Freitag, 27. November 2020

Buchrezension: Martha Hall Kelly - Und am Ende werden wir frei sein

Inhalt: 

1939: Die New Yorkerin Caroline Ferriday liebt ihr Leben. Ihre Stelle im Konsulat erfüllt sie, und ihr Herz schlägt seit Kurzem für den französischen Schauspieler Paul. Doch ihr Glück nimmt ein jähes Ende, als sie die Nachricht erreicht, dass Hitlers Armee über Europa hinwegfegt und Paul aus Angst um seine Familie nach Europa reist – mitten in die Gefahr. Auch das Leben der jungen Polin Kasia ändert sich mit einem Schlag, als deutsche Truppen in ihr Dorf einmarschieren und sie in den Widerstandskampf hineingerät. Doch in der angespannten politischen Lage kann ein falscher Schritt für sie und ihre Familie schreckliche Folgen haben. Währenddessen würde die Düsseldorferin Herta alles tun für ihren sehnlichsten Wunsch, als Ärztin zu praktizieren. Als sie ein Angebot für eine Anstellung erhält, zögert sie deshalb keinen Augenblick. Noch ahnen die drei Frauen nicht, dass sich ihre Wege an einem der dunkelsten Orte der Welt kreuzen werden und sie bald für alles kämpfen müssen, was ihnen lieb und teuer ist. 

Rezension:

Die ehemalige Broadway-Schauspielerin Caroline Ferriday arbeitet 1939 ehrenamtlich im französischen Konsulat in New York. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, engagiert sie sich insbesondere für die armen Waisen aus Frankreich, veräußert für sie ihr Vermögen im Pfandhaus und kämpft für ihr Asyl in Amerika. Sie ist verliebt in den verheirateten französischen Schauspieler Paul Rodierre, der nach dem Einmarsch deutscher Soldaten nach  Frankreich zurück in sein Heimatland kehrt. Caroline leidet an der Ungewissheit, was mit ihm passiert sein mag, als sie keine Briefe mehr von ihm erhält. 
Die 16-jährige Polin Kasia Kuzmerick schließt sich weniger aus Überzeugung als vielmehr wegen ihrer Liebe zu dem Untergrundkämpfer Pietrik Bakoski dem polnischen Widerstand in Lublin an. Sie gerät in Gefangenschaft und wird zusammen mit ihrer Mutter Halina und ihrer Schwester Zuzanna in das deutsche Konzentrationslager Ravensbrück bei Fürstenberg gebracht. Während sie und ihre Mitgefangenen Unmenschliches durchmachen müssen, gibt sie die Hoffnung auf Rettung nie auf.   
Herta Oberheuser ist eine der wenigen Frauen, die nach der Machtergreifung Adolf Hitlers noch Ärztin werden konnte. Ihr Traum ist die Chirurgie, die ihr jedoch für eine Ausbildung als Hautärztin verwehrt wird. Als eine Ärztin für ein Arbeitslager gesucht wird, zögert sie nur kurz, als ihr klar wird, worin ihre Aufgabe bestehen wird. In Ravensbrück trifft sie unter anderem auf Kasia und ihre Mutter, die bei ihr auf der Krankenstation Arbeit findet. 

Der Roman beruht auf wahren Hintergründen, denn die beiden Protagonistinnen Caroline Ferriday und Herta Oberheuser waren real existierende Personen. 
Das Buch verbindet drei Erzählstränge, wobei sich die beiden Geschichten in Europa schneller als gedacht miteinander verknüpfen. Während man zu Beginn mit der jungen Ärztin noch Mitleid hat, ist es schon bald unfassbar, wie gewissenlos sie sich dem Naziregime anpasst und unterordnet. Ihre Taten in Ravensbrück sind grausam und unmenschlich, was brutal und ungeschönt dargestellt wird. Die Schicksale der Gefangenen, die am Beispiel von Kasia und ihrer Mutter dargestellt sind, rühren zu Tränen. Es ist beeindruckend, wie sie ums Überleben kämpfen und trotz aller Qualen für ein Durchhaltevermögen beweisen. 
Auch Caroline beeindruckt durch ihren Mut und ihre bewundernswerte Selbstlosigkeit. Im Vergleich zu den schrecklichen Ereignissen, die in dem KZ beschrieben werden, ist es schön zu lesen, wie viel Menschlichkeit es trotz des Krieges noch gibt. Auch die Liebesgeschichte, die einem ewigen Auf und Ab unterliegt und bei der Caroline offenbar kein Happy End vergönnt sein soll, geht zu Herzen. 

Auch wenn ich schon einige Romane gelesen habe, die zur Zeit des Zweiten Weltkrieges handeln, ist "Und am Ende werden wir frei sein" ein Buch, das sich der Thematik auf eine ganz andere Weise widmet und mich wirklich positiv überrascht hat. Die drei Erzählstränge sind empathisch, aber gleichzeitig heftig und nicht für Zartbesaitete bestimmt, dargestellt. Alle drei bewegen auf ihre Art und machen die Zeit von damals durch die authentische Darstellung erlebbar. Dabei beweist die Autorin den Mut, nicht nur Kriegsheldinnen und -opfer, sondern auch die Geschichte einer Kriegsverbrecherin darzustellen. Auch ist interessant, das das Buch noch lange nicht mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands endet, sondern auch die Nachkriegsjahre dargestellt werden und mit welchen Problemen die drei Frauen im Anschluss zu kämpfen haben. 

Es ist ein emotionales Buch #GegendasVergessen, das berührend und unglaublich fesselnd geschrieben ist, so dass ich es trotz des Umfangs von knapp 700 Seiten kaum aus der Hand legen konnte und sehr schnell gelesen habe. Es ist eine Geschichte, die stellvertretend für viele (traurige) Schicksale des Zweiten Weltkriegs seht, die aufwühlt und die man so schnell nicht vergisst. Eine große Leseempfehlung für alle Freunde von Büchern über starke Frauen und von Büchern, die im Zeitraum von 1939 bis 1947 und in den späten 1950er-Jahren handeln. 



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