Freitag, 14. Februar 2020

Buchrezension: Stephanie Butland - Fünfzehn Arten eines Wunders

Inhalt: 

Seit ihrer Geburt leidet die 27-jährige Ailsa an einer Herzkrankheit, die sie beinahe getötet hätte. Gerade noch rechtzeitig hat sie nun ein Spenderherz erhalten. Eigentlich wäre es also höchste Zeit, sich endlich kopfüber in dieses Abenteuer namens Leben zu stürzen – doch Ailsa weiß einfach nicht, wie. Wie entscheidet man, welchen Beruf man ergreifen will? Oder auch nur, welches neue Hobby?
Jetzt, wo es um so viel mehr geht als nur um den nächsten Tag, hat Ailsa vor allem eines: Angst. Also lässt sie die Follower des Blogs, den sie im Krankenhaus geführt hat, die Entscheidungen für sie treffen. Dabei ist Ailsas neues Herz nicht nur stark, es ist auch mutig. Sie müsste ihm einfach nur zuhören. Denn da draußen wartet jemand darauf, dass Ailsa den Mut findet, ihr neues Herz zu verschenken. 


Rezension:

Ailsa leidet an einem angeborenen Herzfehler und wird nach langem Bangen im Oktober 2017 erfolgreich ein Spenderherz transplantiert. Mit 28 Jahren beginnt für sie ein zweites Leben, was sie zunächst jedoch überfordert. Ihre Mutter Hayley würde sie nach wie vor am liebsten in Watte packen, aber Ailsa beginnt sich abzunabeln, möchte endlich alleine wohnen und ihr erstes eigenes Geld verdienen. Unterstützung bei ihren Entscheidungen sucht sie sich bei den Followern ihres "BlueHeart" Blogs, indem sie ihre Community regelmäßig mit Zukunftsfragen konfrontiert und abstimmen lässt. 
Bei einer Radiosendung zum Thema Transplantation lernt sie den Schauspieler Seb kennen, dem auf einem Auge Hornhaut transplantiert wurde. Ailsa freundet sich mit ihm an und unterstützt ihn bei den Proben für das Theaterstück "Romeo und Julia". Es kommt zu zarten Annäherungsversuchen, aber Ailsa ist sich unsicher, ob auch er für sie, die sich als Folge der Nebenwirkungen ihrer Immunsuppressiva unattraktiv und zu pummelig findet, mehr empfinden könnte. 

"Fünfzehn Arten eines Wunders" ist ein Roman über eine junge Frau, die nach einem langen körperlichen und seelischen Leidensweg ein Spenderherz erhält und damit ein neues Leben beginnen kann. 
Der Roman ist durch die Wahl verschiedener stilistischer Formate sehr abwechslungsreich geschrieben, verwirrt dadurch aber nicht. Der Roman setzt den Fokus auf die Handlung nach der Operation und blickt durch kurze Rückblenden auch auf Episoden der Vergangenheit zurück. Zudem wird die Geschichte durch die Blog-Einträge, Abstimmungen und E-Mails zwischen Ailsa und Seb sowie Interviews und Zeitungsartikel aufgelockert. 

Es ist ein berührender Roman mit einem ernsten Thema, der aufgrund der Bonmots, witzigen Dialoge und Ailsas smarter und selbstironischer Art jedoch sehr amüsant zu lesen ist. Ailsa nimmt sich selbst nicht so ernst und zeigt auch auf ihrem Blog, wer sie ist - mit all ihren Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten. Der Roman ist warmherzig geschrieben, was den einnehmenden und sympathischen Charakter der Ailsa, die absolut authentisch wirkt, noch unterstreicht. Das Thema Organspende wird dabei ganz leichtfüßig mit einer romantischen Liebesgeschichte verpackt, die vielleicht vorhersehbar, aber deshalb nicht langweilig ist. 
Der Roman bleibt trotz aller Leichtigkeit nicht oberflächlich. Trotz aller positiver Folgen eines neuen Spenderherzens wird bewegend und nachvollziehbar dargestellt, wie Ailsa dennoch Momente hat, in denen sie mit ihrem Schicksal hadert: Muss sie für alles dankbar sein oder stets glücklich sein, nur weil sie überlebt bzw. ihr Leben verlängert hat oder darf sie nicht auch trotzdem Wut und Trauer empfinden?

"Fünfzehn Arten eines Wunders" zeigt die Entwicklung einer verunsicherten Frau, die ein bisher stark eingeschränktes Leben führen musste, zu einer Frau mit mehr Selbstbewusstsein, die lernt, nicht mehr nur von einem Moment zum nächsten zu leben, sondern sich ernsthaft mit ihrer Zukunft zu beschäftigen, da sie auf ihr Herz "Apple" vertrauen kann, das kräftig schlägt. 
Unweigerlich regt der Roman mit der einnehmenden Geschichte zum Nachdenken über Organspende an, so dass sich jeder Leser zumindest (erneut) mit der Frage auseinandersetzen sollte, sich einen Organspendeausweis zu besorgen, um im Ernstfall ein Menschenleben retten und Angehörigen eine Entscheidung abnehmen zu können. 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen