Samstag, 26. Juni 2021

Buchrezension: Kristin Harmel - Solange am Himmel Sterne stehen

Inhalt:

Rose McKenna liebt den Abend. Wenn am Himmel über Cape Cod die ersten Sterne sichtbar werden, erinnert sie sich – an die Menschen, die sie liebte und verlor, und von denen sie nie jemandem erzählte. Doch Rose weiß, dass es bald zu spät sein wird, denn sie hat Alzheimer. Bald wird niemand mehr an das junge Paar denken, das sich einst die Liebe versprach … 1942 in Paris. Als sie ihre Enkelin Hope bittet, nach Frankreich zu reisen, ahnt diese nichts von der herzzerreißenden Geschichte, die sie dort entdecken wird – von Hoffnung, Schmerz und einer alles überwindenden Liebe. 

Rezension: 

Die geschiedene Hope McKenna-Smith ist Mutter einer zwölfjährigen Tochter und führt nach dem Tod ihrer Mutter Josephine und der Alzheimererkrankung ihrer Großmutter Rose die Tradition der Familienbäckerei am Cape Cod weiter. Ihre "Mamie" (Französisch für Oma) hat nur noch wenige lichte Momente und erkennt ihre Enkelin und Urenkelin an manchen Tagen nicht wieder. An einem ihrer guten Tage erzählt sie von ihrer Vergangenheit, der Zeit während des Zweiten Weltkrieges, als sie aus Paris flüchtete und bittet, Hope, dorthin zu reisen, um in Erfahrung zu bringen, was mit ihren Angehörigen passiert ist. Hope wusste bis dato nicht einmal, dass sie jüdische Wurzeln hat und reist, nachdem sie mehr über die Schoah in Frankreich in Erfahrung gebracht hat trotz der desolaten finanziellen Situation des Familienbetriebs nach Paris, um den Wunsch ihrer Mamie zu erfüllen und vielleicht auch ihrer Tochter näher zu kommen, die wegen der Scheidung wütend auf Hope ist und sich sehr für die Familiengeschichte interessiert. 

"Solange am Himmel Sterne stehen" ist ein Roman "Gegen das Vergessen" und eine Suche nach den unbekannten familiären Wurzeln, die aufgrund der düsteren und traurigen Vergangenheit 70 Jahre geheim gehalten wurden. Auch wenn ich schon viele Romane gelesen habe, die den Zweiten Weltkrieg und die Verfolgung der Juden zum Thema hatten, konnte ich durch diese Geschichte wieder neue, interessante Aspekte in Erfahrung bringen. So war mir bislang nicht bekannt, welche Unterstützung in Frankreich lebende, von den deutschen Nationalsozialisten bedrohte Juden erhalten haben. Offenbar existierte eine konfessionsübergreifende Untergrundbewegung, die jüdische Menschen versteckte und einigen von ihnen damit das Leben retten konnte. Gerade weil gegenwärtig immer wieder Konflikte zwischen den Religionen schwelen, ist es ergreifend zu lesen, dass die Menschen katastrophalen Zeiten unabhängig von ihrem Glauben bereit sind, zu helfen. 

Neben der Suche Hopes nach dem Verbleib der Angehörigen ihrer Großmutter handelt das Buch von ihren zahlreichen Sorgen und Problemen, der finanziellen Not der Bäckerei, den Streitereien mit ihrer pubertierenden Tochter, den Konflikten mit ihrem Ex-Ehemann Rob und der Angst um den Zustand ihrer Großmutter, aber auch um das Gefühl, versagt zu haben und nicht lieben zu können. Insbesondere die innige Liebesgeschichte ihrer Mamie, von der sie während ihrer Suche erfährt, führt ihr vor Augen, wie falsch die Beziehung zu Rob war. Für mein Dafürhalten hätte Roses große Liebe in dem Roman jedoch mehr Raum einnehmen können. Aus ihrer Sicht erfährt man zu wenig über ihre Gefühle zu einem Mann, den sie all die Jahre nie vergessen konnte. 

"Solange am Himmel Sterne stehen" ist eine facettenreiche Mischung aus Familiendrama, Vergangenheitsbewältigung und Liebesgeschichte, die nicht ganz ohne Längen in Bezug auf Hopes innere Monologe und Problemwälzungen auskommt. Es ist zudem eine Geschichte über Selbstfindung, Familienzusammenführung und die Suche nach Glück, die mir noch unbekannte historische Fakten perfekt mit einer fiktiven Geschichte verknüpft. Der Roman ist in Teilen metaphorisch geschrieben und findet dabei immer wieder den Bezug zum Titel und Roses Erinnerungen. Die zwischen den Kapitel abgedruckten Rezepte aus der Familienbäckerei ergänzen die Geschichte und regen zum Nachbacken an. 

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