Samstag, 23. Juli 2022

Buchrezension: Kristine Getz - Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. (Die Emer-Murphy-Serie 1)

Inhalt:

Vier Stunden nachdem die berühmte Influencerin Lotte Wiig ein Bild ihrer zweijährigen Tochter Poppy gepostet hat, verschwindet das Kind. Die Entführung erschüttert ganz Norwegen, denn Millionen von Menschen folgen dem Leben des bezaubernden Mädchens Tag für Tag. Erst vor kurzem wurde ein anderes Kind entführt, das zwölf Stunden später wieder auftauchte. Ist es der gleiche Täter? Kommissarin Emer Murphy erfährt von der Entführung aus den Medien, doch wegen einer psychischen Erkrankung darf sie im Moment nicht arbeiten. Aber Emer will dieses Kind unbedingt finden, denn Poppy berührt etwas in ihr. Etwas, das sie längst vergessen wollte. 

Rezension:

Lotte Wiig ist Autorin eines Mamablogs und vermarktet zusammen mit ihrem Ehemann Jens ihr gesamtes Familienleben auf Instagram. Je mehr sie über die zweijährige Tochter Poppy posten, desto mehr Follower und Werbeeinahmen haben sie. Zweifel an der Inszenierung ihres perfekten Lebens kommen Lotte als sie und ihre Tochter von einem Stalker bedroht werden. Dann verschwindet Poppy am Geburtstag ihrer Mutter spurlos, als die Eltern bei einem gesponserten Spa-Aufenthalt sind und Poppy bei ihrem Großvater ist. 
Die Polizei ermittelt und hinterfragt, ob es eine Verbindung zu einem vor kurzem entführten kleinem Mädchen gibt, dass jedoch zwölf Stunden später wieder auftauchte. Kommissarin Emer Murphy, die gerade aus einer psychiatrischen Einrichtung entlassen wurde und noch unter Medikamenten steht, stürzt sich in die Ermittlungen, denn die verschwundene Poppy erinnert sie an ein tragisches Ereignis ihrer Vergangenheit, das sie noch nicht verarbeitet hat. 

"Poppy - Dein Kind verschwindet. Und die ganz Welt sieht zu" ist der Auftakt einer norwegischen Krimi-Reihe um die Ermittlern Emer Murphy. Es ist ein Thriller mit aktueller Thematik, der aus dem Blickwinkel verschiedener Personen geschildert ist. Auf diese Weise erhält man Einblicke in die Familie Wiig, die nicht ganz so perfekt ist, wie sie sich in den sozialen Medien darstellt und in das Leben der Kommissarin Murphy, die selbst ein Päckchen zutragen hat und nach einem Zusammenbruch vor wenigen Wochen noch nicht diensttauglich ist. 

Die Handlung wird dabei regelmäßig von Kommentaren auf Lottes Blog oder von Foreneinträgen unterbrochen, was für Abwechslung sorgt und zu Spekulationen führt, ob der Täter unter den bösartigen oder scheinheiligen Kommentatoren sein könnte.
Dabei und durch die Ermittlungen der Polizei kommen immer mehr Details aus Lottes Vergangenheit zutage, so dass fraglich ist, ob es sich um einen klassischen Entführungsfall handelt - insbesondere da es keine Lösegeldforderung gibt - oder ob jemand gezielt Lotte schaden und sich an ihr rächen möchte. Ausgeschlossen werden kann jedoch auch nicht, dass es sich beim Täter um jemanden handelt, der Mitleid mit Poppy hatte und ihr eine bessere Mutter sein möchte.
Der Thriller ist spannend und wendungsreich, da die Mehrzahl der handelnden Personen nicht vertrauenswürdig erscheint und etwas zu verbergen hat.

Der Thriller übt Kritik am Umgang mit Social Media und insbesondere an der öffentlichen Zurschaustellung von Kindern. Gleichzeitig werden die sozialen Netzwerke aber auch nicht nur verteufelt, wenn aufgezeigt wird, wie sich die Online-Community durch Crowdfunding an der Lösung des Falls beteiligt.
Neben den Gefahren des Internets handelt der Roman von schwierigen familiären Konstellationen, von persönlichen Traumata und deren Auswirkungen auf die Gegenwart. Emotional schwankt man zwischen Mitleid und Wut und folgt gebannt die Aufklärung des Falls, in dem es so viele Verdächtige und Motive und so wenig Spuren gibt.
Kommissarin Murphy gilt als intuitive Profilerin, die jedoch aufgrund ihrer Erkrankung stark eingeschränkt ist. Für mich blieb sie in diesem Auftaktband etwas blass und hält damit noch Potential für weitere Bände der Reihe bereit.

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