Samstag, 13. Juli 2019

Buchrezension: Katharina Herzog - Der Wind nimmt uns mit

Inhalt:

Maya bindet sich weder an Orte noch an Menschen. Obwohl die Reisebloggerin erst 32 ist, hat sie schon fast die ganze Welt gesehen. Nur an einen Ort möchte sie niemals: Nach La Gomera. Dort wohnt ihre Adoptivmutter Karoline. Dass Karoline nicht ihre leibliche Mutter ist, hat Maya vor Jahren durch einen Zufall erfahren, und bis heute hat sie ihr nicht verziehen. Doch dann wird Maya schwanger, und Tobi, der Mann, mit dem sie eine flüchtige Affäre hatte, hält sich ausgerechnet auf der Kanareninsel auf. Nur widerwillig fliegt Maya dorthin, zu den Aussteigern und Künstlern, zu ihrer Mutter. Sie ahnt nicht, dass es die wichtigste Reise ihres Lebens sein wird.

Rezension: 

Maya ist 32 Jahre alt und als Reisebloggerin ständig auf der ganzen Welt unterwegs. In Thailand lernt sie Tobias kennen, von dem sie nach einer gemeinsamen Nacht schwanger wird. Sie entscheidet sich gegen das Kind, möchte aber dennoch die Meinung von Tobias einholen, weshalb sie einen Aufruf auf ihrem Blog veröffentlicht, um Tobias zu finden. Durch Hinweisgeber findet Maya heraus, dass sich Tobias auf La Gomera aufhalten soll. Diese Insel wollte Maya nie besuchen, da dort ihre Adoptivmutter Karoline wohnt, mit der sie sich vor sechs Jahren zerstritten hat, als sie durch einen Zufall erfuhr, dass sie nicht das leibliche Kind von Karoline ist. 

Es kommt, wie es kommen muss. Maya muss länger als geplant auf La Gomera bleiben und trifft statt auf Tobias zunächst auf Karoline. Eine Aussprache oder Versöhnung erscheint in weiter Ferne. Darüber hinaus kommt Maya auf der Hippie-Insel, umgeben von vielen skurrilen Charakteren und abseits von jeglichem Mobilfunknetz ins Grübeln, ob die Entscheidung, das Baby abzutreiben, die richtige ist. 

"Der Wind nimmt uns mit" entführt den Leser auf die kleinste kanarische Insel, La Gomera, die sehr anschaulich beschrieben wird. Allerdings wirken die dort lebenden, überwiegend deutschen Protagonisten so der Welt entrückt, dass der Eindruck entsteht, La Gomera bestehe aus einer einzigen hinterwäldlerischen Hippie-Kommune aus deutschen Aussteigern. Maya wirkt dagegen bodenständiger, aber verhält sich für ihr Alter unreif und naiv. 

Die ganze Geschichte, insbesondere der Hintergrund des Aufenthalts von Maya auf La Gomera erscheint arg konstruiert und im Hinblick auf die Begegnung mit ihrer Adoptivmutter vorhersehbar. Karoline bleibt als Charakter fremd, da helfen auch die Rückblicke in die Vergangenheit der 1980er-Jahre kaum weiter, um ihr näher zu kommen und ihr Handeln zu verstehen. Die Entzweiung mit ihrer Tochter erscheint dadurch übertrieben dramatisch, das Geheimnis darum fast banal.

Aufgrund des Settings auf der exotischen Insel, das sehr anschaulich beschrieben wird, ist "Der Wind nimmt uns mit" ein perfekter Roman für den Sommer - die Familiengeschichte um Aufklärung der Vergangenheit, Versöhnung, Selbstfindung und einen Neuanfang bleibt aufgrund der eindimensionalen Charaktere jedoch oberflächlich und wird recht holprig erzählt. Auch die Liebesgeschichten von Mutter und Tochter überzeugen und berühren nicht. Die Ausführungen zu Esoterik, merkwürdigen Charakteren und zum fehlenden Handyempfang wogen im Vergleich zur Aufarbeitung der Mutter-Tochter-Beziehung und der Entscheidung für oder gegen ein Baby viel zu schwer und lassen den Roman trotz Potentials platt und nicht ganz durchdacht erscheinen. 



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