Montag, 6. Oktober 2025

Buchrezension: Jandy Nelson - Wenn unsere Welt kippt

Inhalt:

Willkommen in Paradise Springs – einer Kleinstadt voller Hitze, Staub und Magie inmitten des Wine Country Kaliforniens und Heimat der Fall-Familie. Die 12-jährige Dizzy Fall ist eine grandiose Kuchenbäckerin, sieht Geister und wäre am liebsten eine Romanheldin. Der 17-jährige Miles Fall ist zugleich hochbegabt und Sportskanone, Hundefanatiker und unfassbar schön. Aber auch verloren und auf der Suche nach dem Jungen seiner Träume. Wynton Fall brilliert als 19-jähriger Geigenvirtuose und fährt sein Leben dabei konsequent gegen die Wand.
Als Cassidy, ein geheimnisvolles Mädchen mit regenbogenfarbigem Haar in Paradise Springs auftaucht, wirbelt sie die Welt der drei Geschwister durcheinander. Doch bevor Dizzy, Miles und Wynton herausfinden, wer Cassidy wirklich ist, passiert die Katastrophe. Nur Cassidy kann die Fall-Familie wieder zusammenführen. 

Rezension: 

Die drei Geschwister Fall, Nachfahren eines sagenumwobenen Weinbauers, leben zusammen mit ihrer Mutter in Paradise Springs in Nordkalifornien, nachdem der Vater die Familie unter mysteriösen Umständen verlassen hatte.
Die jüngste Dizzy kann Geister sehen, glaubt an Engel und hat eine enge Bindung zu ihrem Bruder Wynton. Dieser ist ein brillanter Geigenspieler, der auf den großen Durchbruch als Musiker hofft, neigt jedoch zu selbstzerstörerischem Verhalten. Der mittlere Miles ist als wunderschöner, herausragender Schüler der "Vollkommene" und deshalb einsam. So unterschiedlich die drei sind, vereint sie die Sehnsucht nach ihrem Vater. Zudem begegnen alle drei unabhängig voneinander dem Regenbogenmädchen Cassidy und sind fasziniert von ihr. Bevor sie sie näher kennenlernen können, ereignet sich eine Katastrophe und Cassidy wird für sie zu einem rettenden Engel, den sie unbedingt finden müssen. 

"Wenn unsere Welt kippt" ist als Jugendroman deklariert und auch wenn er überwiegend aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen geschrieben ist, enthält er so viele universelle Themen und insbesondere so viel Emotionen, die auch einen erwachsenen Leser nicht kaltlassen. 

Aus wechselnden Perspektiven geschildert, taucht man tief in die Leben von Cassidy, Miles, Dizzy und Winton ein, die schwierige Verhältnisse zu ihren Eltern haben. Sie fühlen sich verloren, sind auf einer andauernden Suche nach Identität, von einer tiefen Sehnsucht geprägt und sehen sich gezwungen, ihre Probleme mit sich selbst auszumachen. Während Miles und seine Geschwister über den Verlust ihres Vaters nie hinweggekommen sind, aber zumindest mit einer liebevollen Mutter aufgewachsen sind, ist Cassidy allein mit ihrer Mutter, die ihre Mutterrolle nur unzutreffend erfüllt. 

Alle Charaktere des Romans sind besonders und vor allem die Jugendlichen sind liebenswert und nahbar. Ihre Schicksale gehen zu Herzen und der stetige Wechsel aus Enttäuschungen und Hoffnung, Liebe und Hass, ist kaum zu ertragen. Die Geschichte entwickelt sich überraschend, weckt Emotionen und ist spannend aufgebaut. Durch die Mischung aus gegenwärtiger Erzählung und Rückblenden in die Vergangenheit werden Geheimnisse offenbar, die erst allmählich gelüftet werden und den Kindern zeigen, was ihre Eltern verbergen. 

Der Erzählstil ist durch Einschübe von Briefen, E-Mails, Auszügen aus Tage- und Notizbüchern abwechslungsreich, zumal märchenhaft und durchgängig bildhaft. Die Personen und auch die Heimat der Falls wird damit leicht vorstellbar. Zudem hat man wie die Kinder selbst Farben vor Augen, Musik in den Ohren und verschiedene Gerüche in der Nase. Synästhesie unterstreicht die Besonderheit der Figuren und auch der magische Realismus passt perfekt zur Entwicklung ihrer Geschichte. 

"Wenn unsere Welt kippt" ist ein All-Age-Roman voller Liebe, Geheimnisse und Magie. Er handelt von Einsamkeit, Verlust, Depressionen und Ängsten, aber auch von Zusammenhalt und Freundschaft, erster Liebe, einem Traum von Freiheit, Hoffnung und dem Glaube an Wundern. Es geht um Trauma, die über Generationen weitergegeben werden, über Familienfluche und Geschwisterrivalitäten, die den Roman zu einem spannenden Mix aus komplizierter Vergangenheit und turbulenter Gegenwart machen. Die Geschichte ist wendungsreich und metaphorisch und wird trotz des Umgangs von knapp 650 Seiten niemals langweilig.   

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