Montag, 29. August 2016

Buchrezension: Victoria Seifried - Alles in Buddha

Inhalt:

Voll erleuchtet? Das ist Mia Meinecke bestimmt nicht, doch alles läuft bei ihr perfekt – bis sich ihr Leben dazu entschließt, den Bach runterzugehen. Ihr Freund Mark trennt sich plötzlich von ihr, vor lauter Kummer blamiert sie sich vor ihrem Freundeskreis, und dann wird sie auch noch wegen eines dummen Missverständnisses fristlos gekündigt! Mia muss dem Chaos entfliehen und beschließt, mit ihrem besten Freund Hugo für drei Wochen um die Welt zu reisen. Damit nach ihrem großen Trip wieder alles besser läuft als vorher, schließen die beiden eine Wette ab: Mia muss ihren Herzschmerz besiegen, und Hugo soll mit knapp dreißig endlich entjungfert werden. Doch die beiden haben die Rechnung ohne das Leben gemacht.

Rezension:

In Mias Leben geht gerade alles schief: Nachdem sich ihr Freund Mark von ihr getrennt hat, verliert sie auch noch ihren Job aufgrund eines peinlichen Missgeschicks. Als sie sich dann auch noch vor all ihren Freunden und Bekannten bei einer Geburtstagsfeier blamiert, hält sie nichts mehr in Berlin. Ihre fünfjährige Cousine Emma, zu der Mia ein sehr enges Verhältnis hat, bringt sie auf die Idee einer Weltreise.

Ihren besten Freund Hugo, der sich verängstigt vor dem Staatsexamen drückt und noch nie eine feste Freundin hatte, kann sie überreden, mitzukommen.
Spontan bucht Mia dank einer sehr hilfsbereiten Mitarbeiterin eines Reisebüros eine dreiwöchige Reise mit den Stationen Paris, Las Vegas und Seoul, auf der sie auch der Kater von Hugo, genannt (Pech-)marie begleiten wird.

Da sowohl Mia als auch Hugo beschließen, dass sich (durch die Weltreise) etwas Entscheidendes in ihrem Leben ändern muss, schließen sie eine Wette ab. Mia muss endlich von Mark loskommen und dazu die von ihm geschenkte Kette entsorgen. Hugo soll entjungfert werden.

Voller guter Vorsätze kommen sie in Paris an, lassen sich von einem Franzosen die Stadt und die Sterne zeigen und verleben einen aufregenden Tag im Disneyland.
Mia schafft es allerdings nicht, ihre Kette loszuwerden. Ganz im Gegenteil - als sie sie versehentlich verliert, beginnt eine verzweifelte Suche. Diese steht aber auch nur symptomatisch dafür, dass sie sich von ihrem Ex Mark nicht lösen kann. Sie erstellt eigens unter Pseudonym ein Facebook-Profil, um zu testen, ob und wie Mark auf andere Frauen reagiert.
Hugo trifft zufällig eine Jugendschwärmerei wieder, merkt aber nach einem ersten Treffen, dass sie doch nicht die Frau seiner Träume ist, mit der er sein erstes Mal erleben möchte.

In Las Vegas haben Mia und Hugo Spaß bei einem Wet-T-Shirt-Kontest, einer Show der "Chippendales" und gewinnen Karten für eine Show einer Wahrsagerin sowie 5000 € beim ahnungslosen Pokern im Kasino. Sie erleben zwar viel, kommen aber mit ihrer Wette keinen entscheidenden Schritt weiter. Die Wahrsagerin, die der Reiseverkehrskauffrau verdammt ähnlich sieht, öffnet Mia jedoch die Augen, was sie in ihrer Beziehung zu Mark falsch gemacht haben könnte.

In Seoul verbringen sie eine Woche in einem buddhistischen Tempel und tun sich am Anfang schwer mit den dortigen Gepflogenheiten. Ohne Internet gewinnt Mia ein wenig Abstand zu Mark und schafft es sogar, ihre Kette in einen Fluss zu werfen. Hugo begegnet ausgerechnet in dem Tempel einem hübschen koreanischen Mädchen, das dort als Küchenhilfe arbeitet und Germanistik studiert. Hugo hat sich verliebt und Miri verspricht, ihn in Berlin zu besuchen.

Ganz überraschend hat Mia noch einen anschließenden Aufenthalt in einem Wellness-Hotel im Spreewald gewonnen, den Hugo und Mia nach der unkomfortablen Unterkunft im Kloster gerne antreten. Wie der Zufall so spielt, ist Mark auch in dem Hotel untergebracht und Mia hat die Möglichkeit zu beweisen, dass sich im Rahmen der Reise zum Positiven verändert hat.

"Alles in Buddha" ist ein unterhaltsamer Roman über zwei junge Menschen, die sich selbst im Leben noch nicht gefunden haben. Hugo kommt mit seinem Studium nicht weiter, weil er Angst vor dem Staatsexamen hat und im Umgang mit Frauen ist er - bis auf Mia - so schüchtern und unbeholfen, dass er noch nie eine Freundin hatte.
Mia ist eine Perfektionistin, die nach Außen den schönen Schein wahren möchte, aber eigentlich ein ganz anderer Mensch ist. Sie hat sich seit Jahren verstellt, um anderen möglichst zu gefallen, weshalb ihre Beziehung zu Mark zum Scheitern verurteilt war. Auf Dauer ist es einfach nicht möglich, eine Fassade aufrecht zu erhalten. Durch die Weltreise finden Mia und Hugo zwar nicht DIE Lösung, gewinnen jedoch Abstand von ihrem Leben in Berlin und sind am Ende offener für einen Neubeginn.

Auch wenn die Geschichte ein paar alberne Längen hatte, ich nicht ganz nachvollziehen konnte, welche Rolle der Kater auf der Reise spielen sollte und mir der Umstand der Reisebuchung und die Wahrsagerin etwas zu mythisch waren, hat mich "Alles in Buddha" als leicht zu lesende Lektüre gut unterhalten.



Samstag, 27. August 2016

Buchrezension: Martina Borger und Maria Elisabeth Straub - Kleine Schwester

Inhalt:

Es war alles so schön geplant: Die Jessens wollen dem fünfjährigen Heimkind Lotta ein neues Zuhause geben – und mit ihr endlich eine ›richtige‹ Familie werden. Doch mit dem Einzug von Lotta, Lillys "kleiner Schwester", beginnt eine Katastrophe, die unerbittlich auf ein erschreckendes Ende zusteuert. Nur die zwölfjährige Lilly versucht im letzten Moment, die Tragödie abzuwenden.

Rezension:

Ela und Carl Jessen sind glücklich mit ihrer zehnjährigen Tochter Lilly, aber vor allem Ela wünscht sich sehnlichst ein zweites Kind. Als klar wird, dass Carl aufgrund einer Erkrankung nicht mehr zeugungsfähig ist, beschließen sie, ein Kind zu adoptieren.
Auf den ersten Blick ist Ela ganz verliebt in die süße Dagmar aus dem Pflegeheim, die in die Familie Jessen aufgenommen wird, und ab sofort Lotta heißt.

Das Zusammenleben gestaltete sich von Anbeginn schwierig. Lotta, vom Entwicklungsstand einer Fünfjährigen zurückgeblieben, redet nicht, kann keine feste Nahrung bei sich behalten und weint viel. Der einzige Bezugspunkt wird ihr Teddybär, ohne den sie nicht sein kann. Lilly muss sich mit dem für sie fremden Mädchen ein Zimmer teilen, das nachts ins Bett macht und darüber hinaus teilnahmslos ist.

Ela und Carl sind mit der Situation restlos überfordert. Ela ist Kindergärtnerin, hat aber so ein Kind noch nicht erlebt und fühlt sich vom Schicksal betrogen. Als Carl berufsunfähig wird und seinen Malerbetrieb aufgeben muss, wird auch die finanzielle Situation angespannt. Die Jessens verkaufen ihr Haus und ziehen an einen anderen Ort, wo sie einen Neuanfang wagen wollen. Carl arbeitet nach erfolgreicher Umschulung als Krankenpfleger im Nachtdienst, aber Ela verfällt zunehmend dem Alkohol und verliert ihre Arbeit. Lilly hält sich tapfer, geht weiterhin fleißig zur Schule und kümmert sich nachmittags um Lotta. Die Situation zu Hause ist für alle unerträglich, aber Lotta zurück ins Heim zu geben, würde bedeuten zu scheitern und zudem ist die Familie inzwischen finanziell auf das Pflegegeld angewiesen. Lilly ist die einzige, die überlegt, woher sie Hilfe bekommen kann, steht aber in dem Konflikt, ihre geliebten Eltern zu verletzen und zu verraten.

Der Schreibstil des Buches ist zunächst gewöhnungsbedürftig, da die Geschichte aus der Sicht der 10-Jährigen Lilly beschrieben wird. Der Roman beginnt mit einer kleinen Bilderbuchfamilie in der nach Außen alle glücklich wirken. Ela ist jedoch ein sehr labiler Mensch, extrem launisch und egoistisch. Wie bei einem kleinen Kind müssen ihre Wünsche und Bedürfnisse erfüllt werden. Ihr Ehemann ist schwach und erpressbar. Verliebt wie er in seine dominante Ehefrau ist, geht er den Weg des geringsten Widerstands und lässt Ela alle Entscheidungen treffen. Im Umgang mit Lotta hält er sich hilflos zurück und Ela geht dagegen viel zu weit. Am Ende ist Lilly die einzige, die sich noch um das verwahrloste, einsame Kind kümmert.

In diesem Roman tun sich menschliche Abgründe auf. Es ist erschütternd, wie leicht hinter geschlossenen Mauern in Deutschland eine Vernachlässigung und - schlimmer noch - Misshandlung Schutzbefohlener möglich ist, ohne dass das Jugendamt davon Kenntnis bekommt oder Nachbarn darauf aufmerksam werden.

Die beiden Autorinnen schildern die Ereignisse und die Entwicklung der Familie ungeschönt, aber leider durchaus realistisch. "Kleine Schwester" entwickelt sich durch die sich zuspitzenden Ereignisse und die stetig steigende Spannungskurve zu einem dramatischen Psychothriller, in dem am Ende beide Mädchen auf der Strecke bleiben. Am Ende stellen sich dem Leser die Fragen: Wie können Menschen so grausam sein? Und wo sind die entsprechenden Kontrollinstanzen um so einen Verlauf zu verhindern?



Freitag, 26. August 2016

Buchrezension: Petra Hülsmann - Glück ist, wenn man trotzdem liebt

Inhalt:

Es gibt Dinge, die Isabelle absolut heilig sind: ihre Daily Soap. Ihre Arbeit in einem schönen Blumenladen. Und das tägliche Mittagessen im Restaurant gegenüber. Überraschungen in ihrem geregelten Leben kann sie gar nicht leiden. Doch dann wird "ihr" Restaurant von dem ambitionierten Koch Jens übernommen - und der weigert sich nicht nur, ihr Lieblingsgericht zuzubereiten, sondern sorgt auch sonst für Chaos in Isabelles wohlgeordneter Welt. Während sie alles wieder in ruhige Bahnen zu lenken versucht, ahnt sie aber schon bald, dass es vielleicht gerade die Überraschungen sind, die ihr Leben reicher machen.

Rezension:

Isabelle Wagner ist 27 Jahre alt, Single, und arbeitet als Floristin in einem Blumengeschäft in Hamburg. Sie ist ein Gewohnheitsmensch - man könnte sie schon fast als zwanghaft bezeichnen - und hat festgefahrene (Tages-)abläufe, von denen sie nur ungern abweicht. Als sie Jens Thiel begegnet, wird das Festhalten an ihren stringenten Handlungen auf eine harte Probe gestellt.

Jens ist Inhaber und Koch eines Restaurants in unmittelbarer Nachbarschaft des Blumengeschäfts, in welchem Isa arbeitet. Als das Restaurant noch ein Asia-Imbiss war, hat Isa dort jede Mittagspause ihre thailändische Nudelsuppe gegessen. Nicht nur die Ablehnung der exklusiveren Küche im "Thiel's" führt zu den ein oder anderen Konfliktsituationen zwischen den beiden Protagonisten.

Als das Blumengeschäft dem Konkurs nahe ist, wendet sich Isa zusammen mit Chefin Brigitte an den Insolvenzberater Alexander Langner, bei dem es bei Isa endlich "BÄÄHM!" macht und glaubt, in ihm ihren Traummann gefunden zu haben. Nach anfänglicher Zurückhaltung scheint sich Alex dann tatsächlich auch für Isa zu interessieren.
Ihre Freunde inklusive Merle, der kleinen Schwester von Jens, mit der sich Isa inzwischen angefreundet hatte, sehen in Alex nicht den passenden Partner für Isa.

Okay - das Ende des Romans ist vorhersehbar wie das bei Liebesgeschichten eben so ist, aber "Glück ist, wenn man trotzdem liebt" ist so herzerfrischend und lustig geschrieben, dass es bis zum Ende Spaß macht, die Kabbeleien zwischen den beiden sympathischen Charakteren Isa und zu verfolgen.

Isa ist einfach herrlich bekloppt, aber dennoch von der Autorin nicht so überzeichnet dargestellt, dass es albern oder unrealistisch wirkt. Zudem dreht sich die Geschichte von ihr nicht allein um das Thema Liebe, sondern auch um die Beziehung zu ihrem Vater, der noch gestorben ist, als sie ein Säugling war, die Sorgen um die Finanzen des Blumengeschäfts und darum, wie sich Isa ihre Zukunft beruflich und privat vorstellt, nachdem sie mit so vielen Veränderungen in ihrem Leben konfrontiert worden ist.

Isa macht während des des Romans eine positive Veränderung durch, findet die Liebe und lernt flexibler zu sein und dass es zwar nicht einfach, aber auch nicht unbedingt von Nachteil sein muss, mit seinen festgefahrenen Gewohnheiten zu brechen.

"Glück ist, wenn man trotzdem liebt" ist ein amüsanter, unterhaltsamer Sommerroman, der dem Leser viele kleine Glücksmomente beschert und nicht so oberflächlich ist, wie Cover und Beschreibung vielleicht erwarten lassen. 


Montag, 22. August 2016

Buchrezension: Lena Marten - Ausgerechnet du

Inhalt:

Jenny hat einfach kein Glück mit den Männern! Schlimm genug, dass sie wieder einmal von einem Typen sitzen gelassen wurde. Jetzt stellt sich auch noch heraus, dass ihr neuer Kollege ausgerechnet Tobi ist. Tobi, der ihre erste große Liebe war - und den sie niemals wiedersehen wollte. So viel Pech kann man doch gar nicht haben! In einem Anfall von Selbstmitleid ruft Jenny bei einer Wahrsagerin an. Die prophezeit ihr, dass sie den Mann ihres Lebens am 14. Februar treffen wird. Tatsächlich lernt Jenny an diesem Tag Gregor kennen. Doch ob der mit seinen seltsamen Ansichten und seiner langweiligen Art wirklich der Richtige für sie ist? Zumal Tobi in ihr Gefühle hat aufleben lassen, die sie eigentlich längst vergessen glaubt.

Rezension:

Jenny ist Anfang 20, auf der Suche nach einem Job und trifft in einem Café völlig unerwartet ihre Jugendliebe Tobi wieder. Eigentlich ist sie leidenschaftliche Sängerin und tritt anonym in Clubs unter dem Künstlernamen "Kitty Black" auf. Auf Druck ihrer Eltern hat sie BWL studiert, um später die Firma ihres Vates übernehmen zu können. Dieser hat ihr auch aktuell einen Job bei einem Freund und Kollegen von sich vermittelt. Dort muss sie sich ausgerechnet ein Büro mit Tobi teilen, den sie eigentlich nie wieder sehen wollte, nachdem er sie in der Vergangenheit so verletzt hatte.

Es kommt wie es kommen muss - beide entdecken wieder ihre Gefühle für einander und es entwickelt sich ein leidenschaftliches Hin und Her. Es ist vor allem Jenny, die sich nicht auf eine Beziehung mit Tobi einlassen möchte, da sie ihm nicht mehr vertrauen kann und Angst hat, wieder verletzt zu werden. Sie vertraut deshalb lieber auf eine Wahrsagerin statt auf ihre eigenen Gefühle und datet Gregor, der aber offensichtlich mehr Interesse am Vermögen ihrer Familie hat, als an ihr selbst. Tobi dagegen beginnt eine Affäre mit der überzeugten Veganerin Lavinia, von der er aber schnell genervt ist.

"Ausgerechnet du" ist der zweite Teil nach "Nicht auch noch der", der teilweise von denselben Protagonisten handelt. Zum Verständnis ist es allerdings nicht nötig, das Debüt von Lena Marten gelesen zu haben.

Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive von Jenny bzw. Tobi geschrieben, so dass der Leser Einblick in beide Gefühlswelten erhält. Jenny ist eine naive junge Frau, die noch nicht viel Glück in der Liebe hatte und deshalb lieber auf Ratschläge der Zeitschrift "Stars & Romance" oder die telefonische Gratis-Auskunft einer Wahrsagerin hört.

Es bleibt lange unklar, was in der Vergangenheit genau zwischen Tobi und Jenny vorgefallen ist, dass Jenny nach all der Zeit immer noch derart verletzt und misstrauisch in Bezug auf Tobi ist.

"Ausgerechnet du" ist typische Chick-lit - locker und unterhaltsam geschrieben, aber eben auch sehr vorhersehbar. Bis es zum erlösenden Happy End kommt, zieht es sich nach zwei Dritteln des Romans ein wenig und das ewige Hin und Her zwischen Jenny und Tobi - die Unentschlossenheit von ihr und die Unbeholfenheit von ihm - können mitunter die Nerven der Leserin strapazieren.

Das Buch bietet aber neben der Liebesgeschichte zwischen Jenny und Tobi durch die vielen unterschiedlichen Nebencharaktere gute, leichte Unterhaltung für Leserinnen im Alter der Protagonisten.
Ich hätte mir noch mehr Informationen aus Tobis und Jennys gemeinsamer Vergangenheit gewünscht, um insbesondere Jennys Verhalten besser nachvollziehen zu können. Auch wäre die Geschichte um den Tod ihres Bruders Paul vor sieben Jahren und das schwierige Verhältnis zu ihren Eltern noch ausbaufähig gewesen, um dem Roman mehr Tiefe zu verleihen.


Samstag, 20. August 2016

Buchrezension: Michael Pilipp - Der Selbstmord des Papstes

Inhalt: 

Nach einer großen Dürre in Nordafrika strömen Millionen Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, nach Europa. Am Ostersonntag verkündet der neue Papst Innozenz XIV. von der Loggia des Petersdoms aus etwas, das die Welt erschüttert und springt danach in den Tod. Journalistin Ramona und Komponist Manuel erleben in Berlin die Tage des Umbruchs und des Chaos. Zusammen mit ihren Freunden entdecken sie ein furchtbares Geheimnis und geraten dabei in höchste Gefahr. Eine spannende Geschichte über das, was ist, und das, was sein könnte.

Rezension: 

Herr Pilipp ist ein aufmerksamer Leser von Rezensionen seiner Bücher und nimmt sich die Zeit, drauf zu antworten. Auch auf die Gefahr hin, dass sich der Autor von meiner Bewertung auf den Schlips getreten fühlen könnte, möchte ich ihm dennoch ein Feedback zu „Der Selbstmord des Papstes“ geben.

Am Ostersonntag springt das neu gewählte Oberhaupt der Katholischen Kirche, Papst Innozenz XIV., nach einer in afrikanischer Sprache gehaltenen Brandrede vor der Weltöffentlichkeit in den Tod.

Aufgrund einer Hungersnot fliehen immer mehr Menschen aus Nordafrika in Richtung Europa. Auch in Deutschland befinden sich bereits Millionen von Flüchtligen in Auffanglagern, die sich durch den Tod des Papstes darin bestärkt sehen, nicht nur Kirchen zu plündern. 


Der Komponist Manuel und seine Freundin, die BILD-Reporterin Ramona sind wie zufällig bei allen wichtigen Ereignissen in Rom oder Berlin zugegen. Manuel kann deshalb an der Augklärung eines geplanten Kunstraubs durch einen holländischen Professor mitwirken, der die Unruhen gezielt für sich ausnutzen möchte. Zusammen mit den BKA Ermittlern X und Y, die in Personalunion später auch die Personenschützer von Manuel mimen, kann nach einer Entführung von Ramona und einem spektakulären Finale am Brandenburger Tor, das Schlimmste verhindert werden. 

Manuel wird sogar von der Bundeskanzlerin persönlich dazu auserwählt, die Hymne für die Friedenskonferenz in Berlin zu komponieren, in deren Rahmen Billionen von Spendengeldern gesammelt werden sollen. Auch in der Kürze der Zeit stellt dies für den Komponisten kein Problem dar, hat doch seit seinem Osterurlaub in Rom eine Melodie im Ohr, die nur vom Messias selbst sein kann…

Ich hatte das Buch bei einer Verlosung gewonnen und mich auf einen spannenden Roman gefreut, der mit der allgegenwärtigen Flüchtlingsproblematik ein sehr aktuelles Thema behandelt. 

Der Autor baut ein Szenario auf, das utopisch, aber durchaus denkbar ist, auch wenn ich mir eine Anzahl von 13 Millionen Flüchtlingen, die abseits der Bevölkerung in Lagern "konzentriert" werden, nicht vorstellen kann. Darüber hinaus empfand ich die Liebesszenen in diesem ansonsten spannend erzählten Roman unpassend schwülstig und überflüssig.

Bis zu zwei Dritteln des Romans war ich von der Handlung gefesselt und gespannt, welches Ende dieses Szenario nehmen wird. Insbesondere der Komponist Manuel wurde allerdings so zu einem Helden stilisiert, dass die Erzählung immer überzogener und unrealistischer wurde. Geprägt von Zufällen übernimmt Manuel quasi die Ermittlungstätigkeit. Darüber hinaus werden zahlreiche Klischees, wie die Nachbarn - sie in Burka und der Ehemann als Oberhaupt eines (kriminellen?) Familienclans in Berlin - reiche Katholische Kirche, die mehr nimmt als gibt, Stammtischparolen in Bezug auf Kritik an Politik, Flüchtlingen und Ausländern, aneinandergereiht. 

Das letzte Drittel war mir zu überspitzt dargestellt und das Ende enttäuschend bis lächerlich und ärgerlich. 



Mittwoch, 17. August 2016

Buchrezension: Wendi Stewart - Ein unbesiegbarer Sommer

Inhalt:

Als das Auto der Familie Archer in Kanada durchs Eis eines gefrorenen Sees bricht, kann Robert einzig seine Tochter retten. Während sie heranwächst, kümmert sich Rebecca allein um den Haushalt und die Farm, der Vater kapselt sich ab. Doch so überwältigend wie die Trauer ist auch ihre Wut auf den Vater, dem nicht zu helfen ist und der nach und nach alle Erinnerungsstücke an die Mutter verschwinden lässt. Trost findet Rebecca in der Freundschaft mit Chuck, einem empfindsamen, von seinem Vater tyrannisierten Jungen, und mit Lissie, die von einer perfektionistischen Adoptivmutter gegängelt wird. – Ein eindringliches Debüt, das Trauer und Komik, Melancholie und unbändigen Lebenswillen perfekt verbindet.

Rezension:


Bei einem Unfall auf einem zugefrorenen See in Kanada kommen Rebeccas geliebte Mutter und ihr jüngerer Bruder Jake ums Leben. Der Vater Robert konnte nur Rebecca retten und ist selbst durch Erfrierungen schwer verletzt. Nicht nur körperlich, sondern vor allem seelisch hat der Unfall schwerwiegende Folgen für die Familie. Der Vater ist vor lauter Trauer um den Verlust nicht in der Lage, sich um seine sechsjährige Tochter zu kümmern, die daraufhin schon sehr früh Verantwortung für ihr eigenes Leben sowie den Haushalt und die Farm übernehmen muss. Ganz auf sich allein gestellt, freundet sie sich schließlich mit dem Nachbarsjungen Chuck an, der zwar nach Außen in einer intakten Familie aufwächst, aber von seinem despotischen Vater als Schwächling drangsaliert wird und wie ein Knecht für ihn arbeiten muss.

In der Highschool lernen Rebecca und Chuck, die beide als Außenseiter gelten, Elisabeth "Lissie" kennen, die überbehütet bei ihrer Adoptivmutter Charlotte aufgewachsen ist und ihre Herkunft nicht kennt. Als Charlotte Alzheimererkrankung fortschreitet, sind wiederum die Rollen vertauscht und es ist das Kind, das sich um die Erwachsene kümmert.

Aufgrund ihrer familiären Hintergründe wachsen alle drei Kinder mit schwerwiegenden Belastungen auf, können sich aber gegenseitig Halt geben. Rebecca ist dasbei das starke Mädchen, das wesentlich älter wirkt und den ängstlichen Chuck lehrt, sich gegen seinen Vater durchzusetzen. Auch die zurückhaltende Lissie kann sich von ihrer Adoptivmutter abnabeln und beginnt mit Nachforschungen in Bezug auf ihre Familie.

"Ein unbesiegbarer Sommer" ist ein sehr melancholischer Roman, der die schwere Kindheit von drei Freunden darstellt, die nur durch ihre Gemeinschaft nicht den Mut verlieren und sich gegenseitig die Geborgenheit geben, die sie bis auf Rebecca zu Lebzeiten ihrer Mutter, in ihrer Familie nie spüren konnten. Das Buch ist voller Traurigkeit und als Leser hat man das Gefühl, dass die Kinder keinerlei Perspektive im Leben haben können, dieser Hoffnungslosigkeit zu entfliehen und letztlich an ihr zugrunde gehen werden.
Das Ende der Schulzeit ist für alle drei dann aber mit einem Neubeginn verbunden und macht Hoffnung auf ein Leben fernab der Traurigkeit der Kindheit.

Der Debütroman von Wendi Stewart ist kein leichter Unterhaltungsroman für zwischendurch, sondern etwas schwerere Kost, die betont ruhig und emotionslos aus der Distanz erzählt wird, was aber gerade so eindringlich wirkt und den Inhalt man nach dem Lesen erst einmal verarbeiten muss.


Sonntag, 14. August 2016

Buchrezension: Melanie Mühl - Die Kunst des klugen Essens: 42 verblüffende Ernährungswahrheiten

Inhalt:

Ob Steinzeit-Diät, vegan oder Rohkost – während ständig neue Ernährungstrends ausgerufen werden, übersehen wir die wichtigen Fragen: Warum lieben wir manche Speisen und finden andere furchtbar? Wie gelingt es uns, wirklich klüger zu essen? Dabei gibt es gesicherte Erkenntnisse aus Psychologie und Hirnforschung, die unseren Geschmack entschlüsseln und die soziale Dimension von Essen beleuchten. Melanie Mühl und Diana von Kopp klären auf, wie der Bauchumfang des Kellners unsere Bestellung beeinflusst, warum wir mit dem Rücken zum Buffet sitzen sollten, Diäten so schwierig sind und ein Milchshake die Laune hebt. Ein so unterhaltsamer wie lehrreicher Führer durch den Ernährungsdschungel.

Rezension: 

Das handliche Buch ist in 42 kurze Kapitel unterteilt, die sich jeweils über wenige Seiten erstrecken. Sie alle beschäftigen sich mit dem Thema Essen/ Ernährung aus psychologischer Sicht: Wie beeinflussen Farben, Musik, Geräusche und Haptik die Nahrungsaufnahme? 

Der Leser kann sich anschließend selbst Gedanken machen, wie er dieses Wissen für sich nutzt, um sich gesünder zu ernähren, die Tricks von Supermärkten und Restaurants zu durchschauen oder einfache Anregungen zur Erleichterung einer Diät holen. 

Aufgrund der Kürze der Kapitel werden Themen nur in ihren Grundsätzen angerissen und können als Denkanstöße dienen. Der Leser kann sich etappenweise durch das Büchlein blättern oder sich anhand des Inhaltsverzeichnisses mit den für ihn interessanten Abschnitten beschäftigen. Jedes Kapitel steht für sich und ist leicht verständlich und unterhaltsam geschrieben. 

Wer eine tiefergehende, wissenschaftliche Ausarbeitung sucht, wird sie in diesem Buch nicht finden, findet aber anhand des sehr umfangreichen Literaturverzeichnisses, das übersichtlich für jedes einzelne Kapitel erstellt ist, die für ihn passende Lektüre.

Die 42 "Ernährungswahrheiten" enthalten viele gute Erklärungen und sind für jeden interessant zu lesen, der sich mit (gesunder) Ernährung beschäftigt. Ich konnte allerdings für mich nur wenig Neues oder gar Verblüffendes entdecken.


Freitag, 12. August 2016

Buchrezension: Hanna Dietz - Wie Buddha in der Sonne

Inhalt:

Nichts weniger als den perfekten Urlaub hatte Frida für sich und ihren Mann Henning auf der Tropeninsel Larishang geplant. Doch statt mit Henning im Strandbungalow im Luxus zu schwelgen und die eheliche Sinnlichkeit neu zu entdecken, werden sie in eine runtergekommene Bruchbude verfrachtet. Kakerlaken im Bad und Frösche im Pool sind aber nicht das Schlimmste an der "Villa" Coconut. Viel schlimmer sind ihre Mitbewohner, die spaßbefreiten Workaholics Amy und Christopher und eine völlig überdrehte Familie aus Düsseldorf. Ebenso wie der halbseidene Straßenguru, der Frida mit ominösen Prophezeiungen in Angst und Schrecken versetzt. Erholung: Fehlanzeige! Liebesleben: Pustekuchen! Die ganze Reise: ein Desaster de luxe! Das kann Frida nicht auf sich sitzen lassen. Um den Urlaub zu retten, schreckt sie auch nicht davor zurück, die einheimische Geisterwelt um Hilfe anzuflehen. Mit ungeahnten Folgen für alle Beteiligten.

Rezension:

Frida und Henning haben einen Luxusurlaub in einem Vier-Sterne-Resort in Thailand gebucht. Frida ist knapp 40 Jahre alt und möchte den Urlaub neben der Erholung in erster Linie dazu nutzen, ihren Mann nach allen Regeln der Kunst zu verführen, um endlich schwanger zu werden.


Am Urlaubsort angekommen, werden sie damit konfrontiert, dass sie nicht den gebuchten Bungalow beziehen können und zusammen mit einer Familie und einem weiteren Pärchen in einer Ersatzunterkunft untergebracht werden. Die „Coconut Villa“ ist keine adäquate Unterbringung: Kein Servicepersonal, nur ein Bad für acht Personen, Kakerlaken, Lunchpakete statt Halbpension… Zu allem Überfluss sind die unfreiwilligen Mitbewohner alles andere als sympathisch und nerven vor allem Frida bereit seit dem Flug durch ihr überhebliches Verhalten. Zudem hadert Frida mit ein paar überflüssigen Pfunden, während Henning seine Blicke nicht von den mitreisenden Damen abwenden kann.

„Liebe unter exotischen Bedingungen […]. Die witzigste Urlaubslektüre seit langem!“ wird dem Leser versprochen. Auch ich versprach mir von der Handlung eine locker-leichte Urlaubslektüre oben Anspruch auf Tiefgang und wollte mich einfach nur von „Wie Buddha in der Sonne“ unterhalten lassen.

Es ist allerdings eine Geschichte um einen Urlaub voller Pleiten, Pech und Pannen, wie man sie schon zigmal im Fernsehen gesehen hat. Die Charaktere sind überzeichnet und auch die Handlung und das Verhalten der Figuren sind unrealistisch und wirken gewollt komisch. Keiner der gestrandeten Urlauber weiß sich gegen das unmögliche Quartier zur Wehr zu setzen und so machen sich gegenseitig durch Streits um das schönste Zimmer oder eine Internetverbindung das Leben schwer, Frida nervt durch ihr mangelndes Selbstbewusstsein und ihre dilettantischen Verführungsversuche. So machen ihr ein vermeintlich defekter Deckenventilator oder die zu flüssig geratene Sprühsahne einen Strich durch die Rechnung. Und so reihen sich weitere absurde Zwischenfälle, unlustig und uninspiriert aneinander, bis die Pärchen sich zusammenraufen und nach vierzehn Tagen ohne den gebuchten Luxus die Abreise ansteht.

„Wie Buddha in der Sonne“ ist ein Roman, den man getrost der Hotelbibliothek spenden kann.


Mittwoch, 10. August 2016

Buchrezension: Hajo Steinert - Der Liebesidiot

Inhalt:

Bekenntnisse eines Erotomanen

Nachdem seine Frau ihn verlassen hat, lebt Sigmund Seiler in einer festen Gemeinschaft. Mit seiner sechzehnjährigen Tochter Susi. In der Kantine des Media Center erliegt er der Stimme einer Frau vor ihm in der Schlange. Der Ton ihrer Essensbestellung trifft ihn wie Amors Pfeil. Als Sprecher von Beruf dem Hören verfallen, verfolgt er die Unbekannte auf Schritt und Tritt. Beim Versuch, sich der Angebeteten zu nähern, kommt es zur Katastrophe. Und so sitzt Seiler, geschlagen von einem Bandscheibenvorfall, in der Siegerlandklink und liest den anderen Patienten Woche für Woche ein Kapitel aus seinem unerhörten Leben vor. Bis der Klinikdirektor ein Machtwort spricht.

Rezension:

Sigmund Seiler ist Ende 50, professioneller Sprecher und alleinerziehender Vater einer 16-jährigen Tochter.

Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls befindet sich Seiler zur Kur in einer Rehaklinik im Siegerland. Dort liest er jeden Freitag aus seinen amourösen Memoiren vor.

Dreh- und Angelpunkt des Buches ist der Schlüsselsatz „Einmal Gyros mit Pommes Frites und Krautsalat ohne Zaziki“. In der Kantine des Media Centers begegnete Seiler einer Frau, die diese Bestellung aufgibt und von deren Stimme er aufgrund seines feinen Gehörs als beruflicher Sprecher fasziniert ist. Er steigert sich regelrecht wahnsinnig in die Vorstellung hinein, diese Frau näher kennen zu lernen.

Bei seinen wöchentlichen „Vorlesungen“ in der Siegerlandklinik, die über mehrere Wochen vom Klinikchef geduldet werden erzählt Seiler von seiner Kindheit, dem verklemmten Umgang mit der Sexualität zur damaligen Zeit und seinen Erfahrungen in der Liebe mit den unterschiedlichsten Frauen.

„Der Liebesidiot“ ist kein spannungsgeladener, lebendig erzählter Roman. Es ist vielmehr ein knapp 300 Seiten andauernder Monolog eines Höschenschnüfflers und Stalkers über eine Amour fou.

Sprachlich ist an dem Roman nichts auszusetzen. Durch knackige und präzise Wortwahl in allerdings zum Teil langen Sätzen spürt der Leser den leisen Wahnsinn von Seiler, eines wortgewandten, sexualisierten Freaks. Etwas zäh anmutend quälte ich mich allerdings über lange Absätze medizinischer Fachbegriffe in Bezug auf Seilers Bandscheibenvorfall bis zum Endes des Romans, das einfach nur das Ende seiner Vorlesungen ist.

Das Urteil „Zeitverschwendung“ würde dem Roman nicht ganz gerecht werden, aber in „Der Liebesidiot“ passiert einfach nicht viel mehr als bereits im Klappentext beschrieben ist. So vermisste ich insbesondere Dialoge oder irgendeine Art der Interaktion von Seiler mit seinen Zuhörern während seiner Lesungen.

„Der Liebesidiot“ ist leider kein amüsanter Unterhaltungsroman, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, aber dennoch literarisch gut geschrieben.



Samstag, 6. August 2016

Buchrezension: Anna McPartlin - Die letzten Tage von Rabbit Hayes

Inhalt:

Erst wenn das Schlimmste eintritt, weißt du, wer dich liebt.

Stell dir vor, du hast nur noch neun Tage. Neun Tage, um über die Flüche deiner Mutter zu lachen. Um die Hand deines Vaters zu halten (wenn er dich lässt). Und deiner Schwester durch ihr Familienchaos zu helfen. Um deinem Bruder den Weg zurück in die Familie zu bahnen. Nur neun Tage, um Abschied zu nehmen von deiner Tochter, die noch nicht weiß, dass du nun gehen wirst.

Die Geschichte von Rabbit Hayes: ungeheuer traurig. Ungeheuer tröstlich.

Rezension:

Der Roman beginnt mit der Fahrt von Mia „Rabbit“ Hayes ins Hospiz. Rabbit ist 42 Jahre alt, hat Krebs im Endstadium und wird sterben, Weder sie noch ihre Angehörigen können die niederschmetternde Diagnose so ganz akzeptieren, nachdem Rabbit den Krebs schon einmal besiegt hatte. 

Vor allem ihre Mutter Molly klammert sich an das Leben ihrer jüngsten Tochter und sucht weiter nach alternativen Therapien oder kontaktiert Wunderheiler. Vater Jack ist wie betäubt und schafft es anfangs nicht einmal seine sterbende Tochter im Hospiz zu besuchen. Besonders schwer ist es allerdings für die 12-jährige Tochter Juliet, die noch nicht begreift, wie aussichtslos die Situation ist und dass ihre Mutter nie wieder nach Hause kommen wird.
Das Buch dreht sich in Gänze um das Abschiednehmen und wie Familienangehörige und Freund von Rabbit mit der ausweglosen Situation umgehen. Durch Rückblicke in die Kindheit und Jugend von Rabbit und vergangene Situationen mit ihrer Tochter bekommt der Leser Einblicke in die lebhafte Familie Hayes: die starke Mutter Molly, die die Familie als Matriarchin zusammenhält, Schwester Grace und ihr Mann Lenny mit den nervenaufreibenden Söhnen, die langsam erwachsen werden oder Bruder Davey, der als Musiker in den USA ein unstetes Leben führt. Man erfährt auch manches über Rabbits große Liebe zu dem Sänger Johnny, der selbst viel zu früh gestorben ist. Der Vater ihrer Tochter spielt in dem Roman überhaupt keine Rolle, selbst als es darum ging, wer am Ende für Juliet sorgen soll.

Ich habe mit das Buch aufgrund der vielen begeisterten Rezensionen gekauft. „Ungeheuer traurig. Ungeheuer tröstlich“ sollte der Roman sein.
„Die letzten Tage der Rabbit Hayes“ bietet wenig Überraschendes – von Anbeginn ist klar, dass Rabbit im Hospiz sterben wird. Der Leser wird insofern nicht mehr mit dem Hoffen auf Heilung, sondern mit dem reinen Trauerphasen vom Leugnen (Tochter Juliet), über Emotionsausbrüche (Schwester Grace) bis zum Loslassen des Sterbenden konfrontiert.
Ohne Frage ist es ein Buch, dessen roter Faden das Sterben eines geliebten Menschen ist, sehr traurig. Allerdings empfand ich den Roman dennoch nicht als so bewegend oder außergewöhnlich berührend geschrieben, wie ich ihn mir vorgestellt hatte.

Aufgrund der Vielzahl der Personen, die am Sterbebett Abschied nehmen und die man in der Gegenwart und in Rückblicken als Freund oder Angehörigen von Rabbit kennen lernt, wird kein Charakter tiefgehend betrachtet. Vora allem die besondere Beziehung von Rabbit und Johnny, die von einer kindlichen Schwärmerei in Liebe endete, empfand ich als unpassend in die Handlung integriert. Diente die Geschichte am Ende nur dazu, zwei Liebende im Tod zu einen, auch wenn Rabbit als bekennende Atheistin eher nüchtern mit dem Leben nach dem Tod umging? Auch hätte eine Such nach dem Vater von Juliet für Konflikte sorgen und damit dem Roman mehr Reiz verleihen können.

Am Ende bleiben nur der von Anfang an vorhersehbare Tod und eine irische Bilderbuchfamilie, die durch ein enges Familienband die Trauer gemeinsam bewältigen wird.



Mittwoch, 3. August 2016

Buchrezension: Mark Watson - Ich könnte am Samstag

Inhalt:

Xavier Ireland ist Nachttalker bei einem Radiosender in London. Tagsüber beschäftigt er sich mit sich selbst, nimmt an Scrabble-Turnieren teil und lässt die Tage an sich vorbeiziehen. Erst seine vor Energie überschäumende Putzfrau Pippa macht ihm klar, dass es sich lohnt, am Leben anderer Anteil zu nehmen und damit seinem eigenen Glück auf die Sprünge zu helfen. Mark Watsons Bestseller ist eine Hommage an das Leben und die Liebe – klug, humorvoll und zu Herzen gehend. Nach der Lektüre werden Sie die Welt mit anderen Augen sehen.

Rezension:

Xavier Ireland ist Radiomoderator der Sendung „Late Lines“, die nachts zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens gesendet wird. Xavier heißt eigentlich Chris und kommt aus Melbourne, ist jedoch aufgrund eines tragischen Ereignisses vor einigen Jahren nach England gezogen. Die Radiosendung moderiert er zusammen mit dem stotternden Murray, den er ihn zuliebe zu einem Speed-Dating begleitet. Dort lernt er die resolute Pippa kennen, die von Putzjob zu Putzjob hetzt und auch von Xavier für Samstag als wöchentliche Putzfrau engagiert wird.

Durch Pippa, in die er sich erst nach dem Speed-Dating verliebt, wird er unfreiwillig an seine Vergangenheit in Australien erinnert, die er erfolgreich verdrängt hatte. Bei seiner Ankunft in London hatte er sich geschworen sich aufgrund der dortigen Ereignisse nie mehr in Angelegenheiten anderer einzumischen. Aus diesen Gründen ignoriert er die deutlichen Anzeichen häuslicher Gewalt in der Wohnung über ihm und die mit ihrem hyperaktiven Kind völlig überforderte Mel in der Wohnung unter ihm. Pippa gibt ihm den Anstoß, sein Verhalten zu überdenken.

Der Roman dreht sich en gros um das Leben von Xavier. Daneben erzählt Mark Watson von elf weiteren Personen in London, deren Schicksale durch das Handeln bzw. Nicht-Handeln von Xavier beeinflusst werden. Da ist ein dicklicher Junge, der sich zu einem Raubüberfall genötigt fühlt, weil er seinen Job als Küchenhilfe verliert, weil sein Chef sauer ist, weil das Restaurant eine schlechte Kritik von einer Journalistin erhalten hat. Dies stellt nur einen Teil der Kette dar, mit der der Autor elf Einzelschicksale miteinander verbindet.

„Ich könnte am Samstag“ erschien zuerst unter dem Titel „Elf Leben“, was die Intention des Autors insofern besser trifft, da es in dem Roman nicht primär um da Xavier geht, sondern um das Schicksal im Allgemeinen und die Auswirkungen von bestimmten Handlungen und den daraus resultierenden Folgen für andere, die viel weitreichender sein können.

Auch wenn die einzelnen Personen für sich selbst in dem Roman viel zu kurz kommen, um eine Bindung zu ihnen aufzubauen und das Buch auch noch offen endet, passt dieser Schluss für den Roman ideal. Es ist ein ungewöhnliches Buch, das ohne große Höhepunkte auskommt und dennoch nie langweilig wird. Es ist keine klassische Liebesgeschichte, sondern ein Buch, das beschreibt, wie das Leben eben so spielt – mal bedrückend traurig, mal amüsant. Auf jeden Fall ist „Ich könnte am Samstag“ ein unterhaltsamer Roman mit Tiefgang.