Samstag, 5. Dezember 2020

Buchrezension: Pierre Lemaitre - Drei Tage und ein Leben

Inhalt:

Ende Dezember 1999 verschwindet im nordfranzösischen Ort Beauval ein sechsjähriger Junge. Eine groß angelegte Suchaktion wird gestartet, Nachbarn und Freunde durchkämmen den angrenzenden Wald nach Spuren des vermissten Rémi. Doch am dritten Tag fegt ein Jahrhundertsturm über das kleine Dorf hinweg und zwingt die Einwohner zurück in ihre Häuser. Während dieser drei Tage bangt der zwölfjährige Antoine darum, entdeckt zu werden. Denn nur er weiß, was an jenem Tag wirklich geschah. 

Rezension: 

Einen Tag vor Heiligabend tötet der 12-jährige Antoine Courtin in der französischen Kleinstadt Beauval in einem Moment der Wut und Raserei den sechsjährigen Nachbarsjungen Rémi D. Geschockt über seine Tat versteckt er die Leiche notdürftig und schweigt. Während der ganze Ort nach dem vermissten Kind sucht, begeht Antoine eine Verzweiflungstat, die jedoch scheitert. Die Suche wird aufgrund des Sturmtiefs Lothar unterbrochen und die Schäden in der Stadt und den umliegenden Wäldern sind so massiv, dass sämtliche Spuren verwischt werden. Antoine muss mit der Schuld leben, bis die Vergangenheit ihn zwölf Jahre später einzuholen droht. 

Der Roman beginnt dramatisch mit der folgenschweren Tat und handelt anschließend von den Auswirkungen auf den Ort, aber insbesondere auf Antoine. Antoine ist an und für sich ein in sich gekehrter Junge, aber in dem Moment als er voller Wut und Verzweiflung ist, entwickelt er so viele Aggressionen, dass der hilflose Rémi seine Schläge nicht überlebt. Antoine quält sich mit einem schlechten Gewissen und kann mit niemandem über seine Tat sprechen. Einerseits hat man Mitleid mit dem Jungen, der erst zwölf Jahre alt ist, unüberlegt gehandelt hat und sich noch weiter zurückzieht, andererseits möchte man ihn zur Rechenschaft ziehen, da er weniger aus Reue sondern vielmehr aus Angst vor Bestrafung und den Konsequenzen für ihn und seiner Mutter mit einem schlechten Gewissen hadert.

Es ist eine tragische Geschichte über zwei Jungen - Opfer und Täter - die aus der Perspektive von Antoine und damit sehr eindringlich geschrieben ist und bei der man bis zum Ende zittert (und hofft), dass die Wahrheit ans Licht kommt. 
Neben den Ereignissen an den drei Tagen Ende 1999 handelt der Roman zwölf und 16 Jahre später und zeigt, wie Antoine noch als Erwachsener mit dem Folgen seiner Tat zu kämpfen hat und dass dieses Ereignis sein Leben bestimmt und einschränkt. Auch wenn das Ende vielleicht nicht ganz befriedigend ist, hat Antoine für sich eine eigene Art der Bestrafung gefunden. 



2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Lena,
    das klingt nach keiner leichten Geschichte. Aber gerade solche Art von Büchern lese ich auch sehr gerne. Du hast mich mit deiner Rezension sehr neugierig gemacht. Das könnte was für mich sein.

    Liebe Grüße
    Tanja :o)

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    1. Liebe Tanja,

      es ist wirklich kein einfaches Buch. Man fragt sich die ganze Zeit, warum Antoine so die Kontrolle verlieren konnte, einen kleinen Jungen zu töten. Aber mit zwölf war er ja selbst noch ein Kind. Er kann mit niemandem darüber sprechen und kämpft bis ins Erwachsenenalter mit einem schlechten Gewissen. Er ist Täter und trotzdem kann man ihn nicht verurteilen.
      Ich kann dir das Buch nur empfehlen. Es regt zum Nachdenken an!

      Liebe Grüße
      Lena

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