Samstag, 26. Februar 2022

Buchrezension: Rebecca Miller - Pippa Lee

Inhalt:

Ein amerikanischer Traum in Manhattan. Eine ganz normale Familie. Ist das wirklich Pippas Traum vom Leben? Denn eigentlich ist sie jemand ganz anderes: Als aufmüpfige Teenagerin tauchte sie in die Sexpartys und Drogenexzesse von Soho ab – bis sie die Notbremse zog. Aber jetzt in der Normalität, merkt sie, dass das Leben nicht aufgeht, wenn andere die Korken knallen lassen. In einer klaren und kraftvollen Sprache stellt Rebecca Miller die wichtigsten Fragen. Packend und sehr einfühlsam erzählt sie von Pippas Suche nach dem richtigen Leben und der Entdeckung, dass das ganze Glück direkt vor unseren Augen liegen kann. 

Rezension:

Pippa Lee ist 50 Jahre alt und ist nach dem Auszug ihrer Kinder gemeinsam mit ihrem 30 Jahre älteren Ehemann Herb in die Seniorenwohnanlage Marigold Village gezogen, wo Pippa die jüngste Bewohnerin ist. Sie und ihr Ehemann führen dort ein gut betuchtes Leben, auch wenn Pippa unter dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Tochter Grace leidet. 
Als Pippa zu Schlafwandeln beginnt, wie sie es zuletzt als Kind getan hat, erinnert sie sich an das Leben, bevor sie Herb heiratete. 
Teil zwei des Romans ist eine Rückblende in die Kindheit, Jugend und frühen erwachsenen Jahre von Pippa. Als jüngstes Kind wächst sie mit vier älteren Brüder in einer Pfarrersfamilie auf. Sie hängt sehr an ihrer Mutter, doch als sie alt genug ist, um herauszufinden, dass deren fröhliche, aufgekratzte Art ihrem Tablettenkonsum geschuldet ist, ist sie schwer enttäuscht und versucht sie davon abzuhalten. Im Alter von 16 Jahren hält es Pippa nicht mehr zu Hause aus und zieht ohne Schulabschluss nach New York City. Dort verstrickt sich in einem Strudel aus Sex und Drogen, bis sie den Verleger Herb kennenlernt. Er ist zunächst wie ein Onkel für sie, kümmert sich liebevoll um sie, bis sie sich ineinander verlieben. 
Nach der Hochzeit schlüpft Pippa in eine andere Haut und versucht sich aus Dankbarkeit dem Lebensstil von Herb anzupassen und sich tunlichst von ihrer Mutter abzugrenzen, insbesondere als sie selbst Mutter von Zwillingen wird. 

Der Roman beschreibt ein Leben im Wandel, wobei Pippa von einem Extrem ins nächste rutscht. Ihre veränderte Lebensweise wird ihr während einer Art Midlife Crisis bewusst, als sie nach mehreren Herzinfarkten jederzeit mit dem Ableben ihres Mannes rechnet. Nach ihren wilden Jahren in New York City, wo sie diverse grenzwertige Erfahrungen machte, ist nachvollziehbar, dass sie nun als treu sorgende Ehefrau verunsichert ist, wer sie eigentlich ist. 
Der Schreibstil ist dabei distanziert. Als Leserin hatte ich das Gefühl, auf Pippa herabzublicken statt die Ereignisse aktiv mitzuerleben. Zudem rast man im Schweinsgalopp durch ihre wilden Jahre, die episodenartig geschildert und weit ab von der Lebenswirklichkeit ihrer späteren Jahre sind. 
Es fiel mir schwer, mich in Pippa hineinzuversetzen. Weder als junge Frau, die sich von einem Drogenexzess zum nächsten treiben lässt, noch als ältere Frau "an der Seite von". Pippa war mir schlicht zu passiv und ließ mir zu viel mit sich geschehen. 
Aber nicht nur Pippa ist ein Extrem. Auch viele Personen, denen Pippa begegnet, verhalten sich überzogen dramatisch und hysterisch, was die ganze Geschichte leicht absurd wirken lässt. 

Durch die Aufs und Abs ist der Roman abwechslungsreich und unterhaltsam. Zudem stimmt er nachdenklich, welches Leben man leben möchte: Pragmatisch sein, allen gefallen oder die wilde Seite ausleben? Was ist das Leben, das zu einem passt, das glücklich macht? 

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