Mittwoch, 13. September 2023

Buchrezension: Daniel Wisser - 0 1 2

Inhalt:

Vor dreißig Jahren verstorben, bekommt der Computerentwickler Erik Montelius ein zweites Leben geschenkt: Als erster Patient weltweit wird er aus der kryotechnischen Konservierung geholt. Fortan sieht er sein Dasein nicht in Leben und Tod geteilt, sondern in erstes Leben, zweites Leben und Tod. Doch auch im zweiten Leben ist die Welt keine bessere: Seine Frau hat seinen Geschäftspartner geheiratet – der hat zudem Eriks Ideen geklaut. Die Menschen tragen Masken über Mund und Nase, wischen auf tragbaren Computern herum und haben die Visionen von einer gerechten und umweltfreundlichen Gesellschaft aufgegeben. Erik hat nichts, kein Geld, kein Zuhause, nicht einmal einen Ausweis. Aber er hat einen Verdacht, wem er seinen ersten Tod zu verdanken hat. Und er hat einen Buchvertrag und damit die Gelegenheit, die Wahrheit ans Licht zu bringen. 

Rezension: 

Aufgrund einer Krebserkrankung ließ sich Erik Montelius im Jahr 1991 kryokonservieren und wird 30 Jahre später aus Kostengründen wieder aufgetaut. Tatsächlich erwacht Erik widererwarten lebendig aus dem Koma und muss feststellen, dass er für tot erklärt worden war, seine Frau seinen Geschäftspartner geheiratet hat und dieser seine Geschäftsideen verkauft hat. Nach dem Krankenhausaufenthalt zieht Erik bei den beiden ein und holt sich die Aufmerksamkeit der Presse ein. Eine Fernsehsendung wird über den von den Toten Auferstandenen gedreht und Erik erhält zudem einen Buchvertrag für eine Autobiografie. 
Neben seiner ihm von Ärzten vorhergesagten geringen Lebenserwartung bereitet ihm vor allem seine Nicht-Existenz Probleme, denn einem Toten können keine Papiere ausgestellt werden.  

"Leichtfüßig und lakonisch erzählt Daniel Wisser von einem Schelm inmitten der großen Krisen der Gegenwart. Erik Montelius existiert von Amts wegen nicht – diese Freiheit muss er nutzen." 

Der Klappentext und die Ankündigung des Verlags hatte Erwartungen an eine spannende Science-Fiction-Geschichte zu Pandemie-Zeiten geweckt, ist durch die wirren Gedankengänge des Protagonisten jedoch sehr sprunghaft aufgebaut und lässt eine stringente Handlung vermissen. Erik hat Liedtexte der Beatles im Kopf, denkt über den Hinduismus und Indien und den Lebenslauf seines verstorbenen Vaters nach, während er versucht zu verstehen, wie sich die Welt in 30 Jahren weiterentwickelt hat. Dabei ist er gedanklich mal in der Vergangenheit, mal in der Gegenwart und zwischendurch werden noch einzelnen Passagen aus seinem Buch eingestreut, das einige Monate später im Sommer an der Seite einer Frau handelt. 

"Lakonisch" und ein "Schelm", der seine Freiheit nutzt? Ich empfand Eriks Gedanken und Erinnerungen als viel zu ausschweifend, zusammenhanglos und belanglos für die Handlung in der Gegenwart. Zudem ist Erik ohne Identitätsnachweis nicht frei, sondern abhängig von anderen: seiner Exfrau, der Presse, Ärzten, dem Willen der Behörden. Erik verhält sich passiv, zurückhaltend und planlos und nicht wie ein Schelm, der irgendjemanden zu überlisten versucht. 

Da die Handlung ohne erkennbaren roten Faden munter hin und her hüpft und man nicht das Gefühl hat, dass Erik seinen Tod und sein Auftauen aufklären möchte, ist die Geschichte weder unterhaltsam noch fesselnd. Soll humorvoll-ironisch gezeigt werden, dass sich in 30 Jahren die Welt nicht zu einer besseren gewandelt hat? Soll eine Verschwörung gegen den Computernerd aufgedeckt werden? Ist es eine Liebesgeschichte? Eine Geschichte über zweite Chancen? Ich konnte weder den Charakteren noch dem Plot viel abgewinnen. 

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