Montag, 4. April 2022

Buchrezension: Anne Nørdby - Eis. Kalt. Tot.

Inhalt:

"Du weißt, wofür das ist. Wir beobachten dich.
Und wenn du nicht damit aufhörst, werden wir wiederkommen.
Dann wird es mehr als diesen Nadelstich geben."

Wenn sich die beschaulichen Gassen von Kopenhagen in einen Ort des Grauens verwandeln und du nicht weißt, ob du das nächste Opfer bist …
Ein bizarrer Fall für die Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen und ihre Kollegen von der Mordkommission. 

Rezension:

An einem eiskalten Februarmorgen wird in Kopenhagen im Hafenbecken eine kopflose Leiche gefunden. Wenig später entdeckt eine junge Frau beim Spaziergang mit ihrem Hund einen verstümmelten Seehundkadaver. Kirsten Vinther, die leitende Ermittlerin der Mordkommission, sieht Parallelen und zieht die ehemalige Polizeibeamtin und Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen hinzu, die durch ihre überdurchschnittlich gute Fähigkeit Gesichter zu erkennen, die Mordkommission unterstützen soll. An ihrer Seite ist zudem ein neuer Kollege aus der Provinz, Jesper Bæk, der vor Kurzem nach Kopenhagen gezogen ist und Erfahrung mit Profiling und operativer Fallanalyse hat. 
Die Aufklärung des Falls geht nur schleppend voran, denn der Täter hinterlässt keine Spuren und kann unerkannt neue Opfer töten und schauerlich in Szene setzen. Die Identifizierung der Toten ergibt, dass sie alle für dasselbe Unternehmen an einem Projekt gearbeitet haben und im Sommer 2019 auf einer Expedition in Grönland waren. Marit, die selbst in Grönland aufgewachsen ist, erkennt die Inuit-Mythologie, die der Täter für seine Ritualmorde nutzt, was die Mordkommission auf neue Spuren bringt. 

"Eis. Kalt. Tot." ist eine spannende Mischung aus Thriller und Kriminalfall, der aus wechselnden Perspektiven geschrieben ist, so dass die/ der Leser*in einen umfassenden Einblick in die Ermittlungen von Kriminalisten, Super-Recognizer Marit oder der Rechtsmedizin erhält. Zudem gibt es auch immer wieder Szenen aus Tätersicht, die das grausame und skrupellose Vorgehen zeigen, ohne dass zu viel über das Motiv verraten wird. Die Fallaufklärung bleibt deshalb lange spannend und undurchsichtig und strapaziert damit die Geduld der Ermittler, die weitere Opfer vermeiden wollen. 

Aufgrund der Verknüpfung mit der Inuit-Mythologie, die der Täter eindeutig anwendet, um der Polizei Botschaften zu senden, ist der Roman nichts für schwache Nerven. Der Ekelfaktor ist zum Teil hoch. Dennoch liegt der Fokus auf den Ermittlungen und dem Zusammenspiel von Kirsten, Jesper und Marit, die selbst kleinere oder größere Geheimnisse bergen, wobei das Privatleben nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die Charaktere sind intelligent und ehrgeizig, weshalb es besonders an ihnen nagt, dass sie nur langsam vorankommen, der Täter sein Spiel mit ihnen spielen kann und zudem auch noch die Presse nichtautorisierte Informationen veröffentlicht, die auf ein Leck im Polizeiapparat hindeuten. 
Kirsten, die eher eine Einzelkämpferin ist und Angst vor Konkurrenz hat, muss sich erst an Jesper gewöhnen und kann ihr Misstrauen ihm gegenüber zunächst nicht ablegen. 

Das Tempo am Anfang ist hoch und je mehr Leichen geborgen werden, desto näher kommt man dem Täter und seinem Motiv. Die Hinweise auf grönländische Mythen, wütenden Rachemonstern, Forschungsexpedition im Eis und dunklen Machenschaften, die eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht darstellen, machen den Fall detailreich und komplex. Nach einer kurzen, etwas ermüdenden Durststrecke im Mittelteil nimmt der Roman im letzten Drittel durch einen langen Showdown Fahrt auf und kann durch zahlreiche Wendungen und mehrere falsche Fährten, auf die die Ermittler und Leser geführt werden, überraschen. 

Es ist ein düsterer und nicht nur durch die Handlungsorte ein eiskalter Kriminalroman mit bizarren Todesfällen und authentischen Ermittlern, die kein Blatt vor den Mund nehmen. Die Fallaufklärung ist nach der Anfangsdynamik phasenweise etwas zäh, kann aber dennoch bis zum Schluss fesseln. 

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