Cape Haven, Kalifornien. Eine beschauliche Kleinstadt vor dem Panorama atemberaubender Küstenfelsen. In diesem vermeintlichen Idyll muss die 13-jährige Duchess nicht nur ihren kleinen Bruder fast alleine großziehen, sondern sich auch um ihre depressive Mutter Star kümmern, die die Ermordung ihrer Schwester vor 30 Jahren nie verwinden konnte. Als deren angeblicher Mörder aus der Haft entlassen wird, droht das fragile Familiengefüge, das Duchess mühsam zusammenhält, auseinanderzubrechen. Denn der Atem der Vergangenheit reicht bis in das Heute und wird das starke Mädchen nicht mehr loslassen.
Rezension:
Cape Haven ist ein malerischer Ort an der Küste Kaliforniens, eine Kleinstadt, in der jeder jeden kennt und die Nachbarn ein Auge auf den anderen haben.
Vor 30 Jahren ist dort ein Mädchen ums Leben gekommen. Der Täter, Vincent King, hat seine Strafe abgesessen, wird entlassen und kehrt als verurteilter Mörder zurück nach Cape Haven.
Dort lebt Duchess mit ihrem Bruder Robin und ihrer Mutter Star Radley, die den Tod ihrer jüngeren Schwester nie verkraftet hat. Duchess ist erst 13 Jahre alt, fühlt sich jedoch verpflichtet, ihrem Bruder die Mutter zu ersetzen und ihre Familie zu schützen. Sie bezeichnet sich selbst als Outlaw und geht mir unerbitterlicher Härte gegen jeden vor, der sich ihr in den Weg stellt.
Provinzpolizist Walk hat in Cape Haven bisher nur mit Bagatelldelikten zu tun gehabt und versucht zu verhindern, dass Duchess auf die schiefe Bahn gerät.
Als jedoch sein ehemaliger bester Freund Vincent aus dem Gefängnis entlassen wird, ereignet sich wenig später ein Verbrechen, das die Kleinstadt erschüttert. Vincent ist der Hauptverdächtige, aber Walk glaubt an seine Unschuld und möchte diese beweisen. Er bittet seine Exfreundin die Verteidigung für Vincent zu übernehmen und ermittelt eigenmächtig weiter, obwohl die State Police den Fall übernommen hat.
Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive der 13-jährigen Duchess und des Polizisten Walk erzählt. Duchess ist ein starkes Mädchen, ein trotziger Teenager, das viel zu reif für ihr Alter ist. Sie kümmert sich rührend um ihren Bruder und versucht ihre Mutter vor übergriffigen Männern zu schützen. Sie nimmt keine Hilfe an und möchte alles alleine schaffen, da sie kein Vertrauen in die Erwachsenen hat. Sie hat ein gutes Herz, das man vor Hass und Verbitterung aber kaum sieht.
Walks Aufgaben als Polizist sind auf Ordnungswidrigkeiten beschränkt. Er kennt die Kleinstadt und ihre Einwohner sehr gut und greift dort ein, wo es nötig ist. Er glaubt an das Gute im Menschen, weshalb er seinen ehemals besten Freund Vincent auch nie als Mörder angesehen hat. Nachdem er als Jugendlicher bei dem Prozess vor dreißig Jahren gegen ihn ausgesagt hat, möchte er ihn nun unterstützen, denn in diesem Fall glaubt er an seine Unschuld.
"Von hier bis zum Anfang" ist eine Familientragödie, die zwar nüchtern, aber auf diese Art dennoch sehr eindringlich und bewegend geschildert ist. Die Geschichte ist fesselnd und die deprimierenden Schicksale der genannten Figuren berühren. Auch wenn die Geschichte an einem malerischen Ort spielt, wo Häuser mit bestem Ausblick stehen und der Wert der Immobilien stetig steigt, ist die Atmosphäre dort beklemmend. Der Ort wirkt verloren, Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Das Schicksal der Figuren erscheint vorgezeichnet, als könnten sie ihm nicht entgehen.
Cape Haven wird von seiner Vergangenheit eingeholt, als ein vermeintlicher Mörder zurückkehrt und sich ein neues Unglück mit weitreichenden Folgen ereignet. Das Drama entwickelt sich zunehmenden zu einem spannenden und wendungsreichen Krimi. Auch wenn ein Täter schnell gefunden ist, fragt man sich nach dem Motiv und warum sich der in Walks Augen Unschuldige nicht gegen die Vorwürfe wehrt, die rein auf Indizien beruhen.
Die Mischung aus Drama und Kriminalroman, Emotionen und Spannung ist gelungen. Es ist eine authentische Geschichte mit individuell gestalteten, vielschichtigen Charakteren, die zeigt, wie sehr die Vergangenheit auch nachfolgende Generationen belastet, wenn das Leid unverarbeitet bleibt. Sehr eindringlich und nachvollziehbar ist zudem geschildert, wie weit Menschen gehen, um die, die sie lieben zu schützen. Schuld und Sühne, Buße und Vergeltung sowie der schier aussichtslose Kampf um Gerechtigkeit sind die zentralen Themen in einem komplexen Handlungsgefüge, das immer wieder aufs Neue überrascht.
Und auch wenn gerade zu Beginn das Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit überwiegt und die Hauptfiguren durch Rückschläge zurückgeworfen werden, schwingt doch eine Spur Hoffnung und die Chance auf einen Neuanfang mit, die eine Abwärtsspirale verhindern kann, denn selbst die offensichtlich Bösen haben ihre guten Eigenschaften.
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