Montag, 1. Juni 2020

Buchrezension: Julie Hilgenberg - Das Mädchen aus Glas

Inhalt: 

Berlin, 1913. Elisa leidet unter der seltenen und wenig erforschten Glasknochenkrankheit, weshalb sie ihr wohlbehütetes Zuhause kaum verlässt. Louis ist ein Draufgänger und liebt das Risiko. Die von den Eltern vereinbarte Eheschließung erscheint ihnen zunächst wie eine Bestrafung – zumal Elisa in ihren Arzt Wilhelm verliebt ist. Doch während der Erste Weltkrieg heraufzieht, kommen Elisa und Louis sich näher. Als die beiden Männer an die Front müssen, zeigt sich, wie stark Elisa wirklich ist – und sie erfährt, was es bedeutet, wahrhaftig zu lieben. 

Rezension: 

Elisa von Treue, Tochter eines Süßwarenfabrikanten in Berlin, leidet an einem seltenen Gendefekt, der Glasknochenkrankheit. Sie wächst überbehütet bei ihren Eltern auf und hat seit ihrer Kindheit ihr Elternhaus nicht mehr verlassen. Als die Firma ihres Vaters in finanzielle Not gerät, wird Elisa mit dem reichen Bankierssohn Louis Lindquist zwangsverheiratet, obwohl Elisa für ihren fürsorglichen Arzt Wilhelm schwärmt. Louis dagegen genießt einen zweifelhaften Ruf und ist das schwarze Schaf der Familie. 
Elisa und Louis wehren sich vergebens gegen die Ehe und verspüren eine starke Abneigung gegen den Ehepartner. Elisa leidet unter der Untreue Louis, während Louis es als ungerecht empfinden, mit einem "Pflegefall" verheiratet zu sein. Beide, sowohl die zarte, elfengleiche Elisa, als auch der leidenschaftliche, draufgängerische Louis wollten einen Partner heiraten, den sie lieben. 

Mit der Zeit lernen sie jedoch die Vorzüge des anderen kennen. Elisa genießt es, im Haushalt der Lindquists, der Villa am Wannsee, freier sein zu können, als in ihrem Elternhaus, wo sie zu ihrem eigenen Schutz mit Medikamenten ruhig gestellt worden war. Louis erfährt durch Elisa endlich mehr Wertschätzung des Vaters und bekommt seine Chance, Verantwortung zu übernehmen. 

Als die beiden ihre Abwehrhaltung abgelegt haben und Zuneigung für den anderen empfinden, drohen die Fehler der Vergangenheit die junge Liebe zu zerstören. Zudem zieht der Erste Weltkrieg auf und Louis erhält im Mai 2015 seinen Einberufungsbefehl. 

Sowohl Elisa als auch Louis sind spannende Charaktere, die vielschichtig und liebevoll gezeichnet sind, so dass man sich in beide und ihre schwierige Situation sehr gut hineinversetzen kann. Auf den ersten Blick sind sie ganz unterschiedlich, sehnen sich jedoch beide nach Freiheit und Liebe. 
Elisa lebte bisher in einem goldenen Käfig und entdeckt erst nach der Hochzeit die Welt für sich, Sie wird mutiger, setzt sich damit aufgrund ihrer Krankheit aber auch Gefahren aus. 
Louis stand schon immer im Schatten seines älteren Bruders Franz, hielt nichts von Pflichten und Disziplin, weshalb er jegliches Vertrauen bei seinem Vater verspielt hatte. Er stürzte sch deshalb in eine leidenschaftliche Affäre, um Wertschätzung und Anerkennung zu spüren. 
Gemeinsam entdecken sie die wahre Liebe und retten sich damit gegenseitig. 

"Das Mädchen aus Glas" ist eine feinfühlig erzählte Geschichte über eine zarte und gleichzeitig starke Frau, die im Alter von 24 Jahren zum ersten Mal das wirkliche Leben kennen und schätzen lernt. 
Es ist aber auch eine romantische Geschichte über eine Liebe, die sich ganz langsam und zaghaft entwickelt. 
Sie handelt im Vorfeld und vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs, wobei der historische Kontext keine entscheidende Rolle spielt. Viel wichtiger ist die Entwicklung der Figuren. Es ist ein gefühlvoller Roman über Selbstzweifel, Mut und den Kampf um ein freies, selbstbestimmtes Leben, der packend erzählt ist und durch die nicht ganz überraschende Liebesgeschichte das Herz berührt. 



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