Mittwoch, 1. Februar 2023

Buchrezension: Marina McCarron - Die Zeit zwischen uns

Inhalt:

Elise wächst in den 1930er Jahren in einem kleinen Dorf in der Normandie auf. Als sie William kennenlernt, einen Freund ihres Bruders, verliebt sie sich Hals über Kopf in den charmanten, gutaussehenden Amerikaner. Aber dann bricht der Krieg aus, und als William als Soldat nach Frankreich zurückkehrt, geschieht das Unfassbare, er kommt am Omaha Beach ums Leben. Hank, sein bester Freund, verspricht, sich um die junge Frau zu kümmern, und nimmt sie mit nach Amerika. Elise jedoch kann ihre große Liebe nicht vergessen. 
Boston 2009: Lucy beschließt nach dem Tod ihres geliebten Großvaters, bei dem sie aufgewachsen ist, sich allein auf die lang geplante Reise in die Normandie zu machen, die Heimat ihrer Großmutter, die sie nie kennengelernt hat. Dort hofft sie, die Wahrheit über ihre Herkunft herauszufinden. Und als Lucy nun tief in die Vergangenheit ihrer Familie eintaucht, enthüllt sich die ganze Tragik einer schicksalhaften Geschichte von Liebe und Verlust, die auch ihr Leben dramatisch verändern wird. 

Rezension: 

Die 16-jähre Elise lebt zusammen mit ihrer depressiven Mutter, die den Verlust ihres im großen Krieg gefallenen Ehemannes nicht verkraften konnte, in der Normandie. Als sie William, einen Freund ihres unzuverlässigen Bruders kennenlernt, verliebt sie sich in den Amerikaner. Sie schreiben sich regelmäßig Briefe und Elise träumt von einer gemeinsamen Zukunft abseits aller Sorgen. Doch William überlebt den Zweiten Weltkrieg nicht. Ausgerechnet am D-Day kommt er in Frankreich ums Leben. Sein Freund Hank verspricht ihm, sich um Elise zu kümmern, doch Elise ist auch nach mehreren Jahren in ihrer Trauer um ihre große Liebe gefangen und lässt Hank, der nicht viel mehr tun kann, als sie finanziell oder durch Reparaturen an ihrem zu unterstützen, nicht an sich heran. Erst ein Aufenthalt in Amerika lässt Elise aufblühen, aber sie kann William einfach nicht vergessen. 
Jahrzehnte später beschließt Lucy, die von ihrem Freund verlassen wurde und deren Großvater kürzlich verstorben ist, nach Nordfrankreich zu reisen, um auf den Spuren der Vergangenheit mehr über ihre Großmutter zu erfahren, die sie nie kennengelernt hat. Dort trifft sie auf den Amerikaner Rob, der dort als Fremdenführer Touristen die Schauplätze des Zweiten Weltkriegs zeigt. 

"Die Zeit zwischen uns" handelt in drei Abschnitten auf zwei Zeitebenen, wobei der Fokus der Handlung auf der Vergangenheit in den 1930er- und 1950er-Jahren und ausschnitthaft in den Jahren danach liegt. Der Zweite Weltkrieg spielt keine aktive Rolle, seine Folgen dagegen umso mehr. In der Gegenwart im Jahr 2009 wartet man gespannt darauf zu erfahren, was Lucy über ihre Großmutter und damit auch über ihre Wurzeln erfahren wird. Das Wandeln auf den Spuren der Vergangenheit und der Besuch der Orte in Frankreich, die eine Bedeutung im Zweiten Weltkrieg hatten, hat für die Handlung allerdings kaum eine Bedeutung. Der Roman hätte auch als rein historischer Roman ohne Gegenwartsstrang funktioniert, denn Lucy bleibt als Hauptfigur blass. 

Der Roman wird als "Große Liebe in Zeiten des Krieges" angekündigt und weckt damit Erwartungen an eine romantische, aber auch dramatische Geschichte. Die Liebe ist zwar gegenwärtig, aber auf eine beklemmende, fast schon erdrückende Art. Elise und William haben gar nicht die Möglichkeit, ihre große Liebe auszuleben und zu entfalten. Ihr Kontakt bleibt auf wenige Worte in Briefen beschränkt. Nach seinem Tod ist Elise nicht mehr dieselbe. Es ist verständlich, dass sie trauert, aber sie ist noch so jung, dass es wehtut zu sehen, wie sie sich selbst keine Chance auf eine glückliche Zukunft lässt. Auch Hank, der im Krieg Furchtbares erlebt haben muss, ansehen musste wie sein Freund starb und sich trotzdem erfolgreich ein neues Leben aufbaut, wird in die Melancholie von Elise hineingezogen. 

Der Roman ist durchgehend schwermütig und gerade am Anfang zäh und monoton geschrieben. Erst der Blickwinkel auf Hank, der im zweiten und dritten Teil des Romans zur Hauptperson mutiert, ist lebhafter, in seiner Dramatik spannungsvoll und auch mit ein paar wenigen Hoffnungsschimmern durchzogen. 

"Die Zeit zwischen uns" ist ein Roman über die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf die Hinterbliebenen und Überlebenden, der zwar berührend, aber auch sehr schwermütig geschrieben ist. Selbst die enthaltene Liebesgeschichte hat nur wenige positive Aspekte und die Gefühle von Liebe erscheinen für die Protagonisten am Ende als Last, als Vermächtnis und Versprechen, aber nicht als Freude und Glückseligkeit. 
Die Geschichte ist angenehm kitschfrei und schildert die Folgen des Krieges ungeschönt. Nach einem zähen Beginn ist es vor allem die Geschichte in der Vergangenheit, die sich der Gegenwart allmählich nähert, die von einer einnehmenden, tragischen Familiengeschichte zeugt, die von so viel Leid geprägt ist.   

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