Mittwoch, 12. Februar 2020

Buchrezension: Sarah Archer - The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst

Inhalt: 

Kelly ist neunundzwanzig, Roboteringenieurin, brillant, ehrgeizig – und Dauersingle. Als die Hochzeit ihrer Schwester bevorsteht und Kelly wieder einmal am Katzentisch zu enden droht, schreitet sie zur Tat und baut sich ihren Traummann einfach selbst! Ethan ist groß, gut aussehend, charmant und witzig. Und er versteht Kelly wie kein Zweiter auf dieser Welt. Kein Wunder, schließlich hat sie ihn ja höchstpersönlich programmiert. Doch dann passiert etwas, das Kelly nie für möglich gehalten hätte: Sie verliebt sich in Ethan, den Roboter.

Rezension: 

Kelly ist Ingenieurin im Silicon Valley und arbeitet derzeit an einem Roboter, dem "Confibot", der zukünftig in der medizinischen Pflege der Menschen eingesetzt werden soll. Es handelt sich um eine Art Wettbewerb um Investoren für das beste Gerät. Kelly sollte dazu mit einem Psychologen zusammenarbeiten, mit dem sie sich jedoch überworfen hat, nachdem dieser ihr mangelnde soziale Kompetenzen vorgeworfen hat. 

Ihre Familie schätzt Kelly zudem als unfähig ein, einen Partner zu finden und festzuhalten, was Kelly insbesondere bei den Vorbereitungen zur Hochzeit ihrer jüngeren Schwester Clara zu spüren bekommt. Um weitere Kuppelversuche zu vermeiden, erfindet sie kurzerhand "Ethan" und baut sich einen Roboter nach ihren Vorstellungen eines perfekten Mannes. Auch wenn Ethan am Anfang noch etwas steif wirkt, kann er Kellys Familie und sogar ihre Kollegen als Mensch überzeugen. Kelly gewöhnt sich in den Wochen vor der Hochzeit an Ethan, fühlt sich an seiner Seite immer wohler und verliebt sich in ihn, so dass sie es nicht schafft, als sein Zweck nach der Hochzeit erreicht ist, ihr verselbstständigtes Experiment zu zerstören. 

Kelly ist eine intelligente, junge Frau und erfolgreich in ihrem Beruf, vermisst jedoch die Anerkennung ihrer Familie. Sie fühlt sich vor allem neben ihrer Schwester nur als "zweite Wahl" und leidet darunter, von ihrer Mutter sorgenvoll als alternde Jungfer behandelt zu werden. Durch die Konstruktion von Ethan entflieht sie dem Druck ihrer Familie, verstrickt sich jedoch in Lügen und gefährdet damit die Beziehung zu ihrer besten Freundin Priya. 
Kelly agiert für eine kompetente Wissenschaftlerin sehr blauäugig und fühlt sich nur noch mit Ethan an ihrer Seite werthaltig und vollständig, als sie registriert, wie gut er bei anderen Menschen ankommt. Ihr ganzes Selbstbewusstsein scheint sie an Ethan festzumachen. 

Ich fand es schade und zu übertrieben, dass Kelly in ein so antiquiertes weibliches Rollenbild gepresst wurde und hätte mir von dem Roman lieber eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema Künstliche Intelligenz, ihren Gefahren und Vorteilen für die Menschen, gewünscht. Stattdessen beschränkt sich die Geschichte sehr lange auf Kellys Komplexe und ihr trauriges Liebesleben. Ethans Eigenschaft als Roboter findet kaum Erwähnung, bei ihm hätte es sich auch um einen erfundenen Freund oder engagierten Schauspieler handeln können, wie man es aus anderen Romanen bereits kennt. Auch Kellys Arbeit an Confibot rückt durch den Fokus auf ihr Privatleben völlig in den Hintergrund und kommt erst spät zur Geltung. 

Die Geschichte verschenkt damit einiges an Potential und ist über weite Strecken nicht mehr als eine amerikanische Liebesgeschichte um eine junge Frau ohne Selbstbewusstsein, die trotz ihres beruflichen Erfolgs vergeblich versucht, bei anderen Liebe und Anerkennung zu finden. 
Die Illusion eines Liebe, die sich Kelly aufbaut und das zunehmende Abdriften in eine Traumwelt, hätte als psychologisches Problem aufgegriffen werden können, eine kritische Auseinandersetzung mit der Problematik von zwischenmenschlichen Beziehungen in einer zunehmend schnelllebigeren und technisierten Welt, findet nicht statt. 
"The Plus One" ist zwar kurzweilig geschrieben, dient aber trotz der vielversprechenden Grundidee nur der oberflächlichen Unterhaltung und bleibt damit hinter den Erwartungen zurück. 



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