Freitag, 12. April 2024

Buchrezension: Martina Bogdahn - Mühlensommer

Inhalt:

Ein drückend heißer Sommertag. Mit ihren beiden Töchtern macht sich Maria auf den Weg in ein langes Wochenende fern von Stadt, Stress und Schule. Doch dann ruft Marias Mutter an: Der Vater hatte einen Unfall und liegt im Krankenhaus. Die Mutter ist bei ihm, und auf dem Bauernhof der Familie müssen Schweine, Kühe und Hühner versorgt werden – aber auch die demente Großmutter. 
Maria fährt sofort zum Hof. Doch da erwartet sie nicht nur die seit Stunden schon Äpfel schälende Oma, sondern auch die Erinnerung an ein fast vergessenes Leben zwischen Schulbus und Schweinestall, Dreimeterbrett und Kirchenbank, an den Duft von frischem Holzofenbrot und an endlose Hopfenernten, starre Traditionen und lauter kleine Freiheiten. 
Als am Tag darauf die Mutter aus dem Krankenhaus heimkehrt und plötzlich auch Marias Bruder Thomas auf dem Hof steht, ist die Familie versammelt. Sie eint die stille Sorge um den Vater. Bis Thomas das Schweigen bricht und endlich zur Sprache kommt, was sie alle lang verdrängt haben. 

Rezension: 

Maria ist zu einem verlängerten Wochenende zusammen mit Freunden und ihren beiden Töchtern aufgebrochen, als sie einen Anruf von ihrer Mutter erhält, dass ihr Vater einen Unfall hatte. Ohne zu Zögern fährt Maria nach Blumfeld zum Hof ihrer Eltern, wo sie sich um ihre demente Oma kümmert, die Viecher im Stall versorgt oder beim Brotbacken mitanpackt. Erinnerungen an eine Kindheit auf dem Land kommen in ihr hoch, an fröhliche Streiche mit ihrem Bruder, ein heimeliges Zuhause, aber auch das Mobbing in der Schule als Bauerskind und die Entbehrungen eines Lebens voller Arbeit. Mit dem Unfall des Vaters wird zudem deutlich, dass eine Aussprache und Entscheidung nötig ist, wie es mit dem Hof und der Mühle in Zukunft weitergeht.

Im Wechsel aus Gegenwart und Vergangenheit wird das Leben auf dem Land geschildert.
Maria ist zurück und muss sich notgedrungen Gedanken um ihr Erbe und ihr Zuhause machen, das nur im Einklang mit ihrem Bruder eine Zukunft hat.
Das Buch ist einerseits die Rückkehr einer erwachsenen Frau in ihre Heimat, die sie nach dem Abitur fluchtartig verlassen hat und einerseits das Schwelgen in Erinnerungen aus Kindessicht.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Vergangenheit und den Anekdoten und humorvollen Episoden zwischen Schweinestall, Kirchgang, Schulhof und Erntesommern, zwischen Schweineblut, Apfelkuchen, Eierlikör und Edle Tropfen in Nuss. Die Beschreibungen sind bildhaft und lebendig, zeigen das Leben auf dem Land eindrücklich und ungeschönt, mit allen Vor- und Nachteilen. Man erlebt eine Kindheit wie einen Urlaub auf dem Bauernhof, aber auch den arbeitsintensiven Alltag, einen von der Natur vorgegebenen Abläufen, der eine Leidenschaft für die Sache erfordert und kaum Platz für Freizeit und persönliche Entfaltung lässt.
Die Gegenwart nimmt weniger Raum ein und bleibt mit der Sorge um den kranken Vater und die Frage, ob und wie der Mühlenhof rentabel bewirtschaftet werden kann, etwas an der Oberfläche.

Die Mischung aus unbeschwerten, idyllischen und herrlich nostalgischen Elementen einer Kindheit in den 1980er-Jahren und einem Heranwachsen auf dem Land, wo alle selbstverständlich mit Anpacken mussten und nie genug Zeit und Geld für Urlaub, Ausflüge oder Einkaufsbummel war, ist gelungen, stimmt sentimental, aber auch sehnsüchtig.

Es ist eine warmherzige Geschichte mit einem persönlichen (Rück-)blick auf ein Zuhause und das Leben auf einem Bauernhof. Auch wenn manche Episode möglicherweise etwas übersteigert erzählt ist, spürt man doch, dass die Autorin eigene Erlebnisse schildert und ihre Liebe zum Leben auf dem Land.

Vor dem Hintergrund von Bauernprotesten und Diskussionen um Lebensmittelpreise ist der Roman tagespolitisch aktuell, auch wenn das positive Gefühl überwiegt und über die Erschwernisse der Arbeit in der Landwirtschaft nicht lamentiert oder gejammert wird, sondern nüchtern dargelegt wird, wie es ist.


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