Montag, 20. November 2023

Buchrezension: Pip Williams - Die Buchbinderin von Oxford

Inhalt:

England, 1914: Als die Männer in den Krieg ziehen, halten die Frauen die Nation am Laufen. Zwei von ihnen sind die Zwillingsschwestern Peggy und Maude, die in der Buchbinderei der Oxford University Press im Arbeiterviertel Jericho arbeiten und auf einem Hausboot voller Bücher leben. Peggy träumt davon, eines Tages an der Universität zu studieren. Doch ihr wird gesagt: „Dein Job ist es, die Bücher zu binden und nicht zu lesen!“. Maude ist ein ganz besonderes, verletzliches Mädchen, und Peggy fühlt sich nach dem Tod ihrer Mutter für ihre Schwester verantwortlich. Mit der Ankunft von belgischen Flüchtlingen in Oxford und der Unterstützung neuer Freunde rücken Peggys Träume ganz unerwartet in greifbare Nähe. Und sie beschließt, eine andere Zukunft für sich zu erschaffen – eine, in der sie nicht nur ihre Hände, sondern auch ihren Verstand einsetzen kann. 

Rezension: 

Die Zwillingsschwestern Maude und Peggy Jones leben seit dem Tod ihrer Mutter alleine auf einem Hausboot in Oxford. Beide arbeiten sie in der Buchbinderei der Universitätsbibliothek. Während Maude mit der Gleichförmigkeit des Faltens von Buchseiten zufrieden ist, möchte Peggy mehr als nur mit ihren Händen arbeiten und fühlt sich durch ihre Schwester beschränkt und unfrei, da die einfache Maude auf ihre Unterstützung angewiesen ist.
Als der Krieg im Jahr 1914 ausbricht und Flüchtlinge und verletzte Soldaten aus Belgien nach England kommen, engagiert sich Peggy als Vorleserin und Briefeschreiberin. Dabei lernt sie den schwer verletzten belgischen Soldaten Bastiaan kennen und verliebt sich in ihn, träumt jedoch weiterhin davon, Bücher nicht nur zu falten sondern auch zu studieren.

"Die Buchbinderin von Oxford" kann unabhängig von "Die Sammlerin der verlorenen Wörter" gelesen werden, dennoch sind die beiden Bücher mit einander verbunden, hat doch Peggy geholfen, das Wörterbuch mit Esmes gesammelten Worten zu drucken.
Neben dem Handwerk des Buchbindens handelt der Roman von den grausamen Folgen des Ersten Weltkriegs und der Stärke der Frauen, die zu diesen schweren Zeiten Verantwortung übernehmen, hart arbeiten und sich mit großer Fürsorge um andere kümmern. 

So wie sich Peggy bei ihrer Tätigkeit in der Buchbinderei bisweilen langweilt, ist auch die Handlung zu Beginn gleichförmig und monoton. Es ereignet sich schlicht nicht viel und die sehr ruhige Erzählweise trägt auch nicht zu mehr Spannung bei. 

Abgesehen von Büchern rückt der Roman die Frauen und ihre Rolle in der Gesellschaft in den Vordergrund. Frauen möchten politisch mitbestimmen, wählen dürfen und das unabhängig von ihrer sozialen Stellung oder ihres Vermögens. Peggy begehrt einen Zugang zu Bildung, möchte studieren, jedoch auch geliebt werden und das Versprechen an ihre Mutter einhalten, für ihre Schwester da zu sein. Ihre Ambitionen, Sehnsüchte und Verpflichtungen scheinen miteinander unvereinbar.

Gerade zu Beginn war mir der monotone Alltag von Peggy zu detailliert beschrieben und auch im weiteren Verlauf konnte mich die sich so langsam entwickelnde Geschichte trotz der gewichtigen Themen, die eigentlich eine leidenschaftliche Auseinandersetzung rechtfertigen, nicht fesseln. Der Kampf um Gleichberechtigung, Freiheit und Bildung wie die besondere Schwesternbeziehung und die gegenseitige Abhängigkeit waren mir zu leidenschaftslos dargestellt. Auch die Romanze zwischen Peggy und Bastiaan blieb sehr zurückhaltend. Insgesamt wurden in den Roman mit der Rolle der Frau, Frauenwahlrecht, Klassenunterschiede, Erster Weltkrieg, Trauma, Verwundungen, Spanische Grippe, Bildung, Selbstentfaltung, Verantwortung und Liebe zu viele Sachverhalte in das Leben der nach mehr gierenden Buchbinderin gepackt, die nicht in der nötigen Tiefe verarbeitet werden konnten. 

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Lena,
    ich musste doch gerade beim Anblick des Covers mal in mein Regal schauen. Und ich habe mich nicht getäuscht: Die Sammlerin der verlorenen Wörter steht im SuB-Regal. Ich habe das Buch einst geschenkt bekommen und möchte es auch gerne irgendwann noch lesen.

    Ich finde es sehr schade, dass Die Buchbinderin in einigen Punkten nicht überzeugen konnte. Langatmige Stellen ... das empfinde ich auch oft als schwierig.

    Du zählst dann einige sehr interessante Themen auf. Aber es sind auch wirklich eine Menge! Einerseits verständlich, dass dann auch einiges oberflächlich bleiben musste. Schön wäre es dann wohl wirklich gewesen, hätte die Autorin sich dann eher auf weniger Themen beschränkt.

    Hast du Die Sammlerin der verlorenen Worte gelesen? Wenn ja, wie fandest du das Buch?

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Liebe Tanja,
      stimmt, "Die Sammlerin der verlorenen Wörter" sieht ganz ähnlich aus und fasst sich auch genauso gut an. Ich mag es ja, wenn Bücher von den selben AutorInnen einen Wiedererkennungswert haben. Irritiert hat mich nur ein wenig, dass das erste Buch im Diana-Verlag und das zweite Buch im Heyne-Verlag erschienen ist. ;-)
      "Die Sammlerin der verlorenen Wörter" hat mir besser gefallen, als der Nachfolger, ist aber auch ein eher leise erzähltes Buch. Ich denke, zur besinnlicheren Jahreszeit passt es ganz gut. Vielleicht magst du es demnächst vom SuB befreien. Ich würde "Die Buchbinderin von Oxford" dann nur lesen, wenn dich das andere begeistern konnte.
      Wenn du Romane magst, in denen Bücher eine Rolle spielen, kann ich dir "Die Bibliothek der Hoffnung": https://lenasbuecherlounge.blogspot.com/2023/03/buchrezension-kate-thompson-die.html empfehlen - ein warmherziger Roman über die heilende Kraft von Büchern.

      Mach dir ein schönes Wochenende!
      Liebe Grüße
      Lena

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