Mittwoch, 8. Mai 2019

Buchrezension: Sarah Kuttner - Kurt

Inhalt: 

Lena hat mit ihrem Freund Kurt ein Haus gekauft. Es scheint, als wäre ihre größte Herausforderung, sich an die neuen Familienverhältnisse zu gewöhnen, daran, dass Brandenburg nun Zuhause sein soll. Doch als der kleine Kurt bei einem Sturz stirbt, bleiben drei Erwachsene zurück, deren Zentrum in Trauer implodiert. 

Rezension: 

Lena und Kurt sind von Berlin gemeinsam nach Oranienburg in Brandenburg gezogen, wo sie sich ein Häuschen gekauft haben. Kurt teilt sich das Sorgerecht mit seiner Expartnerin Jana, mit er einen gemeinsamen Sohn hat. Er möchte näher bei ihm wohnen und ihm die Idylle eines eigenen Zimmers in eine Haus mit Garten bieten. Für Lena war der Umzug zwar ein Einschnitt, aber sie liebt Pflanzen und kann sich im Garten verausgaben sowie ihre Arbeit als Journalistin auch von zu Hause ausüben. 

Im Sommer stirbt der kleine Kurt plötzlich und unerwartet. Der große Kurt trauert und Lena weiß nicht, wie sie ihm helfen kann und hat Angst, dass Kurt ihr entgleitet. Sie ist selbst traurig da ihr der kleine Kurt ans Herz gewachsen ist, ist aber unsicher, ob sie im Gegensatz zu den Blutsverwandten als "Anhängsel" überhaupt das Recht hat, zu trauern. 

Lenas Situation ist sehr eingängig beschrieben. Ich konnte mich gut in die Ich-Erzählerin hineinversetzen und ihre Unsicherheit im Umgang mit dem tragischen Todesfall und der Trauer nachvollziehen. Verständnis bringt man aber auch für den großen Kurt auf, der sich in seiner Trauer zurückzieht, lieber mit seiner Expartnerin spricht, die exakt das nachfühlen muss, was er fühlt, wenn man ein leibliches Kind ohne Vorwarnung verliert. Er stürzt sich in die Arbeit, um sich abzulenken statt mit Lena zu sprechen. Auch schaffen sie es kaum, gemeinsam zum Friedewald zu gehen, wo der kleine Kurt begraben ist, was noch mehr Distanz zwischen dem Paar schafft. 
Erst als Lena und Kurt versuchen, gemeinsam mit der Trauer umzugehen, bekommt man ein Gefühl, dafür, dass sie in ihrem Haus in Brandenburg auch ohne den Grund für den Umzug, den kleinen Kurt, glücklich werden könnten. 

"Kurt" ist ein Roman über Trauer und Trauerbewältigung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Im Gegensatz zu den anderen Romane, die ich von Sarah Kuttner gelesen habe, und sie sich im Schreibstil alle ähneln, ist "Kurt" keine Familiengeschichte oder Charakterstudie. Der Fokus liegt ganz klar auf dem Verlust eines Kindes und dem Umgang damit. 

Der Roman ist - typisch Kuttner - mit Berliner Schnauze und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, geschrieben. Diesen Schreibstil muss man gerade bei einem emotionalen Thema mögen. Für manchen Leser mag dieser zu locker und flapsig sein, ich empfand ihn - in die Lage von Lena hineinversetzt - sehr authentisch. 
"Kurt" erhebt nicht den Anspruch eines Sachbuches oder eines Handbuches über Trauer und Trauerarbeit zu sein, hätte für meinen Geschmack aber etwas warmherziger und emotionaler sein können. 



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