Samstag, 8. Februar 2020

Buchrezension: Rebekka Knoll - Blaue Nächte

Inhalt: 

Deutschland in den Sechzigern: Lotte und Emil sind noch Kinder, als sie sich ineinander verlieben. Doch als Lottes Familie fortzieht, verlieren sie sich aus den Augen. Jahre später begegnen sie sich im Tanzlokal Blue Nights wieder. Zwischen eng umschlungenen Paaren in Bluejeans und Minikleidern versprechen sie sich, dass sie sich genau hier wiederfinden werden, sollten sich ihre Wege je erneut trennen. 
Fünfzig Jahre später jobbt die junge Milena im Blue Nights. Eines Abends begehrt ein alter Mann verzweifelt Einlass: Er behauptet, dass auf der Tanzfläche jemand auf ihn warte. Milena weist ihn ab, doch seine Bitte lässt sie nicht los. Sie taucht ein in die Vergangenheit des Blue Nights – und stößt auf eine bewegende Liebesgeschichte. 

Rezension:

Milena arbeitet vertretungsweise im "Blue Nights", dem Klub ihrer Mutter, die nach einem Unfall im Krankenhaus liegt. Milena führt eigentlich das Antiquariat ihres Großvaters weiter und ist kein Nachtmensch und ärgert sich nicht gern mit den angetrunkenen Gästen herum. Als sie sich fragt, warum ihre Mutter den Klub nach dem Tod ihres Mannes nicht verkauft hat, empfiehlt sie Milena die Lektüre von "Blaue Nächte", ein schmales Büchlein, das Emil für Lotte geschrieben hat. Milena taucht in diese Liebesgeschichte ein, die in den 1960er-Jahren handelt und mitunter von den Tanzabenden von Emil und Lotte im "Blue Nights" erzählt. Dabei beginnt Milena selbst in Erinnerungen an ihre große Liebe zu schwelgen, an die Liebe zu Paul, die inzwischen schon zehn Jahre vorbei ist. 

Der Roman ist eine literarische Zeitreise in die 1960er-Jahre, geprägt von der Musik der Beatles und der Petards, von Beatmusik und Rock und von der Rebellion der "Gammler" gegen die Elterngeneration. Emil und Lotte haben bereits als Kinder geheiratet, sich durch den Umzug von Lotte mit ihren Eltern jedoch aus den Augen verloren und erst als junge Erwachsene im "Blue Nights" wieder gefunden. Beide waren dann bereits mit anderen Partnern verbunden, konnten ihre erste Liebe aber nie vergessen und haben sich das Versprechen gegeben, in ferner Zukunft noch eine letzte Nacht im "Blue Nights" zu tanzen. 
Die Abschnitte von Emil und Lotte lesen sich wie ein nicht endender Liebesbrief von Emil an seine große Liebe Lotte. Die Sehnsucht und Tragik einer andauernden Suche nach der Geliebten ist auf jeder Seite spürbar. 
Daneben berührt aber auch Milenas Liebesgeschichte und ihr sehnsüchtiges Warten auf Paul. Durch den Glauben an die eine große Liebe und die unglückliche Sehnsucht danach sind beide Zeitebenen aufgrund der ähnlich parallelen Handlung eng miteinander verknüpft. Beide Geschichten handeln von Träumen, von Reue und verpassten Chancen, aber auch von der Hoffnung auf eine (letzte) Begegnung. Dabei stellt sich aber auch die Frage, ob der andere noch wie damals ist, ob es für einen Neuanfang zu spät ist und ob man ein Leben allein mit Warten vergeudet hat. Könnte man die Gegenwart wegen verklärten Erinnerungen und in dem Glauben an eine unwahrscheinliche Zukunft verpasst haben?

"Blaue Nächte" ist ein Roman über die große Liebe und die Hindernisse, die ihr entgegenstehen, der den Zeitgeist der 1960er-Jahre sehr anschaulich einfängt und der auf beiden Zeitebenen eine Liebesgeschichte erzählt. Als Leser hofft man, dass es sowohl für Emil als auch für Milena zu einem glücklichen Ende kommen möge - für Milena zehn Jahre später und für Lotte und Emil im betagten Alter. 


"Einander zu kriegen, war nicht das Problem. Viel schwerer war es, einander glücklich zu machen."

Dabei ist "Blaue Nächte" trotz aller Romantik nicht kitschig sondern bleibt auf dem Boden der Tatsachen und ist neben einem Liebesroman auch eine Geschichte über Selbsterkenntnis.  



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