen möchte, führt Varya ein zurückgezogenes, einsames Leben, das voller Zwänge ist und in dem sie genauso eingesperrt wirkt, wie die Äffchen, an denen sie forscht.  
Es ist ein Roman, der zum Nachdenken anregt, wie man selbst in so einer Situation reagieren würde. Möchte man seinen Todeszeitpunkt tatsächlich wissen und wie lebt man dann darauf hin? 
"Die Unsterblichen" hinterfragt, wie viel der Mensch selbst entscheiden kann und wie viel Schicksal ist. 
Mir hat die Idee und die Umsetzung der Geschichte sehr gut gefallen und für mich die Botschaft herausgeholt, dass es besser ist, wie von der Natur vorgegeben, das eigene Lebensende nicht zu wissen, aber dennoch jeden Tag so zu leben, als ob es der letzte wäre. 



Freitag, 14. Dezember 2018

Buchrezension: Anna Paulsen - Wirf dein Herz voraus und spring hinterher

Inhalt: 

Liane ist Ende dreißig und führt ein unspektakuläres Leben – aus Angst, dass ihr etwas Schlimmes passieren könnte. „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“, pflegt sie zu sagen. Flugreisen, Extremsportarten und Spaziergänge im Dunkeln vermeidet sie deshalb am liebsten. Doch als Liane eine Diagnose bekommt, die alles verändert, gibt es plötzlich keinen Grund mehr für sie, vorsichtig zu sein. Etwa das Survivaltraining im Gebirge abzusagen, das ihr Chef organisiert hat. Oder den jahrealten Brief ihrer Adoptivmutter nicht zu öffnen. Liane entdeckt, dass das Leben gefährlich schön sein kann und man manchmal springen muss, um das Glück zu ergreifen. 

Rezension:

Seit Liane vor knapp 20 Jahren erfahren hat, dass sie adoptiert ist, aber nicht mehr die Chance hatte, ihre leibliche Mutter, die schon jung gestorben ist, kennenzulernen, hat Liane den Kontakt zu ihrer Adoptivfamilie abgebrochen und hat sich verbittert in ein einsames Leben zurückgezogen. Sie ist Chefsekretärin in einer Eventagentur, wo sie - stets akkurat mit strenger Frisur und Bleistiftrock - von den Kollegen nur als bieder und spießbürgerlich belächelt wird. 
Liane rennt ständig zum Arzt und bildet sich die verschiedensten Krankheiten ein. Als sie ernsthaft glaubt, an Kehlkopfkrebs erkrankt zu sein, wirft sie all ihr Bedenken hinter sich, geht Risiken ein und macht Dinge, sie sie nie für möglich gehalten hätte. Dabei lernt sie Menschen kennen, die zu Freunden werden und traut sich auch endlich, den Brief ihrer Adoptivmutter zu lesen, der ihr wiederum Unerwartetes eröffnet. 

Durch die vermeintliche Krebsdiagnose macht die ängstliche, übermäßig prinzipientreue Liane einen abrupten Wandel durch, der für mich nicht so ganz nachvollziehbar war. Als Hypochonderin hat sie schon mehrfach befürchtet, schwerkrank zu sein, weshalb ich es nicht ganz schlüssig fand, warum sie jetzt plötzlich anfängt, zu leben und eine Art "Bucket List" für sich abarbeitet. Die Herausforderungen, denen sie sich stellt, sind dann allerdings abwechslungsreich und sehr unterhaltsam beschrieben. Liane wird nahbarer und dem Leser mit der Zeit sympathischer. Sie wird mutiger und kommt endlich enger in Kontakt mit anderen Menschen. Auf diese Weise wird sie auch attraktiver für das andere Geschlecht und steht bald sogar zwischen zwei Männern. 
Sie stellt ihr gegenwärtig eintöniges und unspektakuläres Leben in Frage und beginnt darüber nachzudenken, ob der Bruch mit ihrer Adoptivmutter Ruth die richtige Entscheidung war. 

Ob in Bezug auf ihren Beruf, ihr alltägliches Verhalten oder den sozialen Umgang - Liane macht eine Wendung um 180 Grad, die unglaublich schnell ging und auch aufgrund des Auslösers dafür auf mich nicht glaubwürdig wirkte. 
Die Geschichte ist allerdings warmherzig geschrieben und es ist schön zu verfolgen, wie Liane endlich mit offenen Augen durchs Leben geht, Chancen wahrnimmt und sich ihren Geistern der Vergangenheit stellt. 
Es ist ein Roman über den Mut, sich seinen Ängsten zu stellen und der zeigt, wie wichtig Freunde und Familie für den einzelnen Menschen sind, um sein Leben zu bereichern. Auch wenn Liane vielleicht etwas überspitzt dargestellt war, hat mir die Botschaft des Romans gut gefallen. 



Mittwoch, 12. Dezember 2018

Buchrezension: Abbi Waxman - Vorstadtgeflüster

Inhalt:

Vier Familien sind Freunde und Nachbarn in einem Vorort von Los Angeles. Frances, die gute Seele der Straße, Hausfrau und Mutter, fährt morgens alle Kinder der Straße zusammen zur Schule und holt sie am Nachmittag wieder ab. Eines Tages vergisst die Nachbarstochter ihre Bastelsachen zu Hause. Frances betritt nach vergeblichem Klopfen einfach das Haus der Porters, um sie zu holen. Und stolpert mitten in eine unmissverständliche Szene auf dem Wohnzimmerfußboden: Ihre Freundin Anne beim Sex mit einem deutlich jüngeren Mann… Und das ist dann wohl der Anfang vom Ende der Idylle. Oder? 

Rezension:

Eine Nachbarschaft in Los Angeles. Hier Wohnt Frances Bloom, verheiratet und Mutter dreier Kinder. Sie ist die "gute Seele" des Viertels, die sich insbesondere um die Kinder ihrer Nachbarn kümmert, die sie Tag für Tag zu Schule und Kindergarten fährt. Ihre Routine wird unterbrochen, als sie Anne beim Seitensprung mit einem jungen Mann erwischt, der zur Trennung von ihrem Ehemann Charlie führt. Das ist der Auslöser dafür, dass sich auch die anderen Paare über den Zustand ihrer Ehen Gedanken machen. Frances und Michael fragen sich, ob sie nur noch Partner sind, die durch die drei Kinder verbunden sind, da die Leidenschaft in ihrer Ehe abhanden gekommen ist. Iris fürchtet eine Konfrontation mit Sara, wenn sie ihr von ihrem erneuten Kinderwunsch erzählt. 
Während der tief verletzte Charlie in der gesamten Nachbarschaft gegen seine Frau wettert, wäre Bill dagegen früh, wenn er mit seiner Frau Julie so geringfügige Probleme wie einen Seitensprung hätte. 

Der Roman beschreibt den Alltag in einer gewöhnlichen Nachbarschaft, in der ein Ereignis die Fassaden bröckeln lässt und erkennbar wird, dass nicht alle vordergründigen Vorzeigeehen tatsächlich so harmonisch und unkompliziert sind, wie gedacht. Auch wenn der Seitensprung eine rein private Angelegenheit von Anne, Liebhaber Richard und Ehemann Charlie ist, unter dem vor allem die beiden Kinder leiden, ist die außereheliche Affäre Thema Nr. 1 der Nachbarschaft, die allen anderen zu denken gibt. 

Der Schreibstil von Abbi Waxman, deren Debüt "Gegen Liebe ist kein Kraut gewachsen" ich als Wohlfühlroman gern gelesen habe, ist auch bei diesem Roman wieder erfrischend und humorvoll, allerdings eine Spur derber. Stellenweise ging mir der Humor etwas zu sehr unter die Gürtellinie und auch in Bezug auf Sex hätte ich mir manchmal weniger klare Worte gewünscht. 

Als Leser erhält man Einblick in vier Familien mit Kindern, so dass man sich mit vielen verschiedenen Charakteren konfrontiert sieht, die jedoch so gut - auch mittels einer kleinen Karte zu Beginn des Romans - eingeführt werden, dass man den Überblick nicht verliert. Aufgrund der Vielzahl der Personen lernt man sie, bis auf Frances, die im Fokus des Romans steht, nur oberflächlich kennen. 

Unweigerlich fühlte ich mich beim Lesen an die Wisteria Lane der Serie Desperate Housewives erinnert. Allerdings konnte mich der Roman nicht so wirklich packen. Dafür war mir der "Skandal" um Anne in einer Zeit, in der sich so viele Paare trennen und scheiden lassen, nicht außergewöhnlich genug, um einen Einfluss auf die anderen Paare zu begründen und einen ganzen Roman mit der Affäre und ihren Auswirkungen auf Anne, Charlie und ihre Nachbarn zu füllen. Darüber hinaus störte mich die zumal vulgäre Ausdrucksweise. 



Montag, 10. Dezember 2018

Buchrezension: Julia Hanel - Dein Bild für immer

Inhalt: 

Sophie trauert um ihre große Liebe. Ein halbes Jahr zuvor ist ihr Verlobter Maximilian ums Leben gekommen. Die Reise nach Bali, die er ihr zur Hochzeit schenken wollte, tritt sie schweren Herzens allein an. Doch schon im Flugzeug kommt der erste Schock: Maximilians Platz wurde neu vergeben, an Niklas, einen jungen Fotografen. Als sich die Wege der beiden nach der Landung erneut kreuzen, beschließt Sophie, Niklas auf seiner Fototour über die Insel zu begleiten. Sie selbst hat auch eine Mission: An jedem Ort, den sie mit Maximilian bereisen wollte, hinterlässt sie ein Bild von ihm. Während sie Maximilian langsam loslässt, wird Niklas von Tag für Tag wichtiger für sie. Sophie kann kaum glauben, dass das möglich ist. Ist ihr Herz überhaupt bereit dafür? 

Rezension:

Sophie ist 28 Jahre alt und muss einen schweren Verlust verarbeiten. Vor sechs Monaten ist ihr Verlobter Maximilian, mit dem sie inzwischen verheiratet sein sollte, bei einem Verkehrsunfall gestorben. 
Überraschend erhält sie Flugtickets für eine Reise nach Bali, die Maximilian als Flitterwochen für sie gebucht hatte. Zunächst zögert Sophie, doch dann beschließt sie, die Reise allein anzutreten. Auf dem Flug begegnet sie Niklas, einem Fotografen, der beruflich nach Bali fliegt und den Platz von Niklas als Upgrade erhalten hat. Nichtsahnend begegnet er Sophie mit lockeren Sprüchen, mit denen sie in dem Moment wenig anfangen kann. Doch auch auf Bali kreuzen sich ihre Wege. Niklas wird neugierig auf die elfengleiche, traurige junge Frau, die auf ihn so schutzbedürftig und hilflos wirkt. 
Sophie ist mit der Situation auf Bali, der Honeymoon-Suite und dem Verlust Maximilians, der während der Flitterwochen allein wieder so gegenwärtig ist, überfordert. Sie hält es in dem Luxushotel nicht aus und schließt sich Niklas auf seiner Tour durch Bali an. 

Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Sophie bzw. Niklas geschrieben, so dass man als Leser in beide Gefühlswelten eintauchen kann und stets weiß, was die/ der eine über den/ die andere denkt. Die Wechsel erfolgen so schnell, dass die Übergänge kaum merkbar sind, keine Brüche entstehen und der Roman dynamisch wirkt. 

Während Sophies Trauer allgegenwärtig ist, ist zunächst nicht klar, was Niklas aus der Vergangenheit belastet, dass er sich so ungern an eine Frau bindet und sein freies, ungebundenes Leben als Fotograf, der sich von einem Auftrag zum nächsten hangelt, genießt. 
Sophie kommt aus einer ganz anderen Welt, wollte stets den Ansprüchen ihrer gut betuchten Eltern genügen und hat wegen Maximilian, mit dem sie zwölf Jahre zusammen war, Jura studiert und mit ihm in der Kanzlei seiner Eltern gearbeitet. 
So ist es interessant zu lesen, wie sich Sophie und Niklas auf ihrem gemeinsamen Weg langsam annähern und wie Sophie mit sich ringt, Gefühle für Niklas zuzulassen, schließlich ist Maximilian gerade sechs Monate tot. 

Die Beschreibungen Balis sind so anschaulich, dass ich mich direkt an die Handlungsorte versetzt gefühlt habe und Bilder im Kopf hatte. 
Auch wenn der Ausgangspunkt der Handlung ein Trauerfall ist, ist der Roman nicht schwermütig. Hier geht es weniger um Trauerverarbeitung, sondern um den Mut, neu anzufangen und in die Zukunft statt in die Vergangenheit zu blicken. So spielte Maximilian als Person keine Rolle und man gewann im Verlauf des Romans den Eindruck, dass Sophie und er gar nicht so gut zusammen gepasst haben bzw. dass Sophie sich für Maximilian verändert hat. Dadurch ist  (leider) schnell vorhersehbar, was sich nach der ersten Begegnung im Flugzeug zwischen Sophie und Niklas entwickeln wird. Die Phase der Annäherung und die Reibereien, die es dabei immer wieder gibt, sind jedoch sehr unterhaltsam zu lesen, so dass der Roman trotz allem nicht langweilig wird. 

"Dein Bild für immer" ist ein flüssig zu lesender Liebesroman, der den inneren Konflikt Sophies herausarbeitet und ihr Gefühlschaos und weniger die Trauer um den kürzlich erlittenen Verlust in den Vordergrund rückt. Sophie entwickelt durch ihren Aufenthalt auf Bali ein neues Selbstbewusstsein und ist bereit für einen Neuanfang. 

Für mein Empfinden geriet Maximilian - Sophies erste und bisher einzige Liebe - zu schnell emotional in Vergessenheit. Auch fand ich es nicht so ganz nachvollziehbar, dass Sophie während der sechs Monate ihr ganzes bisheriges Leben in Frage stellt und letztlich umkrempelt. 



Samstag, 8. Dezember 2018

Buchrezension: Ursula Poznanski - Fünf (Kaspary & Wenninger ermitteln, Band 1)

Inhalt:

Eine Frau liegt tot auf einer Kuhweide. Ermordet. Auf ihren Fußsohlen: eintätowierte Koordinaten. Sie führen zu einer Hand, in Plastikfolie eingeschweißt, und zu einem Rätsel, dessen Lösung wiederum zu einer Box mit einem weiteren abgetrennten Körperteil führt. Es ist ein blutiges Spiel, auf das sich das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger einlassen muss. Jeder Zeuge, den sie vernehmen, wird kurz darauf getötet, die Morde folgen immer schneller aufeinander. Den Ermittlern läuft die Zeit davon. Sie ahnen, dass erst die letzte Station der Jagd das entscheidende Puzzleteil zutage fördern wird. 

Rezension: 

Auf einer Kuhweide wird eine Frauenleiche gefunden, auf deren Fußsohlen Koordinaten eintätowiert sind. Diese führen die beiden Salzburger Kommissare Beatrice Kaspary und Florian Wenninger zu einer Plastikbox mit einer abgetrennten Hand und einer weiteren Botschaft des Täters, die von der toten Frau geschrieben wurde. Es beginnt ein Hase-und-Igel-Spiel, bei dem der Täter auf das Geocaching, eine GPS-gestützte Schnitzeljagd, zurückgreift und Kaspary und Wenninger zu weiteren Leichenteilen führt. Die Opfer und durch Botschaften potentiell gefährdete Personen scheinen in keinem Zusammenhang zu stehen, weshalb sich die Ermittler schwertun, ein Motiv zu erkennen, mit dem er Täter überführt werden könnte. 

Wie die Ermittler selbst steht man auch als Leser lange vor einem Rätsel, was der Hintergrund für die Morde sein könnte, da es keine Schilderungen aus Sicht des Täters gibt. Schrittweise sammeln sich die Spuren und werden Puzzleteile zusammengeführt, so dass der Spannungsbogen um die Tätersuche bis zum Schluss aufrecht erhalten werden kann. 

Darüber hinaus ist das Ermittlerduo ein sympathisches Team, so dass man sie gerne bei der Arbeit begleitet und auch an ihrem Privatleben teilnimmt, wobei dieses nur eine untergeordnete Rolle spielt und insbesondere den Konflikt einer alleinerziehenden Mutter beschreibt, die Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hunt bringen sowie die noch frische Trennung von ihrem Ehemann endgültig vollziehen muss. Zusätzlicher Nervenkitzel entsteht durch das besondere Engagement und den Ehrgeiz von Kaspary, mit dem sie sich dem Täter auf einer persönlichen Ebene nähert und damit selbst in Gefahr bringt. 

"Fünf" ist der erste Teil der vierbändigen Reihe um die beiden Salzburger Kommissare und ist ein solider Kriminalroman mit Thrillerelementen, der spannend geschrieben und unterhaltsam zu lesen ist. Sowohl die gut durchdachte Kriminalhandlung, die kniffligen Ermittlungen und Rätsel, die sich auftun und die Aufklärung des perfiden Falls erschweren, als auch die glaubwürdigen Charaktere sind überzeugend dargestellt und machen neugierig auf weitere Teile der Krimireihe aus Salzburg





Freitag, 7. Dezember 2018

Buchrezension: Sina Beerwald - Hauptsache, der Baum brennt

Inhalt:

Was sagt man einem rauschebärtigen Herrn, der sich als Weihnachtsmann vorstellt – der echte, vom Nordpol, natürlich? Sarah Christkind gibt ihm die Nummer des sozialpsychiatrischen Dienstes. Sie hat nämlich gerade genug eigene Probleme mit ihrer Familie: einen fremdverliebten Mann und zwei pubertierende Kinder, unter anderem.

Doch der Weihnachtsmann ist hartnäckig und außerdem ziemlich verzweifelt: Er befürchtet, versehentlich das Christkind umgebracht zu haben. Und weil er sich weder mit Autos, noch mit Ampeln oder Geldautomaten auszukennen scheint, steht Sarah eine äußerst turbulente Adventszeit bevor. Denn der Weihnachtsmann will sie zum neuen Christkind erklären. Als wäre Weihnachten nicht ohnehin schon stressig genug!


Rezension:

Sarah Christkind ist von Beruf Psychotherapeutin, Mutter von zwei Kindern und gerade frisch getrennt von ihrem Ehemann Oliver. Am 2. Dezember staunt sie nicht schlecht, als ein Mann vor ihrer Tür in München steht und steif und fest behauptet, der Weihnachtsmann zu sein. Er sucht Ersatz für das Christkind, das er versehentlich mit seinem Rentierschlitten überfahren hat und meint, in Sarah fündig geworden zu sein. Diese schwankt zwischen Mitgefühl und Genervtsein und geht von einer psychischen Störung des Mannes aus. Sie kümmert sich notgedrungen um ihren Patienten, der hartnäckig bleibt und einfach nicht von ihrer Seite weichen will. 

Für Sarah, die noch verletzt von der Trennung ihres Mannes ist, der sich eine jüngere Freundin zugelegt hat, und als Mutter zweier pubertierender Kinder ohnehin gestresst ist, beginnt damit eine turbulente Adventszeit, in welcher sie von dem - zugegebenermaßen äußerst attraktiven - Weihnachtsmann in eine absurde und peinliche Situation zur nächsten gerät.

"Hauptsache, der Baum brennt" ist, wie der Titel bereits erahnen lässt, ein amüsanter Weihnachtsroman. Der Humor ist allerdings eher flach, die Witze nach meinem Geschmack  etwas lahm bis frivol. So öffnet sich der Weihnachtsmann ohne Hose auf dem Weihnachtsmarkt auf die Frage einer Passantin nach seinem Sack den Mantel oder spricht von Penissen am Würstchenstand. 
Bei Sarah in der Wohnung stellt sich der Weihnachtsmann wenig geschickt an, macht ein Feuer in der Badewanne oder wäscht das Geschirr in der Waschmaschine. 
Auch wenn ich keinen tiefgängigen Roman erwartet hatte und man über den ein oder anderen Logikfehler hinweg sehen kann (warum trägt der Weihnachtsmann im Dezember sein Sommeroutfit? Warum sucht er nicht zunächst nach dem echten Christkind?), hätte ich mir ein paar weniger Albernheiten gewünscht. 

Der Roman ist aus der Ich-Perspektive von Sarah geschrieben, so dass man sich in ihre stressige Situation gut hineinfühlen kann. Sie spricht vom Weihnachtsmann nur als ihr "Problem", sieht ihn dann als Patienten, verguckt sich aber auch in sein gutes Aussehen. Gleichzeitig weint sie ihrem Ehemann hinterher und spielt mit dem Weihnachtsmann, um Oliver eifersüchtig zu machen. 

Durch die detaillierten Beschreibungen fühlt man sich unmittelbar in die von Situationskomik gespickten Szenen in die bayerische Hauptstadt zur Vorweihnachtszeit versetzt. Der Roman liest sich stellenweise wie ein touristischer Streifzug durch München. 
Trotz der stimmungsvollen Schilderungen wollte bei mir jedoch keine Weihnachtsstimmung aufkommen. Dafür war die Einstellung Sarahs zu negativ. Darüber hinaus empfand ich die Figur des Weihnachtsmann als zwiespältig. Einerseits agierte er völlig weltfremd, andererseits war dann aber auch wieder zu sehr Mensch, insbesondere in Bezug auf die Annäherung zu Sarah. 

Im letzten Drittel des Romans ändert sich die Stimmung und ist nicht mehr so betont lustig. Vielmehr steht nun eine Botschaft von Liebe und Vergebung und der Wert der Familie im Vordergrund, was wiederum passend zu Weihnachten ist, aber nur in aller Kürze ausgeführt wird. 

"Hauptsache, der Baum brennt" bietet kurzweilige Unterhaltung zur Vorweihnachtszeit und ist vor allem für diejenigen zu empfehlen, die nach einem Weihnachtsbuch abseits der typischen romantischen Wintergeschichten suchen und die stellenweise klamaukartige Geschichte mit einem Augenzwinkern lesen können. 


 

Mittwoch, 5. Dezember 2018

Buchrezension: Rachel Rhys - Das Versprechen der Freiheit

Inhalt:

Europa steht kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, als das junge Dienstmädchen Lily Shepherd in Essex an Bord eines Überseedampfers mit Ziel Australien geht. Sie will die dunklen Schatten ihrer Vergangenheit hinter sich lassen. Die Überfahrt beginnt traumhaft – Musik, glamouröse Tanzabende, exotische Landgänge. Lily schließt neue Freundschaften und erlaubt sich sogar, von einem Mann zu träumen, der in ihrem alten Leben unerreichbar gewesen wäre. Doch schon bald verblasst der Glanz der großen Reise, denn Lily ist nicht die einzige an Bord, die Geheimnisse hat. 

Rezension: 

Lily Shepherd fährt von England mit dem Überseedampfer Orontes nach Australien. Sie wird dort eine Stelle als Dienstmädchen antreten, die dort händeringend gesucht werden. An Bord der Touristenklasse kommt sie mit den unterschiedlichsten Menschen in Kontakt, mit denen sie sich Tisch und Kabine teilt. Sie lernt sogar ein Paar der ersten Klasse kennen, das dort aufgrund von Gerüchten nicht beliebt ist und sich ihrer annimmt. Freundschaft schließt sie mit einer Jüdin aus Österreich, die sich kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs Sorgen um die Verbliebenen in ihrer Heimat macht. 
Die Stimmung an Bord ist zunächst ausgelassen, es wird gefeiert und Ausflüge auf ihren einzelnen Stationen in Italien und Ägypten unternommen. 
Je länger die sich bisher fremden Menschen notgedrungen Zeit miteinander verbringen und die Temperaturen unerträglich steigen, desto angespannter wird die Stimmung. Lily spürt, das nicht nur sie Dinge zu verbergen hat, die sie mit der Überfahrt hinter sich lassen wollte, sondern dass auch das erste-Klasse-Pärchen Eliza und Max, die Geschwister Helena und Edward sowie ihr unangenehmer Tischnachbar George dunkle Geheimnisse verbergen. 

Anhand der Beschreibung hatte ich mir einen spannenden, historischen Roman, eine Art historische Kriminalgeschichte versprochen. Der Roman liest sich allerdings äußerst zäh und eine erste an Bord vermisste Person gibt es erst nach knapp 400 Seiten. 
Der Roman ist aus der Perspektive der jungen Lily geschrieben, zu der ich keinen richtigen Zugang finden konnte. Im Gegensatz zu den Nebencharakteren blieb sie vergleichsweise blass. Ob die Überfahrt für sie aufgrund ihrer Erlebnisse in der Heimat eine Flucht ist, warum sie aber dennoch nur plant, zwei Jahre zu bleiben, blieb für mich rätselhaft. 
Ihr "Geheimnis" sowie die "Geheimnisse" der anderen Passagiere blieben zu lange verborgen, so dass sich die Geschichte, die kaum mehr als eine eintönige, fünfeinhalb Wochen dauernde, Überfahrt beschreibt, unheimlich in die Länge zieht. Mehr als die unerträgliche Hitze, die in epischer Breite beschrieben wird, konnte ich nicht empfinden.