Freitag, 5. Oktober 2018

Buchrezension: Jennifer Clement - Gun Love

Inhalt:

Seit ihrer Geburt lebt Pearl im Auto, sie vorne, ihre Ausreißer-Mutter auf der Rückbank. Vierzehn Jahre stehen die beiden jetzt schon am Rande eines Trailerparks irgendwo in Florida. Draußen vor der Windschutzscheibe ist die Welt den Waffen verfallen: Kinder wachsen mit Pistolen statt Haustieren auf, Schießübungen immer und überall, mal Alligatoren, mal den Fluss, mal Polizisten im Visier, und sonntags sitzt man beim Gottesdienst mit der geschulterten Schrotflinte in der ersten Reihe. Doch im Ford Mercury wirken andere Kräfte, hier lernt Pearl das Träumen. Bis ein schöner Mann und seine Pistolen alles verändern. 

Rezension: 

Pearl ist 14 Jahre alt und lebt seit ihrer Geburt zusammen mit ihrer Mutter Margot in einem Ford Mercury auf einem Trailerpark in Florida. Ihre Mutter war früh schwanger und ist vor ihren Eltern geflohen und lebt ein Leben am Rande der Gesellschaft. 
In dem Park, am Rande einer Müllkippe, leben andere gescheiterte Existenzen in Wohnwagen und halten sich durch kriminelle Aktivitäten wie Drogen- und Waffenschmuggel über Wasser. 
Als Margot Eli kennenlernt und mit ihm immer mehr Zeit in trauter Zweisamkeit verbringen möchte, wird Pearl regelrecht von ihr aus dem Mercury verstoßen. Sie fühlt sich einsamer denn je in ihrem Leben, nachdem sie sich auch noch mit ihrer besten Freundin April May zerstritten hat und findet dadurch Anschluss an die Mexikanerin Corazón. Wie selbstverständlich lebt sie zusammen mit einem Waffenarsenal unter einem Dach. 

Dann geschieht ein Unglück und Pearl muss lernen, was es wirklich heißt, allein zu sein. 

"Gun Love" ist ein deprimierender Roman über ein Mädchen, das nichts anderes als den Trailerpark kennt, ein Zusammenleben auf engsten Raum mir ihrer Mutter, ohne Kenntnis über ihre Herkunft. Für sie ist es scheinbar normal, in einem Auto ohne viel Besitz zu leben, aber als ihre Mutter einen Mann kennenlernt und sie diese Zweisamkeit offensichtlich stört und kein Platz mehr für sie ist, beginnt sie, ihr Dasein zu hinterfragen. Dabei lebt sie in einer eigenen Gesellschaft außerhalb der Norm, in der Waffen zum Alltag gehören. 

Waffen und Waffenschmuggel werden im weiteren Verlauf des Romans zum zentralen Thema und lenken von der Mutter-Tochter-Beziehung ab, was ich sehr schade fand. 
Die Intention der Autorin gilt klar der Kritik an dem Umgang mit Waffen in den USA. Ich hätte mir aber eine stärkere Auseinandersetzung mit dem trostlosen Leben Pearls, den weiteren Bewohnern des Trailerparks und mit dem alltäglichen Umgang mit Waffen gewünscht, statt den Roman auf den reinen Waffenschmuggel zu reduzieren, in den Pearl am Ende involviert wird. 

Das Buch überrascht zwar mit der ein oder anderen Wendung, lässt aber an Spannung vermissen. Die Charaktere in dem gesellschaftskritischen Roman spielen keine individuelle Rolle und bleiben austauschbar, da man niemandem wirklich nahekommt oder vom Schicksal nachhaltig berührt wird. Zwar hadert Pearl mit ihrem Leben, fügt sich aber darin ein, selbst als sie die Chance hat, etwas zu ändern. Mir fehlte ein Held in der Geschichte. 



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