„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“ 1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder alles geben, was das Herz begehrt. Sie sieht es schon vor sich: die lange Ladentheke mit großen Bonbongläsern darauf, eine Kühlung für Frischwaren, Nylonstrümpfe, buttriger Kuchen, sonntags frische Brötchen … und das Beste daran: endlich eigenständig sein. Endlich nicht mehr darüber nachdenken, warum ihre Ehe nicht so gut läuft, endlich sie selbst sein und etwas wagen.
Drei Frauen werden immer wieder Luises Weg kreuzen: Annabel von Thaler, die wohlhabende Arztgattin von nebenan, die junge Lernschwester Helga Knaup und Marie Wagner, geflohen aus Schlesien. Sie alle haben in den Zeiten des Aufbruchs und des Neubeginns einen gemeinsamen Wunsch: Endlich wieder glücklich sein.
Rezension:
1953 eröffnet Luise Dahlmann in Starnberg nach dem Tod ihrer Schwiegermutter einen Tante Emma-Laden. Die herrische Mutter ihres Mannes Hans hatte ihr überraschend eine größere Summe Geld vermacht. Sie träumte lange von ihrer Eigenständigkeit und einer Aufgabe, die sie wirklich erfüllt. Die Anfänge sind schwierig, doch mit neuen Ideen und einer herzlichen Kundenfreundlichkeit lockt die gelernte Köchin auch mit kulinarischen Köstlichkeiten die Bewohner der Umgebung in ihren Laden.
Dabei knüpft sie Freundschaft zu der rebellischen Helga Knaup, die aus ihrem reichen Elternhaus aufs Land geflüchtet ist, um in der Seeklinik eine Ausbildung als Krankenschwester zu machen. Sie wollte sich nicht standesgemäß zwangsverheiraten lassen und hatte sich geschworen, sich nicht zu verlieben und von einem Mann abhängig zu werden. Doch dann lernt sie den amerikanischen GI Jack kennen, ihre Vorsätze ins Wanken bringt.
Annabelle von Thaler ist Luises Nachbarin und die Ehefrau des Inhabers der Seeklinik. Sie ist Mutter eines Sohnes, darüber hinaus aber nur "die Frau von". Sie ist eifersüchtig auf jede Frau, die ihrem Mann zu nahe kommt und ihr fällt es schwer, Freundschaft zu anderen Frauen zu schließen.
Marie Wagner ist aus Niederschlesien vertrieben worden und sucht in Starnberg eine Anstellung als Bereiterin. Als Frau hat sie beim bayerischen Adel keine Chance und findet stattdessen Arbeit und auch ein Zuhause am Hof von Luises Bruder Martin.
Der Roman handelt in den Nachkriegsjahren 1953/ 1954 von vier ganz unterschiedlichen Frauen, die alle einen Wunsch haben: Endlich wieder glücklich sein. "Die Wunderfrauen - Alles, was das Herz begehrt" ist der Auftakt der Wunderfrauen-Trilogie von Stephanie Schuster.
Die Geschichte ist lebendig geschrieben, so dass man sich als Leserin sehr anschaulich in die 1950er-Jahre versetzen kann. Abwechselnd taucht man in das Leben der vier Frauen ein, die allesamt glaubwürdig gezeichnet sind und ihre Ecken und Kanten haben. Sie haben unterschiedliche Sorgen und Träume und machen im Verlauf des Romans eine charakterliche Weiterentwicklung durch. Selbst die verschlossene Annabelle wirkt am Ende nahbarer und auch die rebellische Helga wird erwachsener und übernimmt Verantwortung.
Der Roman ist flüssig geschrieben, wobei die Geschichte durch Auszüge aus "Luises Ladenkunde-Album" oder "Luises Notizbuch" und die bayerische Mundart, die nicht übertrieben oder gar störend ist, noch authentischer wird. Er handelt von Liebe, Familie, Freundschaft und der Emanzipation der Frauen. Alle vier kämpfen auf ihre Weise für ihre Unabhängigkeit und ihre Träume, hoffen auf einen Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg, der bereits einige Jahre vorbei ist, aber seine Spuren hinterlassen hat.
Der erste Band endet nicht mit einem Cliffhanger, die Geschichten um die vier Frauen sind jedoch auch nicht abgeschlossen. Alle vier bieten für den nachfolgenden Band genügend Stoff für Familiendramen, die sich anbahnten und die Suche nach Glück.
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