Mittwoch, 22. November 2023

Buchrezension: Thomas Olde Heuvelt - November

Inhalt:

In Lock Haven, einer beschaulichen kleinen Stadt in Washington State, gibt es eine ganz besondere Straße. Die Bird Street. Wer in der Bird Street wohnt, ist erfolgreich, wohlhabend, gesund und glücklich. Die Kinder allesamt ausgeglichen, wohlerzogen und klug. Zumindest für elf Monate im Jahr. Im November jedoch brechen die dunklen Tage an. Pech, Misserfolg und Krankheit halten Einzug. Im November kommt der Fremde in die Bird Street, um bei den Bewohnern die Schulden einzutreiben. Im November ist die Zeit gekommen, den Preis für all das Glück zu zahlen. Denn es kehrt erst zurück, wenn ein Menschenleben geopfert wird. 

Rezension:

In der Bird Street in der Kleinstadt Lock Haven sind die Bewohner beruflich erfolgreich, die Kinder überdurchschnittlich begabt, die Menschen finanziell abgesichert, glücklich und zufrieden - zumindest für elf Monate im Jahr. Aber im November, wenn der Buchhalter für seine jährliche Abrechnung erscheint und die Dunklen Tage Einzug halten, herrschen Angst und Schrecken, dass Schreckliches passiert. Um die Gefahr abzuwenden, braucht es ein Menschenopfer und das wurde bisher noch jedes Jahr gefunden, denn die Nachbarschaft hält zwischen Fluch und Segen zusammen und bewahrt ihr Geheimnis. 

Es ist wieder November und nachdem die Dunklen Tage in den Jahren zuvor durch Ralph Lewis da Silva als Richter und moralische Instanz der Nachbarschaft durch das Finden eines möglichst gerechten und freiwilligen Opfers überstanden werden konnten, ziehen sich die Dunklen Tage im Jahre 2022 in die Länge. Die Kinder sind inzwischen älter und neugieriger und hinterfragen die Aktivitäten ihrer Eltern, während diese in Streit darüber geraten, welches Opfer geeignet ist. Je länger sich die Ungewissheit hinzieht und der Druck steigt, desto verzweifelter und aggressiver wird die Stimmung in der Bird Street. Doch dann ist auch dieser November, wenn auch noch unschöner als sonst, vorbei.  
Die Situation verschärft sich, als es schon wenige Monate zu Schwierigkeiten kommt, die am Glück und damit an der Grundlage des Deals zweifeln lassen. 

"November" ist eine moderne Version des klassischen Faust-Paktes und ein düsterer Psychothriller über die Frage, wie weit man für das persönliche Glück geht. Was bin ich bereit zu tun, um mich und meine Familie zu schützen oder meinen Status Quo zu erhalten? Wie verlässlich ist der moralische Kompass? Und wie schwer lastet die Schuld auf der eigenen Seele? Rechtfertigen elf Monate Glückseligkeit die Opfer, die die Nachbarschaft bringt?

Die Geschichte ist spannend aufgebaut und beschreibt eindrücklich die zunehmende Eskalation in der Bird Street. Sie zeigt einen düsteren Einblick in die Abgründe der Seele, einen grenzenlosen Egoismus und die Skrupellosigkeit der Menschen bei Entscheidungen über Leben und Tod. 
Während im ersten Teil des Romans die Hintergründe des Paktes erklärt werden, zieht im zweiten Teil die Spannung massiv an. Dabei wird der Roman aus wechselnden Perspektiven der Familienmitglieder der Lewis da Silvas erzählt, die von Geistererscheinungen und Wahnvorstellungen gequält werden und beginnen, am eigenen Verstand zu zweifeln. 
"November" ist eine teuflisch gute Geschichte, ein Psychothriller mit Horrorelementen, der eine Personengruppe in einen Teufelskreis einschließt und Fragen über Moral aufwirft. Intelligenter Grusel, der an Bücher von Stephen Kind erinnert.

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