Mittwoch, 3. August 2022

Buchrezension: Hazel Gaynor - Nur einen Ozean entfernt

Inhalt:

1838: Als vor der Küste Northumberlands ein schrecklicher Sturm aufzieht, weiß Grace Darling, die Tochter des Leuchtturmwärters, dass die Passagiere auf dem kleinen Schiff, das gegen die Wellen ankämpft, kaum eine Chance auf Überleben haben. Doch ihr Handeln setzt eine unglaubliche Heldentat in Gang, die ein ganzes Jahrhundert lang nachhallen wird. 
1938: Als die neunzehnjährige Matilda Emmerson über den Atlantik nach Neuengland segelt, steht ihr eine ungewisse Zukunft bevor. Bei ihrer zurückgezogen lebenden Verwandten Harriet Flaherty, einer Leuchtturmwärterin auf Rhode Island, entdeckt Matilda ein altes Porträt, das ihr den Weg zu einem Geheimnis öffnet, das ihr Leben für immer verändern wird. 

Rezension: 

Grace Darling lebt seit ihrer Kindheit in einem Leuchtturm auf Longstone Island vor England und unterstützt dort die Arbeit ihres Vaters als Leuchtturmwärter. Auch wenn sie weiß, dass sie als Frau nie in seine Fußstapfen treten wird, fühlt sie sich mit dem Leuchtturm und dem abgeschiedenen Leben eng verbunden und kann sich keinen Alltag als Ehefrau vorstellen. Über ihre Vorstellungen gerät sie ins Grübeln als sie den Künstler George Emmerson kennenlernt und sich Gefühle in ihr regen. Ihm kommt sie jedoch erst nach einem verheerenden Unglück näher, bei dem seine Schwester Schiffbruch erleidet. Es ist Grace, die mit ihrem unermüdlichen Einsatz dafür sorgte, dass ein Teil der Reisenden und der Mannschaft gerettet und auf dem Leuchtturm Schutz vor dem Sturm finden konnte. Sie wird anschließend landesweit als Heldin gefeiert und auch von George porträtiert werden. 
Dieses Gemälde findet 100 Jahre später die Irin Matilda Emmerson in Amerika wieder. Sie ist neunzehn Jahre alt, unverheiratet und schwanger und wurde von ihren Eltern zu einer entfernten Verwandten, einer Leuchtturmwärterin auf Rhode Island geschickt, wo sie das Kind zur Welt bringen soll. Matilda wird neugierig auf die anmutige Frau und das unfertige Porträt. 

"Nur einen Ozean entfernt" handelt auf zwei Zeitebenen. Die Vergangenheit schildert das historisch belegte Schiffsunglück am 7. September 1938 sowie die Folgen für die Tochter des Leuchtturmwärters Grace Darling. Der zweite Erzählstrang setzt die Geschichte 100 Jahre später fort, als Matilda Emmerson, deren Urururgroßmutter Sarah von Grace gerettet wurde, auf das Porträt stößt. 
Beide Handlungsebenen beginnen spannend, denn sowohl Grace, die ungewollt zur Heldin wird, als auch Matilda, die ungewollt schwanger von ihren Eltern verstoßen wird, haben mit lebensverändernden Ereignissen umzugehen. Beide verlieben sich und ahnen doch, dass ihre Liebe aus unterschiedlichen Gründen keine Zukunft haben wird. 
Während Grace von Anbeginn sympathisch ist, ein sehr zurückgezogenes Leben führt, der Augenschein ihrer Eltern ist und mit der Situation als stilisierter Heldin überfordert ist, agiert Matilda, die Schande der Familie, zunächst trotzig und verwöhnt, bevor sie allmählich reift. 
Der Mittelteil, der die zarten Romanzen beider junger Frauen schildert, ist dagegen ereignislos und zieht die Geschichte etwas in die Länge bis ein Familiengeheimnis gelüftet wird und es am Ende noch einmal zu dramatischen Szenen kommt.  

Die Autorin verknüpft ein wahres Ereignis mit einer fiktiven Geschichte und rückt damit insbesondere die vergessene Grace Darling in den Mittelpunkt, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens neun Menschen das Leben rettete. Es ist die Geschichte über eine mutige Tat und weiterhin eine Geschichte über zwei unterschiedliche Frauen zu unterschiedlichen Zeiten - eine heldenhafte Frau und ein gefallenes Mädchen - die beide lernen müssen, ihren Weg zu gehen. 
Es ist ein Roman über Sehnsucht und die Suche nach Liebe und Glück, voller Dramen und Emotionen, der jedoch nicht durchgängig fesseln kann. 

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