Mittwoch, 18. September 2019

Buchrezension: Brigitte Riebe - Die Schwestern vom Ku'damm: Wunderbare Zeiten (Die 50er-Jahre-Trilogie, Teil 2)

Inhalt: 

Berlin, 1952: Man muss das Leben tanzen, das war schon immer Silvie Thalheims Motto. Während für Schwester Rike das Kaufhaus am Ku'damm an erster Stelle steht, will Silvie nach der dunklen Zeit des Krieges nur eins: das Leben in vollen Zügen genießen. In den Wirtschaftswunderjahren laufen die Geschäfte ohnehin bestens, das Kaufhaus Thalheim bietet die neueste Mode an. Petticoats und Nylonstrümpfe, dazu feine Kollektionen aus Italien. So träumt Silvie ihren eigenen Traum: als Rundfunkredakteurin beim RIAS Karriere zu machen.
Doch seit ihr Zwillingsbruder aus dem Krieg heimgekehrt ist, hat sich die Dynamik in der Familie verändert. Oskar soll das Unternehmens leiten, gibt sich aber lieber dem Rausch durchfeierter Nächte hin. Als dann auch noch ein verhasster Konkurrent die Geschäfte torpediert und den Thalheims alles zu nehmen droht, wird Silvie klar, dass sie Verantwortung für das Kaufhaus und ihre Familie übernehmen muss. 


Rezension: 

"Wunderbare Jahre" ist Band 2 der "Die Schwestern vom Ku'damm"-Trilogie von Brigitte Riebe. Nach "Jahre des Aufbaus" handelt die Fortsetzung von den Jahren 1952 bis 1957 in Berlin und ist aus der Perspektive der mittleren der Thalheim-Töchter, Silvie, geschrieben. 

Silvie Thalheim ist 1952 29 Jahre alt und setzt ihre Karriere als Rundfunkredakteurin beim Sender RIAS fort. Mit "Stimmen" hat sie ihre eigene Sendung, in der sie Prominente aus Film, Politik und Sport interviewt. Nur mit der Liebe möchte es nicht klappen, verliebt sie sich doch immer in die falschen Männer und hadert mit ihrem Schicksal: "Kein Mann. Kein Haus. Kein Kind". Mit dem Schauspieler Wanja führt sie eine Beziehung, von der sie nicht weiß, woran sie ist. Darüber hinaus steht sie ihrer älteren Schwester Rike, die inzwischen verheiratet und Mutter geworden ist, im Kaufhaus Thalheim zur Seite und kümmert sich immer wieder notgedrungen um ihren Zwillingsbruder Oskar, der nach den Kriegsereignissen an der Ostfront nicht mehr derselbe ist und sich ungut in das Familienunternehmen Thalheim einbringt. 

So wird das Leben der Familie Thalheim aus Sicht von Silvie geschildert, wodurch man Leser nicht nur den Alltag der Berliner Unternehmensfamilie miterlebt, sondern auch die Nachkriegsjahre und die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland. 
Die 1950er-Jahre im Zeichen von "Aufbruch, Petticoats und Rock'n'Roll" werden anschaulich und vor allem sehr authentisch, eingebettet in die historischen Ereignisse der Zeit, erzählt.  
Die Blockade Westberlins durch die Sowjetunion, der Arbeiteraufstand 1953 in der DDR und die verfestigte Spaltung von Ost und West, aber auch die Fußball-WM 1954 mit dem wachsenden Selbstbewusstsein finden innerhalb der Geschichte ihren Raum wie auch die Moralvorstellungen der Zeit, die sich vor allem in der sexuellen Orientierung der Protagonisten manifestieren. So werden nicht nur die Unfreiheiten in Ostberlin und der DDR, sondern auch im Hinblick auf die Homophobie in Westdeutschland deutlich. 

Silvie ist der zentrale Charakter, deren Gefühls- und Gedankenwelt empathisch dargestellt wird. Die beiden anderen Schwestern Rike und Flori kommen dabei ein wenig kurz, was ich sehr schade finde. Wie sich ihre beiden Leben weiterentwickeln, erfährt man nur nebenbei. Auch werden sehr viele historische Ereignisse erwähnt, spielen aber letztlich für die Charaktere und den Fortgang der Geschichte keine Rolle. Der Roman fühlte sich deshalb zunächst wie ein Schweinsgalopp durch die deutsche Geschichte an, während sich das eigentliche Hauptaugenmerk der Geschichte, Silvies Leben, weitestgehend auf ihren Liebeskummer und ihre Karriere beim Radio reduzierte. 

Der Schreibstil von Brigitte Riebe ist gewohnt flüssig und angenehm zu lesen und sie schafft es auch, den Zeitgeist der 1950er-Jahre herüberzubringen, aber der Inhalt des Romans - das Leben der "Schwestern vom Ku'damm", ihre "wunderbaren Jahre" kamen mir neben allen geschichtlichen Fakten, die die promovierte Historikerin platzierte, am Anfang deutlich zu kurz. Dabei passierte doch einiges im Leben der Familie Thalheim, aber die zahlreichen Schicksalsschläge spielten erst im letzten Drittel die eigentliche Rolle, was dann wiederum etwas überladen war. Gemeinsam ist den Geschwistern dabei, dass sie trotz aller Widrigkeiten nicht aufgeben, komme was wolle.  
Vielleicht kann die Autorin im dritten Teil schon von Beginn an den Fokus wieder stärker auf die drei jungen Frauen, insbesondere auf Nesthäkchen Flori, legen und auf ein bisschen weniger Drama verzichten. Mit dem Jahr 1958 und "Tage der Hoffnung" geht es im April 2020 weiter. 




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