Mittwoch, 10. August 2016

Buchrezension: Hajo Steinert - Der Liebesidiot

Inhalt:

Bekenntnisse eines Erotomanen

Nachdem seine Frau ihn verlassen hat, lebt Sigmund Seiler in einer festen Gemeinschaft. Mit seiner sechzehnjährigen Tochter Susi. In der Kantine des Media Center erliegt er der Stimme einer Frau vor ihm in der Schlange. Der Ton ihrer Essensbestellung trifft ihn wie Amors Pfeil. Als Sprecher von Beruf dem Hören verfallen, verfolgt er die Unbekannte auf Schritt und Tritt. Beim Versuch, sich der Angebeteten zu nähern, kommt es zur Katastrophe. Und so sitzt Seiler, geschlagen von einem Bandscheibenvorfall, in der Siegerlandklink und liest den anderen Patienten Woche für Woche ein Kapitel aus seinem unerhörten Leben vor. Bis der Klinikdirektor ein Machtwort spricht.

Rezension:

Sigmund Seiler ist Ende 50, professioneller Sprecher und alleinerziehender Vater einer 16-jährigen Tochter.

Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls befindet sich Seiler zur Kur in einer Rehaklinik im Siegerland. Dort liest er jeden Freitag aus seinen amourösen Memoiren vor.

Dreh- und Angelpunkt des Buches ist der Schlüsselsatz „Einmal Gyros mit Pommes Frites und Krautsalat ohne Zaziki“. In der Kantine des Media Centers begegnete Seiler einer Frau, die diese Bestellung aufgibt und von deren Stimme er aufgrund seines feinen Gehörs als beruflicher Sprecher fasziniert ist. Er steigert sich regelrecht wahnsinnig in die Vorstellung hinein, diese Frau näher kennen zu lernen.

Bei seinen wöchentlichen „Vorlesungen“ in der Siegerlandklinik, die über mehrere Wochen vom Klinikchef geduldet werden erzählt Seiler von seiner Kindheit, dem verklemmten Umgang mit der Sexualität zur damaligen Zeit und seinen Erfahrungen in der Liebe mit den unterschiedlichsten Frauen.

„Der Liebesidiot“ ist kein spannungsgeladener, lebendig erzählter Roman. Es ist vielmehr ein knapp 300 Seiten andauernder Monolog eines Höschenschnüfflers und Stalkers über eine Amour fou.

Sprachlich ist an dem Roman nichts auszusetzen. Durch knackige und präzise Wortwahl in allerdings zum Teil langen Sätzen spürt der Leser den leisen Wahnsinn von Seiler, eines wortgewandten, sexualisierten Freaks. Etwas zäh anmutend quälte ich mich allerdings über lange Absätze medizinischer Fachbegriffe in Bezug auf Seilers Bandscheibenvorfall bis zum Endes des Romans, das einfach nur das Ende seiner Vorlesungen ist.

Das Urteil „Zeitverschwendung“ würde dem Roman nicht ganz gerecht werden, aber in „Der Liebesidiot“ passiert einfach nicht viel mehr als bereits im Klappentext beschrieben ist. So vermisste ich insbesondere Dialoge oder irgendeine Art der Interaktion von Seiler mit seinen Zuhörern während seiner Lesungen.

„Der Liebesidiot“ ist leider kein amüsanter Unterhaltungsroman, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, aber dennoch literarisch gut geschrieben.



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