Mittwoch, 21. November 2018

Buchrezension: Dagmar Hansen - Herzenswege

Inhalt:

Susannas Leben verlief immer in ruhigen Bahnen. Bis vor einem Jahr ihre Tochter starb. Marie war der fröhliche Mittelpunkt der Familie, furchtlos, eine Reisende. Ganz anders als Susanna. Von ihrer letzten Rucksacktour hat Marie den Eltern Postkarten geschrieben. Die erste zeigt die Sibylle von Cumae, auf der Rückseite hat Marie tief bewegt ein paar Gedanken notiert. Kurzentschlossen bucht Susanna einen Flug nach Neapel. Sie will den Ort mit eigenen Augen sehen, der ihre Tochter so berührt hat. Eine Pilgerreise quer durch Europa beginnt. Eine Reise, die Susanna an ihre Grenzen bringt, sie ihre Tochter neu entdecken lässt – und überraschend auch sich selbst.

Rezension: 

Als sich der Todestag von Susannas einziger Tochter Marie zum ersten Mal jährt, ist sie immer noch in tiefer Trauer und macht sich selbst Vorwürfe, dass sie nicht genug unternommen hat, um ihre Tochter zu retten. Sie ist an Krebs gestorben, der erst sehr spät erkannt worden war. 

Marie war eine neugierige junge Frau, die im Gegensatz zu ihrer Mutter gern und viel gereist ist. Nun beschließt Susanna, die letzte Tour ihrer Tochter, von der sie alle Postkarten aufgehoben hat, nachzureisen, um auf den Spuren ihrer Tochter zu wandeln. Sie möchte nachempfinden, warum sie auf der Europareise bestimmte Ort aufgesucht hat und damit auch mehr über ihre Tochter erfahren. Ihr Mann Martin, von dem sie sich zunehmend entfremdet hat, zeigt wenig Verständnis und lässt Susanna allein ziehen. 

Von Berlin geht es nach Italien an die Amalfiküste, über die Bretagne nach Somerset und Irland bis nach Spanien und wieder zurück nach Berlin. 

"Herzenswege" beschreibt die Reiseroute die die 58-jährige Susanna auswählt, um durch die Begehung der Reiseziele und der Begegnung mit den Menschen vor Ort, mehr über Marie, deren Tod sie noch lange nicht verwunden hat, in Erfahrung zu bringen. Man begleitet Susanna auf den fünf Stationen ihrer Reise, wo sie in den selben Unterkünften wie ihre Tochter übernachtet und die selben Sehenswürdigkeiten aufsucht. Zufällig und/ oder bewusst trifft sie auf Menschen, die Marie auf ihrer Reise kennengelernt hatte und die alle von dem "ganz besonderen Mädchen" schwärmen. 

Der Roman liest sich wie eine Pilgerreise, da Susanna etwas spirituell angehaucht ist und viele heilige, religiöse und mysteriöse Orte aufsucht. Die Reiseroute kann man als Leser durch die im Buch abgebildeten Landkarten, aber auch durch die sehr detaillierte Beschreibung der Orte und Landschaften anschaulich miterleben. 
Susannas Gefühle kann man darüber hinaus gut nachempfinden. Ihre Trauer über den tragischen Verlust ist allgegenwärtig und auch ihre Schuldgefühle, ihre Vorwürfe, als Mutter versagt zu haben, indem sie nicht beharrlicher auf Arztbesuch insistiert hatte, sind nachvollziehbar dargestellt. 
Auch wenn Susanna auf der Reise das Gefühl hatte, Marie zu begegnen und ihr näher zu kommen, blieb mir Marie völlig fremd. Ich konnte nicht mehr über sie erfahren, als dass sie offensichtlich gern gereist ist und eine Freundin in Italien hatte. Darüber hinaus blieben nur leere Worthülsen, die sie übertrieben als Lichtgestalt darstellten. Auch empfand ich Susannas Aufenthalte, die zumeist nicht mehr als eine Nacht an einem Ort waren, zu abgehetzt, um sich mit Marie und ihren gewählten Reisezielen auseinanderzusetzen. 
So empfand ich den Roman als etwas oberflächlich und hatte mir auch etwas exotischere Reiseziele in Bezug auf die "furchtlos reisende" Marie vorgestellt, die für Susanna eine größere Herausforderung gewesen wären, als Westeuropa. 

"Herzenswege" ist eine Mischung aus Reiseführer und Trauerbegleitung, mit dem Menschen, die nahe Angehörige verloren haben neuen Mut und Hoffnung schöpfen, so wie Susanna auf der Reise trotz ihrer Trauer auch viele glückliche Momente erlebte und ihrer Tochter (durch eingebildete Zeichen) näher und darüber hinaus auch zu Erkenntnissen über sich selbst gekommen ist, um ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Susanna lernt, den Tod zu akzeptieren, ohne dass ihr Leben vorbei sein muss und loszulassen, denn jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne.



1 Kommentar:

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