Freitag, 26. November 2021

Buchrezension: Katrin Lankers - Kleine Wunder überall

Inhalt:

Manchmal kommt alles auf einmal. Eigentlich hat Charlotte im trubeligen Alltag mit Mann, Kindern und Job schon genug zu tun. Immer ist etwas wichtiger als ihre eigenen Pläne. Dann steht plötzlich auch noch ihre Mutter Barbara vor der Tür. Zwanzig Jahre zuvor verließ sie die Familie, um ein freies, unbeschwertes Leben auf Lanzarote zu führen. Nun ist sie krank und bittet ihre Tochter um Hilfe. Keine leichte Entscheidung für Charlotte.

Rezension: 

Charlotte ist 33 Jahre alt, Mutter zweier Töchter, arbeitet in Teilzeit in der Werbeagentur ihres Mannes und kümmert sich um den gesamten Haushalt. Sie beschwert sich nie, denn die Ansprüche an sich selbst sind groß. Sie möchte die perfekte Mutter, Hausfrau, Ehefrau und Tochter sein. 
Als ihre Mutter Barbara, die Mann und Tochter vor zwanzig Jahren verließ, überraschend von Lanzarote nach Deutschland zurückkehrt, gerät Charlottes Leben aus den Fugen. Ihre Mutter ist mittellos und an Krebs erkrankt, weshalb sie sich im Gästezimmer der Familie einquartieren darf. Die Enkelinnen sind begeistert von ihrer Hippie-Omi, aber Charlotte droht die gesamte Situation über den Kopf zu wachsen. Sie hatte Barbara nie verziehen, dass sie sie mit dreizehn Jahren im Stich ließ, aber peu à peu kommen Dinge ans Licht die die Situation von damals in einem anderen Licht stehen lassen. Mutter und Tochter nähern sich an, doch wie viel gemeinsame Zeit bleibt ihnen noch?

"Kleine Wunder überall" ist eine abwechslungsreiche, unterhaltsame und wendungsreiche Geschichte. Protagonistin Charlotte, aus deren Perspektive der Roman verfasst ist, ist eine sympathische Frau, die allerdings zum Perfektionismus neigt und keine Kontrolle abgeben kann. Das Verlassenwerden durch die Mutter hat sie nachhaltig geprägt, weshalb sie für ihre Töchter eine bessere Mutter sein möchte. Auch musste sie durch das alleinige Zusammenleben mit ihrem Vater früh Verantwortung übernehmen und managt den Haushalt und das Familienleben quasi allein. Ihre eigenen Träume und Ambitionen bleiben außen vor, selbst beruflich hat sie sich angepasst und arbeitet in der Agentur ihres Mannes. 

Der Schreibstil ist lebendig und es ist einfach, sich in Charlotte und ihren trubeligen Alltag hineinzuversetzen. Auch wenn manche Szene etwas überzeichnet ist und man stets auf die nächste kleinere oder größere Katastrophe gewappnet ist, die Charlotte erneut das Leben schwermacht, ist der Roman keinesfalls einfältig. 
Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter wird schrittweise aufgearbeitet, während sich Charlotte und Barbara einander wieder näher kommen. Auch muss Charlotte schmerzhaft begreifen, dass sie und Markus an ihrer Ehe arbeiten müssen und es nicht nur ausreicht, sich um die Töchter zu kümmern und die Agentur am Laufen zu halten. 
Der Roman ist realitätsnah und beschreibt den Alltag so, wie er sich in vielen Familien gestaltet. Der Umgang mit der Krebserkrankung ist behutsam und gerät erst am Ende der Geschichte in den Fokus. Es ist berührend zu sehen, wie Charlotte trotz allem für ihre Mutter kämpft - sich erneut aufreibt - aber auch verständlich, dass Barbara in ihrer schier hoffnungslosen Situation keine Kraft mehr zu kämpfen hat. 

"Kleine Wunder überall" ist eine feinfühlige Geschichte über eine Mutter-Tochter-Beziehung, die trotz manch schwieriger Themen, die es zu bewältigen gilt, unterhaltsam ist und keinerlei Schwermut verbreitet. 

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