Montag, 13. September 2021

Buchrezension: Mary Lawson - Im letzten Licht des Herbstes

Inhalt:

In der idyllischen Kleinstadt Solace ist ein Teenager spurlos verschwunden. Die siebenjährige Clara ist untröstlich. Seit Tagen wartet sie am Fenster auf die Rückkehr ihrer Schwester. Zu allem Unglück liegt auch noch ihre geliebte Nachbarin, die alte Mrs. Orchard, im Krankenhaus. Eines Abends zieht nebenan ein Fremder ein. Liam Kane wurde das Haus von Mrs. Orchard geschenkt, obwohl er kaum Erinnerungen an sie hat. Ist hier, im Norden Ontarios, ein Neuanfang für ihn möglich? Nach und nach erinnert sich Liam an seine eigene, von Verlust geprägte Kindheit. Und auch Mrs. Orchard stellt sich ihrer Vergangenheit. Denn vor dreißig Jahren gab es einen Vorfall, der für zwei Familien tragische Folgen hatte. 

Rezension: 

In der kanadischen Kleinstadt Solace verschwindet ein Mädchen nach einem Streit mit ihren Eltern spurlos. Ihre siebenjährige Schwester Clara wartet vergeblich auf eine Nachricht von ihr, wie sie es versprochen hatte. Fast zeitgleich stirbt ihre Nachbarin Mrs. Orchard unerwartet im Krankenhaus, bei der sich Clara gerne aufgehalten hat und sich während ihrer Abwesenheit um Kater Moses gekümmert hat. 
Die kinderlose Elizabeth Orchard hat das Haus, das Clara nach wie vor mit ihrem Schlüssel betritt, um den Kater zu versorgen, an Liam Kane vermacht, um den sie sich als kleines Kind wie um ihr eigenes gekümmert hatte. Nach dem Umzug von Liams Familie hatten sie sich aus den Augen verloren und sind erst vor wenige Jahren, als Elizabeths Mann verstarb, in Briefkontakt getreten. Während Liam in dem Haus nur allmählich Erinnerungen an seine Kindheit bei Mrs. Orchard hochkommen, blickt Elizabeth im Krankenhaus auf ihr Leben zurück und die Mutterliebe, die sie für Liam empfand. 

Der Roman wird aus der Perspektive aller drei Hauptfiguren erzählt und was sie miteinander verbindet. Durch das Verschwinden und die Sorge um Claras Schwester Rose, aber auch durch den Tod von Mrs. Orchard ist die Stimmung traurig und gedrückt. 
Die Charaktere sind authentisch gezeichnet, so dass man sich in ihre, schon allein durch die Altersunterschiede und Lebenserfahrungen geprägten, unterschiedlichen Standpunkte und Gedanken hineinversetzen kann. 
Clara wünscht sich nichts sehnlicher, als dass ihre Schwester wieder zurückkehrt, sorgt sich, wie sie bei der Suche behilflich sein könnte und ist enttäuscht von ihren Eltern, die nur abwarten. 
Liam ist frisch von seiner Frau getrennt und steht vor einem Neuanfang, ist sich jedoch unsicher, ob dieser in Solace beginnen sollte. Die Kleinstadt, in der jeder jeden kennt, ist im Vergleich zu Toronto beklemmend. Sehr unterhaltsam ist es, seine ersten Schritte und das Aufeinandertreffen mit allerlei skurrilen Einwohnern zu verfolgen. 
Spannend ist die Perspektive von Elizabeth Orchard, denn es ist zu spüren, dass ihre Erinnerungen ein Geheimnis verbergen und dass vor dreißig Jahren etwas Entscheidendes passiert sein muss, weshalb sie die Verbindung zu ihrem "Ersatzsohn" verloren hat. 

Die Geschichte, die in den 1970er-Jahren handelt, ist warmherzig und empathisch erzählt. Sie handelt von Liebe, Freundschaft und Trauer und von den unterschiedlichen Arten von Familienbanden und Mutterliebe. Neben der Dramatik wird dem Roman durch die Gefühle von Schuld und von Reue und einem Geheimnis, das lange verborgen lag und erst am Ende eines Lebens wieder zutage befördert wird, ausreichend Spannung verliehen, um ihn zu einer fesselnden Lektüre für den Herbst zu machen. 

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