Mittwoch, 25. April 2018

Buchrezension: Verena Carl - Die Lichter unter uns

Inhalt: 

Wovon träume ich? Was macht ein gelungenes Leben aus? Und – sind die anderen glücklicher als ich?
Verena Carl erzählt mit großer Klarheit und Entschiedenheit von einer existentiellen Situation.
Anna verbringt ihren Urlaub in Taormina auf Sizilien, mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern. Plötzlich fühlt der Boden sich brüchig an, auf dem sie steht. Sie begegnet Alexander, der das aufregende Leben führt, das sie sich einmal für sich selbst erträumt hatte. Und Alexander? Beneidet er sie um ihr Familienglück? Mit einem Mal wird der Zweifel am eigenen Leben übermächtig, alles steht auf dem Spiel. Sieben Tage können alles verändern.


Rezension:

Anna verbringt mit ihrem Mann Jo und ihren beiden Kindern Judith und Bruno einen Urlaub auf Sizilien. Die Stimmung ist gedrückt, Anna hängt ihren eigenen Gedanken hinterher, hat ihrem Mann kaum etwas zu sagen, sorgt sich um die Finanzen der Familie und verbringt die Tage am liebsten zusammen mit Bruno. Die zehnjährige Judith ist ihr zu anstrengend, so dass sie froh zu sein scheint, dass diese sehr an ihrem Vater hängt. 
Immer wieder begegnet sie einem Pärchen, das auch Urlaub auf Sizilien macht. Alexander ist dort mit seiner schwangeren und deutlich jüngeren Lebensgefährtin Zoe sowie mit seinem erwachsenen Sohn Florian, der für das Studium nach Mailand gezogen ist. 
Anna fühlt sich von Alexander angezogen, beobachtet ihn und versucht wie zufällig seine Aufmerksamkeit zu erregen. 
Alexander hadert mit seinem Körper und einer Erkrankung, die er sich nicht eingestehen mag. Er denkt zurück an einen Besuch in der Charité in Berlin und wie er versucht hat, einer Diagnose durch die Flucht vor einer Untersuchung zu entgehen. 

Anna und Jo befinden sich am Ort ihrer Hochzeitsreise, aber von romantischer Stimmung ist nichts zu erahnen. Anna scheint regelrecht froh zu sein, dass sich die Familie nicht auf ein gemeinsames Ferienprogramm einigen kann, um eine Möglichkeit zu haben, aus der Ferienwohnung und vor Jo zu flüchten. Von dem etwas älteren Alexander fühlt sie sich angezogen, stellt sich vor, von ihm begehrt zu werden, möchte sich nicht mehr unsichtbar und lebendig fühlen. 

Alexander hat hohe Erwartungen an seinen Sohn, setzte ihn von jeher unter Druck, ob beim Sport oder in der Schule zu den Besten zu gehören. Dabei merkt er gar nicht, dass er überhaupt nicht mehr an seinen Sohn herankommt, der ihm inzwischen nur noch den fleißigen Studenten vorspielt und Vaters Freundin begehrt. 

"Die Lichter unter uns" handelt von einem Urlaub am Ende der Saison und wie fünf Erwachsene, insbesondere Anna und Alexander, aber auch Zoe und Florian ihr Leben reflektieren. Es ist kein Sommer-Sonne-gute-Laune-Roman, da die Stimmung melancholisch ist. Alle Protagonisten hadern mit ihrem Leben, ihre Sorgen und Probleme werden ihnen in der freien Zeit nur allzu bewusst und grämen sich über geplatzte Träume oder Lebensvorstellungen. Sie beobachten die anderen und stellen sich unwillkürlich vor, dass die Leben der Fremden besser sind, beneiden sich aufgrund von Äußerlichkeiten, obwohl sie die anderen überhaupt nicht kennen. 

Der Roman ist sehr eindringlich geschrieben, die gedrückte Stimmung für den Leser ab der ersten Seite spürbar. Keiner der Protagonisten genießt den Urlaub, auf den man sich eigentlich das ganze Jahr über freuen sollte. Unglücklich mir ihrer Lebenssituation hängen sie ihren Gedanken nach und neiden anderen deren vermeintlich besseres, unbeschwerteres Leben. Das emotionale Ungleichgewicht und die innere Zerrissenheit, vor allem von Anna, die Angst davor hat, ihre Kinder ungleich zu behandeln, gar ungleich zu lieben, aber nicht davor, ihren Mann - zumindest in Gedanken - zu betrügen. 

Auch wenn am Ende keine konkreten Lösungen für das persönliche Dilemma jedes einzelnen aufgezeigt wird, bleibt die Hoffnung, das man durch die Überwindung der Krise wieder zu innerer Stärke gelangt und das eigene Leben doch nicht mehr so trostlos und unliebsam erscheint. 
Dieser Schluss war mir jedoch zu abrupt. Mir blieben am Ende zu viele Fragen offen und insgesamt waren es zu viele Protagonisten auf einmal, die unaufrichtig - auch sich selbst gegenüber - ein scheinbar falsches Leben führen, aber zu lethargisch sind, um tatsächlich eine Änderung herbeizuführen.  



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