Ost-Berlin, an einem heißen Julitag 1956: Ein dramatischer Badeunfall lässt drei junge Mädchen zu unzertrennlichen Freundinnen werden. Obwohl sie aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen kommen, teilen sie von nun an alles miteinander: Claras Träume von einem Leben im Westen, Bettys Liebe zum Film und einem regimetreuen Regisseur und Marthas Begeisterung für die FDJ. Die drei erleben die Höhen und Tiefen der ersten Liebe und streben gemeinsam nach Freiheit und Glück — nichts bringt sie auseinander. Bis schließlich der Bau der Mauer ihre Heimatstadt teilt und sie vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens stehen: fliehen oder bleiben?
Rezension:
Als Dreizehnjährige schließen Clara, Betty und Martha nach einem Badeunfall am Müggelsee, bei der sie einem Mann gemeinsam das Leben retteten, Freundschaft. Die drei Mädchen sind in unterschiedlichen sozialen Verhältnissen aufgewachsen und haben ganz unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Während Clara Vogel einem christlichen Elternhaus entstammt, dass sich dem sozialistischen System nicht unterwerfen möchte, wächst Martha Asseln bei parteitreuen Verfechtern des Kommunismus auf. Clara ist eine sehr gute Schülerin, die davon träumt, Kosmonautin zu werden, Martha soll nach dem Wunsch der Eltern in Moskau studieren und Lehrerein werden, Bettina Reinhart träumt von einer Karriere als Schauspielerin. Während sie gemeinsam heranwachsen und Erfahrungen mit der ersten Liebe sammeln, wird ihnen die Ungerechtigkeit des Systems bewusst. Clara wird in der DDR keine Chance haben studieren zu können und Martha beginnt an ihren Eltern zu zweifeln. Betty hingegen ergattert ihre erste Filmrolle und wird von einem regimetreuen Filmemacher hofiert. Das Schuljahr 1960/1961 ist ihr Abschlussjahr und wird am Ende die deutsche Teilung zementieren. Für die drei stellt dies nicht nur den Beginn eines neuen Lebensabschnitts dar, sondern wird sie gleichzeitig vor die Entscheidung stellen, ihrer Heimat treu zu bleiben oder ihre Träume zu leben.
"Die Freundinnen vom Strandbad" ist der erste Band der "Die Müggelsee-Saga".
Der Roman beginnt mit einem Prolog im Jahr 1956, bevor die Handlung vier Jahre später im Sommer 1960 fortsetzt und ein Jahr aus dem Leben der drei Freundinnen aus Ost-Berlin erzählt. Es ist ein Jahr voller Veränderungen, das die Mädchen zu jungen Frauen heranreifen lässt.
Der Roman schildert eindringlich das Leben in der jungen Deutschen Demokratischen Republik, in der nur diejenigen vorankommen, die sich dem System unterwerfen und Mitglied in der Einheitspartei sind. Aus diesem Grund haben es Martha und Betty vermeintlich einfacher, denn Marthas Eltern unterstützen das System aktiv und Bettys sind stumme Mitläufer, während Claras Eltern ihrem Gewissen treu bleiben. Jedes der Mädchen hat jedoch mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen.
Auch wenn eine enge Solidarität zwischen den dreien spürbar ist, steht die Verbindung und Freundschaft untereinander nicht im Fokus der Handlung, sondern das Schicksal jeder einzelnen. Aus wechselnden Perspektiven werden ihre ersten Erfahrungen mit der Liebe, ihre familiären Verhältnisse und Zukunftsträume geschildert. Jedes Schicksal berührt dabei auf seine Weise und ist eindrücklich und authentisch geschildert. Es sind sympathische Mädchen, die man gerne auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden und ihrem Wunsch nach Individualität und Freiheit begleitet. Wenn es hart auf hart kommt, stehen sich die Freundinnen allerdings solidarisch zur Seite und sind füreinander da.
Die Geschichte wird lebendig geschildert, zeigt die Einschränkungen unter der insbesondere Jugendliche in der DDR zu leiden hatten und hat durch das ein oder andere Familiengeheimnis und die Schwierigkeiten, die die Mädchen auf ihrem Lebensweg zu meistern haben, seine Spannungsmomente, so dass auf über 600 Seiten keine Langeweile aufkommt. Zudem ist es eindrücklich zu sehen, wie die Mädchen unter widrigen Umständen erwachsen werden und sich die Freundschaft in dem Jahr der Entscheidung festigt. Leider haben sich in die Geschichte ein paar Ungenauigkeiten eingeschlichen, die vom Lektorat leicht hätten ausgemerzt werden können.
Der Roman endet mit dem Mauerbau und der Verschärfung der Teilung Deutschlands, was nicht nahtlos an den jungen Frauen vorübergeht und zu Entscheidungen zwingt.
Auf die Fortsetzung muss man nicht lange warten, denn mit "Die Freundinnen vom Strandbad - Wogen der Freiheit" erscheint Band 2 bereits am 28. Juli 2022, den ich mir nicht entgehen lassen werde.
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