Mittwoch, 8. Juni 2022

Buchrezension: Kathy Reichs - Knochen zu Asche

Inhalt:

Als junges Mädchen musste Tempe Brennan erleben, wie ihre beste Freundin Evangeline unter mysteriösen Umständen zum Vermisstenfall wurde. Dreißig Jahre später reißt ein Skelettfund im kanadischen Nova Scotia alte Wunden auf. Hängen diese Knochen mit Evangelines Verschwinden zusammen? Ein kleines vergilbtes Versbuch könnte die Antwort verraten. 

Rezension: 

Als Teenager verschwand Tempe Brennans Sommerfreundin Évangéline Landry spurlos. 30 Jahre später wird Tempe mit einem Cold Case aus Neuschottland konfrontiert, bei der sie mehrere Jahre alte Knochen untersuchen soll, die aufgefunden wurden und für die sich der örtliche Gerichtsmediziner nicht zu interessieren scheint. Tempe sieht Parallelen zu dem Verschwinden ihrer Freundin, von der sie nie wieder etwas gehört hat und tatsächlich stammen die Knochen von einem ungefähr 14-jährigen Mädchen. Die Todesursache bleibt trotz des Geschicks der forensischen Anthropologin zunächst unbekannt. Detective Andrew Ryan spekuliert, ob es sich bei den Überresten um das erste Opfer eines Serienmörders handeln könnte, denn in den letzten Jahren verschwanden immer wieder Mädchen oder wurden tot aufgefunden, ohne dass der Täter ermittelt werden konnte. 
Tempe versucht mehr über den Verbleib Évangélines herauszufinden und stellt zusammen mit ihrer Schwester Harry eigenständig Ermittlungen an. Dabei wird ihr bald bewusst, dass irgendjemand etwas gegen die Aufklärung des Falles hat, denn sie trifft nicht nur auf eine Mauer des Schweigens, sondern wird auch körperlich bedroht. 

"Knochen zu Asche" ist der zehnte Fall aus der Reihe um die forensische Anthropologin Dr. Temperance Brennan. Es ist nicht unbedingt nötig, alle Bände zu kennen, trägt aber in jedem Fall insbesondere in Bezug auf die Hauptfigur und ihr Privatleben zum besseren Verständnis bei. 

Wie von den anderen Fällen gewohnt, geht Kathy Reichs bei den Beschreibungen der Arbeit einer forensischen Anthropologin ins Detail, schafft es jedoch die Untersuchungen und komplexen Rechercheergebnisse verständlich und interessant darzulegen, ohne die/ den Leser*in zu überfordern oder zu langweilen. 

Die persönliche Involvierung Tempes in den Fall macht die Aufklärung besonders spannend, nicht nur weil sich Tempe durch ihr eigenmächtiges Vorgehen selbst in Gefahr bringt. Darüber hinaus erfährt man mehr über Tempes traurigen familiären Hintergrund, ihre Kindheit und ihr Verhältnis zu ihrer jüngeren Schwester. 

Die Ermittlungen zu den Vermisstenfällen und möglichen Serienmorden treten durch Tempes persönliche Geschichte und die Hoffnung, endlich das Verschwinden Évangélines aufzuklären, zunächst in den Hintergrund. Durch ihr unvergleichliches Engagement und Leidenschaft für ihren Beruf, für den sie selbstverständlich Überstunden macht und auch bei Durchsuchungsmaßnahmen der Polizei zweifellos zugegen ist, wird sie später immer mehr in die Ermittlungen und die Tätersuche involviert, obwohl ihr Können als Anthropologin dabei nicht mehr gefragt ist. Das Verhältnis zu Detective Andrew Ryan ist dabei angespannt, nachdem es im letzten Band zu Irritationen gekommen war. Die beiden pflegen weiterhin ihre On-Off-Beziehung, wahren aber bei der Fallaufklärung der vermissten Mädchen aus Québec professionelle Distanz. 

Der Fall wird am Ende schlüssig gelöst und liefert dabei Hintergrundwissen zur Provinz Akadien und zu einem düsteren Kapitel der Geschichte Kanadas, über das die Bewohner der Küstenregion lieber schweigen. Band 10 ist vielleicht nicht der spannendste Fall der Reihe, liefert dafür aber viele interessante Eindrücke aus der Vita und dem Privatleben von Tempe Brennan, was das sympathische Arbeitstier menschlicher macht. 

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