Freitag, 2. November 2018

Rezension: Julia Kaufhold - All die schönen Tage

Inhalt: 

Stella liebt Max. Und Max liebt Stella. Schon immer. Aber Max hat Stella verraten. Zutiefst verletzt verbannte sie Max aus ihrem Leben und mit ihm ihre Schöne-Tage-Box - ein hölzernes Kästchen, in dem sie all die besonderen Momente ihres Lebens auf Karten notiert. Als Max Jahre später plötzlich vor ihr steht, weist sie ihn ab. Immer wieder, bis sie zufällig auf ihre alte Box stößt und all die schönen Tage ihrer Liebe ihr entgegenleuchten. Doch gibt es für Stella und Max überhaupt eine zweite Chance?

Rezension: 

Stella ist Unfallchirurgin und lebt seit ihrer Scheidung wieder in ihrer Heimatstadt Hamburg. Dort begegnet sie nach 15 Jahren ihrer ersten Liebe Max wieder. Die Beziehung ist in ihrer Jugend zerbrochen und Stella scheint den Schmerz der Trennung noch immer nicht überwunden zu haben, wollte sie Max doch nie wieder sehen. Umso erstaunlicher ist, dass sie sich ohne Vorbehalte erneut in eine Beziehung mit Max stürzt. Unterstützt wird sie dabei von ihrer "Schöne-Tage-Box", in der sie Erinnerungen schöner Erlebnisse gesammelt hat, die zeitlich in ihre unbeschwerte Kindheit und die Anfangszeit mit Max fallen. 

Der Roman spielt in der Gegenwart im Jahr 2005 und ist überwiegend aus der Sicht der ungefähr 30-jährigen Stella geschrieben. Durch das unerwartete Aufeinandertreffen mit Max nimmt sieht ihre "Schöne-Tage-Box" wieder zur Hand und wird durch die damit verbundenen Erinnerungen in die Vergangenheit Ende der 80er-Jahre versetzt, als sich die beiden Schüler in einander verliebten. 

Stella wurde von Max verletzt und man erfährt lange nicht, was zwischen den beiden tatsächlich vorgefallen ist. Auch ist unklar, warum nie eine Annäherung zwischen den beiden stattgefunden hat, aber nur zwei kleine Begegnungen in der Gegenwart ausreichen, dass sie ihre Beziehung scheinbar nahtlos fortsetzen. Mir kam dieses kopflose Wiederaufwärmen einer Jugendliebe deshalb wie ein Traum vor, in den sich Stella flüchtet. die Beziehung, in der das Problem der Vergangenheit (bewusst?) außen vor gelassen wird, wirkte unwirklich und auf einem wackligen Fundament gebaut. Stella verdrängt die Verletzung der Vergangenheit und bemüht sich nicht um eine Aussprache. Auf diese Weise hat sie keine Möglichkeit, ihre Enttäuschung aufzuarbeiten und Max zu verzeihen. Er selbst erklärt sich aber ach nicht oder bittet um Vergebung. Das Unausgesprochene steht zwischen ihnen, weshalb die Beziehung erneut zum Scheitern verurteilt scheint, auch wenn bislang ausschließlich Harmonie herrscht und nicht einmal Max familiäre Verpflichtungen zu einem Problem werden. 
Doch als Max Stella wieder vor den Kopf stößt und sie beide den Fehler von damals wiederholen und nicht miteinander sprechen und Stella sich auch noch Sorgen um ihre Eltern machen muss, kommt es erneut zum Bruch. 

Der lebendige Schreibstil der Autorin gefiel mir gut und auch der Wechsel von Vergangenheit und Gegenwart verwirrte nicht. Auf beiden Zeitebenen ist interessant, wie sich die Beziehung zwischen Stella und Max als unerfahrene Jugendliche bzw. als Erwachsene, die beide Erfahrungen mit anderen Partnern gemacht haben, entwickelt. 
Anders als in anderen Romanen geht es in der Gegenwart nicht daran, dass um eine vergangene Liebe gekämpft wird und mit Spannung erwartet wird, wie zwei für einander bestimmte Menschen wieder zueinander finden. Hier finden sie einander und erst dann beginnt sich Stella mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ich empfand dies zunächst als unlogisch, weshalb mir das Verhalten sowohl von Stella als auch von Max nicht schlüssig erschien. Ich konnte mir ihr Stillschweigen nur damit erklären, dass sie die Enttäuschung nicht aufarbeiteten, um sich vor erneutem Schmerz zu schützen. Gerade aufgrund dieses inneren Brodelns konnte mich der Roman aber dennoch fesseln, da ich mit jedem Kapitel darauf gewartet habe, dass es zwischen beiden wieder zu einer Katastrophe kommt und fraglich ist, ob sie diese als Erwachsene bewältigen können, was ihnen als unreife Jugendliche nicht gelungen war. Und auch wenn ich nicht mit jeder ihrer Entscheidungen einverstanden war, war zu spüren, dass die beiden zueinander gehören und Stella mit Max ein Gefühl der Geborgenheit und ein Nach-Hause-kommen verbindet. 

"All die schönen Tage" ist ein Roman, der das Auf und Ab von Stellas Gefühlswelt eindringlich beschreibt und der durch Stellas und Max gemeinsame Geschichte aufzeigt, wie wichtig Kommunikation, Offenheit und Vertrauen in einer Beziehung sind. 


  

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