Freitag, 24. Februar 2023

Buchrezension: Gabrielle Zevin - Morgen, morgen und wieder morgen

Inhalt:

Mitte der 90er-Jahre in Massachusetts: An einer U-Bahn-Station trifft Sadie, hochbegabte Informatikstudentin und angehende Designerin von Computerspielen, ihren früheren Super-Mario-Partner Sam wieder. Die beiden beginnen, gemeinsam an einem Spiel zu arbeiten, und schnell zeigt sich, dass sie nicht nur auf freundschaftlicher, sondern auch auf kreativer Ebene ein gutes Team sind. Doch als ihr erstes gemeinsames Computerspiel zum Hit wird, brechen sich Rivalitäten Bahn, die ihre Verbundenheit zu bedrohen scheinen. 

Rezension: 

Harvard-Student Sam Masur trifft an einer U-Bahn-Station in New York Sadie Green wieder, mit der er sich bei einem Krankenhausaufenthalt als Teenager anfreundete, bis sie ihn bitter enttäuschte. Damals hatten sie sich die Zeit mit Videospielen vertrieben und mittlerweile hat Informatikstudentin Sadie bereits ihre ersten Spiele programmiert. 
Um Sadie aus ihrer depressiven Phase nach der Trennung ihres Freundes zu holen, regt Sam sie dazu an, gemeinsam ein Videospiel zu entwickeln. "Ichigo" wird zu einem kommerziellen Erfolg, den die beiden kreativen Köpfe zusammen mit ihrem Freund Marx Wanabe weiter ausbauen und eine eigene Firma gründen. Sie ziehen gemeinsam von New York nach Kalifornien, wo sich Sam endlich einer lebensnotwendigen Operation unterzieht. Der Erfolgsdruck ist groß und obwohl Sam und Sadie auf einer Wellenlänge sind, stehen sie auch in Konkurrenz zu einander, was vermehrt zu Konflikten führt, insbesondere als auch noch die Liebe buchstäblich ins Spiel kommt. 

"Morgen, morgen und wieder morgen" ist ein Roman, der von 1995 bis Ende der 2000er-Jahre handelt und eine besondere Freundschaft zweier leidenschaftlicher Videospieler und -entwickler erzählt. 
Der Plot ist so kreativ wie die Protagonisten selbst und durch die Beschreibung der Videospiel-Ära um Super Mario, Donkey Kong, Gameboy und Tamagotchi herrlich nostalgisch und lässt jeden, der in der Zeit großgeworden ist, in Erinnerungen schwelgen. 

Davon abgesehen wird der Zeitgeist jedoch nur marginal eingefangen, der Roman ist auf die Videospielwelt und die privaten Schwierigkeiten von Sadie und Sam beschränkt. Beide Hauptfiguren haben Ecken und Kanten, sind deshalb nicht immer sympathisch, aber sehr authentisch. Sie haben eine zurückhaltende Art, wobei sich der in armen Verhältnissen aufgewachsene Sam zumindest gern im Licht des Erfolgs sonnt, und machen ihre Probleme lieber mit sich selbst aus. Schon in ihrer Kindheit ist ihre Freundschaft an der mangelnden Kommunikation, ihrer Unnachgiebigkeit, Stolz und Trotz gescheitert; Eigenschaften, die ihnen auch als Erwachsene immer wieder im Wege stehen. Marx wird zu ihrem Vermittler und hält die Firma organisatorisch am Laufen, bis ein tragisches Ereignis alles in Frage stellt. 

Der Popkultur-Rahmen der Geschichte ist originell und auch die emotionale Ebene um die Freundschaft von Sam und Sadie wird intensiv beschrieben. Unweigerlich fragt man sich dabei, ob sie nicht auch als Liebespaar funktionieren würden, denn die Liebe steht immer zwischen ihnen. Es ist jedoch nicht die romantische Liebe, die die beiden verbindet. Genauso spannend bleibt, wie sie mit dem Erfolg umgehen und ob sie dem Druck, sich bzw. vermarktbare Videospiele immer wieder neu zu erfinden, standhalten können. 

Innerhalb der Videospielwelt verarbeitet die Autorin einen Reigen an Themen wie Behinderung, Krankheit, Tod und Trauer, Missbrauch, Diversität, Sexismus, Homosexualität, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit, die der Geschichte um Freundschaft, Abgrenzung, Verlust und dem Wunsch nach Liebe und geliebt zu werden, noch mehr Gehalt geben. Trotz der Vielfalt und Komplexität sowie Rückblenden in die Vergangenheit, die noch mehr über die Hauptfiguren offenbaren, kommen in der bis ins Jahr 2011 umspannenden Geschichte hin und wieder Längen auf, so dass der Roman nicht durchgängig fesseln kann. 

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