Inhalt:
Rügen, 1924. Weiß und prächtig steht es an der Uferpromenade von Binz: das imposante Grand Hotel der Familie von Plesow. Vieles hat sich hier abgespielt, und es war nicht immer einfach, trotzdem blickt Bernadette voller Stolz auf ihr erstes Haus am Platz. Hier hat sie ihre Kinder großgezogen: den ruhigen Alexander, der einmal der Erbe des Grand Hotels sein wird; Josephine, die rebellische Künstlerin, die ihren Weg noch sucht; und den umtriebigen Constantin, der bereits sein eigenes Hotel, das Astor, in Berlin führt. Alles scheint in bester Ordnung. Natürlich gibt es hier und da Streitigkeiten mit ihrer Tochter, und irgendetwas stimmt auch nicht mit dem sonst so fröhlichen Zimmermädchen Marie –, aber all das ist nichts gegen das, was der unangekündigte Besuch eines Mannes auslösen könnte, der Bernadette damit droht, ihr dunkelstes Geheimnis aufzudecken.
Rezension:
Bernadette von Plesow ist nach dem Tod ihres Mannes Karl Eigentümerin des renommierten Grand Hotels an der Ostsee in Binz. Geschäftsführer und Mitinhaber ist ihr ältester Sohn Alexander, während Constantin das Hotel Astor samt Varieté in Berlin führt. Nesthäkchen Josephine hat ihren Platz im Hotelbetrieb noch nicht gefunden und möchte sich stattdessen der Malerei widmen.
Bernadette führt das Hotel mit strenger Hand, wirkt unbarmherzig und scheint keine Gefühlsregungen zuzulassen, ein reibungsloser Ablauf und der gute Ruf des Hotels gehen ihr über alles. Bei Problemen nimmt sie dafür auch die unkonventionelle Hilfe ihres Sohnes Constantin in Kauf, dessen Geschäfte nicht alle legal sind und sich gefährlich nah am Abgrund bewegen.
Es sind unruhige Zeiten in den 1920er Jahren, die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer und der Unmut über die Siegermächte des Großen Krieges und die ewige Kriegsschuldfrage nimmt zu. Die Hotels der von Plesows florieren jedoch, so dass sich die Familie glücklich schätzen kann. Nur Bernadette quält ein Geheimnis aus der Vergangenheit, das den ganzen Stolz der Familie zusammenbrechen lassen könnte.
"Das Grand Hotel - Die zu den Sternen greifen" ist der Auftakt einer Buchreihe um die Hotels der Familie von Plesow. Der erste Band handelt im Jahr 1924 in Binz auf Rügen und Berlin und ist aus der Perspektive verschiedenster Protagonisten geschrieben. Dabei beschränkt sich die Autorin nicht nur auf die vier von Plesows, sondern gibt auch Einblicke in die Leben von Angestellten oder Geschäftspartnern. Der Roman ist deshalb kurzweilig - Familiendramen, Liebe, Kampf um die Existenz, aber auch unlautere Geschäftsmethoden, Prostitution, Korruption und Kriminalität haben in der Familiensaga ihren Platz.
Als erster Band einer Reihe wirkt der Roman damit etwas überladen und ich hätte mir einen Fokus auf weniger Personen gewünscht, um den Charakteren näher zu kommen. So können einige der zahlreichen Handlungsstränge nur an der Oberfläche bleiben.
Die Atmosphäre in den luxuriösen Hotels, in denen die Gäste der von Plesows hofiert werden ist sehr anschaulich dargestellt, was durch die zeit- und standesgemäßen Dialoge noch betont wird. Der Gegensatz zwischen einem erholsamen Aufenthalt in Binz und dem ausschweifenden, von Tanz, Musik und Exzessen geprägten, sündigen und verruchten Berlin ist spürbar. Die politischen Verhältnisse in Deutschland und die Wirtschaftslage bleiben im Hintergrund und finden kaum Erwähnung.
Durch die wechselnden Orte und Perspektiven ist der Roman abwechslungsreich, kann sich aber nicht wirklich zwischen Familiendrama und Kriminalgeschichte entscheiden und weist trotz Spannungsmomente durch viele Zwischenepisoden im Mittelteil Längen auf. Von dem Familiengeheimnis, das an Bernadette nagt, hatte ich mir ein wenig mehr versprochen. Der Roman zieht dagegen durch die ambivalenten Charaktere und ihr Streben um Macht, Einfluss und Ansehen in den Bann, weshalb der Untertitel für Band 1 "Die zu den Sternen greifen" treffend gewählt ist.
Band 2 erscheint im Frühjahr 2021 und setzt die Handlung im Mai 1925 fort.
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