Mittwoch, 23. Februar 2022

Buchrezension: Abbie Greaves - Jeder Tag für dich

Inhalt:

Mary O'Connor hält jeden Tag Ausschau. Bis ans Ende der Welt wollte Jim mit ihr gehen. Doch seit sieben Jahren ist er spurlos verschwunden.
Jeden Abend geht Mary zum Londoner Bahnhof Ealing Broadway und stellt sich mitten in den Pendlerstrom. In ihren Händen hält sie ein Schild mit den Worten: Komm nach Hause, Jim.
Bis ein unerwarteter Anruf ihre Welt auf den Kopf stellt. Sosehr sich Mary innerlich sträubt, sie muss sich endlich dem stellen, was vor all den Jahren passiert ist. Als die Lokalreporterin Alice Mary am Bahnhof begegnet, wittert sie eine gute Geschichte und freundet sich mit ihr an.
Kann Alice Jim finden - und ist Mary bereit, die Wahrheit über ihre große Liebe zu erfahren? 

Rezension:

Jeden Abend steht Mary O'Connor mit einem Schild am Bahnhof Ealing Broadway in London und wartet auf ihren Lebensgefährten Jim. Dieser ist seit sieben Jahren verschwunden und hat sich nicht mehr bei Mary gemeldet. Sie vermisst ihn und wartet hartnäckig auf seine Rückkehr, während ihr Leben an ihr vorbeizuziehen scheint. 
Als ein Video im Internet über sie viral wird und zeitgleich die junge Journalistin Alice auf sie und diese bewegende Geschichte aufmerksam wird, muss sich Mary ihrer Vergangenheit stellen. Sie muss sich entscheiden, ob sie lieber mit der unangenehmen Ungewissheit über den Verbleib Jims leben oder eine möglicherweise schmerhafte Wahrheit erfahren möchte. 

Der Roman handelt im Jahr 2018, als Mary bereits sieben Jahre auf Jim wartet. In Rückblenden wird geschildert, wie sich Mary und Jim im Jahr 2005 kennenlernten und in einander verliebten. Sie waren so glücklich mit einander bis nach zwei Jahren erste Wolken am Horizont aufzogen, die trotz aller Anstrengungen und einer innigen Liebe über die Jahre nur noch dunkler wurden. Mary konnte Jim nicht halten und führt seitdem ein Leben, das nur auf seine Rückkehr ausgerichtet zu sein scheint. Sie arbeitet tagsüber im Supermarkt, wartet anschließend stundenlang am Bahnhof und arbeitet nachts bei der Telefonseelsorge NightLine, wo sie von einem anonymen Anrufer aufgeschreckt wird, bei dem es sich um Jim handeln könnte. 

Journalistin Alice ist die zweite wichtige Figur des Romans, die Alice helfen möchte über den Verlust von Jim hinwegzukommen. Aus Mitgefühl und Freundschaft zu Mary möchte sie herausfinden, was passiert ist und wo sich Jim aufhält, hat aber auch ein Eigeninteresse an der Suche, das auch mit ihrer Vergangenheit in Zusammenhang steht. 

"Jeder Tag für dich" ist eine einfühlsame Geschichte mit lebendigen Charakteren, in der viel mehr steckt, als nur eine tragische Liebesgeschichte. Sie handelt vom Verlassenwerden, von Verzweiflung, einem Gefühl des Ungeliebtseins, von Einsamkeit, psychischen Erkrankungen, Alkoholmissbrauch, aber auch von Liebe, Freundschaft und Hoffnung. 
Trotz vieler bedrückender Themen, die eine Erklärung für das Verschwinden Jims und für Marys spleeniges Verhalten sowie Alices Einmischung liefern, ist der Roman auch dank der vielen schönen Momente des Verliebtseins, die gerade zu Beginn geschildert werden, nicht deprimierend zu lesen. Der Roman enthält neben aller Schwere, Tränen und Trauer auch im weiteren Verlauf wunderbar leichte, witzige Episoden und kann zudem auch mit individuell gezeichneten Nebencharakteren überzeugen, die für Unterhaltung sorgen. Die Spannung um den Hintergrund für Jims Verschwinden und seinen ungeklärten Verbleib wird lange aufrechterhalten und erst durch Alices investigatives Handeln offenbar - einer Wahrheit, der sich Mary bisher nicht stellen konnte. 

Es ist ein emotionaler Roman mit einer schmerzhaften Geschichte, die anders ausgeht, als man es für Liebesgeschichten erwarten würde und am Ende eine wichtige Botschaft liefert. 

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