Montag, 21. Oktober 2024

Buchrezension: Marie Benedict - Die Mitford Schwestern

Inhalt:

Zwischen den Weltkriegen dominieren die sechs Mitford-Schwestern die politische, literarische und gesellschaftliche Szene Englands – eine schöner, brillanter und exzentrischer als die andere. Als Diana sich von ihrem wohlhabenden Ehemann scheiden lässt, um einen faschistischen Führer zu heiraten, und ihre Schwester Unity ihr bis nach München folgt, gerät das Familiengerüst ins Wanken. Es geht das Gerücht um, dass Unity Mitford Hitlers Geliebte sei. 
Während die Nazis an Macht gewinnen, wird die Schriftstellerin Nancy Mitford misstrauisch gegenüber den ständigen Besuchen ihrer Schwestern in Deutschland. Als sie beunruhigende Gespräche belauscht und verräterische Dokumente entdeckt, muss Nancy eine schwere Entscheidung treffen, während Großbritannien in den Krieg gegen Deutschland zieht. 

Rezension: 

Die Mitford-Schwestern sind die Töchter eines Lords aus Oxfordshire und in höchsten aristokratischen Kreisen groß geworden. Die älteste Nancy ist Schriftstellerin und karikiert in ihren Romanen die britische Upperclass. Die hübsche Diana hat zum Leidwesen ihrer Eltern den Brauerei-Erben Guiness verlassen und sich in den Faschistenführer Sir Oswald Mosley verliebt. Unity ist dem Faschismus noch hemmungsloser verfallen und nach Deutschland gezogen, um ihrem Idol Adolf Hitler nahe zu sein. Nancy, eine überzeugte Sozialdemokratin, ist entsetzt über die politische Einstellung ihrer Schwestern und die politischen und militärischen Entwicklungen in Europa und wird vom Mann ihrer Cousine, Winston Churchill, gebeten, ihre Schwestern auszuspionieren und über ihre staatsfeindlichen Aktivitäten zu berichten, was sie in einen Gewissenskonflikt stößt.   

"Die Mitford-Schwestern" ist der sechste Band der Reihe von Marie Benedict, die sich bedeutenden Frauen (u.a. Agatha Christie und Rosalind Franklin) des vergangenen Jahrhunderts widmet. Mit dem aktuellen Band, der von 1932 bis 1941 handelt, wird ein dunkles historisches Kapitel lebendig. 

Der Roman wird abwechselnd aus den Perspektiven einer der drei von sechs Mitford-Schwestern erzählt. Viele historische Ereignisse und Persönlichkeiten werden erwähnt, so dass die fiktive Geschichte sehr authentisch wirkt und von einer umfangreichen Recherche über die damalige Zeit und das Leben der Mitford-Schwestern zeugt. 

Die Geschichte schildert die wesentlichen Ereignisse und politischen Entwicklungen vor Beginn des Zweiten Weltkrieges und der ersten Kriegsjahre, so dass sie von einigen Zeitsprüngen geprägt ist. Es dauert, bis eine Nähe zu den Charakteren aufgebaut werden kann, aber sodann ist anschaulich und lebendig beschrieben, wie die Frauen in Politik und Gesellschaft agieren, welche Strippen sie ziehen und wie insbesondere Diana und Unity ihren weiblichen Charme und ihren Einfluss nutzen, um den Faschismus zu fördern und die Männer, die sie lieben, zu unterstützen. Interessant sind dabei auch die privaten Einblicke, die man über Adolf Hitler erhält, der den freundlichen Gentleman mimt und die britischen Aristokratinnen für seine Zwecke nutzt.
Während das Verhältnis der Schwestern bröckelt und Nancy ihre Solidarität in Frage stellen muss, bleibt spannend, was noch alles passieren muss, bis Nancy bereit ist, Diana und ihre Pläne zu verraten.

Der Roman erweitert das geschichtliche Verständnis und ist trotz vieler historischer Fakten lebendig zu lesen. Die drei Mitford-Schwestern, die in den Fokus gerückt werden, erscheinen authentisch und werden derart zum Leben erweckt, dass man ihr Ansinnen nachempfinden, aber in Bezug auf Diana und Unity in keinem Fall gutheißen kann. Ihre Faszination für den Faschismus ist erschreckend und aufgrund ihres gesellschaftlichen Einflusses gefährlich.

Es ist ein Roman #gegendasVergessen, der eindrücklich zeigt, wie fließend der Übergang von Faszination zu blindem Fanatismus sein kann und dass der Einfluss von Frauen auch schon zur damaligen Zeit nicht unterschätzt werden durfte. 


Freitag, 18. Oktober 2024

Buchrezension: Heike Duken - Wie wir waren

Inhalt:

Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sei könnten, sind seit jeher beste Freundinnen. Paula ist so sehr bemüht, alles richtig zu machen, doch fühlt sich in ihrem Leben nichts richtig an, ganz besonders nicht ihre Ehe. Zett dagegen ist unabhängig, furchtlos und lebenshungrig. Dass sie tief im Inneren dunkle Erinnerungen verborgen hält, weiß niemand, nicht einmal Paula.
Die beiden verbringen unvergessliche Tage auf einer griechischen Insel, Sommertage, die nie hätten enden sollen. Doch zu Hause wartet der Herbst, Krisen kommen auf die Freundinnen zu. Um sie zu meistern, müssen sie sich dem stellen, was sie einander verschwiegen haben. Denn eins wird immer Bestand haben: Das feste Band zwischen ihnen und der Glaube, dass alles gut wird. 

Rezension: 

Paula und Zett kennen sich seit sie vier Jahre alt sind und sind beste Freundinnen, obwohl sie charakterlich unterschiedlich sind und aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen stammen. Paula, die bei einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen ist, hat Zett immer um ihre intakte Familie beneidet, in der es Zett offensichtlich an nichts gefehlt hat. Auch sie möchte später eine Familie gründen, während Zett ihre Unabhängigkeit genießt. 
Nach der Schulzeit kommt es während eines gemeinsamen Urlaubs auf einer griechischen Insel zu einem heftigen Streit, der einen tiefen Riss in die Freundschaft bringt. Lange Zeit herrscht kein Kontakt mehr, da beide enttäuscht von der Unnachgiebigkeit der anderen sind. Erst zu ihrer Hochzeit lädt Paula Zett wieder ein und fortan sind die beiden wieder für einander da. Zett wird sogar Taufpatin von Paulas Tochter, aber weiterhin stehen Geheimnisse zwischen ihnen, während Zett ganz offensichtlich Paulas Ehemann ablehnt, was immer wieder zu Konflikten führt. 

Der Roman handelt von 1988 bis 2004 und ist aus den Perspektiven der beiden Hauptfiguren Paula und Zett - "wie Zorro" - geschrieben. Er erzählt eine jahrelange Freundschaft, die von Höhen und Tiefen geprägt ist. Beide Freundinnen können sich auf die andere verlassen, sind für einander da, wenn es nötig ist, haben jedoch Konfliktherde, die zwischen ihnen stehen, weshalb es immer wieder zu Streits und Phasen des Kontaktabbruchs kommt. 

Da Paulas Sichtweisen überwiegen, erhält man einen sehr guten Einblick in ihr Leben, was sie denkt und fühlt. Zetts Geheimnis bleibt hingegen lange im Dunkeln, so dass man erst später versteht, warum sie so einen zehrenden Lebenswandel hat und weshalb sie so hart im Umgang mit Paula ist, was ihre Männerwahl betrifft. 

Auch wenn das Cover eine Urlaubsidylle präsentiert, ist das Buch keine Wohlfühlgeschichte über eine die Jahre gewachsene unbeschwerte Freundschaft. Die Geschichte handelt von harten Themen wie häuslicher Gewalt und Alkoholabhängigkeit, die ungeschönt und realistisch den Roman und die Freundschaft zwischen den beiden Frauen bestimmen. 

Die Geschichte wird trotz ihrer Dramatik ruhig und empathisch erzählt. Es fällt leicht, sich in die Figuren hineinzuversetzen und ihre Verhaltensweisen nachzuvollziehen, selbst wenn sie immer wieder in falsche Fahrwasser gleiten und dieselben Fehler machen. Gerade das macht die Geschichte auch so authentisch, denn die Probleme, die Paula und Zett zu bewältigen haben, sind nicht leicht und alleine kaum zu lösen. Die innere Zerrissenheit und Hilflosigkeit ist spürbar und trotz aller Hindernisse bleibt die Freundschaft ein verlässliches Band, das für Hoffnung sorgt. 
Neben der sehr realistischen Darstellung der Lebensumstände und der Hürden für die Freundschaft, hat mir auch die nostalgische Zeitreise in die 1980er-, 1990er- und frühen 2000er-Jahre als Rahmen gut gefallen. 

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Buchrezension: Melissa Wiesner - It all comes back to you: Kann die wahre Liebe jede Lüge verzeihen?

Inhalt:

Anna hat nichts außer ihrer Klugheit und dem Willen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Gabe hingegen hat alles: Er ist Klassenbester, in einer schicken Studentenverbindung – vor allem aber hat er eine große, warmherzige Familie. 
Annes und Gabes so unterschiedliche Lebenswege kreuzen sich an der Uni von Pittsburgh, als sie für dasselbe Projekt eingeteilt werden. Zum ersten Mal in ihrem Leben erfährt Anna, was es heißt, nicht allein zu sein. Gabe bringt sie zum Lachen, der Blick aus seinen silbergrauen Augen verwirrt sie und seine Familie nimmt sie mit offenen Armen auf. Dann findet Gabe etwas über Annas Mutter heraus und es kommt zu einem bösen Streit. 
Über 15 Jahre haben Gabe und Anna nur unregelmäßig Kontakt. Sie beendet ihr Studium in San Francisco und geht als Ärztin nach Jordanien. Eine Tragödie bringt Anna schließlich dazu, nach Pittsburgh zurückzukehren. Ist jetzt endlich der Zeitpunkt gekommen, Gabe ihr größtes Geheimnis anzuvertrauen? Aber was, wenn auch Gabe ein Geheimnis vor Anna hütet? 

Rezension: 

Anna und Gabe werden im Rahmen eines Projekts an der Universität Pittsburgh gemeinsam eingeteilt. Anna ist noch auf der Highschool, aber mit herausragenden Leistungen und der Chance auf ein Stipendium. Sie lernt vor allem, um aus der prekären Situation zu Hause zu entfliehen und muss nebenher auch noch Geld verdienen. Gabe, dem es an nichts fehlt und der jederzeit in den Schoß seiner liebevollen Familie zurückkehren kann, ahnt nicht, was Anna verbirgt.
Als er endlich einen Blick hinter die Fassade erhält, kommt es zu einem Streit, den Anna beinahe mit Gabes Familie brechen lässt, die sie so lieb gewonnen hat.
Als beide studieren, gehen sie getrennte Wege, sehen sich, während sie ihren Karrieren folgen, nur zu seltenen Gelegenheiten, bis Anna Jahre später nach Pittsburgh zurückkehrt. Anna fühlt sich wieder Zuhause, aber noch immer stehen unausgesprochene Wahrheiten zwischen Anna und Gabe, die sie voneinander trennen.

"It all comes back to you" erzählt eine Liebesgeschichte, die sich ganz allmählich aus einer Freundschaft heraus entwickelt, aber auch eine kraftvolle Geschichte über das Erwachsenwerden, die Überwindung von Traumas und die Suche nach Glück. Zu Beginn sind Anna und der etwas ältere Gabe wie Bruder und Schwester, als Gabe sich so fürsorglich ihrer annimmt und in die Familie integriert. Anna ist arm und musste früh Verantwortung für sich selbst übernehmen.

Die Geschichte ist süß und hoffnungsvoll, auch wenn sie tragische Elemente enthält. Annas Schicksal, was sie verheimlicht und wie tough sie dennoch ist, ist berührend und sorgt für spannende Konflikte. Gabe und seine Familie sind einfach perfekt und vermitteln das Traumbild einer intakten, harmonischen Familie. Das wirkt in seiner Penetranz einerseits kitschig, aber andererseits als Kontrast zu Annas Familie behaglich und schön.

Nach einem lebendigen Beginn erfolgen viele Zeitsprünge, in denen es nur alle ein bis drei Jahre zu Begegnungen von Anna und Gabe kommt, sich ihre Gefühle für einander jedoch ändern und intensivieren. Die langen Pausen sind ungewöhnlich, passen aber zu den Charakteren, die die Distanz aufrechterhalten, weil sie Angst vor Bindungen haben oder den anderen zu verletzen.

Trotz aller Dramatik entwickelt sich die Geschichte authentisch und man fiebert auf die Wiederbegegnung Gabes und Annas als Erwachsene hin, möchte aber auch erleben, wie sie sich durchs Leben kämpfen und wann sie bereit sind, ihre Geheimnisse zu offenbaren, um sich Erleichterung zu verschaffen. 
Während die Liebesgeschichte immer präsent, aber dennoch hintergründig ist, wünscht man sich, dass Anna endlich Gewissheit über ihre Mutter erlangt und Frieden mit der Vergangenheit schließen kann.
Die Geschichte ist stellenweise nahe am Kitsch, vermittelt dabei aber herzerwärmende Botschaften von Fürsorge, Zusammenhalt, Liebe und Versöhnung.

Montag, 14. Oktober 2024

Buchrezension: Elyse Friedman - Die Durchtriebenen

Inhalt:

Ed Shropshire hat scheinbar das große Los gezogen, als er sich in seine rund 50 Jahre jüngere Pflegerin Kelly verliebt. 
Doch Eds Söhne sind vom zweiten Frühling ihres schwerreichen Vaters alarmiert. Sie sehen ihr Erbe dahinschwimmen und bitten sogar ihre Schwester Alana, die der Familie seit Jahren den Rücken gekehrt hat, um Hilfe. Die alleinerziehende Mutter schert sich zunächst nicht um die Sorgen ihrer geldgierigen Brüder. Erst als die Hochzeit angekündigt wird, ist sie bereit, eine Rolle im Plan ihrer Brüder zu spielen. Doch schon bald ist nicht mehr klar, wer hier eigentlich welches Ziel verfolgt? 

Rezension:

Der schwerreiche Unternehmer Edward Shropshire plant im Alter von 76 Jahren seine deutlich jüngere Krankenschwester zu heiraten. Seine beiden Söhne Teddy und Martin fürchten um ihr Erbe und kontaktieren ihre Schwester Alana, um die Heirat zu verhindern. Alana hatte sich vor Jahren von der Familie abgewandt, obwohl sie mit ihrem Job und der Erkrankung ihrer Tochter finanziell kaum über die Runden kommt. Auch wenn ihr die Hochzeit egal ist und sie für ihre Brüder nicht viel übrig hat, willigt sie gegen eine finanzielle Zuwendung ein, ihnen einen Gefallen zu tun. Zunächst scheint auch Eds Verlobte Kelly käuflich zu sein. Doch dann zeigt auch sie ihre Krallen.

"Die Durchtriebenen" ist ein spannender Thriller um ein Millionenerbe, in dem man niemandem trauen kann. Die Charaktere sind undurchsichtig, aber in ihrer Mehrheit raffgierig, machthungrig und intrigant. Je tiefer man in die Geschichte eintaucht und auch über Rückblenden in die Vergangenheit über die Familie erfährt, desto spannender wird die Dynamik unter den Figuren. Auch die Enthüllung, die Alana aufdeckt, gibt der Geschichte ergänzend zu den perfiden familiären Machtspielchen einen weiteren Reiz. 

Der Roman ist bitterböse, demonstriert ein ausschweifendes Leben von Superreichen uns Menschen, die für Geld über Leichen gehen. Dabei ist die Geschichte wendungsreich und der Verlauf undurchschaubar, denn über die wahren Absichten der Charaktere kann man sich nie ganz sicher sein. Mit Eds schockierendem Geheimnis wird die Geschichte gehaltvoller und dreht sich nicht mehr nur um oberflächliche Geld- und Erbstreitigkeiten. 

Während man fassungslos dabei zusehen muss, zu was Menschen fähig und in welchem Umfang manipuliert und gelogen wird, kann man das Buch kaum aus der Hand legen, um zu erfahren, wer am Ende als Sieger hervorgeht.
Es ist ein frecher und düsterer Pageturner, bei dem der Titel Programm ist. 

Freitag, 11. Oktober 2024

Buchrezension: Stefanie Hansen - Für immer und ein Jahr

Inhalt: 

Als Kaya stirbt, steht ihr Ehemann Jan plötzlich allein mit zwei Kindern da. Vor ihrem Tod hat Kaya ihm das Versprechen abgenommen, ein Jahr lang allen Menschen zum Geburtstag zu gratulieren, die in ihrem Geburtstagskalender stehen. Jan redet nicht gern, vor allem nicht über seinen Verlust. Doch sein Versprechen zwingt ihn, sein Leben umzukrempeln. Er kämpft sich durch den Kalender, die Geburtstage und seine Trauer. Und dann steht sein Leben ganz unerwartet Kopf – so sehr er sich auch dagegen wehrt. 

Rezension: 

Kaya stirbt mit Anfang 40 an Krebs und hinterlässt ihren Ehemann Jan und die zwei Kinder Finn und Lina. Vor ihrem Tod musste Jan ihr versprechen, ihren Geburtstagskalender zu verwenden, um den Menschen zu gratulieren, die ihr wichtig waren. Jan sträubt sich vor der Aufgabe, da er selbst verschlossen ist und in seiner Trauer am liebsten in Ruhe gelassen möchte. Dennoch greift er ein Jahr lang viele Male zum Telefon, um selbst ihm unbekannte Personen anzurufen. 

"Für immer und ein Jahr" ist ein Buch über Trauerbewältigung, das fiktional ist, wobei die Idee des Geburtstagskalender auf einer wahren Geschichte beruht. 
Der Roman ist aus der Perspektive des Witwers Jan geschildert. Daneben gibt es einige Gedanken Kayas, die aus dem Jenseits sind, aber nicht zu mystisch erscheinen. Für alle, die daran glauben, ist es sicher eine tröstliche Vorstellung, dass ein Toter nicht ganz aus der Welt ist.  

Der Tod von Kaya ist allgegenwärtig, die Trauer in der Familie ist zentral. Die eigenwilligen Nebenfiguren, insbesondere Jans Schwiegermutter, sorgen jedoch für etwas Leichtigkeit und komische Szenen, so dass die Geschichte nicht nur bedrückende Momente hat. 

Sehr authentisch ist der Umgang mit der Trauer dargestellt. Jan ist hilflos und in sich zurückgezogen. Kaya fehlt und er fühlt sich unzulänglich und mit seinen Aufgaben als Familienvater überfordert. Es findet deshalb nur sehr eingeschränkt eine Kommunikation in der Kleinfamilie statt. Das passt zwar zu der Lethargie, die sich durch den Tod Kayas entwickelt hat, ist aber als Roman zu lesen etwas unbefriedigend, wie lange die drei nur nebeneinanderher leben. Auch liegt der Fokus dabei allein auf Jan, weshalb kaum oder nur indirekt die Auswirkungen des Verlusts der Mutter bei den Kindern zu spüren sind. 

Die Telefonate, die Jan unfreiwillig führt, haben unterschiedliche Auswirkungen. Manche sind belanglos und bleiben nicht lange im Gedächtnis, andere setzen Impulse und in Jan etwas frei, dass ihn zum Handeln anregt. 

"Für immer und ein Jahr" zeigt glaubwürdig und ehrlich den Trauerprozess einer Familie, die mit Ehefrau und Mutter einen Angelpunkt verloren hat. Das Verhalten der Charaktere und ihre Entwicklung sind anschaulich beschrieben und nachvollziehbar. 
Berührender hätte ich den Roman empfunden, wenn man Kaya vor ihrem Tod noch kennengelernt oder mehr Rückblicke dafür gesorgt hätten, ein umfassenderes Bild von ihr zu erhalten. Auch fehlten mir Konflikte zwischen Jan und seinen Kindern, denn Potential war am Ende in jedem Fall vorhanden. So war das Ende lebensbejahend, aber auch etwas sehr harmonisch. 

Die Geschichte zeigt, wie wichtig Gesellschaft und Freundschaft ist und dass Alleinsein nicht nur für Trauernde Gift ist. Sie entwickelt sich nicht weiter überraschend, ist aber dennoch nicht langweilig.  

Mittwoch, 9. Oktober 2024

Buchrezension: Laura Wood - Under Your Spell: Dein Verstand sagt Nein. Aber dein Herz Ja.

Inhalt:

Auch wenn sie nicht unterschiedlicher sein könnten, halten Clementine "Clemmie" Monroe und ihre beiden Halbschwestern Serena und Lil schon immer fest zusammen. Ihre Mütter wurden vom selben Rockstar schwanger und zogen ihre Töchter gemeinsam groß. Als Clemmie von ihrem Ex aufs Übelste abserviert wird, sind Serena und Lil sofort zur Stelle, und jede der drei hat einen Wunsch für Clemmie. Ausgerechnet auf einer Beerdigung auf dem Anwesen ihrer Mütter geht Serenas Wunsch prompt in Erfüllung: Clemmie erlebt eine unfassbar heiße Nacht mit einem Unbekannten. Nur blöd, dass dieser sich später als der weltberühmte Sänger Theo Eliott entpuppt, den Clemmie schon bald für sechs Wochen betreuen soll. Dabei hat sie sich doch geschworen, niemals etwas mit einem Rockstar anzufangen. Doch, allein zu zweit in einem Haus am Meer. Kann das gutgehen? 

Rezension: 

Clementine Monroe ist Anfang 30 und die mittlere von drei Schwestern, die unterschiedliche Mütter, aber den selben Vater haben, der ein berühmter Rockstar ist. Zu ihren Schwestern hat Clemmie ein enges Verhältnis und so sind es sie, die Clemmie wieder aufbauen, als sie ihren Job verliert und von ihrem Freund verlassen wird. Sie erneuern ihren Zauberspruch aus Teenagertagen, der Clemmie einen passenden Beruf und ein erfüllendes Liebesleben bringen soll.
Wenig später hat sie einen One-Night-Stand mit einem heißen Mann und erhält zudem das Angebot, ein paar Wochen den Babysitter für einen Musiker zu spielen. Dieser stellt sich allerdings als der One-Night-Stand heraus. Sechs Wochen betreut Clemmie Theo und versucht dabei ihre Gefühle für ihn zu unterdrücken. 

Mit einer interessanten Familienkonstellation und der Aussicht auf eine Rockstar-Romance hat die Geschichte eine vielversprechende und originelle Ausgangslage. Das enge Band der Schwestern, die mit drei unterschiedlichen Müttern trotzdem gemeinsam aufgewachsen sind, ist zu spüren und der Glaube an ein wenig Hexenmagie gibt der Geschichte zudem eine liebenswert verrückte Note. Der erste Teil des Romans ist deshalb ein unterhaltsamer Einstieg.

Teil 2 handelt sodann von den sechs Wochen gemeinsamer Zeit von Clemmie und Theo. Diese sind allerdings unheimlich fade. Eine Freundschaft zwischen den beiden ist zu spüren, aber das leidenschaftliche Ende ihrer gemeinsamen Zeit erscheint erzwungen. Theo ist langweilig, abturnend anhänglich und versprüht überhaupt keine Rockstar-Vibes und ist für sein Schwerenöter-Image viel zu lieb. Clemmie ist unscheinbar, seit Jahren in psychotherapeutischer Behandlung und fällt höchstens durch ihr Ungeschick auf. Warum die beiden sich gegenseitig anziehen, ist insofern nicht wirklich nachvollziehbar. 
Teil 3 ist flach und vermittelt nichts mehr von dem anfänglichen Charme der Geschichte. Die Entwicklung von Theos und Clemmies Liebesbeziehung trieft nur so vor Kitsch, wenn nach wenigen gemeinsamen Nächten von gemeinsamen Kindern, einem Weihnachtsfest mit der ganzen Familie und der Aufgabe des Lebensmittelpunkts für den anderen gesprochen wird. 
Weil die Geschichte jedoch nicht schon im zweiten Teil mit einem Happy End enden kann, wird es im dritten Teil durch übertriebenes Drama lächerlich kompliziert, bevor in Teil 4 Clemmies Abrechnung mit den Männern erfolgt, die ihr weh getan haben. 

"Under your Spell" ist eine Romanze mit offensichtlichen Tropes (Forced proximity, Celebrity-Romance, Happily Ever After), die für mehr Tiefgang Probleme wie traumatische Liebesbeziehungen und schwierige Eltern-Kind-Verhältnisse involviert, die sich jedoch ohne wesentliche Hoch- und Tiefpunkte und insbesondere aufgrund der blassen männlichen Hauptfigur - da ändert auch das "Bonuskapitel nichts daran, dass ihn wie einen schwachsinnigen Liebesidiot aussehen lässt - enttäuschend langweilig entwickelt, bis inszenierte Dramatik und Clemmies plötzliche Erhabenheit die anfangs so charmant begonnene Geschichte ins Lächerliche zieht.
Die Autorin, die bisher erfolgreich Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht hat, wollte eine romantische Komödie für Erwachsene schreiben. Da sich die beiden Hauptfiguren jedoch so verhalten, als wären sie halb so alt, wirkt das Buch eher wie eine Liebesgeschichte aus dem Young Adult-Genre.

Montag, 7. Oktober 2024

Buchrezension: Clare Mackintosh - Freier Fall

Inhalt:

Was als Party für die Medien geplant war, wird zum Alptraum: In London startet der erste Nonstop-Flug nach Sydney, vollbesetzt mit etlichen Prominenten und Journalisten. 
Flugbegleiterin Mina bedient die anspruchsvollen Gäste in der Business Class. Dabei versucht sie, weder an die Probleme mit ihrer 5-jährigen Adoptivtochter Sophia zu denken, noch an ihre auseinanderbrechende Ehe. Doch dann drückt jemand Mina einen Zettel in die Hand. Die Botschaft ist ebenso grausam wie unmissverständlich: Wenn Flug 79 dank Minas Hilfe sein Ziel nie erreicht, wird Sophia leben – andernfalls ist sie tot. 
Die Flugzeit beträgt 20 Stunden: zu viel oder zu wenig Zeit für eine Entscheidung über Hunderte Leben?

Rezension: 

Mina ist Flugbegleiterin und hat die Ehre auf dem ersten Nonstop-Flug der World Airways 79, einer Boeing 777, von London nach Sydney an Board zu sein. Sie hat von Anbeginn ein ungutes Gefühl und ist abgelenkt von en Problemen in ihrer Familie. Mina lebt in Trennung von ihrem Ehemann, der sie belogen hat. Zudem waren sie sich häufig uneinig über die Erziehung ihrer Adoptivtochter Sophia, die inzwischen fünf Jahre alt ist und die Nerven ihrer Eltern mit Wutausbrüchen strapaziert.
Doch Mina liebt ihre Tochter innig, was Flugzeugentführer ausnutzen möchten. Mina wird erpresst, einen Passagier in das Cockpit zu lassen, anderenfalls werde ihre Tochter nicht überleben.

Während der Klappentext bereits einiges über den Verlauf der Handlung verrät, liegt der Fokus zu Beginn auf Mina und ihrer familiären Situation. Dazu wird abwechselnd aus Sicht von Mina und Adam geschildert, was im Argen liegt, wie sehr sie sich eine harmonische Kleinfamilie gewünscht haben und doch gescheitert sind.
An Board werden einzelne der gut 350 Passagiere in eigenen Kapiteln kurz vorgestellt und was das Ziel ihrer Reise ist. Erst nach gut einem Drittel des Romans beginnt der erwartete spannende Teil um die Erpressung und Flugzeugentführung. Parallel dazu verschärft sich die Situation für Sophia und Adam, der ein Geheimnis birgt, das ihn erpressbar macht.
Für einen Thriller ist der Aufbau des Szenarios schleppend. Zudem fällt es schwer, einen Überblick über die beschriebenen Personen zu behalten, die nur untergeordnete Rollen spielen, auch wenn sich im weiteren Verlauf zumindest bei einigen erklärt, warum sie überhaupt eingeführt worden sind.

In Zeiten von Klimaprotesten und Klimaklebern ist das Motiv der Täter zeitgemäß und bedienen sich der Mittel, wie sie schon viele Terroristen vor ihnen genutzt haben, um Regierungen zu erpressen. Die Tätersicht hilft, die Motivation, Radikalisierung und Vorgehensweise zu verstehen.
Auch Minas innerer Konflikt ist authentisch dargestellt und die Möglichkeit, die richtige Entscheidung zu treffen, aussichtslos. Die Atmosphäre an Board ist beklemmend. Es ist spürbar, wie sich die Stimmung verändert, wie Angst, Panik und Unsicherheit, aber auch Wut und Kampfgeist zunehmen.
Während sich die Handlung zu Beginn in die Länge zieht und im weiteren Verlauf viele problematische Themen wie ungewollte Kinderlosigkeit, Fatshaming, Meetoo oder Spielsucht angesprochen werden und persönliche Tragödien dem Locked-in-Szenario die Spannung nehmen, geht es am Ende mit der Lösung der Krisensituation vergleichsweise simpel und schnell, wobei aufgrund Minas Vorgeschichte zu erahnen war, wie der Flug enden würde. Der Epilog weiß dann zu überraschen, empfand ich allerdings als wenig glaubwürdig.
 

Donnerstag, 3. Oktober 2024

Buchrezension: Charlotte Link - Ohne Schuld (Die Kate-Linville-Reihe, Band 3)

Inhalt:

Ein wolkenloser Sommertag, die Hitze drückt aufs Land. Im Zug von London nach York zielt ein Fremder mit einer Pistole auf eine Frau. Sie entkommt in letzter Sekunde. Zwei Tage später: Eine junge Frau stürzt mit ihrem Fahrrad, weil jemand einen dünnen Draht über den Weg gespannt hat. Sie ist sofort bewusstlos. Den folgenden Schuss hört sie schon nicht mehr.
Die Frauen stehen in keiner Verbindung zueinander, aber die Tatwaffe ist dieselbe.
Kate Linville, neu bei der North Yorkshire Police, wird sofort in die Ermittlungen hineingezogen. Sie kommt einem grausamen Geheimnis auf die Spur und gerät selbst in tödliche Gefahr. Denn der Täter, der eine vermeintliche Schuld rächen will, gibt nicht auf. 

Rezension: 

Detective Sergeant Kate Linville hat Scotland Yard den Rücken gekehrt und wechselt zur North Yorkshire Police, womit sie in ihre Heimat zurückkehrt und wo sie sich mehr Anerkennung durch ihren neuen Vorgesetzten DCI Caleb Hale erhofft, mit dem sie bereits inoffiziell in Scarborough zusammengearbeitet hat. Zum Abschied hat sie von ihren Kollegen einen Wellnessaufenthalt in einem Hotel in York erhalten. Auf ihrem widerwilligen Weg dorthin, bedroht im Zug ein junger Mann eine Frau mit einer Pistole. Kate kann sich mit ihr auf der Toilette verbarrikadieren und wird selbst durch einen Streifschuss verletzt.
Zwei Tage später stürzt eine Lehrerin auf dem Weg zur Arbeit mit ihrem Fahrrad über einen gespannten Draht. Danach wurde auf sie geschossen, wobei der Schuss daneben ging. Es wurde dieselbe Pistole wie im Zug benutzt.
Kate hat damit ihren ersten Fall, obwohl sie noch gar nicht offiziell im Dienst ist. Während Caleb suspendiert ist, versucht Kate einen Zusammenhang zwischen den beiden Opfern zu erkennen, um die Taten aufzuklären. Die erste Frau ist allerdings wenig kooperativ und das zweite Opfer so schwer verletzt, dass es sich nicht artikulieren kann.

"Ohne Schuld" ist nach "Die Betrogene" und "Die Suche" der dritte Band der Reihe um Detective Sergeant Kate Linville. Der Roman lässt sich ohne Vorkenntnisse lesen, da die Fälle in sich abgeschlossen sind, mehr Freude macht es jedoch auch die Entwicklung der Charaktere zu verfolgen.
Der Roman folgt dem üblichen Schema der Reihe und wird aus wechselnden Perspektiven erzählt, wobei es auch Rückblenden in die Vergangenheit gibt.

Der Aufbau sorgt für Spannung, da zunächst unklar ist, wie die einzelnen Handlungsstränge zusammenpassen könnten. Durch die verschiedenen Blickwinkel kann man seine eigenen Schlüsse ziehen und aktiv miträtseln. Schon bald wird ein Rachefeldzug erkennbar und dass die überlebenden Frauen in großer Gefahr schweben. 
Seitdem Caleb suspendiert wurde und die Einheit ohnehin chronisch unterbesetzt ist, wirkt die Polizeidienststelle überfordert mit dem komplexen Fall. Kate, die ihren Instinkten folgt, bringt sich selbst in Gefahr, um den Täter zu überführen. 

Die Ermittlungen sind authentisch dargestellt, die Charaktere wirken lebensecht. Die Aufklärung des Falls ist spannend, die Motive schlüssig, die Hintergründe tragisch. Selbst als  Täter und Motivation bekannt sind, lässt die Spannung nicht nach, da die Gefahrenlage steigt. Die Endphase ist wendungsreich und voller Adrenalin. Kate und Caleb agieren wie in den Fällen zuvor Seite an Seite, auch wenn wieder einer von ihnen gar keine Kompetenzen hat und ihre Alleingänge für weitere negative berufliche Konsequenzen sorgen könnten.  

Band 3 steht der Qualität der ersten beiden Bänden in nichts nach. Die Geschichte ist spannend und erschütternd. Es ist ein durchgängig unterhaltsamer und fesselnder Mix aus Krimi, Psychothriller und Familientragödie, der von menschlichen Abgründen und tiefer Verzweiflung zeugt und den/ die LeserIn eingängig mitzieht. Endlich kann Kate offiziell demonstrieren, was in ihr steckt und verhält sich weniger tragisch und weinerlich als in den Romanen davor. 

Mittwoch, 2. Oktober 2024

Buchrezension: Anna McPartlin - Irgendwo im Glück

Inhalt:

Dublin, 1995: Maisie Bean ist eine Frau, die sich nicht unterkriegen lässt. Ihr erstes Date vor siebzehn Jahren endete so schlimm, dass es ihr für den Rest des Lebens den Appetit auf Pommes verdarb. Die Ehe, die folgte, war die Hölle für Maisie, doch sie gab ihr zwei wundervolle Kinder: den sensiblen, humorvollen Jeremy und die starrsinnige, schlaue Valerie. Mit Hilfe der beiden schafft es Maisie sogar, ihre demente Mutter zu Hause zu pflegen. Alle packen mit an.
Als Maisie denkt, ihr Leben läuft endlich rund, geschieht das Unfassbare: Jeremy verschwindet eines Tages spurlos. Sie steht einem neuen Kampf gegenüber, dem Kampf ihres Lebens - für die Wahrheit über Jeremy, gegen Vorurteile und Ablehnung. Doch Aufgeben kommt für Maisie niemals in Frage. 

Rezension: 

Maisie Bean hat es nach einer überstürzt eingegangenen Ehe vor sieben Jahren geschafft, ihren gewalttätigen Ehemann zu verlassen. Seitdem kümmert die alleinerziehende Mutter sich liebevoll um ihre beiden Kinder und seit Kurzem auch um ihre demente Mutter. Der Alltag ist nicht einfach, oftmals chaotisch, aber wenn es darauf ankommt, halten alle zusammen.
Als Maisie an Neujahr spontan von Fred Brennan zum Essen eingeladen wird, dem Polizisten, der ihr gegenüber ihrem Ehemann zur Seite gestanden hat, willigt sie ein, denn auch sie hat doch schließlich ein wenig privates Glück verdient.
Was sie zu dem Zeitpunkt nicht ahnen kann, ist dass an diesem Abend ihr sonst so zuverlässiger Sohn Jeremy nicht nach Hause kommen wird. Maisie macht sich Vorwürfe, zu sehr an sich selbst gedacht zu haben, versucht jedoch, die Hoffnung nicht aufzugeben, da auch Jeremys bester Freund verschwunden ist und offenbar ein paar seiner Sachen mitgenommen hat. 
Jahre später hat Maisie ein Buch geschrieben, steht auf dem Podium und erzählt ihre Geschichte.

Der Roman ist aus den Perspektiven verschiedener Akteure geschrieben, die im schnellen Wechsel erfolgen. Einer kurzen Sequenz im Jahr 2015 erfolgt ein Rückblick in das Jahr 1995 und die Ereignisse nach Neujahr. Der Beginn nimmt einen Spannungsmoment vorweg, aber dennoch weiß die Geschichte zu fesseln.

"Irgendwo im Glück" ist warmherzig und lebendig geschrieben, so dass man anschaulich in den turbulenten Familienalltag der Beans eintauchen kann. Maisie hat in ihrem Leben viel durchgemacht, aber nie aufgegeben. Als ihr Sohn nicht auffindbar ist, quält sie sich mit Schuldgefühlen und kann die reißerische Berichterstattung der Medien kaum ertragen, als diese sich auf ein Gerücht um Jeremy und seinen besten Freund stürzen. Maisie stößt selbst den Mann, der sie liebt, von sich, bleibt jedoch kämpferisch und zuversichtlich.
Durch die unterschiedlichen Sichtweisen ist klar nachzuvollziehen, wie die Protagonisten die Situation empfinden und welche Geheimnisse sie bergen. Jeremys Perspektive und die parallele Erzählweise seines Neujahrsabends ist aufschlussreich und gibt der/ dem LeserIn einen Wissensvorsprung. 

Es ist ein Roman, der trotz aller Tragik humorvolle Szenen und Dialoge beinhaltet. Die Geschichte bewegt, macht traurig und wütend. Sie zeigt den Zusammenhalt einer traumatisierten Familie, das enge Band von Freundschaft, eine unerschütterliche Solidarität und die Kraft von Liebe. Mit viel Empathie werden problematische Themen wie Gewalt in Familien, Drogensucht oder Homophobie behandelt. Zudem wir das Zusammenleben mit einer dementen Frau, die sich langsam selbst verliert, authentisch dargestellt.

Der Zeitgeist der 1990er Jahre wird nicht nur durch die Musik spürbar, mit der jedes Kapitel eingeleitet wird. Erschreckend ist geradezu, wie rückständig Irland im Jahr 1995 war, als Scheidungen gesetzlich noch nicht erlaubt waren. Auch wenn sich diesbezüglich einiges getan hat, sind andere Dinge wie Intoleranz und Diskriminierung, die der Roman problematisiert, leider noch immer aktuell. Am Ende zeigt der Roman unheimlich ergreifend, wie wichtig und notwendig es ist, für Gleichheit zu kämpfen, andere nicht für ihr Anderssein zu verurteilen und damit Ängste zu schüren.